, Berlin, 18. Sept. Me Explosion in dem Post- Zollamt ist auf die Entzündung mehrerer Postpakete mit Feuerwcrkskörpern zuriickzusühren, die ein Berliner Kauf­mann nach Lemberg geliefert hatte, von dort aber zurückge- schickr worden waren. Alle Fenster sind zertrümmert und eiserne Träger verbogen. Verbrannt sind vier Pakete, mehrere andere angebrannt oder durch Wasser beschädigt. Das Befinden des Amtsdieners Täubner ist befriedigend. Seine Verletzungen sind nicht schwer. Gegen den Absender ist das Verfahren wegen Vergehens gegen das Postgesetz, wegen fahrlässiger Brandstiftung u. Körperverletzung eingeleitet.

Schwetzingen, 17. Sept. Die Arbeiten am Schütte­schen Lenkballon sind nunmehr soweit beendet, daß mit der Gassüllung desselben dieser Tage begonnen werden kann. Die Motors sind ebenfalls ausprobicrt worden und cs dürf­ten nunmehr die Probcaufstiege, günstige Witterung voraus­gesetzt, in allernächster Zeit zu erwarten sein.

r Augsburg, 18. September. Bei der Wechsel- und Diskontobank sind umfangreiche Betrügereien und Unter­schlagungen entdeckt worden. Nach den bisherigen Fest­stellungen handelt es sich um Fehlbeträge von mehr als einer Million. Als Schuldiger wird der Kaufmann Friedrich Hetzner bezeichnet, der die Stellung eines zweiten Direktors und Prokuristen bekleidete. Der erst 31 Jahre alte Ver­brecher hat die Flucht ergriffen. Man glaubt, daß er sich nach Amerika gewandt hat,

Jena, 17. Sept. Gegenüber einer abfälligen Beur­teilung. des Verhaltens der türkischen Regierung, wie sie ein Berliner Blatt am 23. Aug. gebracht hat. teilt Ingenieur Richter dem Jenaer Bolksblatt mit, daß das Verhalten der türkischen Regierung nicht nur keinen Tadel verdiene, son­dern im Gegenteil ihren Bemühungen für seine Befreiung Anerkennung gezollt werden müsse und daß die türkische Regierung große Opfer in seinem Interesse gebracht habe. Den Behörden sowohl wie den einzelnen Beamten sei er zu aufrichtigem Dank verpflichtet. Seine Broschüre werde die näheren Umstände seiner Befreiung schildern.

Sozialdemokratischer Parteitag.

Jena, 16. Sept. In der heutigen letzten Sitzung des sozialdemokratischen Parteitages wurde ein Antrag des Adg. Dr. Liebknecht-Berlin angenommen, in dem der tapferen finnischen Bruderpartei und dem finnischen Volke im Namen des ganzen deutschen Proletariats die herzlich­sten Sympathien und das Gelöbnis der Unterstützung zum Ausdruck gebracht wurden. Sodann wurden zu Vorsitzen­den des Parteioorstandes gewählt: August Bebel-Berlin und Rechtsanwalt Haase-Königsberg, zum Kassier Albin Gerisch. Auf Antrag des Deputierten Kaden wurde beschlossen, das Gehalt der Parteisekretäre jährlich auf 5000 ^ zu erhöhen. Als Ort für den nächsten Parteitag wurde Chemnitz ge­wählt. Der Vorsitzende Metz schloß sodann den Parteitag mit einem Hoch auf die internationale Sozialdemokratie.

r Köln, 18. Septbr. Von der holländischen Grenze wird gemeldet, daß unter einem Teil des Rindviehbestandes sich eine unbekannte Krankheit bemerkbar mache, an der die Tiere nach kurzer Zeit erblinden. Auch unter den Pfer­den soll diese Seuche aufgetreten sein. Eine ähnliche Seuche wurde unlängst aus Rußland gemeldet.

r Memel, 18. Sept. DasMemeler Dampfboot" meldet: Der heute früh mit den Fischern Heinrich, Michel und Johann Iaudzims zum Fludernfang in See gegangene MotorkutterBommelswitter" ist heute nachmittag gegen 4 Uhr vier Seemeilen von Memel im Sturm auf See ge­kentert und gesunken. Von den Insassen sind Heinrich und Michel Iaudzims ertrunken, während Johann von einem die Unfallstelle passierenden anderen Motorkutter gerettet werden konnte. Das Unglück ist, wie angenommen wird, darauf zurückzuführen, daß der Kutter zu wenig Ballast an Bord hatte. Die beiden Verunglückten sind unverheiratet.

