L.-L. Motorpflüge in Südamerika ein Absatz­gebiet für die deutsche Industrie. Das schwierigste Problem bei der Kultivierung des jungfräulichen Bodens in Südamerika ist bekanntlich die Art und Weise der Boden­bearbeitung. Erstens fehlt es an Arbeitskräften, und zweitens ergibt die Benützung der Pflüge mit Ochsen- oder Pferde­gespann eine zu geringe Flächenleistung. Eine Rationali­sierung der Bodenbearbeitung ist daher ausschließlich von der Einbürgerung der sog. Motorkultur zu erwarten. Daß vor allem die Anwendung der Motorpflüge in diesen Län­dern bahnbrechend wirkt, ergibt sich schon aus den bisherigen Erfolgen. Ingenieur Otto Kasdorf, der seit einem Jahre an dem Instituto de Agronomia (Landwirtschaftliche Hoch­schule in Montevideo (Uruguay) die Professur für Maschinen­wesen inne hat, gab, wie die sehr geschickt geleitetenTechn. Monatshefte" (Stuttgart, Franckhsche Verlagshdlg.) berichten, bei der Eröffnungsvorlesung der diesjährigen Studien an, daß bei seinem Eintreffen vor einem Jahre kein einziger Motorpslug, heute aber schon über 40 im Gesamtwerte von etwa ^ 900000 in Uruguay in Betrieb stehen, daß infolge­dessen in diesem Jahre soviel Land umgebrochen wird, als in den letzten 10 Jahren zusammengenommen. Ein solcher Motorpslug ersetzt nach den Angaben Pros. Kasdorfs 18 gewöhnliche Pflüge, 18 Arbeiter und 180 Ochsen und be­nötigt zur Bedienung nur 2 Arbeiter. Die bisher einge­führten Motorpflüge sind nordamerikanischen und englischen Ursprungs und zwar sog. Gangpflüge. Im Herbst ds. Is. wird Prof. Kasdorf Versuche mit einem Landbaumotor vornehmen. Zu gleicher Zeit soll der Stockmotorpflug, der von der Landw. Hochschule angekaust wurde, in Uruguay in Anwendung kommen. Kasdorf meint, daß Uruguay wie überhaupt Südamerika ein zukunftsreiches Absatzgebietsür alle Arten von Maschinen zur motorischen Bodenbearbeitung fei, es sei aber bedauerlich, daß die deutsche Maschinen­industrie sich fast gar nicht um dieses wichtige Absatzgebiet bemühe. Allen Fabriken landwirtschaftlicher Maschinen für Motorbetrieb kann nur geraten werden, ihre ganze Auf­merksamkeit dem slldamerikanischen Absatzfeld zuzuwenden und dort eventuell Spezialtypen einzuführen,

Marokko.

Paris, 23. Okt. Gestern abend hatte Herr Cambon eine neue Unterredung mit Herrn v. Kiderlen-Wächter. Heute wird hier bestimmt erklärt, daß die Spitzen der beiden Teile, die Deutschland im französischen Kongogebiet zuge­standen sind, den Kongo bei der Sangha-Mündung und den Ubanghi bei der Lobeimündung, erreichen. Jeder dieser Keilspitzen ist etwa 86 Kilometer breit. Dieser Teil der Verhandlungen kann als beendet angesehen werden. Jetzt wird nur noch über den Umfang der Abtretung von Kamerun am Entenschnabel an Frankreich verhandelt. An dieser Stelle versieht man sich keiner großen Schwierigkeiten und erwartet deshalb, daß der ganze Vertrag Ende dieser Woche beendet und unterzeichnet sein wird.

Der Aufstand in China.

>v Peking, 21. Okt. (Reuter.) In Regierungs­kreisen versichert man, daß die Lage sich stündlich bessert und daß der schließliche Triumph der Regierung sicher sei. Gene­ral Pinchang hat die Organisation der Truppen beendet, die mit großer Beschleunigung ins Feld gebracht werden. Bon zuverläßiger Seite wird versichert, daß die Konzentrie­rung zweier kaiserlicher Divisionen gestern abend in Kwang- Schui durchgeführt war. Dort wird auch General Pinchang heute erwartet. Beträchtliche loyale Streitkräfte sollen die Umgegend von Hankau erreicht haben.

Peking, 21. OKI. Die Gesandtschaften ergreifen hier und in Tientsin die notwendigen Vorsichtsmaßregeln, um ihren militärischen Schutz und ihre Verpflegung sicherzustellen.

