-er zu der Gesamtgeldstrafe von 175 ^ und zur Tragung der nicht unbeträchtlichen Kosten verurteilt.
Ellwangen, 30. Oktbr. Die Verhandlung über die Angelegenheit der großen Wurstvergiftung fand am Samstag vor der hiesigen Strafkammer statt. Angeklagt waren die beiden Metzgermeister, die im Mai d. 2. Leberwürste geliefert hatten, nach deren Genuß 111 Personen erkrankt und zwei gestorben waren. Nach Aussage des Sachverständigen befanden sich in den Würsten Paratyphusbazillen. Die Anklage wegen Vergehen gegen das Nahrungsmittelgesetz wurde fallen gelassen und die beiden Metzgermeister freigesprochen.
De-üsches Reich.
Die Reichstagswahlen ISIS. Als Tag für die nächsten Reichstagswahlen ist nach einer Mitteilung des Reichskanzlers an den Reichstagsprästdenten der 12. Januar 1912 in Aussicht genommen. Der Wahlfeldzug der polit. Parteien beginnt nunmehr. Damit das wirtschaftspolitische Programm des Hansabundes und die in seinen Richtlinien medergelegten Forderungen zugunsten von Handel, Gewerbe und Industrie nicht in den Hintergrund gedrängt werden, trifft auch der Hansabund Maßnahmen, durch Versammlungen, Flugblätter u. a. m. in noch größerem Umfange als bisher Aufklärung zu verbreiten und das deutsche gewerbliche Bürgertum an seine Pflicht zu erinnern, seine wirtschaftspolitischen Interessen selbst zu betonen und zu verfechten. In mehreren Rundschreiben sind die Zweig- arganisationen und Ortsgruppen des Hansabundes aufge- sordert worden, die notwendigen Vorkehrungen zu treffen und für die Verbreitung und Berücksichtigung der Hansabundgedanken Sorge zu tragen.
r Pforzheim, 28. OKI. (Familiendrama.) Heute vormittag ereignete sich hier ein Familiendrama mit schlimmem Ende. Der 45 Jahre alte, dem Trunk ergebene Glaser Fritz Bärmann, der heute Scheidungstermin mit seiner Frau haben sollte, lauerte ihr aus der Straße auf und schoß sie mit einem Revolver nieder. Die Kugel ging in den Unterleib nnd verletzte die Gedärme mehrfach, sodaß die Frau sterben muß. Alsdann floh Bärmann von der St. Georgensteig, wo sich der blutige Vorfall ereignete, in den Wald, die Verfolger mit dem Revolver von sich abhaltend. Die Schutzmannschaft ist mit Polizeihunden auf der Streife nach dem Mörder. Das Paar war erst seit zwei Jahren verheiratet und lebte vorher unehelich zusammen.
r Wilhelmshaven, 30. OKI. Aus Anlaß des 100. Geburtstags des Admirals Prinz Adalbert von Preußen fand an dessen Denkmal eine Erimkbrungsfeier statt, bet der Stationschef von Baudissin eine Rede hielt.
Versicherung der Privatbeamten.
Berlin, 30. Okt. Die Reichstagskommission für die Versicherung der Privatbeamten hat zum Z 10, der den Kreis der Versicherungspflichiigen umschreibt, einen Antrag der Reichspariei und der Fortschrittlichen Bolkspartei angenommen, nach welchem Aerzte und Tierärzte von der Versicherungspflicht befreit werden. Außerdem sind auch die im Eisenbahndienst Beschäftigten und die Angestellten des Post- und Telegraphbetriebes als versicherungsfrei erklärt worden.
Ferner hat die Kommission einen Antrag angenommen, wonach ein Bersichetrer bis zu seinem 25. Lebensjahr in eine höhere Bersicherungsklasse übertreten kann, als sie seinem Iahresarbeitsvsrdienst entspricht. Andererseits soll ein Versicherter bei vermindertem Einkommen in der bisherigen Per- sicherungsklasse bleiben dürfen.
Ausland.
Der Beginn der spanisch-französischen Unterhandlungen.
