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86. Jahrgang.
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Schwäb. Landwirt.
M 260
Montag den 6. Wsvemöer
1SU
Kgk. HbevarnL Bekanntmachung.
Nach Mitteilung des K. Oberamts Horb vom 2. d. Mts. ist die Abhaltung des auf 11. November d. I. fallenden Bieh- und Schweinemarkts in Horb infolge der z. Zt. hier herrschenden Maul- und Klauenseuche verboten worden.
Nagold, den 4. Nov. 1911.
Amtmann Mayer.
Seine Königliche Majestät haben am 3. November d. Is. aller- gnädigst geruht, den Amtsrichter Dr. Gro ß, Vorsitzender des Gewerbe- und des Kaufmannsgcrichts Stuttgart, zum Amtsrichter in Nagold zu ernennen.
Lages-Nerrigketten.
A>» Stadt «ad Land.
Nagold, 6 November 1911
-1- Versammlung. Gestern nachmittag versammelten sich im „Rößle" die Vertreter der Bienenzüchter-Vereine Altensteig, Calw, Horb, Nagold und Neuenbürg um über gemeinsame Schritte zu beraten, wie dem verachteten Tannenhonig, der wegen seiner dunklen Farbe häufig als gefälscht gelte, der Markt in den größeren Städten geöffnet werden könne. Es wurde beschlossen, daß die Bienenzüchtervereine im Schwarzwald gemeinsam Vorgehen sollen und durch Aufklärung in den Zeitungen die Konsumenten aufzuklären suchen. Ebenso müsse aber auch dahin Belehrung erfolgen, wie der Honig angewendet werden soll und welche wertvollen Stoffe der Tannenhonig dem Hellen Honig gegenüber besitze. Als zweiter Punkt kam zur Sprache, wie den Honigpantschern am besten zu Leibe gerückt werden könne; denn leider werde gerade beim Honig sehr viel gefälscht und zwar nicht bloß durch Zuckerfütterung. So stehen z. B. lt. „Beobachter" in Mühlhausen a. d. F. 40 Ztr. Kunsthonig, die als „echter Blütenhonig" durch Vermittlung eines Landtagsabgeordneten nach Stuttgart geliefert wurden, von der Staatsanwaltschaft aber mit Beschlag belegt worden seien. Dann sollen die Imker vor dem Bienenfutter „Ideal" eines Waiblinger Bienenzüchters als viel zu teuer gewarnt werden.' Es wurde noch festgesetzt, daß solchegemeinsame Aussprachen öfters stattfinden sollten.
r Ein Mißstand im „Staatsanzeiger". Bei Veröffentlichungen der Prüfungsergebnisse werden im „Staats- anzeiger" die Namen der Kandidaten und ihr Geburtsort angegeben. Besser wäre es, wenn anstelle des Geburtsortes der Wohnort angegeben würde. Das trifft namentlich für Beamtensöhne zu, es ist aber auch allgemein zweifellos wichtiger, wo der Prüfling gerade setzt wohnt, als wo er geboren ist.
r Befördernngsgelegenheiteu fürBriefsendnngen nach den Vereinigte« Staaten von Amerika. Die auf dem direkten Weg gegen Portoermäßigung (10 für jede 20 8 im Frankierungsfalle) zu befördernden Briefe sind mit folgenden Beförderungsgelegenheiten abzusenden: 11. Nov. ab Bremerhaven, 18./11. ab Bremerhaven, 25./11. ab Cuxhaven, 28./11. ab Bremerhaven, 2./12. ab Cuxhaven, 9./12. ab Bremerhaven. Sämtliche Verbindungen mit
Ausnahme derjenigen vom 2. Dezember stellen zugleich die schnellste Beförderungsgelegenheit dar. Leitoermerk: „Direkt oder über Hamburg" (Cuxhaven) oder „über Bremen" (Bremerhaven). Als weitere Beförderungsgelegenheiten ohne Portoermäßigung kommen in Betracht: a) über Southampton: 8., 11., 15., 22.. 26. und 29. November sowie 6. Dezember: b) über Queenstown 9., 12., 16., 23., 26. und 30. November sowie 3. und 7. Dezember.
