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Beilagen. Plaudersttbchrn, Illustr. Sonstagsblakt uod
Schwäb. Sandwiri.
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88. Jahrgang.
Mittwoch, dm 20. Aezemöer
1911
Nagold.
Die Ortsarmenbehörde hat beschlossen, auch Heuer wieder die
Weujayrswunsch-
Gntheöungskarten
einzusühren.
Wer eine Karte im Preis von mindestens 1 bei der Armenpflege (Sadtpfleger Lenz) entnimmt, von dem wird angenommen, daß er aus diese Weise seine Gratulation darbringt, und ebenso seinerseits aus Besuche und Kartenzusendungen verzichtet.
Wir laden zu zahlreicher Beteiligung mit dem Anfügen ein, daß die Liste der Teilnehmer noch zeitig vor dem Iahresschluß im Gesellschafter bekannt gegeben und daß der Ertrag der Karten unter die verschämten Hausarmen verteilt wird.
Den 9. Dezember 1911.
Die Vorstände der Ortsarmenbehörde:
gez. Dekan Pfleiderer. Stadtsch. Brodbeck.
Lsges-Nerügkette».
A«» Ltadt und Laub.
Nagold, 20 Dezember 1911.
r Warnung vor Londoner Stellenschwindel.
Immer wieder wird vom Auslande aus versucht, jungen vemschen Handlungsgehilfen unter allen möglichen Versprechungen das Geld aus der Tasche zu locken. Kürzlich erschien in einer deutschen Fachzeimng folgende Anzeige: „Für Ausland werden einige tüchtige Drogisten gesucht. Sprachkenntnisse nicht erforderlich. Offerten erbeten unter X. Alle Personen, die sich darauf meldeten, erhielten einen gleichlautenden, mit der Schreibmaschine hergestellten Brief, in dem ihnen mitgeteilt wurde, daß die Vakanzen teils in London, teils in englischen Prooinzstädten zu besetzen seien. Das Angebot habe man einer genauen Durchsicht unterzogen und könne nur sagen, daß der Bewerber sich für den einen oder anderen Posten sehr gut eigne. Dieser solle sich daher die Gelegenheit, eine gute Stelle im Auslande zu erhalten, nicht entgehen lassen und der Firma Auftrag erteilen, die Bewerbung an die Firmen weiterzugeben. Dazu sei nötig, daz die Hälfte der Vermittlungsgebühr von 10 ^ als Einschreibgeld sofort entrichtet werde. Nach Empfang der Einschreibgebühr würden die Papiere sofort den Firmen zugestellt werden. Endlich erhält man dann noch die Versicherung, daß man in nicht allzu langer Zeit eine gute Stelle im Ausland bekommen, oder wenn dies nicht der Fäll sein sollte, sein Geld nach Verlauf eines halben Jahres zurückerhalten würde. Selbstverständlich han
delt es sich in diesem und ähnlichen Fällen um einen Schwindler, dem es nur darum zu tun ist, möglichst viel Zehnmarkstücke zu erhalten.
r Gutes Ergebnis. Die Sterbekasse des Körperschaftsbeamtenvereins, die erst zwei Fahre in Tätigkeit ist, zählt bereits 922 Mitglieder. Die Versicherungssumme beträgt 363100 Prämien für 1911 sind angefallen 13167.08 ^ und an Prämienreserve 677.60 Die Prämienreserve berechnet sich auf Iahresschluß zu 18 207.44 ^ und ist durch die ausstehenden Kapitalien mit rund 28 000 ^ nicht nur gedeckt, sondern es ist auch der im Lause der Jahre anzusammelnde Sicherheitsfonds mit 6065.81 ^ und eiy verfügbarer Ueberschuß von 3700 vorhanden. Wenn das günstige Geschäftsergebnis anhält, schreibt die Gemeindezeitung, so ist nach Ablauf der ersten 3 Jahre in Aussicht zu nehmen, daß Dividenden bewilligt werden können.