London, 28. Okt. In dem Augenblick, wo das deutsch-französische Abkommen faktisch bereits zum Abschluß gelangt ist, wendet sich die öffentliche Meinung bereits den französisch-spanischen Differenzen zu. England, das mit beiden Regierungen durch Freundschaft verbunden ist, hofft, daß das Abkommen unter freundlichen Auspizien zustande kommen werde. Die englische Regierung ist der Ansicht, daß Frankreich und Spanien allein die Grundlagen des Abkommens zu vereinbaren haben.
Der Aufstand in China.
Die Kaiserlichen erobern Hankau.
Peking, 30. Okt. Eine amtliche Depesche meldet, daß in der Umgebung von Hankau ein heftiger Kampf statt- gefunden hat. Die Revolutionäre wurden geschlagen. Die kaiserlichen Truppen nahmen die Chinesenstadt von Hankau ein. Der Korrespondent des Reuterschen Bureaus gibt die Verluste der kaiserlichen aus 40 Tote und 150 Verwundete an. Unter den Toten befinden sich 3 Offiziere. Die Verluste der Rebellen sollen 400 Mann betragen, unter ihnen befindet sich der Befehlshaber der Artillerie. Dreißig Geschütze wurden von den Kaiserlichen erbeutet.
Hongkong, 30. Okt. Am 29. Okt. 7^ Uhr abends zogen alle Regierungsgebäude in Canton die Flagge des neuen Reiches aus.
London, 30. Okt. Laut einem spät Sonntag nacht von Peking datierten Telegramm des „New-York Herald", das im Wesentlichen durch Meldungen der „Times" bestätigt wird, sieht sich der Hof plötzlich von den nordischen Truppen bedroht, aus die er seine ganze Hoffnung gesetzt hatte. Die 3. und 20. Division sowie die 2. gemischte Brigade, im Ganzen angeblich 27 000 Mann, haben sich nicht nur geweigert, gegen die Rebellen zu marschiere«, sondern sogar mit einem Angriff auf Peking selbst gedroht, falls ihre Forderungen nicht sofort bewilligt würden.
Der Krieg um Tripolis.
Berlin, 30. Okt. Da den tückisch offiziellen Berichten über die beiderseitigen Verluste in den Kämpfen um Tripolis aus begreiflichen Gründen nicht zu trauen ist, so ist es interessant, den Bericht eines Kriegskorrespondenten zu lesen, dem es gelungen ist, der Zensur zu entwischen. Er meldet aus Tripolis: In idem Gefechte am 25. Oktober wurden 565 Italiener getötet und verwundet. Die Verluste der Türken waren gering, dagegen die der arabischen Reiter sehr erheblich, wenn auch nicht so be- deuten§ wie die der Italiener. — Seit dein Putsch am Montag sind viele Araber füsiliert worden; so wurden gestern 100 Araber eingebracht und erschossen. — Die Italiener schießen schlechter als die Franzosen bei Casablanca. Ihre frühere Disziplin hat aufgehört. Die Mannschaften seien kopflos und die Offiziere haben ihre Leute nicht mehr in der Hand.
Türkische Erfolge.
Konstantinopel, 29. Okt. Im Laufe des Tages aus Tripolis angelangte Telegramme berichten von einem neuen bedeutenden Erfolg der Türken. Im Zusammenhang hiermit wurden vor dem Palast des Sultans und an verschiedenen Stellen von Stambul Freudenopser durch Schlachten von Hämmeln. dargebracht.
Konstantinopel, 29. Okt. Meldungen aus Tripolis zufolge konnten die türkischen Truppen die für die Wasserversorgung der Stadt wichtigen Quellen von Bumeliana wieder besetzen.
In Tripolitanien.
Tripolis, 30. OKI. Der Oberkommandierende des tripolitanischen Operalionskorps teilte heute hierher telegraphisch die Verluste mit, die die unter seinem Kommando stehenden Streitkräfte in der Zeit vom 23. bis einschließlich 26. Oktober in den Kämpfen vor Tripolis erlitten haben. Darnach sind 13 Offiziere und 369 Mann tot, 16 Offiziere und 143 Mann verwundet.
r Tripolis, 30. Oktober. (Agenzia Stefani.) Der heutige Tag ist ruhig verlaufen. Nachrichten, die bisher nicht geprüft werden konnten, besagen, infolge der Ergebnisse der Kämpfe vom 23. und 26. Oktober seien die arabischen Hilfstruppen der Türken sehr entmutigt und einige Stämme beabsichtigen, die Türken zu verlassen und sich den Italienern anzuschließen. Namentlich der Chef der Sahel habe diese Absicht kundgegeben. In Homs ist die Lage unverändert. Die Verluste der Araber, die Homs am 28. angegriffen hatten, werden auf 300 Tote geschätzt.
