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besonders lehrreichen einzelnen Abteilungen derselben. Zeichnungen und Foto« «rafien, welche in der Versammlung vorgezeigt wurden, veranschaulichten die Beschreibung. Redner schloß mit dem Ausdruck lebhaften Bedauerns darüber, baß es durch die Verhältnisse der deutschen Industrie nicht möglich gemacht worden sei, mit den anderen Nationen auch in den Wettbewerb einzutreten, ha nach seinem Eindruck die deutsche Industrie neben den großartigen List- ungen anderer Völker sicher mit Ehren hätte bestehen können. Schw. M.

Im StaatSanz. ist eine neue F >ssunq der württ. Zusatzbestimm« »ngen zum Betriebsreglement für die Eisenbahnen Deutschlands veröffentlicht worden. Unter den Neuerungen sind namentlich die Bestimmungen wegen der Gültigkeitsdauer der Rückfahrkarten von allgem. Interesse:

Die Gültigkeitsdauer derselben se»h r 1 Tag bis zur nächsten Station, 2 Tage bi» 73 km Entfernung, 3 Ta re für entfernter gelegene württembergrsche Stationen ist vom 1. Der. ab folgende:

für den Verkehr mit der dem Abgangs» t zunächst gelegenen Station einen Tag,

für den Verkehr mit weiter gelegenen bis zu 200 km einschließlich ent> fernten Stationen 3 Tage,

für den Verkehr mit mehr als 200 Km entfernten Stationen vier Tage.

Bezüglich der Verlängerung der Gültigkeitsdauer durch Sonn, und F.sttage bleibt e« bei den seitherigen Bestimmungen. Alle für die drei, und viertägigen Rückfahrkarten hinsichtlich der Gültigkeitsdauer gegebenen Be« Kimmungen gelten auch für Rundreisekarten des inneren Verkehrs.

Horb, 18. Nov. Fischzucht. Letzten Donnerstag hielt der Frscheretverein eine Aueschußsttzung. Es kamen die berechtigten Klagen über Sen so häufig vorkommenden unbefugten Fischfang zur Sprache und beschloß hie Versammlung, kern Mittel unversucht zu lassen, demselben mit allen Klüften entgegenzuwirken. Weiter beschloß der Ausschuß auch kommendes lühjahr ca. 10.000 Forellen und 8000 Aalbrut im N ckar und d.ssen edenbäche auszus.tzen; auch mit Forellenbarschen soll ein Versuch gemacht «erden.

Kirchentellrnsfurth. 19. Nov. In das Gasthau« zum Wald. Horn dahier kamen gestern abend zwei Handwerksburschen, um zu übernachten. Der eine derselben, « er 39jährige Schreiner Adolf Scköff.l von Urach, fing mit dem Wirte wegen Nichlverabreichen» des gewünschten Maßes Schnaps Streit an, so daß dieser zuerst den Polizeidiener und dann auch den hier wohnhaften Landjäger zu Hilfe ruien lassen mußte. Der Handwerksbursche gebärdete sich nun wie ein wild,-» Tier erging sich in den unflätigsten Aus­drücken und vergriff sich nach und nach an allen drei oben genannten Per« fönen, bis durch Anlegen von Hand« und Fuß'esseln seinem wilden Toben Einhalt gethan wurde. Da er vorher ohne jegliche Bekleidung zu Bette g gangen war und sich weigerte sich anzuziehen, so wurde er in zwei Tppichen di den Ortsarrest getragen, wo er die Handfesseln durch Schlagen an die Wand zu zertrümmern suchte, jedoch dieselben dadurch nur enger anlegte, so daß sie diesen Morgen mit de' Zange geöffnet werden mußten. Im Laufe hteses Vormittags wurde Schöffel gesch offen und per Fuhrwerk nach Tüdtngen eingeliefert, wo er der gerechten Strafe nicht entgehen wird. Wegen ähn. lrcher Vorgänge war derwilde Mann" vor nicht langer Zeit zu Gefängnis verurteilt gewesen.

Waldfee» 19 Nov. In Unterschwarzach ist gestern abend zwischen 7 und 8 Uhr das Wohn« und Oekonomregebäude des Kleinbauern und Meß­ners Leonhard Naß, während dieser mrt seiner Frau auf einer Hochzeit ab- wesend war. gänzlich nieoergebrannt. Die Fahrnis nebst 1 Rind »nv 2 Schweinen, sonne eine größere Summe Geld sind gleichfalls verbrannt; haö übrige Vieh wurde gerettet. Das Feuer kam im Holzschopf aus, ohne haß dessen Entstehung bis jetzt ermittelt wäre. Der Geväudeschaden beträgt 4000 der Verlust an Fahrnis einige Tausend Mark.

