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Fernsprecher Nr. 29.
88. Jahrgang. Fernsprecher Nr. 29.
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Beilage»: Plauderstttbchen, Illustr. Sonotagsblatt und
Schwäd. Landwirt.
379
Dienstag» dm 38. Movemöer
1911
Bekanntmachung.
In Obernhansen Gde. Gräfenhausen ist die Maulund Klauenseuche ausgebrochen.
Neuenbürg, 25. Nov. 1911.
K. Oberamt: Amtmann Gaiser.
Deutscher Reichstag.
^ Berlin, 27. Noo.
Am Bundesratstisch Staatssekr. Wermuth, Dr. Eonze und Dr. Solfs. Präs. Graf Schwerin-Läwitz eröffnet die Sitzung um 2.15 Uhr.
Auf der Tagesordnung steht zunächst die erste Lesung des Gesetzes betreffend Eisenbahnbauten im ostafrikanischen Schutzgebiet.
Der Stellvertreter des Staatssekretärs des Reichskolonialamts, Dr. Solfs, erklärt, es handle sich hier um die Fortführung der Ostafrikanischen Zentralbahn von Dar- es-Salam bis zum Tanganjikasee. Die Bahn, die bis jetzt in Tabora ihren Abschluß gefunden hat, würde sich nicht so rentieren, als wenn sie bis zum Tanganjikasee weiter- gesührt würde, wodurch der Verkehr ganz erheblich erleichtert wird. Zur ganz besonderen Freude gereicht es mir, daß diese erste von mir überreichte Vorlage auf die ureigenste Arbeit des Staatssekretärs o. Lindequist zurückzuführen ist, der sich ihr mit besonderer Sorgfalt und Liebe gewidmet hat. Die Tarife sind so festgestellt worden, daß die Rentabilität gesichert ist. Ich bitte um Annahme der Vorlage.
Erzberger (Z.): In Wirklichkeit handelt es sich hier um einen Nachtragsetat. Wir beantragen Ueberweisung der Vorlage an die Budgetkommission. Die in der Vorlage angeführten Gründe sind nicht stichhaltig. Was heißt es, wenn man 1,5 Millionen, wie es in der Vorlage heißt, sparen will und dafür später 5,4 Millionen ausgibt? Im ganzen soll ein Baukapital von 52 Millionen erforderlich sein. Es fragt sich, ob eine angemessene Verzinsung in absehbarer Zeit zu ermatten ist. Die militärischen Verhältnisse scheinen in diesem Schutzgebiet nicht auf der Höhe zu sein. Zwischen dem Gouverneur und dem Kommandeur der Schutztruppe muß ein gutes Verhältnis bestehen.
Staatssekretär des Reichsschatzamtes Wermuth: Ich gebe zu, daß in diesem Ermächtigungsgesetz gleichzeitig ein Nachtragsetat steckt. Auch die Finanzverwaltung hat mit einer derartigen Vorlage gerechnet. Es handelt sich um eine werbende Anlage, für die eine Anleihe zulässig ist.
Gouverneur Dr. Sols: Den geäußerten Bedenken gegenüber erscheint es uns wünschenswert, die Vorlage in der Budgetkommission zu besprechen.
Dr. Wagner (Kons.): Es ist bedenklich, für diesen Reichstag einen derartigen, den kommenden Etat erheblich belastenden Beschluß zu fassen. Andererseits ist die Bahn von größtem Nutzen für die Verteidigung.
Noske (Soz.): Es handelt sich um eine rein wirtschaftliche Frage, mit der unser Verhältnis zu England nichts zu tun hat.
Tsges-NerrigLetten.
R»» Stadt mrd Laad.
Nagold, 28 November 1911.
Arbeiterkolonien und Wanderarbeitsstätten.