r Frendenstadt, 5. Nov. (Wahl.) Der Gemeinderat hat den Forstassessor Müller von Herrenalb zum Gemeindeförster sür den großen Waldbesttz gewählt.
r Stuttgart, 3. Nov. (Spielplan der K. W. Hoftheater.) Sonntag den 5./11. (8 L.) Turnus III. I- Klasse — Die Medaille (3), Euryanthe (7). Montag 6./11. (ä. 3) Herodes und Marianne (7), Dienstag 7./11. (k 3) Fliegender Holländer (7Vs). Mittwoch 8./11 (0 3) Hoffmanns Erzählungen (7Vs), Donnerstag 9./11 (6 4) Anatol (7 V»), Freitag 10./11. (^ 4) Das Glöckchen des Eremiten (7 Vs). Samstag 11./11 (6 4) Die Jungfrau von Orleans. (7^/z), Sonntag 12./11. (86) Die Zauberflöte (7), Montag 13./11. (^5) Ein Sommernachtstraum (7^), K. Wilhelmatheater Sonntag 5./11. Glaube und Heimat (7), Mittwoch 8./11. Sondervorstellung für die Mitglieder des Goethebundes Laune des Verliebten Mitschuldigen (7^). In Tübingen Freitag 10./11. Medea. Sonntag 12./11. Turnus IV I. Klaffe — Die Medaille (3), Glaube und Heimat (7).
Schweres Bahnnnglück in Stuttgart.
x Stuttgart, 5. Noo. Ein schweres Unglück ereignete sich heute abend 6 Uhr auf der elektrischen Bahn Bopse r—D egerloch. Ein von Degerloch kommender Wagen der Bahn geriet an der Kurve am Bopserbrunnen trotz gebremster Achsen mutmaßlich infolge Laubfalls ins Schleifen. Durch die große Schnelligkeit, mit der der Wagen über die Einfahrweiche hereinfuhr, entgleiste er und wurde gegen den Randstein geworfen, sodaß der Wagenkasten auf den Bürgersteig zu liegen kam. Bon den etwa 30 Personen, die sich in dem Wagen befanden, wurden 15 verletzt, darunter einige schwer. Der Wagenführer wurde gleichfalls verletzt. Die Verletzten wurden sämtlich mit dem Sanitätswagen ins Katharinenhospital gebracht. Auf dem Transport dorthin ist eine Person an den erlittenen Verletzungen gestorben. Zwei weitere Personen wurden gleichfalls getötet, sodaß insgesamt drei Personen ums Leben gekommen sind. Tot sind: Ingenieur Hartenstein, Stuttgart, Seestr. 34, der Wagenführer Krämer von Möhringen, ein Monteur von auswärts, dessen Name noch nicht ermittelt werden konnte. Unter den Schwerverletzten befindet sich eine Frau Reinhardt und ihr Kind. Deren Mann und ein weiteres Kind wurden ebenfalls verletzt; die beiden konnten jedoch wieder entlassen werden. Nach genauen Feststellungen wurden insgesamt 14 Personen verletzt; davon sind drei gestorben, vier konnten aus dem Spital entlassen werden, sodaß sich noch sieben im Spital befinden.
Sofort nach dem Unglück tras Oberbürgermeister Lautenschlager und Oberstaatsanwalt Faber an der Unglücksstelle ein. Die Berussfeuerwehr unter Branddirektor Iacobys Leitung leistete bei der Bergung der Verunglückten Hervorragendes, ebenso bei der Anlegung der ersten Verbände und beim Transport der Verunglückten nach dem Spital, Oberbürgermeister Lautenschlager begab sich abends noch ins Hospital, um sich nach dem Befinden der dort untergebrachten Schwerverletzten zu erkundigen. Die erste Hilfe nach dem Unglück leistete das Publikum, das die Verunglückten aus dem Wagen herausholte. Einige Aerzte waren kurz darauf zur Stelle. Die vollständige Liste der Schwerverletzten wird morgen früh veröffentlicht.