Kundgebungen für den Friede».
Mailand, 30. Okt. Dem „Avanti" zufolge werden am 5. November in den europäischen Hauptstädten und in Saloniki großartige sozialdemokratische Kundgebungen für den Frieden siattfinden.
Italien will Frieden.
Konstantinopel, 30. Okt. Der deutsche und der österreichische Botschafter machten der Pforte im Auftrag Italiens erheblich günstigere Vorschläge für den Abschluß des Friedens, als alle bisherigen Propositionen. In Anbetracht ihrer außerordentlich günstigen Position in Tripolis erklärte die türkische Regierung indes, in keinen Frieden willigen zu wollen, den sie auch nur mit administrativen Zugeständnissen in Tripolis erkaufen müsse.
Italien beruft weitere Reservisten ein.
Rom, 30. Okt. Die starken Nachschübe die durch die letzten Kämpfe in Tripolis erforderlich geworden sind, machen die Einberufung eines zweiten Jahrgangs der Reserve nötig,
die unmittelbar bevorsieht.
* *
Ueber die wirtschaftlichen Aussichten des Eroberungszuges nach Tripolis für Italien äußert sich Dr. Alfons Goldschmidt in der münchener Wochenschrift „März" äußerst pessimistisch:
Ein Kranker will beweisen, wie gesund sein Appetit sei — und schluckt Tripolis. Aber trotz aller fuchtelnden Temperamentsgesten kann man nicht so recht an die Verdauungspotenz glauben. Wenigstens nicht, wenn man die Konstitution kennt. Drinnen sieht cs gar nicht so robust aus und das Blut fließt keineswegs klar und schnell. Mit dem Mundwerk ist es anders. Man höre nur die Finanz- exposös italienischer Schotzminister. Gegenwartslob und Zukunftsposaune. „Me Erhaltung einer soliden Finanz- gebarung wird künftighin in Italien Grundsatz der Staatspolitik sein." So brüstete sich Salandra in der italienischen Deputiertenkammer. Die „Erhaltung". Als ob schon jemals seit Errichtung des geeinigten Königreiches die Finanzpolitik Italiens solide gewesen wäre. Etatprunkziffern tun es nicht.
Auch Konversionen sind noch kein Gesundheitsbeleg. Das Kulturknausern Italiens hat das Budget reich gemacht.' Es ist leicht, Ueberschüsse zu erwirtschaften, wenn das Land dafür hungern muß. Volksschulunterricht, Aufforstungen von Oedstrichen, anständige Beamtenentgelte, Flußregulierungen. Das sind nur einige Beispiele aus der Notwendigkeitsreihe. Mit frisierten Etats blenden — das kann Rußland auch. Aber Italien bringt die „Kultur" nach Tripolis. Ausgerechnet Italien, das kaum im Anfangs der eigenen Innenkolonisation steht. Ich möchte das italienische Budget einmal nach der Verwirklichung nur einiger der Dolkswünsche sehen. 1909: 13,4 Milliarden Schulden. Glaubt man wirklich, daß ein Land ohne rechte Sleuerkrast bei solchem Obligo finanzsolide ist? So wenig wie Rußland, das mit Goldfrisur und glänzendem Budgetkleid die ausländischen Liebhaber locken will. Man hat den Einnahmegang der italienischen Finanzen künstlich beschleunigt. Volksnot war das Stimulans und es scheint säst, als ob die Römerparodie unternommen wurde, um Ventile zu
schaffen. Die Vorfahren! Ja, das war etwas anderes. Verwaltungsgenialität, Kolonisatoren ab ovo, Reichtum und das stärkste, siegbeseelteste Heer der Well. Damit konnte man Afrika erobern. Jetzt sitzt ein kranker Marius auf den Trümmern einstiger Herrlichkeit, nährt sich von fremder Kunstbegeisterung und singt mit Hungerstimme: Lrmta lmoia... Erst selbst kräftig werden, das ist der letzte Schluß. Wenn der Faule fleißig tut, pflegt man ungläubig zu lächeln.