Ausland

Die Wiener Teuerungsunrnhe«. r Wien, 18. Sept. Nach den bisherigen Feststell­ungen ist bei den Ausschreitungen im Ottakring eine Person durch einen Bajonettstich des anrückenden Militärs gelötet worden. Durch die von den Truppen abgegebene Salve wurden mehrere Unruhestifter schwer verletzt. Die Zahl der mehr oder weniger schwer Verletzten beträgt einschließlich der Sicherheits-, Wachmannschaften und des Militärs 58.

Wien, 17. Sept. Bei einem Angriff der Kavallerie auf widersetzliche Massen auf der Schmelz sind, wie ver­lautet, sechs Personen tot geblieben und acht verwundet worden.

r Wien, 18. Sept. Gegen 11 Uhr nachts ist gestern im Bezirk Ottakring Ruhe eingetreten. Ein Aufruf der sozialdemokratischen Parteileitung fordert unter Hinweis darauf, daß nach der ruhig verlaufenen Arbeiterkundgebung disziplinlose Elemente mit der Polizei und dem Militär Streit angefangen hätten, die Arbeiter auf, sich jeder weiteren Demonstration zu enthalten und heute früh die Arbeit in gewohnter Weise wieder auszunehmen.

Der Anschlag auf Ministerpräsident Stolypin.

r Petersburg, 18. Sept., Die Birschewija Wjedo- mosti meldet aus Kiew, daß der Zustand des Ministerpräsi­denten Stolypin nachmittags für fast hoffnungslos gehalten wurde. Das Herz ist dem Bluterguß nach innen nicht ge­wachsen. Me Verhaftungen werden fortgesetzt. Bisher wur­den ungefähr 150 Personen: unter ihnen vier Rechtsan­wälte verhaftet.

r Kiew, 18. Sept, Stolypin ist seinen Ver­letzungen heute abend gegen 10 Uhr erlegen.

r Petersburg, 17. Septbr. Wie dieNowoje Wremja" aus Kiew meldet, hat Bagrow nach seiner Rück­

kehr aus Petersburg dem Kiewer Polizeichef mitgeteilt, daß eine Revolutionärin, genannt 3na Alexandrowna. in Begleitung eines Revolutionärs vom Zentralkomitee für die Reise nach Kiew bestimmt worden wäre, um den Minister­präsidenten Stolypin und den Unterrichtsminister Casso zu töten. Der Polizeichef hätte darauf Bagrow den Schutz Stolypins übertragen. Den neuesten Nachrichten zufolge gehört Bagrow nicht der Kampforganisation der Sozial­revolutionäre, sondern einer neugegrllndeten autonomen Re­volutionsgruppe an, deren DeviseTerror auf allen Gebieten des Staatslebens, nicht nur Attentate gegen einzelne Hoch- gestellte" lautet.

r Kiew, 18. Sept. Die ZeitungKiew! Ianin" stellt auf Grund amtlicher Mitteilungen fest, daß Bagrow Agent der Geheimpolizei gewesen ist. Der Chef der poli­tischen Polizei hat Bagrow aus Petersburg zum Schutze des Ministerpräsidenten Stolypin herbeigerufen. Die politische Polizei hat Stolypin von dem geplanten Anschlag nicht benachrichtigt. Weiter berichtet das Kiewer Blatt, daß der angesehene Kiewer Stadtverordnete Baron Orvid Büchenberg verhaftet worden ist. Der Rabiner von Kiew sagte aus, daß Bagrows Großvater den orthodoxen Glauben angenommen habe, daß aber Bagrows Vater wieder zum Judentum zurückgekehrt sei. Mährend des Gottesdienstes in der Synagoge von Kiew ist am Sams­tag beantragt worden, Bagrow mit dem Bannfluch zu be­legen.

Aus de« Memoiren der Toselli.

Die neuesten Mitteilungen der früheren Kronprinzessin von Sachsen handeln von ihrem Onkel Jean, dem rätsel­haften Johann Orth. Sie erzählt, wie er in die Tragödie von Meyerling eingeweiht gewesen sei, von seinen hervor­ragenden strategischen Eigenschaften und was der lieben Dinge mehr sind. Auch seine Flucht wurde eingehend geschildert und sie gebraucht darin Worte, ihm in den Mund gelegt, die mehr als romanhaft klingen. Er soll zu ihr gesagt haben: Glauben Sie niemals, daß ich tot bin, ich werde eines Tages zurückkehren, dann werden wir uns Wiedersehen und noch einmal über alle diese Dinge sprechen." Sie glaube auch heute noch bestimmt, daß Johann Orth noch am Leben sei.

r Catania, 18. Sept. Ein Teil des Lavastromes hat seine Schnelligkeit vermindert. Der Aschenregen hat auf- gchört. Die Lage ist im ganzen besser geworden.

