Paris, 4. Nov. DemMatin" wird aus Newyork gemeldet: Der ehemalige Gesandte der Bereinigten Staaten in Konstantinopel, Strauß, hielt gestern eine Ansprache, worin er in scharfen Worten das brutale Borgehen Italiens tadelt und darauf hinweist, daß Italien eine der Mächte sei, die das Haager Abkommen mitunterzeichnet haben.

Ein neuer Explosivstoff.

Newyork, 4. Novbr. Der frühere Professor an der Harvard Universität Wright hat einen neuen Explosivstoff erfunden, dessen Wirkung dreimal so stark wie die des Dynamits ist. Dieser neue Explosivstoff soll den wichtigen Vorzug besitzen, daß er ohne Gefahr gehandhabt werden kann, daß keine Erschütterung ihn zur Explosion bringt und daß er eine Hitze von 275 Grad Fahrenheit aushält.

Zum Marokko-Abkommen.

^ Berlin, 3. Nov. In dem bezüglich des Kongo zwischen Deutschland und Frankreich abgeschlossenen Ab­kommen erhält Deutschland bedeutende und wertvolle Län­dereien längs der Grenze seiner Kamerunkolonie außerdem zwei Länderstrecken. Wenn diese Strecker! auch weniger wertvoll an sich sind, so geben sie Deutschland Zugang zu den Ufern dieser Ströme. Deutschland erhält an diesen Ufern Landstreisen zwischen 6 und 12 Kilometer, die ihm gestatten, alle zur Schiffahrt erforderlichen Einrichtungen anzulegen. Dagegen tritt Deutschland das kleine Dreieck zwischen Logone und Chari bis zu dessen Zusammenfluß südlich des Tschadsee ab. Togo wird in dem Abkommen überhaupt nicht erwähnt. Im übrigen enthält der Vertrag auf Gegenseitigkeit beruhende Bestimmungen, über Handels­freiheit. gegenseitiges Durchzugsrecht, Befugnisse über Wetter­führung von Eisenbahnen und am Schluß den Vorbehalt gegenseitiger Verständigung für den Fall, daß im internatio­nalen Kongobecken, wie es durch den Berliner Vertrag festgesetzt ist, Veränderungen eintreten sollten.

r .Paris, 3. Nov. DerTemps" bemerkt zum fran­zösisch-deutschen Marokkoabkommen unter anderem, Frank­reich habe Marokko wegen den Italienern den Grundsatz der Unversehrtheit der Türkei geopfert, indem es ihnen freie Hand in Tripolis gibt. Es habe den Engländern seine Rechte auf Neufundland abgetreten und den Spaniern die Zukunft seiner Bestrebungen in Marokko durch einen Ein­zelvertrag geopfert. Es könne denn auch kein grundsätz­licher Einwand dagegen erhoben werden, daß auch Deutsch­land seine Entschädigung erhalte und es wäre logisch gewesen, diese Entschädigung schon im Jahr 1904 zu geben. Die Deutschland im Kongo rzugestandenen Gebietsabtretungen seien, wie jeder Gebietsverlust, für das französische Natio- nalgesühl peinlich. Die öffentliche Meinung finde in dem gegenwärtigen Augenblick wenigstens Befriedigung in dem Marokkoadkommen.

Berlin, 4. Nov. Nach dem Kongoabkommen erhielt Deutschland im Kongogebiet von Frankreich bedeutende und wertvolle Ländereien längs der ganzen Grenze seines Kamerungebiets! außerdem 2 Landzungen am Ubangi und Kongofluß, die die Verbindung mit diesen Flüssen ver­mitteln. Dagegen tritt es ein kleines Landdreieck am Tschadsee ab. Bon der Togokolonie ist im ganzen Ver­trag nicht die Rede. Dieser enthält noch Gegenseitigkeits­bestimmungen über den Handel, Truppendurchzllge u. a. (Weshalb mag wohl von Frankreich das Landdreieck ver­langt worden sein, mit dem Kamerun an den Tschad-See stieß?)