Landwirtschaftliche Arbeitsvermittlung. Die auf Anregung des K. Ministeriums des Innern bei dem städt. Arbeitsamt Stuttgart eingerichtete besondere Abteilung für die Vermittlung landwirtschaftlicher Arbeitskräfte hatte im Monat November eine erfreuliche Inanspruchnahme zu verzeichnen, sodaß die Ergebnisse gegenüber dem Vorjahr aus fast das Doppelte gestiegen sind. Es betrug die Zahl der angemeldeten offenen Stellen 128, der Stellesuchenden 205 und der vermittelten Stellen 102, gegen 73 offene Stellen, 101 Stellensuchende und 59 vermittelte Stellen im Vorjahr. Bon den Stellen wurden durch die Vermittlungsstelle direkt besetzt 91 und im Zusammenwirken mit anderen Arbeitsnachweisen 11. 7 Stellenanmeldungen wurden zurückgezogen und 19 waren am Monatsschluß noch vorgemerkt. An offenen Stellen wurden angemeldet: 29 für Schweizer, 13 für Viehfütterer, 50 für Ochsen- und Pferdeknechte, 2 für Weingärtner, 33 für Tag- und Wochenlöhner, 1 für Aufseher. Von den übrigen Arbeitsämtern des Landes wurden gebucht 272 Stellenangebote, 581 Stellengesuche und 177 vermittelte Stellen. Daran sind in stärkerem Umfange beteiligt die Arbeitsämter Ravensburg mit 101 Stellenangeboten, 182 Stellengesuchen und 66 vermittelte Stellen, Ludwigsburg mit 54 Stellenangeboten, 76 Stellengesuchen und 44 vermitt. Stellen, Ulm mit 36 Stellenangeboten, 98 Stellengesuchen und 25 vermitt. Stellen, Heilbronn mit 29 Stellenangeboten, 47 Stellengesuchen und 15 vermitt. Stellen, Göppingen 13 Stellenangeboten, 35 Stellengesuchen und 12 vermitt. Stellen. Es wäre zu wünschen, daß die günstigen Ergebnisse die Interessenten veranlassen würden, die Einrichtung im gegebenen Fall durch weitere und ausschließliche Inanspruchnahme zu unterstützen und zu fördern, damit die vor allem notwendige Uebersicht über die offenen Stellen und verfügbaren Arbeitskräfte erreicht wird. Denn nur bei einer möglichst vollständigen Zentralisierung der Arbeitsvermittlung bet den öffentlichen Arbeitsnachweisen wird sich ein wirklich befriedigender Ausgleich herbeiführen lassen.
p Stuttgart, 19. Dez. Finanzminister v. Geßler ist aus dem Urlaub zurückgekehrt und hat sein Amt wieder übernommen.
p Stuttgart, 19. Dez. Die Geschäftsstelle der
Nationalliberalen Partei Württembergs hat Heuer erstmals einen Kalender ausgegeben, der unter dem Titel „Deutscher Bürger- und Bauernsreund" in 100 000 Exemplaren gratis in Württemberg verteilt wird. Der Kalender enthält neben Artikeln politischen Inhalts, geschrieben von Abgeordneten, auch einen erzählenden Teil, sowie einen Teil für gemeinnützige Mitteilungen. Der Kalender ist äußerst geschickt und reichhaltig zusammengestellt und dürfte wohl alles enthalten, was man in einem guten Kalender zu suchen pflegt.