p Stuttgart, 3. Nav. (Kein Kurpfuschergesetz.) Die für die Beratung des Gesetzes gegen Mißstände im Heilgewerbe berufene Reichslagskommission hat jetzt, wie Professor Dr. Gustav Jägers Monatsblatt mitteilt, aus Grund von Gutachten besonnener Aerzte, welche die Einführung eines Behandlungszwangs durch approbierte Aerzte sür überflüssig erklärten, im Einverständnis mit der Regierung aus die Weiterbehandlung des sogen. Kurpfuschereigesetzes verzichtet. Das Gesetz ist damit zu Fall gebracht und erst dem nächsten Reichstag könnte ein neuer, aber vollständig veränderter Entwurf unterbreitet werden.
r Stuttgart, 5. Nov. (Vom HauptbahnHof.) In der Zeit vom 9. bis 11. November können wegen Umbauarbeiten aus dem hiesigen Hauptbahnhof die Züge von und nach Feuerbach sowie von der Gäubahn nicht wie sonst auf Bahnsteig III abgefertigt werden. Dadurch werden über diese Zeit größere Aenderungen in der Gleisbenützung bei den auf dem Hauptbahnhof ankommenden und abgehenden Zügen nötig, die aus den Anschlägen im Hauptbahnhof ersichtlich sind.
p Stuttgart, 4. Nov. Der Verband württ. Industrieller, dem über 800 württ. Industriefirmen angeschlossen sind, hat nach eingehenden Vorarbeiten beschlossen, in einer Eingabe an den Staatssekretär des Auswärtigen Amts die dringende Bitte zu richten, daß er bei der französischen Regierung mit aller Entschiedenheit dahin wirke, daß die neuen Tarabestimmungen in Frankreich zurückgezogen werden und daß die bisherigen Bestimmungen in Kraft bleiben. Mit der Hinausschiebung des Terniins für das Inkrafttreten der Bestimmungen aus 1. Januar könne sich die Industrie nicht begnügen. Bei dieser Gelegenheit wird vom Verband auch Beschwerde geführt über die schikanöse Handhabung der französischen Zollgesetze und die Regierung um Schutz ersucht.
r Gegen die Landkrankenkassen! Eine Konferenz christlicher Gewerkschaftsfunktionäre nahm Stellung zur Frage der Errichtung der durch die neue Reichsoersicherungsordnung vorgesehenen Landkrankenkassen. Die Konferenz war einmütig der Ansicht, daß die Landesgesetzgebung von dem ihr in ß 227 der Retchsversicherungsordnung vorgesehenen Rechte Gebrauch machen und von der Schaffung der für die württ. Verhältnisse sich nicht eignenden Landkrankenkassen Abstand nehmen soll. Begründet wurde die Verwerfung der Landkrankenkaffen damit, daß dieselben: 1. eine nicht wünschenswerte Zersplitterung in unserem württ. Kassenwesen herbei-
Die Bedeutung der Mariue für die wirtschaftliche md Mische ZMnftseniwNlMg Deutschlands.
Von Professor Dr. Bernhard Harms, Kiel.
(Schluß.)
