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W Nagel

Fernsprecher Nr. 29.

85. Lahrgang.

Dienstag, den 12. September

Fernsprecher Nr. 29.

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Beilagen: Plauderstilbchen,

* Illustr. Sonnlagsblatt und

SchwSb. Landwirt.

1911

Kgl. Oberamt Nagold.

Bekanntmachung

betr. die Maul- und Klauenseuche.

Zufolge Mitteilung des K. Oberamis Herrenberg sind die in das Beobachtungsgebiet einbezogenen Gemeinden Herrenberg, Altingen. Kay, Mönchberg, Neusten und Tail­fingen, sowie die Gemeinden Poltringen, Pfäffingen und Unterjesingen wieder ans dem Beobachtungsgebiet ausgeschieden worden. In letzterem bleiben noch die Gemeinden Oberndorf und Nebringen.

Gesperrt bleiben bis auf Weiteres noch die Gemein­den Gültftein und Oeschelbronn.

Den 11 . Sept. 1911. Kommerell.

Die Misch« Mscrmmwer »m M.

Die Zeit der allherbstlich unter den Augen des Kaisers vor sich gehenden großen deutschen Kaisermanöver ist wieder herangekommen: sie nahmen am Montag, den 11 . Sept. ihren Anfang und enden nach viertägiger Dauer am 14. Sept. mittags. Das Gebiet, in welchem sie sich abspielen, ist im wesentlichen der südliche Teil der beiden mecklenburgischen Großherzogtümer und der anstoßende Teil der Provinz Brandenburg: doch dürften vielleicht auch Striche der Provinzen Pommern und Sachsen von den militärischen Operationen berührt werden. Bon den deutschen Armeekorps sind an den diesmaligen Kaisermanöoern beteiligt das 2 . (pommersche) und das 9. (schleswig-holstein.) Armeekorps auf der einen Seite, das Gardekorps auf der anderen Seite, das Gardekorps wird eigens für die Manöver durch Verstärkungen von anderen Armeekorps auf einen erhöhten Stand gebracht, damit es nummerisch den beiden anderen Armeekorps ungefähr die Wage halten Kann. Das 2. und das 9. Armeekorps bilden zusammen die blaue Armee, weche unter dem Oberbefehle des Generalfeldmarschalls Prinzen Friedrich Leopold von Preußen, bekanntlich eines Vetters des Kaisers, stehen wird, während das Gardekorps und seine Verstärkungen die rote Armee darstellen, welche dem Vernehmen nach vom Generalobersten v. Kessel befehligt sein wird. Bisher hatte es immer geheißen, daß General­oberst v. d. Goltz das Gardekorps bei den Kaisermanövern führen würde. Da auch die diesjährigen deutschen Kaiser- manöoer so kriegsgemäß wie nur^ möglich durchgeführt werden sollen, so wird natürlich vom großen Generalstabe über den Plan der Manöver vollständiges Stillschweigen bewahrt und es wird darum wohl, nur die übliche General- idce bekannt gegeben werden. Die Durchführung dieses Krieges im Frieden in seinen Einzelheiten wird vollständig Sache der Oberbefehlshaber der beidenfeindlichen" Armeen sein, und so dürste denn die Oeffentlichkeit erst durch die Entwicklung der Manöver selbst über den ihnen zugrunde liegenden Plan Aufschluß erhalten. Als selbstverständlich darf es gelten, daß beide Manöverarmeen, die blaue wie die rote, mit allen modernen Verkehrs- und Aufklärungs­mitteln und sonstigen Hilfsmitteln, soweit sic für militärische Zwecke geeignet erscheinen, ausgerüstet sein werden. Es wird demnach auf beiden Seiten u. a. Lcnkluftschifse und Militäraviatiker, daneben Kriegsautomobile, Radfahrer­kolonnen als Aufklärungspatrouillen usw. geben. Mit be­sonderem Interesse darf man wohl den Leistungen der Militäraviatiker bei den Kaisermanöoern entgegensehen, da es jetzt das erstemal ist, daß Flieger mit bei den deutschen Manövern Verwendung finden. In Frankreich sind die Militärflieger bei den Manövern bekanntlich bereits zur Einführung gelangt und sie haben in diesem ihren speziellen Dienste dort schon ganz hervorragendes geleistet; man wird vielleicht erwarten dürfen, daß nun auch die deutschen Militäraviatiker in ihren Leistungen bei den Manövern nicht enttäuschen werden. Die Verpflegung und Verquartierung der an den Manövern beteiligten Truppen soll ebenfalls so viel wie möglich fcldgemäß erfolgen; bei der Verpflegung sollen verschiedene Neuerungen auf ihre Zweckmäßigkeit für das Militär geprüft werden. Wie immer, so wird der Kaiser auch bei den anhebenden diesjährigen großen Herbst- manöoern von einer Anzahl fürstlicher Manövergäsle, sowie von einem glänzenden Kreise fremdherrlicher und höherer deutscher Offiziere umgeben sein; unter den fürstlichen Manöoergästen des Kaisers wird sich auch der österreich­ungarische Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand befinden, welchen, wie man weiß, intime persönliche Freundschafts- beziehungen mit dem deutschen Kaiser verbinden. In weiten Kreisen des deutschen Volkes blickt man den beginnenden Kaisermanöoern mit Interesse und Spannung entgegen: man darf wohl schon jetzt sagen, daß diese kriegsgemäßen mili­tärischen Hebungen erneut von der Schlagserligkeit und

Tüchtigkeit des deutschen Heeres rühmendes Zeugnis ob­legen werden.