London, 16. Sept. Wie die hiesigen Blätter melden, legt die englische Regierung eine fieberhafte Tätigkeit an den Tag, um bei Ausbruch eines deutsch-französischen Krieges gerüstet zu sein. Einigen Fabriken ist der Auftrag zur Anfertigung von 10 Millionen Gewehrpatronen gegeben worden. Die Reservisten haben jeden Augenblick ihre Ein­berufung zu erwarten, da, wie es heißt, die reguläre Armee im Kriegsfälle beauftragt werden soll. Belgien in seiner Neutralität zu unterstützen. Das 2. Panzergeschwader und das Kreuzergeschwader der Heimflotte sind zur Abhaltung von Schießübungen tn die Nordsee abgedampst. Sämtliche Kriegsschiffe sind kriegsmäßig ausgerüstet. Die 3. Flottille der Torpedobootszerstörer, die bei Kirkwall vor Anker liegt, hat Befehl erhalten, ständig bereit zu sein, um unverzüglich in See stechen zu können, wenn ein Telegramm der eng­lischen Admiralität einläuft.

r London, 18. Sept. Der Ausstand der Eisen­bahner in England hat sich jetzt auch nach Queenstown ausgedehnt, wo die Lage allgemein als sehr ernst angesehen wird, da die Postsachen aus Amerika dort an Land ge­schafft werden.

r Erie, 17. Sept. In einer gestern gehaltenen Rede erklärte Präsident Taft in Bezug aus die Schiedsgerichts­oerträge, wenn der Kongreß es für gefährlich halte, die Ernennung der amerikanischen Mitglieder der gemischten Kommission dem Präsidenten allein zu überlassen, so könne dem Senat ja das Bestätigungsrecht gegeben werden. Er sei aber auch bereit, die gemischte Kommission ganz sort- fallen zu lassen und die Entscheidung der Frage, ob eine Angelegenheit schiedsgerichtlich erledigt werden kann, einem Schiedsgerichtshof zu übertragen. Ebenso sei er damit ein­verstanden, eben diesem Gerichtshof nicht nur diese Ent­scheidung, sondern auch die Entscheidung des Streitfalles selbst zu überlassen.

r Peking, 18. Sept. In der Nähe der Hauptstadt fand gestern in Gegenwart des Prinzregenten die Parade der Gardetruppen, bestehend aus 6 Regimentern, 3 Batterien, je einer Telegraphen- und Geniekompagnie statt. Den Truppen wurden im Namen des Kaisers 6 Fahnen einge­händigt. Die Truppenschau verlief glänzend. Es be­stätigt sich, daß der Kommandeur der meuternden Truppen von Szechuan Selbstmord begangen hat.

als Mitte! zu Gunsten der Arbeiter proklamieren, sondern einzig und allein um Unruhen herbeizusühren.

Marokko.

Berlin, 18. Sept. Staatssekretär v. Kiderlen-Wächter empfing heute nachmittag den französischen Botschafter Cam- bon, um ihm die deutsche Antwort aus die französischen Vorschläge zu überreichen.

Landwirtschaft, Handel und Verkehr.

Stuttgart, 17. Sept. Der Mostobsthandel hat, bedeutend früher als in anderen Jahren bereits in der vergangenen Woche eingesetzt. Die Mostsässer sind leer. Im eigenen Lande ist die Ernte leider sehr ge­ring. Das Publikum ist deshalb ziemlich kauflustig. Der Preis be­wegt sich aus dem Nordbahnhos augenblicklich zwischen 1000 und 1200 für den Wagen zu 10 OM Klgr., im Kleinhandel zwischen 6 und 6,50 Italien und Frankreich sind noch die Hauptlieferan­ten und werden cs bleiben. Wegen der anhaltenden Wärme und Dürre ist das.Obst früher als sonst reif geworden. Der Mostobstmarkt wird voraussichtlich Ende September und Anfang Oktober sehr stark beschickt werden. Bei Abschlüssen mit ausländischen Firmen ist Vor­sicht geboten. Am Samstag waren aufgestellt 46 Wagen, davon neu zugefllhrt 19 Wagen und nach auswärts abgegange» 24 Wagen. Die Zufuhr betrug aus Oestreich 1 Wagen, aus Italien 15 und aus Frank- reich 3 Wagen.