In dem kürzlich ausgegebenen 28. Jahresbericht des Vereins für Arbeiterkolonien in Württemberg über das Vereinsjahr 1. April 1910/11 ist u. a. auch das Verhältnis der Arbeiterkolonien zu den Wanderarbeitsstätten erörtert. Der Arbeiterkolonieverein erblickt in den Wanderarbeitsstätten eine freudig zu begrüßende Ergänzung seiner eigenen Arbeit und weist zugleich nach, daß die Arbeiterkolonien durch die Wander- arbeitsstätten nicht etwa entbehrlich geworden sind, wie vielfach irrtümlicherweise angenommen zu werden scheint. Vielmehr hat es sich gezeigt, daß infolge des seit Einführung der Wanderarbeitsstätten erfolgten strengen polizeilichen Einschreitens gegen Bettel usw. die Arbeitslosen, insbesondere die in ihrer Leistungsfähigkeit mehr oder weniger beschränkten, viel früher als zuvor die Arbeiterkolonien aufsuchen, zumal eine Wanderarbeitsstätte innerhalb 3 Monaten von demselben Wanderer nicht mehr als zweimal in Anspruch genommen werden darf. Die beiden Arbeiterkolonien Dornahos bei Altshausen OA. Saulgau, und Erlach bei Sulzbach a. d. Murr OA. Backnang, waren denn auch in den beiden letzten Jahren sehr stark besucht: 680 und 715 Aufnahmen gegen 614, 515 und 538 in den vorhergegangenen Jahren. Die Bitte des Vereins für Arbeiterkolonien, die den beiden Kolonien Domahof und Erlach bisher gewährte nötige und
wohlangebrachte Beihilfe auch fernerhin zukommen zu lassen, ist daher zu freundlicher Beachtung aufs Wärmste zu empfehlen. Der Vertreter des Arbeiterkolonievereins im Oberamtsbezirk Nagold ist Herr Oberamtmann Kommerell in Nagold, von dem Gaben für den Verein und dessen Kolonien dankbar entgegengenommen werden.
* An das Telephonnetz ist hier neu angeschlossen: Jakob Graf, Metzgermeister, Rufnummer 2«.
o Bienenzüchterverein. Am letzten Sonntag hielt Wanderlehrer und Bienenzüchter Kolb aus Karlsruhe einen hochinteressanten und spannenden Bortrag im Gasthaus z. „Schiff" über den Wert des echten Bienenhonigs in gesunden und kranken Tagen. — Heutzutage wird der Wett des echten, reinen Bienenhonigs noch viel zu wenig erkannt. Durch die Erzeugnisse der Zuckerindustrie wurde der Honig aus dem Haushalte verdrängt und zum Luxusartikel gestempelt, obwohl die Zuckerwaren in keiner Weise mit ihm auf gleiche Stufe gestellt werden können. Rohrzucker ist als solcher schwer verdaulich, während echter Honig sich durch seine leichte Verdaulichkeit auszeichnet, direkt in das Blut übergeht und ein kräftiger Wärmebildner ist. Dem reinen Honig kann ein heilwirkender Wert zugesprochen werden, denn er enthält 85 0/g Zucker, und noch ätherische Oele, Pflanzensalze und eine geringe Menge Ameisensäure, welche ja bekanntlich als Hausmittel verwendet wird. Honig versorgt den Körper mit mächtig wirkenden Stoffen, welche denselben wieder zur Gesundheit zurücksühren. Durch den Genuß von echtem Honig wird jede Verdauungsstörung aufgehoben, die Magenarbeit in richtige Bahnen gelenkt und eine naturgemäße Lebensweise herbeigeführt. Der ver- dorbenste Magen nimmt noch Honig aus. wenn alle anderen Nahrungsmittel den Dienst versagen. Für an chronischer Verdauungsstörung Leidende, ebenso für solche, die an Stuhlgangunregelmäßigkeit leiden, kann Honiggenuß nicht genug empfohlen werden. Bei manchen Kinderkrankheiten wie Mundfäule, Croug oder gar Diphterie kann Honiggenuß nicht genug empfohlen werden, denn die Ameisensäure wirkt auf Mundhöhle, Rachen. Kehlkopf und Magen, beugt dadurch jeder Pilz- und Baktettenbildung vor oder vernichtet etwaige vorhandene Wucherungen. Bei