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»Sdmub-Dqick Nag«

Ferusyrecher Nr. 29.

86. Jahrgang.

Fernsprecher Nr. 29.

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Beilagen: Plauderstiibchen,

* Illustr. Sountagsblatt und

Echwäb. Landwirt.

378

Montag, dm 37. Aovemöer

1S11

Kgk. Höevcrmt Wagotd.

An die Ortspolizeibehörden.

Das Erdbeben der letzten Woche hat zwar in den Gemeinden des Oberamtsbezirks größere Beschädigungen an Gebäuden nicht angerichtet,- es ist jedoch immerhin mit der Möglichkeit zu rechnen, daß Kamine und sonstige Feuerungs- eimichtungen kleinere und weniger sichtbare Beschädigungen erlitten haben, die zwar den baulichen Zustand nicht un­mittelbar gefährden, aber unter Umständen die Entstehung von Bränden verursachen können.

Die Ortspolizeibehörden werden daher veranlaßt, in ortsüblicher Weise die Hausbesitzer aus diese Gefahr hin- zmveisen und ihnen die Untersuchung ihrer Kamine und Feuerungseinrichtungen auf etwaige Schäden, sowie deren Beseitigung aufzugeben.

Nagold, den 24. Nov. 1911.

Kommere ll.

Vom Kgl. Evangelischen Oberschulrat ist am 23. Nov. eine stän­dige Lehrstelle in Garrweiler dem dortigen Schulamtsverweser Karl Düppel übertragen und bestätigt worden.

Tages-Neuigkeilen.

A«- Stadt «ck Land.

Nagold, 27. November 1911.

n Konzert des Sängerkranzes. Einen Ersatz für die Heuer ausfallende Bereinsweihnachtsfeier bot heute abend der Sängerkranz feinen Mitgliedern und deren Familien und Freunden in einem wohlgelungenen Konzert, das die Räume des Gasthofs zur Traube bis auf den letzten Platz füllte. Und die Erschienenen kamen auf ihre Rechnung dabei. Die paar Abendstunden, in denen das reichhaltige Programm abgewickelt wurde, versetzte sie durch die mit sichtlicher Be­geisterung oorgetragenen Männerchöre, unter denen die von Jul. Wengert besonders gefielen, bald in das wunderbare Leben und Sprossen der Natur, bald in sagenumwobene Gegenden des Vaterlands, bald in den lustigen Freundes­kreis, bald in das traute Stübchen der Heimat und des Liebchens. Zn einem lieblichen Tenorsolo brachte Karl Harr den Wohlklang seiner kräftigen und reinen Stimme aufs neue zur Geltung, während die Komik und der Spaß in den Bereinsmitgliedern Karl Müller und Schneider­meister Wölber sinnige Dolmetscher fanden. Die Palme des Abends aber gebührt dem aufopfernden und tüchtigen Dirigenten des Sängerkranzes, Hauptlehrer Günther, der es versieht, seine Sänger für die schöne Kunst des Gesangs zu begeistern und in dessen Hand auch die Begleitung der Couplets lag. Zn kurzen Worten dankte Bereinsoorstand, Schreinermeister Hezer, zum Schluß allen Erschienenen für ihr dadurch bekundetes Vereinsinteresfe, um dessen weitere Zuwendung er bat.

p Die Erdbebenbeobachtungen in Württem­berg. Die Wüctt. Presse Korrespondenz veröffentlicht nach­stehenden Aufruf: Zur Sammlung und Bearbeitung der zunächst in Württemberg gemachten Erdbebenbeobachtungen

haben sich die Unterzeichneten im Auftrag des K. Statistischen Landesamts vereinigt. Es ist ooraüszusetzen, daß außer den in unseren Zeitungen bekannt gemachten Wahrnehmungen noch viele wissenschaftlich wertvolle Angaben gewonnen wer­den dürsten. Neben der Bitte an die Redaktionen, uns womöglich alles ihnen zngegangene Material zukommen zu lassen, wenden wir uns an alle Privatpersonen, die uns wettere zuverlässige Auskunft geben können über bisher nicht berichtete bemerkenswerte Beobachtungen, mit der Bitte um Einsendung an das K- Statistische Landesamt Stuttgart. Insbesondere wären wir dankbar für Anfertigung und Ein­sendung einer Photographie bei besonders bemerkenswerten Veränderungen an Gebäuden. Felsen, Eisenbahndämmen usw. Für die Kosten ist das K. Statistische Landesamt auf Ver­langen aufzukommen bereit. Prof. Dr. Sauer-Stuttgart, Prof. Dr. Mack-Hohenheim Geh. Hofrat Prof. Dr. v. Schmidt-Stuttgart.

r Wer ist bei der Reichtagswahl stimmberechtigt?