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Großer Gott! ich kannte mich selbst nicht wieder. Mein Haar war weiß geworden und meine Züge, von Gram und Krankheit entstellt, bedeckte Leichenblässe. Zwischen Deinem Vater und mir bildete der Schatten meines Alexis eine unüber­windliche Scheidewand, wir lebten fortan nur nebeneinander, nicht miteinander. Ich war die Mutter seiner Söhne, deren Erziehung die Aufgabe meines ferneren Lebens hilvete, im Uebrigen war die Welt für mich öde und abgestorben. Ich konnte schweigen, aber nicht vergessen.

Mein, Bruder, damals Referendar bei einer Regierungsbehörde in Schlesien, war ein Lebemann und angenehmer Gesellschafter, der spielend seine Arbeit verrichtete und von seinen Kollegen geliebt, von seinen Vorgesetzten ausgezeichnet wurde.

Seit dem Tode meines Alexis hatte sich meine Natur völlig umgewandelt, und so kam es, daß der heitere, viel umworbene junge Mann mit seiner ernsten Schwester nur noch wenig harmonierte und selten von sich hören ließ.

Durch den Tod meines Vaters, der mir und meinem Bruder ein großes Ver­mögen hinterließ, war das letzte Band zerrissen, was mich noch an meine Heimat fesselte, und mit einer wahnsinnigen Freude ergriff ich den Vorschlag meines Mannes, Hamburg zu verlassen und nach seiner Vaterstadt Braunschweig überzusiedeln. Auch er mochte sich wohl fort von einem Ort sehnen, wo die stummen Zeugen seines Ver­brechens ihm überall entgegentraten.

Die alle FirmaWilhelmi," welche gegen dreihundert Jahre bestanden, wurde gelöscht in den Registern der Kaufmannschaft, und damit auch nichts mehr daran erinnern sollte, erwarb der Senat das alte Patrizrerhaus, um es für die Erweiterung der Straße niederreißen zu lassen.

Das Kostbarste und Schmerzlichste zugleich, was ich aus Hamburg in die neue Heimat hinübernahm, war der Leichnam meines AlexiS; hatte ich doch in der Fremde ein Grab, an dem ich beten konnte.

In Braunschweig widmete sich Dein Vater nur noch Bank- und Börsen­geschäften, leider aber nur noch mit geringem Glück, und mit den Jahren entwickelte sich bei ihm ein so menschenfeindliches Wesen, daß er Euch, meine armen Kinder, scheu und ängstlich mied, und ich mich bestreben mußte, mit verdoppelter Liebe Eure

Ravensburg, 19. Nov. Daß es leider auch heutzutage noch Eltern giebt, die für Erziehung und Bildung ihrer Kinder so wenig Sorge tragen als ein Kuckuck für seine Nachkommenschaft, beweist ein hier sorge« kommener Fall. Eme Mutter wußte ihr Töchterlein so von aller Welt ab« zuschließen, daß scheint« niemand als vielleicht die Mitbewohner des Hause» von dem Dasein desselben etwas wußte, bis die Sache endlich doch entdeckt und die Mutter zuerst auf gütlichem Wege veranlaßt wurde, das bereis 9jährige Mädchen zur Schule zu schicken. Weil jedoch dieselbe nicht gerne entsprach, mußte das Kind polizeilich requiriert werden. Da habe es sich denn heraus.,estellt, daß das arme Geschöpr von Kenntnis anderer Begriffe ganz abgesehen nicht einmal seinen Namen wußte.

Friedrichshafen, 20. Nov Ein in einem hiesigen Geschäft an« gestellter junger Mann ist anfangs letzter Woche plötzlich von hier verschwunden, ohne seine besseren Effekten mitzunehmen. Sein Prinzipal, welcher glaubte, daß ihm ein Unglück zugestoßen, suchte ihn mehrere Tage vergeblich. Der flotte Bursche", ein ehemaliger Student und Sohn vermöglicher Eltern au« Norddeutschland, halte sich zuerst nach Konstanz begeben, sich dort fein gekleidet und einen Ball mitgemacht und ist dann nach Würzburg gereist, von wo nun letzter Tage durch Verwandte Nachrichten von demverlorenen Sohn" eingetioffen sind.

WevrniscHtes.