Katarrh der Rachen- und Magenschleimhäute leistet der Honig gute Dienste, und als blutreinigendes Mittel ist er für Skrophulose unbezahlbar. Bei Fieber, wo der Körper nach Wasser lechzt, schafft das Honigwasser gewiß Linderung. Auch den armen bleichsüchtigen Mädchen ist der Honig ein Helfer in der Not und der Honiggenuß bringt in kurzer Zeit wieder blühende Wangen. Neben Lust und Milch wird Honig als Dritter im Bund gegen Lungenkrankheiten ein Helfer sein, der nicht zu unterschätzen ist. Ebenso gegen Husten und Heiserkeit wirkt der Honig geradezu Wunder, wenn er richtig genossen wird. Als Hausmittel gegen Wunden kann Honig auch Verwendung finden. Offene Wunden mit Honig bestrichen heilen schnell, auch bei Brandwunden und Geschwüren kann Honig mit gutem Erfolg angewendet werden. Aber nur auf den reinen Honig trifft das vorstehend Gesagte zu, nicht auf den sonst in dem Handel vorkommenden gefälschten Honig. Es ist meistens Ware zweifelhafter Güte mit hochklingenden Namen wie: „Schweizerhonig", „Brusthonig", „Alpenkräuterhonig", „Tafelhonig", „Zuckerhonig" u. sonstige Surrogate. Für Laien ist es schwer, echte Ware von der unechten zu unterscheiden, daher sei man äußerst vorsichtig, da alles Geld für falsche Ware hinausgeworfen ist. Ist der Honig auch kein allgemeines Universalheilmittel, so ist er doch ein Naturprodukt von weittragender Bedeutung für den gesunden und kranken Menschen. Nach dem Gesagten sollte sich keine umsichtige, sparsame Hausfrau abhalten lassen, den Honig, trotz des angeblich hohen Preises, in ihrem Haushalte aufzunehmen.
r Zur Warnung. Die amerikanischen Schwindelbriefe M. A. Winter Co. in Washington kommen wieder in größerer Anzahl nach Baden und Württemberg. Wie früher, möchten wir ernstlich davor gewarnt haben.
r Kriegskrankenpflege. Der württ. Landesverein vom Roten Kreuz läßt durch seine Bezirksoertreter z. Zt. Feststellungen treffen, wer im Fall einer Mobilmachung in den einzelnen Ortschaften der Bezirke bereit wäre, genesende Verwundete, die der ärztlichen Behandlung nicht mehr bedürfen, in Prioatpflege oder in einer Privatpflegestätte aufzunehmen. _
r Altensteig, 27. Nov. (Noch ein Erdstoß). Wie jetzt bekannt wird, ist am Freitag früh um 3 Uhr hier wieder ein Erdstoß wahrgenommen worden und zwar ein senkrechter, deutlich hörbarer. Das Zittern wurde deutlich verspürt. Auch von anderer Seite wird bestätigt, daß um diese Zeit die Erde bebte.
x Calw, 27. Noo. Der Reichstagsabgeordnete Fabrikant Hermann Wagner hat den Betrag von 10000 Mark gestiftet und zwar je die Hälfte für die Volksschule zur Aufhebung des Schulgelds und für das Realgymnasium zur Anschaffung von Lehrmitteln.
Neuenbürg, 28. Nov. Die Versammlung der Kraftwagen-Gesellschaft Neuenbürg-Herrenalb-Wlldbad hat beschlossen die neue Verbindung mildem Nagoldtal zunächst auf eine Probezeit von orei Sommerhalbjahren einzuführen. Die Stadt Calw übemimmt das ganze Risiko mit Regreß an die anderen Gemeinden.
r Stuttgart, 25. Noo. (Der Ministerpräsident über die deutsche Politik.) Bei der Eröffnungsfeier der Schlußstrecke der Nebenbahn Schorndorf—Welzheim sagte der Württ. Ministerpräsident Dr. v. Weizsäcker unter anderem in seiner Rede: „Wie in Württemberg, so-sehen wir in Deutschland eine blühende Industrie, eine fortschreitende, zum Teil glänzende wirtschaftliche Entwicklung. Kann man darauf auch für die Zukunft rechnen? Ich sage ja, Dank der Tatkraft des Volkes und Dank der zielbewußten, ebenso entschlossenen als besonnenen deutschen Politik."