Tages-Nerügkeiten.

Aus Stadt und Land.

Nagold, 12. September 1911.

* Freiw. Feuerwehr. Am Sonntag hatte das Korps Schlußübung. Um ^3 nachm, ertönte das Alarmsignal und in kürzester Zeitsrist waren die Mann­schaften am Magazin angetreten. Unter klingendem Spiel wurde in die Vorstadt marschiert, wo zunächst am Steiger­turm geübt wurde. Es folgte ein Alarm mit Angriff auf die als Brandobjekt gedachte Scheuer des Bäckermeisters Raas in der Marktstraße; der Angriff wurde mit Energie und Sicherheit ausgesührt; ein zweiter Angriff galt dem Mädchenschulhaus, in welchem der Zeichensaal brennen sollte. Nach der Uebung wurde am Magazin angetreten, wobei Bezirks feuerlöschinspektor Schleicher in Anwesenheit von Oberamimann Kommerell und Stadtschultheiß Brodbeck die Offiziere zur Kritik um sich versammelte. Kommandant Stadtschultheiß Brodbeck hielt hierauf eine Ansprache, wo­rin er seiner Anerkennung über das Verhalten des Korps Ausdruck gab. Daraus wurde eingerückt.

* Unser Theater. Zum Benefiz für Herrn Direktor Franz Beyschlag treffen sich heute abend alle Theater­freunde in der Lindenhalle. Gilt es doch dem Ehre und Freude zu bereiten, der als Seele des Ganzen unermüdlich besorgt war seine Theatergäste mit gutem Repertoire zu be­friedigen. Der beliebte Darsteller wird in Die Grille von Charlotte Birch-Pfeisfer den Vater Bardeaud spielen, während seine liebenswürdige Tochter Frl. Tony Beyschlag als Fanchon Bivieux austreten wird ; der Abend dürfte wie beimLorle vom Schwarzwald" recht angenehm unterhaltend werden. Wie uns die Direktion wissen läßt, entspricht sie dem Wunsch betr. wiederholter Aufführung derRäuber" von Schiller gerne; das Stück soll am nächsten Sonntag nachmittag gegeben werden.

r Gerichtsvollzieher. Im Amtsblatt des Justiz­ministeriums werden die Namen der Personen bekannt ge­geben, die bei den Amtsgerichten mit Wirkung vom 1 . OKI. ab zu Gerichtsvollziehern, bezw. Hilssgerichtsvollziehern be­stellt worden sind. In Stuttgart sind für den Vollstreck­ungsdienst 7, für den Zustellungsdienst 3 Gerichtsvollzieher bestellt worden. In allen Amtsgerichtsbezirken hat der Ge­richtsvollzieher seinen Amtssitz am betr. Amtsgericht, außer­halb desselben erhielten noch selbständige Gerichtsvollzieher­stellen Ebingen, Ochsenhausen, Wildbad, Herrenalb, Schram­berg und Schwenningen, Ludwigsburg erhält 4 3 Gerichts­vollzieher, Cannstatt, Eßlingen, Heilbronn, Tübingen, Reut­lingen, Ulm, Göppingen, Ravensburg je 2 .

Der Schwäbische Ueberlandflng.

p Stuttgart, 11. September. Der heutige Tag des Schwäbischen Üebcrlandslugs galt dem Etappenflug Weil WasenUlm. Aus dem Rennplatz Weil hatten sich heute zu frühester Morgenstunde die Flieger und das Sport­komitee sowie eine wenn auch kleine Zuschauermenge einge­funden. 10 Minuten vor 6 Uhr verließ als Erster Hirth mit seiner Taube den Startplatz; ihm folgte nach 5 Minu­ten Ieannin. dann Hosfmann, später Nölle und Boll- möller, sowie Schall und Röver, insgesamt also sieben Flieger. Der Flug der Apparate durch das Neckartal führte aus den Cannstatter Wasen, wo ein Signalballon umflogen werden mußte. Von sämtlichen Fliegern, mit Ausnahme von Nölle und Röver, wurde dieser Vorschrift entsprochen. Die genannten beiden Flieger mußten wegen Moiordefekten auf dem Wasen landen und werden die Wcitersahrt heute abend sortsetzen. Hirth flog vom Wasen über den Rennplatz Weil nach Reutlingen, wo er nach 26 Minuten eintraf und von dort ohne Zwischenlandung nach Ulm. Wenige Kilometer vor Ulm mußte er jedoch auf dem Lerchenfeld wegen eines Motordefekts niedergehen. Ieannin kreuzte nach einer halben Stunde vom Ausstieg an gerechnet über Reutlingen und traf um 7 Uhr 51 in Ulm cm. Hofsmann, der mit Oberleutnant Albrecht als Passagier fuhr, war zwischen Pfullingen und Eningen wegen eines heftigen Gegenwindes bei gleichzeitigem Aussetzen des Motors zu einer Notlandung gezwungen, die um 6 V 2 Uhr erfolgte. Dollmöller führte den Flug nach Ulm ausge­zeichnet durch und landete genau nach 1 ^ Stunden aus dem dortigen Flugplatz. Von Schall blieb jman längere Zeit ohne jede Nachricht. Schließlich hörte man, daß er in der Nähe von Neuffen ebenfalls eine Notlandung auszu- führen gezwungen war; auch er wird erst heute abend die Fahrt fortsetzen können.