In der letzten Zeit sind verschiedentlich Zweifel über das Wahlrecht der im Januar 1887 Geborenen laut geworden. Da von der Reichsregierung der Wahltermin auf den 12. Januar festgesetzt worden ist, sind alle männlichen deutschen Reichsangehörigen zur Reichstagswahl berechtigt, die bis dahin ihr 25. Lebensjahr zurückgelegt haben. Wer/also am 12. Januar 1887 oder vor diesem Tage geboren ist, muß bei der nächsten Reichstagswahl in die Wählerliste ausgenommen werden, sofern keiner der bekannten gesetzlichen Ausschließungsgründe dem im Wege steht.

r Quittrmgskarten für Invaliden- und Hinter- bliebenenversichernug. Ueber die Einrichtung der Quit­tungskarten und das Entwerten und Vernichten der Bei­trags- und Zusatzmarken sind neue Bestimmungen heraus­gekommen, die mit dem 1. Januar 1912 in Kraft treten. Die Quittungskarteu sind für die Pflichtversicherung in gelber Farbe, für die Selbstversicherung in grauer Farbe herzu­stellen aus Hadern und Zellstoff. Selbstoersicherte dürfen bei Strasoermeidung keine gelben Karten verwenden. Die alten Quittungskarten dürfen noch innerhalb zweier Jahre vom Ausstellungstag an verwendet werden. Verlängerungs- vermerke dürfen aber vom 1. Januar 1912 ab nicht mehr in den Quittungskarten gemacht werden. Zum Entwerten der Karten sind Arbeitgeber und Versicherte verpflichtet, auch die Stellen, die die Beiträge einziehen; ebenso die Kontroll- behörden. Die Entwertung erfolgt handschriftlich oder durch Stempel, wobei als Tag der Entwertung der letzte Tag des Zeitraums, sür den die Marke gilt, in Zahlen deutlich zu bezeichnen ist, z. B. 6. 1. 12 für den 6. Januar 1912. Andere Entwertungszeichen sind unzulässig. Nichtentwertete Marken hat die Versicherungsanstalt zu entwerten. Beim Entwerten muß aber Geldwert, Lohnklasse und Name der Ver­sicherungsanstalt ersichtlich bleiben. Wer die Marken nicht entwertet, verfällt einer Ordnungsstrafe bis zu 20 Auf den neuen Ouittungskarten steht in jedem Markenseld:Jede Marke muß entwertet werden." Besondere Merkmale darf die Karte nicht tragen, vor allem darf nichts über Führung oder Leistungen des Inhabers zu entnehmen sein. Auch

darf niemand die Karte gegen den Willen des Inhabers zurückbehalten. Zur Vermeidung von Rechtsnachteilen ist die Quittungskarte binnen zwei Jahren nach dem Ausstell­ungstage zum Umtausch einzureichen.

x Rottenburg, 25. Nov. Die Einweihung des nun­mehr wieder aufgebauten Marktbrunnens wird am 8. Dez. mit einer kleinen Feierlichkeit erfolgen. Die Kosten der Emeuerung des Brunnens betragen 15 000 Die bürgerl. Kollegien haben beschlossen, den nach Abzug des Staats­beitrags und der freiwilligen Beiträge verbleibenden Betrag von 12000 durch Schuldaufnahme zu decken.