Was kann demgegenüber geschehen? Die Antwort lautet Klipp und klar so: wir müssen zu England — wie zu jeder anderen Macht — in ein maritimes Stärkeoer- hältnis kommen, das den Krieg mit uns unter allen Umständen auch mit schweren Verlusten sür den Gegner verbindet. Wir müssen uns eine Flotte bauen, die uns wenigstens einige Erfolgschancen der englischen Uebermacht gegenüber bietet, so daß mit Rücksicht hierauf jede kriegerische Auseinandersetzung mir Deutschland als untunlich befunden wird. Im Hinblick aus die eigenen Opfer soll der Gedanke, man könne Deutschland gegebenenfalls mit der Flotte zum Schweigen bringen, größere Teile des englischen Volkes überhaupt nicht mehr erfassen dürfen. Und das gegenüber England Gesagte gilt auch sonst. Erst wenn dieser Zustand erreicht ist. werden wir unseren weltwirtschaftlichen Geschäften ruhig nachgehen können und nicht ständig zu befürchten haben, daß uns Knüppel zwischen die Beine geworfen werden. Ein solches Verhältnis, daß auch England eine kriegerische Verwicklung mit Deutschland scheuen muß, ist keineswegs unerreichbar. Was ich in Bezug hierauf vor zwei Jahren an anderer Stelle ausführte, als das Problem -England-Deutschland wieder einmal hohe Wellen schlug,
gilt auch heute noch: „Die Stellung Englands in Indien, in Egypten und die exponierte Lage Kanadas zwingen es zu allergrößter Vorsicht im Hinblick auf die Festlegung seiner Kräfte an einer Stelle. Und der Zusammenstoß zwischen England und Deutschland wird um so unwahrscheinlicher, je mehr wir mit unserer Seerüstung das Risiko eines Krieges aus seiten Englands vergrößern. Daß solche Aufgabe uns nicht zu uferlosen Flottenplänen zu führen braucht, dafür sorgen die allgemeinen Zeitläufte, die das englische Risiko auch von anderer Seite beeinflussen."
Unsere Flotte kann aber niemals diesen Zweck allein haben. In der Nord- und der Ostsee konzentriert, wird sie zwar, wie die Armee, den Schwerpunkt ihrer Ausgaben im ewigen Einerlei des „Bereitseins" suchen müssen — wenn dabei auch im Neöel der nordischen Küste die Romantik des „Seefahrens" verloren geht und schließlich nichts übrig bleibt, als harte und entsagungsvolle Arbeit in schwimmender Kaserne. Das haben die politischen Verhältnisse nun mal so mit sich gebracht. Bei alledem ist aber immer wieder darauf hinzuweisen, daß wir neben den Geschwadern in der Heimat auch erstklassige Kreuzer haben müssen, die in die Welt hinausgehen können, ohne daß unsere Position zu Hause geschwächt wird. Mehr Auslandschiffe — das ist der Eindruck, den jeder milbringt, der sich in anderen Weltteilen umgesehen hat. Die große Bedeutung unseres Kreuzergeschwaders in Ostasten wird heule wohl allgemein anerkannt. Daß wir unsere schönen Schiffe dort nicht zum Vergnügen haben, merkt nachgerade auch der Nichteingeweihte. Hätten wir daneben noch eine größere Anzahl hochwertiger modemer
Kreuzer über die Welt verteilt, die jeden Augenblick einzeln oder vereint dorthin dirigiert werden könnten, wo es im deutschen Interesse erwünscht sei, so würde dies auch unsere weltwirtschaftlichen Aufgaben außerordentlich unterstützen, ganz abgesehen davon, daß wir unseren Offizieren und Mannschaften mehr Gelegenheit zum „Seefahren" geben könnten. Die beste Marine vertrocknet, wenn sie dauemd ihrem wahren Lebenselement, der hohen See, entrückt ist. Man muß die Enttäuschung unserer süddeutschen Landsleute erlebt haben, die als Freiwillige, „um die Welt kennen zu lernen", in die Marine eintreten und nachher aus dem Nord- und dem Ostseebecken kaum herauskommen. — In unserer Reichshauptstadt haben wir zwei Männer, die berufen sind, darüber zu wachen, daß Deutschlands Flotte die Aufgaben, um derentwillen sie gebaut ist, auch wirklich zu erfüllen vermag: unfern Kaiser und seinen Staatssekretär Minister v. Tirpitz, den Leiter unseres Reichsmarineamts, dem das deutsche Volk sür sein in zäher Arbeit unter kaiserlichem Schutz geschaffenes und von verständnisvoller Teilnahme und Opferwilligkeit der Nation getragenes, stolzes Lebenswerk noch nach Generationen dankbar sein wird. Erst der künftige Geschichtschreiber wird aufdecken können, was Deutschland diesem Manne verdankt. Die jetzt lebende Generatton aber möge immer im Auge behalten: wenn ein Tirpitz sich entschließt, an das deutsche Volk die Anforderung neuer Opfer zu stellen, so sind sie nötig und müssen gebracht werden, wenn nicht Größeres in Frage gestellt werden soll.