r Der Synodus und das Gesangbuch. Einer Blättermeldung zufolge haben die Beratungen des Evangelischen Synodus am 24. November ihren Abschluß gefunden. Don den zahlreich zu dem Gesangbuchentwurf geäußerten Wünschen, soll eine Reihe Berücksichtigung gesunden haben.
x Gesellschasts-Fernfprechanschlüffe. Wie verlautet, beschäftigt sich die Reichspostverwaltung mit dem Plan, eine neue Art von Fernsprechleitungen, die sogenannten Gesellschaftsanschlüsse, das sind Leitungen mit mehreren eingeschalteten Sprechstellen, einzuführen. Diese Neuerung dürfte von einschneidender Bedeutung für weite Kreise der Bevölkerung sein, da sie den Fernsprechanschluß stark verbilligt und ihn auch dem „kleinen Mann" erreichbar macht, der sich bisher einen Bollanschluß nicht leisten konnte. Die bei den seitherigen Nebenanschlüssen empfundenen Unzuträglichkeiten sollen bei den Gesellschastsanschlüssen wegfallen. Ueber die Neuerung selbst werden der „Frankfutter Zeitung" nähere Mitteilungen gemacht, wonach die Zahl der in eine Leitung eingeschalteten Sprechstellen aus technischen Gründen aus 2—4 beschränkt ist. Jede Sprechstelle kann unabhängig von den andem das Amt anrufen und sich Verbindungen geben lassen. Neben einer Verbilligung der Gebühren — es sollen etwa 45—50 ^ für die Sprechstelle erhoben werden — hat die Neuerung den Vorteil der Unabhängigkeit der einzelnen Sprechstellen von einem Hauptteilnehmer bezüglich der Herstellung der Verbindungen, die Teilnahme aller Sprechstellen am Nachtoerkehr, der Wegfall der Notwendigkeit einen Hauptanschlußinhaber zu suchen, der bereit ist, Nebenanschlüsse abzugeben usw. Ein Nachteil muß allerdings in Kauf genommen werden, nämlich, daß die Teilnehmer eines Gesellschaftsanschlusses sich gegenseitig belauschen können. Die Möglichkeit! des Mithörens soll aber bisher in keinem Lande die Verbreitung der Gesellschasts- anschlüsse ungünstig beeinflußt haben, vielmehr wird angenommen, daß die Einführung dieser Anschlüsse auch in Deutschland einen bedeutenden Aufschwung im Fernsprechwesen zur Folge haben dürste.
r Stuttgart, 26. Nov. (Ingenieur Richter). Aus seiner Vortragsreise ist der berühmt gewordene Ingenieur Richter aus Jena nun auch nach Stuttgart gekommen, um vor einem großen Zuhörerkreis von seinen Erlebnissen auf der Balkanhalbinsel zu sprechen. Der hochaufgeschossene Mann, der fast zum Bottragenden geboren wurde, hat seine Gesundheit jetzt wieder erlangt. Was er erzählte, wußte man bereits aus den Zeitungen, nur die Lichtbilder waren neu, aber die Abbildungen seiner Freunde aus dem Räuberlager waren ihm abhanden gekommen. Das schadete nichts, die Schaulust des Publikums war befriedigt. Er hat uns seine Freuden und Leiden mitgeteilt und durste am Schluß auch den üblichen Beifall einheimsen.
r Stuttgart, 25. Noo. (Untersuchung der Betriebführung der Filderbahn). Schon vor dem folgenschweren Unfall auf der Neuen Weinsteiglinie der Filderbahn am Sonntag 5. November, hat der mit der Beaufsichtigung der Privatbahnen betraute Präsident der Generaldirektion der Staatseisenbahnen, v. Stieler, eine Prüfung der Verhältnisse der Filderbahn angeordnet. Wie oer Staatsanzeiger heute amtlich mitteilt, beschränkt sich diese Untersuchung nicht auf die sin der letzten Zeit oorgekommenen Unfälle, sondern sie erstreckt sich aus die gesamte Betriebsführ- sührung.
r Stuttgart, 27. Noo. (Ein Unikum). In einem Artikel, der sich mit einer Reihe von praktischen Wünschen und Vorschlägen für den nächsten Iahresfahrplan