Calw, 2 5. Nov. Die im Nagoldtal zwischen Calw und Wildberg gelegene Talmühle, nach der der Halte­punkt an der Linie Pforzheim-Horb genannt wird, wechselt voraussichtlich infolge eines eingeleiteten Konkursverfahrens den Besitzer. Schöne Erinnerungen knüpfen sich an diese äußerst romantisch in das enge Nagoldtal eingebettete Mühle. Das Getreide und das Mehl wurden in früheren Zeiten auf Eseln sortgeschafft und noch vor etwa 30 Jahren ver­gnügten sich die Kürgäste an diesem längst aufgegebenen Verkehrsmittel. Ihre Blütezeit hatte die Mühle unter der Familie Schill-Stotz. Biele Jahrzehnte war diese Famllie Besitzerin der Mühle und von der ganzen Umgebung wurde die mit der Mühle verbundene Wirtschaft mit Pension be­sucht. Besonders benützten die zahlreichen Kurgäste in Teinach gerne ihre Zeit zu einem Ausflug in die nahe Talmühle. Der Aufenthalt in dieser stillen Einsamkeit und die Liebens­würdigkeit der Müllerleute übte eine große Zugkraft aus und so sah die Mühle viele vornehme und berühmte Gäste. In weiterem Kreise wurde die Mühle bekannt, als der Dichter Hermann Kurz von Reutlingen sie sich zum längeren und oftmaligen Aufenthalt ersah und hier in der Ruhe u. Stille Erholung suchte und verschiedene Gedichte verfaßte. In der liebenswürdigen Schill'schen Familie gefiel es dem Dichter sehr gut und sein Aufenthalt in der Talmühle gehörte zu der schönsten Zeit seines Lebens. Auch Viktor Scheffel hat öfters auf der Talmühle verweilt und mehrere Einträge in das Fremdenbuch gemacht. Er hielt sich zur Kur in Bad Teinach auf und kam auf diese Weise auch auf die Tal­mühle. Im Sommer herrschte überhaupt reger Verkehr in der Mühle, da sie ein Sammelpunkt sür Gäste aus den Kurorten und den umliegenden Städten und Orten war. Bald nach dem Abzug der Familie Schill-Stotz wurde der Betrieb der Mühle aufgegeben; an die Stelle der klappernden Mühle trat eine Schraubenfabrik. Die Wasserkraft aber wurde vor einigen Jahren von dem Gemeindeoerband Elektrizitätswerk Calw angekauft und es soll von der Tal- mühle aus ein unterirdischer Stollen nach der Station Teinach zu dem neuerbauten Elektrizitätswerk geführt werden. So ist die Poesie und das Idyll der Mühle gefallen, die er­habene romantische Lage ist aber glücklicherweise geblieben. Der jetzige Besitzer gab sich große Mühe, den beliebten Ausflugsort wieder in die Höhe zu bringen, aber ganz sind die Bestrebungen nicht gelungen, denn die vorwärts eilende Zeit sucht andere Interessen und andere Genüsse, und die Vergangenheit allein ist es, die der Talmühle ihre Anzieh-

Puanschikai der Mann mit dem doppelten Gesicht.

Allem Anschein nach wird Puanschikak, dj? chine­sische Regierung, mehr der Not gehorchend als dem eigenen Triebe, wieder aus der Verbannung nach Peking gerufen hat, in Zukunft eine noch weit größere Rolle spielen als bisher. Selten hat ein Staatsmann eine schnellere und glänzendere Laufbahn zurückgelegt als Puanschikai, dessen Name heute in aller Welt Munde ist. Wenig bekannt aber dürfte es sein, daß dieserMann mit dem doppelten Gesicht" sein schnelles Aussteigen von der bescheidenen Stelle eines einflußlosen Taotai zum Premierminister des größten Reiches der Welt, der Geschicklichkeit zu danken hat, die er bei Gelegenheit des Staatsstreiches im Jahre 1898 bewies. Vor der blutigen Katastrophe im September 1898, die verschiedenen Reformern den Kopf kostete, gehörte Yuan- schikai zu den treu ergebenen Reformanhängern des Kaisers. Ihm war das Kommando über das dritte Regiment der Nordarmee anvertraut, das in Hstantschau, etwa 120 Kilo­meter südöstlich von Tientsin stand. Bei einer Truppenschau in Tientsin sollte der Staatsstreich, die Entsetzung des Kaisers, vor sich gehen, zu dessen Vollstreckung die Truppen des der Kaiserin ergebenen Generalgouoerneurs in Tientsin Punglu, ausersehen waren. Puan befehligte aber den besten Teil dieser Truppen, und soll sich in einer Unterredung mit einem Vertrauten des Kaisers in Peking, der ihn von dem Anschlag auf den Kaiser in Kenntnis setzte, geäußert haben:

Wenn der Kaiser hilfesuchend in mein Lager kommt, werde ich Punglu abtun wie einen Hund".