Berlin, 23. Okt. Der Chef des Kceuzergeschwa- ders hat auf Anfrage über den Verlauf des Straßen­kampfes in Hankau funkentelegraphisch über Tsingtau ge­antwortet: In der Nacht vom 12./13. Okt. versuchte der chinesische Pöbel in die deutsche Niederlassung einzudringen und zu plündern. Das Landungskorps derVaterland" in Gemeinschaft mit der Freiwilligenkompagnie drängle den Pöbel mit Kolben und Bajonett aus der Niederlassung hinaus. Von der Schußwaffe brauchte kein Gebrauch ge­macht zu werden. Es ist niemand verwundet worden. In den Fremdenniederlassungen herrscht seitdem Ruhe.

Der Krieg um Tripolis.

Rom, 21. Okt. DieAgenzia Stefani" veröffentlicht folgende Meldung des Admirals Aubry: Gestern haben Truppen die Stadt Benghasi besetzt. Abgesehen von einem unbedeutenden Angriff auf der Nordseite, den die Italiener abschlugen, ist alles ruhig. Die Landungskompagnien kehrten auf die Schiffe zurück und ließen die Artillerie an Land. 1 Offizier und 5 Matrosen wurden getötet, 2 Offiziere, 1 Unteroffizier und 13 Matrosen verwundet.

^ Tripolis, 22. Okt. Die Ausschiffung der Trup­pen wird in Homs energisch fortgesetzt. In Benghasi sind weitere Truppen eingetroffen und ihre Ausschiffung vollzieht sich in völliger Ruhe. Oberst Albera mit anderen Offizieren der Karabinieri ist in Tripolis eingetroffen.

^ Rom, 23. Okt. Zu der Meldung, daß sich 32 arabische Häuptlinge den Italienern unterworfen haben, be­merkt der Messagero, es handle sich um 5000 Araber von Nesoifanna auf dem Dschebel. Einige ihrer Häuptlinge baten, die Waffen behalten zu dürfen, um sich gegen die Türken verteidigen zu können. Die Unterwerfung beweist, daß sich in dem Teil des Dschebel, der von den oben­erwähnten Arabern bewohnt wird, sich keine türkischen Truppen befinden. Die Unterwerfung wird den Vormarsch der italienischen Truppen gegen das Hochland zu erleichtern.

Kouftantinopel, 23. Okt. Nachrichten, die dem Ministerium des Innern zugcgangen sind, melden eine schwere Niederlage der Italiener in Benghasi. Dort wurden 8000 Italiener durch türkische Truppen und Araber unter Scheid Asis Achmed und Stewi überfallen. Die Verluste der Italiener sollen 800, die der Türken 115 Mann betragen haben. Die Italiener ließen bei der Flucht viele Waffen und Munition liegen. In Benghasi herrscht unter den Italienern Disziplinlosigkeit. Schwere Stürme schädigen die Flotte.

XV Tripolis, 23. Okt. Die letzte Nacht ist ruhig verlaufen. Heute morgen haben einige Trupps arabischer Kavallerie und einige türkische Soldaten einen Angriff auf die Posten versucht. Der Angriff war bereits gegen 9.30 zurückgeschlagen. Zur selben Zeit begannen einige Araber der Oase hinterrücks auf die Vorposten zu schießen. Man hat sehr strenge Maßnahmen zur Durchführung der Waffen­auslieferung ergriffen und zahlreiche Verhaftungen vorge­nommen.

Die Invaliden- n. Hinterbliebenenverfiche- rnng nach der Reichsversicherungsordnung.

III. Beginn der Hinterbliebenenansprüche.

Ihre Höhe. Uebergangsvorschrifte«.

(Schluß.)

r Die Hinterbliebenenversicherung tritt am 1. Januar 1912 in Kraft. Doch haben die Hinterbliebenen solcher Versicherten, die am 1. Januar 1912 bereits verstorben waren, keinen Anspruch auf Hinterbliebenensürsorge. Das­selbe gilt für die Hinterbliebenen solcher Versicherten, die am 1. Januar 1912 bereits dauernd invalid waren und dann verstorben sind, ohne inzwischen die Er­werbsfähigkeit wieder erlangt zu haben.