Gesellschaftsreise nach Westafrika. Das hohe Inte­resse, welches gegenwärtig Afiika in der deutschen Bevölkerung findet, hat die deutsche Handels« und Kolonisations-Gesellschaft in Berlin (Wilhelmsstr. 122) veranlaßt, Gesellschaftsreisen noch Afrika ins Leben zu rufen. Sie hat solle zunächst nach Süd« und Südostafnta unternommen, beabsichtigt aber, sie nun auch nach Westasnka auszudehnen. Am 30. Nov. d. I. wird eme solche Reise von Hamburg nach Kamerun, Liberia und dem Congo ab­gehen. Die Reise findet vermittelst eines mit nur erdenklichem Comfort aus­gerüsteten Dampfers, der u. a. mit elektrischer Beleuchtung versehen ist, statt. In Kamerun soll n Fahrten auf den Lagunen des Kamerunflaffe« unter­nommen werden Em Streifzug in dem Urwalde, die Besteigung des Ahotter- berges, die Besichtigung der neuen Piantagenanlagen, der verschiedenen Handelsfaktoreien und der Negei schule wird beabsichtigt. Die Reise verspricht den B-leiligten viel Interessant« S emen Einblick in das äquatoriale Afrika und da» Leien der verschiedenen Kolonien. Ein gut den Ve dältmssen Afrika» bekannter Führer wird die R sie leu n. Für die Dampfschifffahrt, Verpfleg­ung, Führung u. s w. werden >00 ^ bezahlt; die Dauer der Reise ist auf 5 Monate festgesetzt. Äus'üa>l>cbe Programme werden von der Ges ll- schalt versandt.

Eine neue E find,, ng aus dem Gebiete des Pferde« b a h n w e i e n s hat in F ankiurl a M die Trambahngesellschaft auf ihrer Strecke osisetts der Wirita m m Benutzung genommen. ES ist die» eine selbsttväiige W ichenstellunwomit bezweckt wird, daß eine Weiche an der Tiennung zweier Gelene «u cd me vor den betreffenden Wagen gespannte Pferd reguliert wird. Es b fi« en sich innerhalb de« GeleffeS drei starke Esienplatten. Wird das Pi r>« io gelenkt, < es die link« liegende Platte betritt, so stellt sich die Weiche so « der Wagen auf da» links führende Geleise läuft, unr nach echt« wird der Wagen durch die Weiche gelenkt, wenn das Pferd die nach rechts liegende Platte betritt. Seither mußte an derartigen Weichen Jemand zur Wirtung derselben ausgestellt sein.

Gemütlich Zwei Freunde haben bis nach Mitternacht im Wirts­hause gesessen. Beim Aufbruch sin «et der eine seinen Hut nicht gleich, wes­halb ihm der andere zuruft:Nimm keinen falschen, Karl!"Keine Sorge", erwidert dieser, um diese Zeit sind die besseren schon alle weg."

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Jugend zu umgeben, Euch schadlos zu halten für seine Vernachlässigungen. Ob eS mir gelungen, mögt Ihr, Du, Stephan und Fredi beurteilen."

Ich küßte den Brief und warme Thränen fielen darauf.

Mit meinem Bruder, der inzwischen als Gerichtsrat nach Fr. . . . versetzt worden und sich mit einer jungen und sehr schönen Dame verheiratet hatte, war leider jeder Verkehr abgebrochen. Mein Mann hatte sich mit ihm bei Gelegenheft der Erbteilung überworfen, da Friedrich sich dagegen erklärte, daß unser Stamm­haus verkauft werde. Der Streit war nach und nach in eine Erbitterung überqe- gangen, daß mein Mann mir und Euch Kindern verbot, nur seinen Namen auszu­sprechen, oder Briefe von ihm anzunehmen oder an ihn abzusenden, und ich, seinen Jähzorn fürchtend, der mit den Jahren zugenommen, willigte in Alles.

So zerriß er denn auch noch das letzte Band, die Liebe zu meinem Bruder, und nahm Euch den einzigen Beschützer.

Wie Euer Vater gelebt, so starb er auch. Der Jähzorn, der Fluch seines Lebens, ward sein Tod.

Ein erbitterter Zank, der sich zwischen ihm und einem Börsenmakler entspannen, steigerte sich zu einer solchen Höhe, daß sein schlummernder Dämon mit doppelter Macht wieder hervorbrach, und während er sich auf seinen Gegner stürzte und diesen unzweifelhaft erwürgt haben würde, brach er plötzlich tot zusammen. Ein Blutsturz hatte ihn vielleicht vor einem neuen Verbrechen bewahrt.

Bei der Regulierung des Nachlasses mußte ich leider erkennen, wie wohl Euer Vater daran gethan, Euch gegen meinen Wunsch so früh in die Welt zu schicken und Euch selbstständig zu machen. Es blieb mir nur ein kleines Kapital, von dessen Zinsen ich füll und zurückgezogen leben konnte.

Indem ich für Dich, mein Constantin, sowie für Stephan und Fredi, diese Blätter hier niederlege, und meinen Bruder ersuche, sie an dem Tage Deiner Ver­lobung in Deine und Deiner Brüder Hände zu übermitteln, geschieht es in der Ab­sicht, Euch ein warnendes Beispiel zu geben, Euch noch einmal zu mahnen, Euer Herz zu prüfen, ehe Ihr für immer ein junges Wesen an Euer Schicksal kettet!

(Fortsetzung folgt.)