Tatsächlich soll Puanschikai dann vom Kaiser den Auftrag erhalten haben, Punglu zu verhaften und ihn köpfen zu lassen, wofür ihm zur Belohnung der Posten des General­gouoerneurs in Tientsin und als Oberbefehlshaber aller Truppen in Tschili in Aussicht gestellt war. Was dann folgt, war bisher in Dunkel gehüllt.

Nunmehr aber erhalten wir durchaus zutreffende und zuverlässige Mitteilungen durch die Veröffentlichungen, die wir dem auf Grund von Staatsdokumenten geschriebenen Werke von Bland und BackhouseChina unter der Kaiserin Witwe", finden. Soeben hat dieses für die Geschichte Chinas überaus wichtige Werk in F. v. Rauch einen vor­trefflichen Uebersetzer gesunden (Verlag Karl Sigismund, Berlin *), und einige Ausführungen aus ihm dürsten um so höheres Interesse beanspruchen, als sie einen außerordentlich wertvollen und charakteristischen Einblick in das Seelenleben des heute zweifellos bedeutendsten Chinesen gewähren.

Puanschikai hatte, wie bemerkt, dem Kaiser versprochen, Hunglu in dessen Namen zu verhaften und seine Ent­hauptung zu veranlassen. Er verließ Peking mit dem Frühzuge, erreichte Tientsin noch vormittags und begab sich

*) China unter der Kaiserin Witwe. Die Lebens- und Zeitgeschichte der Kaiserin Tzu Hst. Zusammengestellt aus Staats- Dokumenten und dem persönlichen Tagebuch ihres Oberhofmarschalls von 2. O. P. Bland und E. Backhouse. Ins Deutsche übertragen von F. v. Rauch. 504 S. gr. 8°, mit 28 Illustrationen. Berlin, Verlag von Karl Sigismund. Preis --6 9., gebunden 10..

sofort zu Iunglus Pamen. Er fragte Iunglu, ob er ihn als einen getreuen Blutsbruder betrachte, (beide Männer hatten vor Jahren Blutsbruderschaft geschlossen).Natürlich", entgegnete der Bizekönig.Und das ist gut so, denn der Kaiser hat mich gesandt, dich zu töten, statt dessen verrate ich nun seinen Plan wegen meiner Treue gegen die Kaiser in- Witwe und meiner Freundschaft zu dir." Iunglu, scheinbar durch diese Botschaft unbewegt, drückte nur sein Erstaunen aus, daß der alte Buddha (die Kaiserin) in Unkenntnis über alle diese Dinge hatte bleiben können, und fügte hinzu, er werde sofort nach Peking ausbrechen und noch am selben Abend die Kai erin aufsuchen. Puan behändigte ihm das Dekret des Kaisers, und Iunglu erreichte mit dem Sonder- zug Peking bald nach 5 Uhr.

Er begab sich sofort zum Seepalast, ließ kühn die Etikette außer acht, die jedem Prooinzialbeamten untersagt, die Hauptstadt ohne besonderes Edikt zu besuchen, sowie die noch strengeren Formen, die das Betreten des Palastes regeln. Unangemeldet trat er vor das Antlitz der Kaiserin» verrichtete dreimal Kotow und rief:Freistätte Ew. Majestät!" Was brauchst du Freistatt im verbotenen Bezirk, wo dir nichts geschehen kann und wo du keine Rechte hast, zu verweilen?" entgegnete der alte Buddha. Iunglu beeilte sich, ihr alle Einzelheiten des Anschlages vorzutragen. Sie erfaßte die Situation, und mit dem Mute und männlichen Scharfsinn, die es ihr ermöglichten, alle Hindernisse zu über­winden. tras sie sofort die nötigen Anordnungen. Sie trug ihm aus, heimlich die Leiter der konservativen Pattei zu verständigen und sie zu sofortiger Audienz im Seepalast zu