Landwirtschaft, Handel und Verkehr.
Das Ergebnis der vorläufige» Ermittlung über die Hopfeuerute in Württemberg im Jahre 1911. Nach der zu Juni d. Is. vorgenommenen Anbauerhcbung waren in Württemberg 139 Gemeinden vorhanden, in denen je mindestens 5 da mit Hopfen angebaut waren. In diesen „Hopfengemeinden" betrug die Hopfenfläche insgesamt 2915 Kai davon sind angelegt worden im Jahre 1911 43, im Jahre 1910 27 Ks, in früheren Jahren 2845 ka. Nach den vorläufigen Ernteberichten der Saatenstands- und Ernteberichterstatter, in deren Bezirken die tzopfengemeinden gelegen sind, betrug in den 139 Hopfengemeindcn der Gesamternteertrag an Hopfen im Jahre 1911 18617 ä-i, d. i. 6,39 äx von 1 Ka, gegen 8,30 äx im Jahre 1910, 1,70 äx in dem schlechten Hopsenjahr 1909 und ca. 7,6 äx in dem 10jährigen Durchschnitt 1899/1908. Der diesjährige Hopsenertrag ist hienach unter einer Mittelernte geblieben. Hinsichtlich der Güte des Hopfens ist im Jahre 1911 ein sehr befriedigendes Erzeugnis zu verzeichnen: die Note „sehr gut" erzielten nahezu ^, ,o, die Note „gut" nahezu die Hälfte, die Note „mittel" nur I3"/g der Ernte: „unter mittel" mar die Qualität bei einem verschwindend kleinen Teil der Ernte. Nimmt man den Hektarertrag von 6,39 äx auch für die übrigen Gemeinden des Landes, in welchen weniger als 5 Im mit Hopfen angebaut sind, als maßgebend an, so ergibt sich für die gesamte Hopfenanbaufläche von 3182 Im ein Gesamtertrag von 20148 «Ix, gegen 28 210 äx im Jahr 1910, 6437 äx im Jahr 1909 und 39 258 äx im 10jährigen Durchschnitt 1899/1908, wobei zu beachten ist, daß die Anbaufläche in diesem 10jährigen Durchschnitt 5209 Im, im Jahr 4911 aber nur noch 3182 Im betrug.
Nachweisuug über de« Saateustaud i« Württemberg zu Anfang des Monats Oktober 19LL. Die mit Beginn des Monats Juli eingetretene Trockenheit, welche, nur durch geringe Niederschläge unterbrochen, den ganzen Juli und August hindurch andauerte, setzte sich auch in den Monat September hinein fort. Die Temperatur blieb sommerlich warm, an einzelnen Tagen sogar sehr heiß. Gegen Mitte September aber erfolgte ein Umschlag, der 14. September brachte endlich den längsterschnten reichlichen Regen, und auch späterhin, besonders am 21., 23. und am 28., gingen starke Regenfälle nieder, welche zugleich wesentliche Abkühlung bewirkten. — Die durch die lang andauernde Trockenheit verzögerte Bestellung der Winterfrüchte konnte zumeist erst nach Eintritt der Niederschläge in Angriff genommen werden und war Ende September noch nicht überall beendet. Die bis jetzt aufgegangenen Saaten zeigen ordentlichen Stand. Die Kartoffeln sind zum größten Teil bereits eingeheimst. Die Erträge sind sehr verschieden: im ganzen genommen aber wird die heurige Ernte an Kartoffeln infolge der Trockenheit unter dem Mittel bleiben. Auch die Qualität hat mancherorts durch Keimung im Boden notgelitten. Die Wiesen haben sich durch die Niederschläge noch ordentlich erholt und geben eine gute, Heuer bei dem geringen Oehmdertrag besonders willkommene Nachweide.
klS. Palmin sehr auch rveicki (icbmaixLkerürdl ru Kaden.
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Mutmaßt. Wetter am Mittwoch und Donnerstag:
Der aus dem Hohen Norden kommende Hochdruck ist so kräftig, daß er die gesamte europäische Wetterlage heute und wohl auch noch einige Lage beherrscht. Deshalb ist sür Mittwoch und Donnerstag trockenes und kühles Wetter mit Nachtfrösten zu erwarten.
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