Berlin, 4. Novbr. Die Norddeutsche Allgemeine Zeitung veröffentlicht in einer Sonderausgabe das neue Marrokkoabkommen. Im Auszug darin heißt es: die be­kannten Ereignisse in Marokko haben erkennen lassen, daß die Ordnung in Marokko nicht ohne Eingreifen einer euro­päischen Macht aufrecht erhalten werden kann. Nach der Algecirasakte habe aber keine einzelne Macht allein das Recht, die Wiederherstellung der Ordnung in Marokko durchzuführen. Als Frankreich sich jtrotzdem dazu anschickte, sandte die deutsche Regierung nach Vorstellungen zum Schutz ihrer Nation einen Kreuzer nach Agadir. Das hat dann dazu geführt, daß die deutsche und französische Re­gierung sich entschlossen haben, die Angelegenheit unter sich zu regeln. Als Grundlage der Verhandlungen diente das deutsch-französische Abkommen vom Februar 1909. Es ist nun ein Vertrag zu stände gekommen, der am Samstag unterzeichnet und am Montag gemeinschaftlich der Oeffent- lickkeit übergeben werden wird. Im einzelnen ist dazu zu bemerken, daß die französische Regierung sich aufs bündigste verpflichtet hat, die Gleichberechtigung der verschiedenen Nationen in Marokko aufrecht zu erhalten und dafür zu sorgen, daß das Prinzip der offenen Türe gewahrt bleibt. Andererseits erklärt Deutschland sein bereits im Vertrag 1909 ausgesprochen politisches Nichtinteressiertsein in Marokko von Neuem.

Das Marokko-Abkommen wurde heute unterzeichnet.

Berlin, 4. Nov. Heute nachmittag um 5 Uhr fand im Auswärtigen Amt die Unterzeichnung des Marokko- und Kongo-Abkommens statt. Das für die französische Regier- ung bestimmte Bertragsexemplar wird heute abend nach Paris abgehen, und nach seinem Eintreffen daselbst werden die beiden Regierungen die gleichzeitige Veröffentlichung veranlassen.

Aufnahme des Marokko-Abkommens in Frankreich.

Paris, 4. Nov. Die Bekanntgabe des Inhaltes des Marokkovertrags rief einen allgemeinen Stimmungswechsel hervor. Die meisten Zeitungen triumphieren und rühmen die diplomatische Kunst Cambons, der Frankreich in Europa vielleicht die wertvollste aller seiner Kolonien erwerben half, gegen einen nur geringen Preis. Nur wenige Blätter halten zurück und erklären zu warten, bis der Wortlaut vorliegt.

Man glaubt, die Kammer werde den Vertrag einstimmig genehmigen.

Paris, 3. Nov. Das französische Marokko- Protektorat dürste, da Sultan Muley Hafid einver­standen ist, schon Neujahr 1912 beginnen.

r Paris, 5. Novbr. (Meldung der Agence Havas.) Der Gesetzentwurf betr. die Billigung des deutsch-französi­schen Abkommens wird wahrscheinlich in den ersten Tagen nach dem Zusammentritt des Parlaments dem Bureau der Deputiertenkammer überreicht werden. Etwa acht Tage werden für die Drucklegung des Gesetzentwurfs, für seine Prüfung durch die Kommission für Auswärtige Angelegen­heiten und für die Abfassung des Berichts notwendig sein, so daß die Besprechung des Entwurfs erst am 14. oder 15. Nov. möglich sein wird. Mit der Besprechung des Ent­wurfs wird die Beratung von Interpellationen verbunden sein. Es scheint nicht, daß vor der Debatte die Veröffent­lichung eines Gelbbuches erfolgen soll, da diese Veröffent­lichung zu viel Zeit in Anspruch nehmen würde.

Der Aufstand in China.

Peking, 3. November. (Reuter.) Der Thron hat heute eine Reihe von Bestimmungen angenommen, die die Nationalversammlung als notwendige Grundlagen der von ihr zu beschließenden Verfassung oorgeschlagen hat. Die Bestimmungen setzen dieMnführung eines Parlaments fest, dem eine Kontrolle über die Ausgaben und über die Ver­waltung zustehen soll, sowie eines Ministeriums, das vom Parlament gewählt werden und ihm verantwortlich sein soll. Bis zur Einführung und Versammlung des Parlaments soll die Nationalversammlung seine Stelle einnehmen.

r Peking, 4. Nov. Die Nationalversammlung hat dem Throne die Bestimmungen unterbreitet, die sie als die notwendige Grundlage für die Konstitution ansieht. Der Thron hat die Bedingungen sofort angenommen. Sie lauten: Die Tschingdynastie regiert für immer. Die Person des Kaisers ist unverletzlich. Die Macht des Kaisers ist beschränkt durch die Konstitution. Die Ordnung der Thronfolge wird in der Konstitution vorgeschrieben. Das Recht, die Ver­fassung zu ändern, steht dem Parlamente zu. Die Mitglie­der des Oberhauses sollen durch das Volk gewählt werden.

r Schanghai, 4. Nov. (Reuter.) Die Chinesenstadt in Schanghai und das Arsenal fielen gestern abend gegen 6 Uhr fast ohne Widerstand in die Hände der Aufständischen. Die chinesischen Einwohner und die Soldaten schlossen sich sämtlich den Aufständischen an. Der englische Generalkonsul erhielt gestern nachmittag einen Brief, unterzeichnet vonder Militärregierung des chinesischen Volkes", in dem ihm mit­geteilt wird, daß die Aufständischen beschlossen hätten, die Sorge für die Chinesenstadt zu übernehmen, um die Ord­nung sicher zu stellen. Der Brief fordert den Konsul auf, die Wachen in den internationalen Ansiedlungen zu ver­stärken.