Niederstetten, 18. Sept. (Hohe Obstpreise.) Bei den Gemeindeobstversteigerungen wurden überraschend hohe Preise erzielt. Apfelbäume für 2030 waren fast die Regel, für einen Birnbaum wurde sogar 74 >.^ erzielt. So kann denn die Stadt die ansehnliche Summe von 2932 ^ als Obsteinnahme verbuchen.

Göttelfinge«, 16. Sept. Der Hopfenhandel ist hier in vollem Gange. Wohl zwei Drittelte der ganzen Ernte mögen abgesctzt sein. Mehrere größere Partien harren noch auf Käufer. Friseur Raible erzielte bis jetzt die höchsten Preise: 320 und 325 ^ per Ztr. Die Gesamtcrnte (reichlich 4M Ztr.) wird hier 120130 Tausender ein- bringen. So kommen durchschnittlich auf den Kopf 3MEin Glück, daß auch weniger bemittelte Leute zum Teil recht ansehnliche Einnahmen verzeichnen können.

s Stuttgart» 16. September. Schlachtoiehmarkt.

Großvieh, Kälber, Schweine,

Zugetrieben:

155

236

445

Erlös aus Vs Xa. Schlachtgewicht.

Pfennig

Pfennig

Ochsen

von bis

Kühe von

bis

Bullen

" 73 I 74

Kälber

84 I

98

88 ,.

94

Jungvieh u.

85 ., 88

80

87

Iungrinder

80 .. 84

Schweine

67

68

75 79

-

64 ..

66

Verlauf des Markt

rs: mäßig belebt.

Erwiderung aus Wtldbcrg.

(Für Artikel unter dieser Rubrik übernimmt die Redaktion nur die preßrechtliche Verantwortung.)

Aus das Eingesandt in Nr. 215 des Gesellschafters aus Wildberg sehen sich Orchestrionbesitzende Witte veranlaßt hier klarzulegen, daß bei manchem Musikstück, welches die jungen und auch die älteren Gäste spielen lassen, nicht ge­tanzt wird. Vielleicht dürfen wir uns erlauben an Ein­sender die freundliche Einladung ergehen zu lassen, falls der­selbe selbst eine Freude an den tanzlustigen Dorfschönen hätte, ebenfalls zu erscheinen, da das Bärbele und andere, v.elleicht auch saubere Haussiererinnen am kommenden Schäfermarkt sich einfinden, um an diesem Tage mit jungen und alten Kriegskameraden im Festestrubel ihr Tanzbein zu schwinaen.

»I« tt

Revolution in Spanien?

Madrid, 18. Sept. Das Ministerium des Innern veröffentlicht eine Note, in der es heißt, die Regierung habe aus Barzelona die Nachricht von dem Plane einer Revo­lution erhalten, dessen Ausführung einem aus Spaniern und Ausländern zusammengesetzten anarchistischen Komitee übertragen worden sei.

Nachdem das Komitee den Generalstreik beschlossen habe, habe es Vorbereitungen zur Zerstörung der Tele­graphen-, Telephon- und Eisenbahnlinien, sowie zur Arbeits­einstellung in den Druckereien getroffen. Um das Erscheinen der Zeitungen zu verhindern, habe das Komitee die Ver­leger. Redakteure und Drucker einzuschüchtern versucht. Durch das Einschreiten des Gouverneurs, der die Blätter polizei­lich schützen ließ, sei aber der Versuch gescheitert.

Die Note fügt hinzu: Die Mitglieder des revolutio­nären Komitees sind bis auf drei verhaftet. Die Note schließt: Die Revolutionäre wellen den

ktS. Laimin jetzl sucb velck (kcbmalaSknveb) au baden.

Mutmaßt. Wetter am Mittwoch und Donnerstag.

Der Luftwirbel steht jetzt über Nordeuropa. Im Westen herrscht Hochdruck, im Süden bildet sich eine kleine Depres­sion. Für Mittwoch und Donnerstag ist daher wieder trübes und auch zu Niederschlägen geneigtes, kühleres Wetter zu ermatten.

Druck und Beklag der G. W. Zaisrr'