Die Leistungen der Hinterbliebenenversicherung bestehen aus einem festen Reichszuschuß und einem Anteil der Ver­sicherungsanstalt, letzterer bestimmt sich nach dem Anteil, den die Versicherungsanstalten zu der Invalidenrente des Ver­storbenen leisten, dessen Hinterbliebenen die Ansprüche zustehen, in Betracht kommt diejenige Invalidenrente, die der Ernährer zur Zeit seines Todes bezog oder bei Invalidität bezogen hätte. Es ist daher zunächst auf diesen Anteil einzugehen. Der Anteil der Versicherungsanstalten an den Invaliden­renten (neben dem Reichszuschuß im Betrage von 50 ^) besteht aus dem sog. Grundbetrage und den Steige­rungssätzen, die beide an die geleisteten Beiträge an- knüpsen. Der Grundbetrag wird stets nach 500 Beitrags­wochen berechnet. Sind weniger nachgewiesen, so gilt für die fehlenden die Lohnklasse I, sind es mehr, so scheiden die überzähligen Beiträge der niedrigsten Lohnklassen aus. Für jede Beilragswoche werden angesetzt in der Lohnklasse I 12 II 14 III 16 ^>, IV 18 ^>. V 20 ^>. Die Steige­rungssätze betragen für jede Woche je nach der Höhe der Lohnklassen 3. 6, 8, 10, 12 Hat also ein Versicherter z. B. 400 Marken in der IV. und 200 Marken in der V. Lohnklasse entrichtet, so beträgt der Grundbetrag seiner Invalidenrente 200 X 20 ^ plus 300 X 18 ^ 40-1-54 94 Mark. Die Steigerungssätze betragen 200 X 12 ^ plus 400 X 10 ^ 24 plus 40 64 Grundbe- trag und Steigerungssätze betragen zusammen also 94 plus 64 158 ^ (die ganze Invalidenrente 158 plus 50 ^ Reichszuschuß 208 ^).

Es beträgt nun die Witwen- und Witwerrente ^ des Grundbetrags und der Steigerungssätze, in. vorliegendem Beispiel also von 168 also 47,4 Dazu kommt nun noch der Reichszuschuß, der für jede Witwen- und Witwerrente 50 ^ beträgt. Im vorliegenden Beispiel ist also die Höhe der Witwen- oder Witwerrente 48,4 plus 50 -- 97,4 ^ im Jahr. Die Waisenrenten betragen 2/20 des Grundbetrags und der Steigerungssätze für eine Waise, für jede weitere Waise V^o- Nehmen wir an, es seien drei Waisen hinterlassen worden, so beträgt der Anteil der Versicherungsanstalt also bei der 1. Waise ^ von 150 ^ 23,7 -6, bei der 2. und 3. Waise je Veo von 158 also je 3,95 Dazu kommt noch für jede Waisenrente der Reichszuschuß von 25 ^ jährlich. Die 1. Waisenrente beträgt also 23,7 plus 25 48,7 die 2. und 3. Waisenrente je 25 plus 3,95 28,95 Alle 3 Waisenrenten zusammen betragen also 48,7 plus 2 X 28,95 106,6^ jährlich. Als Witwengeld wird der 12fache Monatsbetrag der Witwenrente (im vorliegenden Beispiel also 97,40 ^k), als Waisenaussteuer der 8fache Monatsbetrag der bezogenen Waisenrente gewährt, im vor­liegenden Beispiel beträgt die Waisenaussteuer also bei der ersten Waise ^ von 48,7 ^6, bei der 2. und 3. Waise je b /^2 von 28,95 also bei der 1. Waise 32,50 bei der 2. und 3. Waise je 19,30 -6. Vom Witwengeld trägt das Reich 50 von jeder Waisenaussteuer 16-/g

Eine etwas andere Berechnung findet in der Ueb er­go ngsz eit statt. Der Grundbetrag wird nämlich grund­sätzlich nur nach denjenigen 500 Beiträgen berechnet, die nach dem 1. Januar 1912 entrichtet werden, sind nach dem 1. Januar 1912 weniger als 500 Peiträge entrichtet, so werden die fehlenden aus den höchsten vor 1. Januar 1912 entrichtenden Beiträgen ergänzt, reicht die Zahl dieser Bei­träge hiezu nicht aus, so gilt für die fehlenden die Lohnklasse I. Endlich werden für die Steigcrungssätze nur diejenigen Bei­träge angerechnet, die für die Zeit nach dem 1. Januar 1912 geleistet worden sind.