Woch immer

kann der

Gesellschafter»

für die Monate

November und Dezember

abonniert werden.

Die Vernichtung der Mandschudynastie.

Peking, 3. Nov. Der wesentlichste Punkt des Pro­gramms, welches gemeinsam die Nationalversammlung und Militärliga ausgearbeitet haben, ist die vollständige Ver­nichtung der Mandschudynastie. Die-Nationalversammlung ist nicht damit zufrieden, dem Adel die hohen Posten zu entziehen. Die Liga ist entschlossen, die Gelegenheit zu be­nutzen, um den Mandschus ihre seit Jahrhunderten gehei­ligten Vorrechte, die sie zur herrschenden Klasse machten, zu entziehen.

Zu den Forderungen, welche die Nationalversammlung dem Thron noch stellt, gehört die Abschaffung des Zopftragens, die Auflösung der acht Mandschuregi- regimenter, von deren Wertlosigkeit man seit langem über­zeugt ist und die nur eine Belastung des Budgets bedeuten, ferner daß die Mandschus in Zukunft chinesische Familien­namen annehmen sollen, wodurch sie nach und nach von der chinesischen Bevölkerung ausgesaugt werden, endlich daß die Pension, welche die Mandschufamilien, bis jetzt von dem Staate erhielten, vollständig abgeschafft wird. Seit der Erhebung der gegenwärtigen Dynastie hatten nämlich sämtliche Mandschus von dem Tage ihrer Geburt an das Recht einer monatlichen Pension von der Regierung.

Der Krieg um Tripolis.

IV Tripolis, 3. Nov. (Ag. Stef.) Die fremden Militärattachees besuchten gestern abend den General Caneva und besichtigten heute morgen die Befestigungen der West­küste, das Fort Nr. 6 und von Bumeliana. Die letzte Nacht ist ruhig verlausen.

Tripolis, 5. Nov. Gestern erfolgte ein kleiner Angriff aus die östliche italienische Front. An diesem An­

griff nahmen ungefähr 200 Araber und einigen Abteilungen türkischer Regulärer teil. Der Angriff wurde von zwei Kompanien des 63. Inf.-Reg. zurückgewiesen. Der Feind hatte schwere Verluste, das 63. Infanterieregiment hatte einen Toten.

Rom, 4. Nov.Osseroatore Romano" schreibt: Trotz der veröffentlichten amtlichen Erklärung melden verschiedene europäische Zeitungen, der päpstliche Stuhl sei in gewisser Weise an dem italienischen Konflikt beteiligt, und deuten sogar an, daß finanzielle Interessen dabei in Frage kämen. Derartige falsche und tendenziöse Mitteilungen entbehren jeder Grundlage.

In Tripolitanien.

Tripolis, 4. Nov. Die Verluste, die die Italiener seit dem 13. Oktober erlitten haben, betragen 1500 Mann, davon 230 Tote. Cholerakrank sind 87 Soldaten, von denen fünf gestorben sind. Den Truppen-Ausschreitungen in Tripolis fielen 4000 Araber zum Opfer, darunter 400 Frauen und Kinder. Die Zahl der gefallenen Araber ist unbestimmt. Die Leichen bleiben in den Oasen liegen, weil die Soldaten den Geruch bei der Beerdigung nicht ertragen

und die Araber allein nicht arbeiten.

» * »

V7 Konstantinopel, 5. Nov. Es heißt, der Minister- rat habe für den Fall, daß die Feindseligkeiten aus dem Archipel ausgedehnt würden, beschlossen, sämtliche Italiener aus der Türkei auszuweisen.

Landwirtschaft, Handel vud Verkehr.

Nagold, 4. Nov. (Obstmarktbericht.) Zufuhr ca. 50Körbe Tafeläpfel. Preis per Ztr. 1116 Größere Zufuhren von Gold­reinetten und besserem Tafelobst sehr erwünscht.