i- Stuttgart, 19. Dez. (Assessorenschmerzen.) Die allgemeine Gehaltsregulierung hat die Besoldungsverhältnisse der Staatsbeamten. Lehrer und Geistlichen verbessert, dagegen die Bezüge der nichtetatmäßigen Beamten mit Ausnahme der unständigen Lehrer und Lehrerinnen nicht berührt. Dies hat insbesondere in den Kreisen der Assessoren befremdend gewirkt, zumal da unter den gegenwärtigen Borrückungsverhältnissen eine ganze Reihe von Jahren in unständiger Verwendung zugebracht werden muß. Die Gerichts-, Regierungs-, Finanz-, Forst-, Eisenbahn- und Postassessoren, die Regierungsbaumeister, die Lehramtskandidaten müssen mit kalten Händen ihr Arbeitspensum nach wie vor aufarbeiten, ihnen hat keine Regierung und kein Landtag die Arbeitslust erwärmt. Es wird deshalb in diesen Kreisen die Gehaltsordnung viel und nicht gerade günstig erörtert. Die Beamtenoereine werden von ihren jüngeren Mitgliedern immer wieder gestoßen, ein gutes Wort und einen guten Schritt zu tun, um eine Taggelderhöhung herbeizuführen. Der Verband der Vereine höher geprüfter Staatsbeamten soll nnn, dem vielseitigen Drängen folgend, in nächster Zeit eine Eingabe bei der Regierung einreichen.
r Stuttgart, 19. Dez. (Das landwirtschaftliche Studium.) An der K. landwirtschaftlichen Hochschule in ohenheim befinden sich im lausenden Winterhalbjahr 213 tudierende (gegen 198 im vorigen Winter), darunter 69 Württemberger. Bon den 144 Nichtwürttembergern sind 84 Reichsangehörkge und zwar aus Baden 29, Preußen 19, Bayern 17, Elsaß-Lothringen 7, Hessen 6, Sachsen 2, Anhalt: Hamburg, Mecklenburg-Strelitz und Oldenburg je 1, und 60 Ausländer, nämlich aus Oesterreich-Ungarn und Rußland je 16, Rumänien 7, Luxemburg 5, der Schweiz und Spanien je 3, Serbien und der Türkei je 2, Bulgarien, Großbritannien, Italien, den Niederlanden, Norwegen und den Bereinigten Staaten von Amerika je 1.
r Stuttgart, 19. Dez. (Doppeltes Reichstags- Wahlrecht.) Der „Beobachter" schreibt: „Die Wählerpostkarten in Stuttgart-Stadt haben zu einer eigenartigen Entdeckung geführt. Zahlreiche Wähler haben ein doppeltes Wahlrecht. Es sind das vor allem die Arbeiter, die ihren ständigen Wohnsitz außerhalb Stuttgarts haben, die Woche über aber in Stuttgart arbeiten und wohnen. Unser Gewährsmann konnte aus einem einzigen Hause drei solcher Wähler feststellen, die, auf den Fildern beheimatet, dort in der Wählerliste enthalten sind, zugleich aber auch als Stutt-
Die Predigt der Tannen.
Ost schon, wenn ich durch den gründunklen Tannenwald mit seinen schlanken Stämmen und ragenden Wipfeln g gangen bin, ist es mir ausgefallen, wie eng doch die heir- lichen Bäume hier beieinander stehen. In jungen Beständen sind sie oft so eng zusammengepflanzt, daß man kaum dazwischen hindurchgehen, ja, daß selbst das Licht des Himmels nur spärlich durchdringen kann. Sieht man näher zu, so bemerkt man, wie bet diesem Zustand der Dinge die armen Bäumchen sich kaum regen und bewegen und noch viel weniger ihre schönen, immergrünen Aeste ausbreiten können, die sie doch so lebensfroh nach allen Seiten lichtend luftverlangend hinausschicken. Jämmerlich müssen die schönen Aeste, besonders in den unteren Teilen des Baumes bei dieser Enge verkümmern und verdorren, so daß sie zu- letzt als dürre, abgebrochene Reiser öde Hinausstarren. Manchmal schon dauerte mich so eine junge, lebensfrische ich sah, wie an derselben ringsum alles verdorrt und nur der in die freie Lust ragende Wipfel noch grün ">ar, und ich dachte für mich: Wie man auch so töricht sein und die Bäumchen so eng zusammenpflanzen mag! Wär s nicht besser, weniger Bäume einzupslanzen und diesen den notigen Raum zu geben zu ihrer Entfaltung? Wozu diese unvernünftige Enge und dieses Gedränge?