Vom 1. Januar 1912 ab fallen die Beitragser­stattungen weg. (Siehe I am Anfang). Beitrüge an versicherte Frauen, die sich verheiraten, werden nach dem 1. Januar 1912 nur daun erstattet, wenn der Antrag vor der Verkündung der Reichsversicherungsordnung (1. August

1911) gestellt worden ist. Wird der Antrag später, aber vor dem 1. Januar 1912, gestellt, so werden die Beiträge zurückerstattet, sofern der Anspruch noch vor dem 1. Januar 1912 erledigt werden kann. Nach dem 1. Januar 1912 können Anträge auf Rückerstattung überhaupt nicht mehr gestellt werden. Durch Betriebsunfall invalid gewordene Personen können auch nach dem 1. Januar 1912 dm Er­stattungsanspruch dann erheben, wenn der Unfall vor dem 1. Januar 1912 sich ereignet hat. Die Erstattungsansprüche der Hinterbliebenen endlich sind zulässig, wenn es sich um die Beiträge von Personen handelt, die vor dem 1. Januar 1912 gestorben sind. Solange die Bersicherungsämter und Oberoersicherungsämter, die künftig die Geschäfte der Arbeiteroersicherung besorgen werden, nicht organisiert sind, werden dieselben von den bisherigen Behörden weiter besorgt. Die Ortsbehörden für die Arbeiteroersicherung werden, wie wohl mit Sicherheit angenommen werden kann, aufrechter­hallen bleiben. Wahrscheinlich ist auch, daß die Dersiche- rungsämter den Oberämtern angegliedert werden. Dagegen ist die Einrichtung der Oberoersicherungsämter in Württem­berg heute noch zweifelhaft. Die Frage ist namentlich die, ob die bisherigen fünf Schiedsgerichte für Arbeiteroersicherung in Oberversicherungsämter umgewandelt werden oder ob für Württemberg ein einziges großes Oberversicherungsamt, dessen Sitz ebenfalls noch zweifelhaft ist, errichtet werden soll.

Landwirtschaft, Handel nud Verkehr.

* Nagold, 21. Okt. (Obstmarkt.) Zufuhr von Tafel­obst, ca. 50 Körbe, Aepfel und Birnen. Preis der Taseläpfel 12 bis 15 pro Ztr., Tafelbirnen 911 pro Ztr. Alles rasch verkauft. Größere Zufuhren von größerem Tafelobst sehr erwünscht.

IV Petersburg, 22. Okt. Nach der Schätzung des Statistischen Zentralkomites wird das Ernteerträgnis Rußlands an Winterroggen auf 1165 Millionen Pud, an Winterweizen auf 314 Millionen Pud angegeben.

Auswärtige Todesfälle.

Karl Tust. Schick. Kaufmann, 54 F, Rottenburg: Johannes Daub, Gemeinderat, 42 I.. Echwalldorf: Wilh. Hertkorn, Gemeinde- rat, Eckenweiler: Friederike Raus, geb. Wälde, 70 I., Freudenstadt: Marie Langensteiner, geb. Steurer, 29 F, Freudenstadt.

Briefkasten der Redaktion.

R. F. Sie haben recht; es könnte den Anschein er­wecken, als sei bei solchen Findigkeiten nicht nur das In­teresse des Fiskus, sondern auch eine gewisse Neugier am Werk.

kW. Palmin jeyr auck velcü (kckmalrLbiNNd) au Kaden.

ssil»« ^ morgen*

Osrsntiert lsrdlrsi. Tu lisbei, in Sven besseren vetnileescliliten. rsdrikLnisn: Otto » Nslldronn a. N. u. knoilrlcii«!«!,! I. S.

Ehrenvolle Auszeichnung. Auf der Internationalen Koch- Kunst-Ausstellung in Frankfurt a. M. ivurden der Maggi-Gesellschaft derGroße Preis", und ein von der Stadt Frankfurt a. M. gestifteter Ehrenpreis zuerkannt.

Ätntmaffl. Wetter am Mittwoch «nd Donnerstag.

Die atlantische Depression ist verhältnismäßig rasch und in der Hauptsache nördlich von uns vorübergezogen. Es scheint aber bereits ein neuer Luftwirbel von Westen her im Anzug zu sein, weshalb für Mittwoch und Donnerstag unbeständiges, wenn auch vorwiegend trockenes Wetter zu ermatten ist.

D-uck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchdrücke»! (Emil Zager Nagols. Für die Redaktion verantwortlich: K. Paur.