Nagold, 4. Nov. Alter Dinkel. Neuer Dinkel 8.50. 8.40, 8.20. Weizen, 12.25,. Kernen . Roggen, 11.00,. Gerste 10., 9.85, 9.70. Haber 9.20. 9.00, 8.70. Mühlfrucht.

Biktualienpreise.

1 Pfund Butter 1,10-1.20 2 Eier 17 und 18

Altensteig, 1. Nov. Alter Dinkel. Neuer Dinkel 9.50, 9.31,9.. Haber., 9.50, Kernen . Weizen., ,.. Roggen, 11.,

Welschkorn. Gerste11.--.., Biktualienpreise.

1 Pfund Butter 1 2 Eier 16 /H.

Wochenmarkt-Bericht der Zentralvermittlungsstelle für Obstverwertnug in Stuttgart.

Ausgegeben am 4. November 1911.

Bei der Zentralvermittlungsstelle für Obstoerwertung in Stutt­gart, Eßlingerstr. 15, Telefon 7164, sind eingelaufen: Angebote: Wintertafelbirnen in allen Preislagen, größere und kleinere Posten einheimische Winteräpfel, Quitten, Nüsse, Kirschenwasser und Apfelsaft. Nachfragen: gedörrte Kirschen, Mostobst, Wintertafeläpsel von zahl­reichen Plätzen des In- und Auslandes. Adressen von Anbietern und Abnehmern, ebenso Auskunft über Marktlage, Preise, Verpackungs­materialien jederzeit kostenlos. Tafelobstpreise auf dem Stuttgarter Engros-Markt am 4. November: Aepfel 1220 Quitten 12 bis 18 ^6, Schlehen 12 Birnen 1024 Nüsse 2530 Wein­

trauben ital. 3035 per 50 kg. Almena 22 per Faß. Sor­tenpreise unverändert. Marktlage andauernd flau. Mostobstmarkt aus dem Stuttgarter Engros-Markt am 3. Nov. (Nordbahnhof.) Angefahren waren 283 Wagen, davon neu zugeführt 117 und zwar aus Frankreich 101 zu 800950 ^6, Italien 11 zu 10001050 .Zt, Schweiz 4 zu 1150 Oesterreich-Ungarn 1, Preise für 10000 kg. Nach auswärts abgegangcn 119 Wagen. Eine größere Anzahl geringer französischer Mostobstwagen wurden zu 560800 ^ versteigert. Im Kleinverkauf 56 Bei starker Zufuhr fallen die Preise noch fort­während. Der größte Teil des Bedarfs ist schon gedeckt, unter den Käufern herrscht Zurückhaltung wegen der vielen angefaulten Send­ungen. Die Händler sind in großer Aufregung, besonders über die langsamen und unzuverlässigen Transporte aus Frankreich.

r Stuttgart, 4. November.

Schlachtoie

hmardt.

Schweine

Großvieh,

Kälber,

Zugetrieben:

232

110

439

Erlös aus Lg. Schlachtgewicht.

Pfennig

Pfennig

Ochsen

von 90 bis 92

Küh-

von 60 bis 72

40 ,. 52

Bullen

82 84

Kälber

100 ., 105

79 81

93 .. 93

Jungvieh u.

93 96

85 .. 90

Iungrinoer

.. 89 .. 92

Schweine

.. 64 85

86 88

61 63

.. 56 58

Verlauf des Marktes: mäßig belebt.

Stockheim, 3. Nov. (tzerbstergcbnis.) Auf der Markung stehen im Ertrag 55,78 ba Weinberge. Erzeugt wurden 87 460 bl, durchweg Rotwein. Der höchste Preis für den Eimer betrug 260 -Zl, der niederste 225 -Zl. Verkauft wurden 72080 bl, erlöst 55440 Eingekeltert wurden 15 380 bl. Rechnet man für den eingekelterten Wein durchschnittlich 79 für das bl, so ergibt sich ein Weinerträg­nis von zusammen rund 63000 Im Herbst 1910 wuiden nur etwas über 9000 Weinbergerträgnis festgestellt.

Mntmaßl. Wetter am Dienstag und Mittwoch.'

Die neue Depression erweist sich kräftiger als ihre letzten Vorgänger und drängt den Hochdruck von Sllddeutschland über die Alpen zurück. Für Dienstag und Mittwoch ist noch unbeständiges, später aber wieder aufheiterndes Wetter zu erwarten.

Druck und Verlag der G. W. Zaisrr'scheu Bucbdruckrret (Emil Zäher Nagold. Für die Redaktion verantwortlich: K. Paar