Bei Gelegenheit sagte ich diese meine Gedanken einem Forstmann. Doch siehe, was entgegnete mir dieser? Daß die Tannen absichtlich so enge gepflanzt würden und daß das nicht Torheit, sondern Weisheit sei. Er erklärte mir.
daß man die Tannen nicht der Aeste, sondern der Stämme wegen pflanze. Diese sollen möglichst schlank und hoch cmporwachsen. und das geschehe eben dann, wenn die Tannen eng gepflanzt würden. Je weniger sie sich nach der Seite ausdehnen könnten, desto mehr wüchsen die Bäume nach oben; je weniger sie unten Luft und Licht hätten, desto mehr strebe der Wipfel aufwärts, um in die freie Luft und das Helle Licht über dem Walde zu kommen.
Die Enge und das Gedränge bedeuten also für die Tannen: Recke dich! Strecke dich! Ließe man die Aeste sich kräftig entwickeln, so würden die Stämme zudem knorrig und „ästig" und nicht glatt und schlank, wie man sie wünscht.-
Ei, dachte ich da, wie kurzsichtig doch wir Menschen oft sind, daß wir das für Schaden rechnen, was eitel Nutzen und Vorteil ist, und ich dachte weiter, daß es auch im Leben der Menschenkinder oft so ist wie bei den Tannen. Der liebe Herr Gott, der große Pflanzer und Pfleger aller derer, die auf Erden wohnen, sonderlich seiner Kinder, stellt manch eines, dem es gut ist, auch so in die Enge und ins Gedränge, darin es kaum sich regen und bewegen kann. Ost sind es Menschen, die neben uns gestellt sind, mit denen wir verbunden sind, enger als es uns gefällt: unliebsame Verwandte, böse Nachbarn, unangenehme Berufsgenossen, vielleicht gar der eigene Mann oder die angctraute Frau. Wir wünschten sie hin, wo der Pfeffer wächst, und nun müssen wir täglich unb stündlich mit Ihnen verkehren und uns in ihre Launen schicken. Ein andermal sind es ungeschickte Einrichtungen und allerlei beengende Umstände, die
uns zur täglichen Last werden. O es gibt Verhältnisse, in denen einem der Atem glaubt auszugehen, und doch muß man in ihnen aushallen. Und wohl dem, der aushält! Wenn man den Eindruck hat, daß man von Gott auf einen Posten gestellt ist, ist es nicht ratsam, ihn zu verlassen, ehe die göttliche Ordre einen gehen heißt. Man könnte sonst vom Regen unter die Traufe kommen. Denen, die Gott lieben, müssen alle Dinge zum Besten dienen. Freilich, die schönen, hoffnungsgrünen Iugendträume und Ideale müssen da oft jämmerlich verdorren. Tut nichts! Wir sind nicht in der Welt, der Erfüllung unserer Wünsche und Träume nachzugchen. Der göttliche Pflanzer und Pfleger unserer Seelen weiß besser, was uns frommt. Wachsen sollen ivir, das ist sein Wille, innerlich wachsen im geistlichen und göttlichen Sinn. „Bäume der Gerechtigkeit", „Säulen im Tempel Gottes" sollen wir werden. —
Weißt du nun, warum dir deine herrlichen Ideale zerstört. warum dir die lieblichen Blütenäste deiner irdischen Hoffnungen je und dann zerbrochen werden? Daß du dir höhere Ziele stecken, daß du mehr Hoffnung ewigen Lebens in dir hegen lernst, daß dein Sinn mehr himmelan wachse!
Himmelan! Das ruft dir die Enge und das Gedränge zu um dich her. Recke dich! Strecke dich!
Erheb, o Seele, deinen Sinn!
Was hängst du an der Erden?
Hinauf, hinauf zum Himmel hin,
Denn du sollst himmlisch werden!
Gotthold Schmid, Stuttgart.
(Buchhandl. der Eo. Gesellschaft f. Deutschland in Elberfeld.)