Ein Unglücksfall ereignete sich heute leider wiederum. Bruno Büchner wollte mit seinem Aviatik-Eindecker eine Proberunde ausführen. Durch ein Versagen des Motors ging der Apparat nicht hoch; er blieb beim Nehmen einer Kurve mit dem linken Flügel in einer der Hecken auf dem Flugplatz hängen und überschlug sich. Der Apparat ist vollständig zertrümmert. Der Flieger selbst blieb glücklicher­weise unverletzt; er wird heute abend auf einem zweiten Apparat an der Fahrt nach Ulm teilnehmen. Die übrigen Flieger entschlossen sich heute früh nicht zur Ausführung des Flugs, wollen diesen vielmehr erst heute abend unternehmen.

Bei den Flügen vom Rennplatz Weil nach dem Cann­statter Wasen konnte man ganz hervorragende Leistungen bewundern, so insbesondere von Hirth, Bollmöller und Ieannin; auch die übrigen Flieger fuhren vorzüglich. Es wurde zum Teil in Höhen von 1000 Meter und darüber geflogen.

Ulm, 11 . Sept. Ieannin verlor während der Fahrt Wasser und hatte, wie alle Flieger, auf den Höhen der Alb mit starken Böen zu Kämpfen. Nachdem die beiden Apparate, der von Ieannin und der von Bollmöller, in den Zelten nntergebracht waren, herrschte Ruhe auf dem Platz. Büchner, dessen einer Apparat zerstört wurde, benützte seinen zweiten Apparat. Hirth liegt noch auf dem Lerchenfeld und wird wahrscheinlich auch erst am Abend das letzte Stück bis zum hiesigen Flugplatz zurücklegen. Allmählich verläuft sich das Publikum, da vor den Abendstunden nichts mehr zu erwarten ist. Nur die Mitglieder des Komitees, Sanitäts­personal usw. sind aus dem 21 Hektar großen Flugplatz zu sehen und von etwa 6 Photographen wird das Komitee ausgenommen. Als das Interesse abgeslaut war, kommt die Nachricht, daß Hirth um Übersendung von Benzin gebeten hat; er will versuchen, sofort die Weitersahrt nach Ulm anzutreten.

Stuttgart, 11 . Sept. Der Stand des Ueberland- flugs war folgender: Gestartet sind:

Ieannin, in Ulm gelandet (1 Stunde 56 Min.)

Bollmöller, in Ulm gelandet (1 Stunde 32 Min.)

Hirth, Notlandung auf dem Lerchenfeld.

Hosfmann, Notlandung bei Pfullingen.

Nölle, Notlandung auf dem Wasen.

Röver. Notlandung auf dem Wasen.

Schall, Aufenthalt unbekannt, nach neueren Nach­richten Notlandung bei Neuffen.

Noch nicht gestartet waren Witterstätter, Büchner, Kahnt, Hanuschke und Lindpaintner.

Ulm, 11 . Sept. Bollmöller ist von Weil nach Ulm in 1 St. 32 Min. geflogen, Ieannin in 1 St. 56 Min.

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r Flugplatz Ulm, 11. Sept. (Im Flugzeug von Weil nach Ulm.) Oberleutnant z. S. Bertram, der Fahrgast des Fliegers Bollmöller war, stellt dem Ulmer Tagblatt über den Flug von Weil nach Ulm folgenden Bericht zur Verfügung: Der Motor ist in Ordnung, es kann losgehen. Ich sehe auf die Uhr. 6.25 Uhr setzt sich der Flugapparat in Bewegung. Wunderschön steigt der Apparat und in kurzer Zeit befinden wir uns über dem Stuttgarter Wasen, direkt vor und unter uns steht der Ballon, eine scharfe Kurve und der Ballon ist umflogen. Der Weg fiihrt uns zurück nach Weil, wir steigen weiter. Im Moment, wo wir die Zelte in Weil passieren, geht Bollmöller in die neue Richtung nach Reutlingen. Wie beabsichtigt, passieren wir nacheinander Schamhausen und links Neuhausen. Schon können wir die Achalm deutlich links vor uns sehen. Leichter Dunst liegt in den Tälern, aber doppelt schön ist der Blick auf die von der Morgcn- sonne beleuchtete Landschaft. Fm Augenblick, wo wir Neckartenzlingen passieren, kommt ein kleiner Kegel rechts von der Achalm in Sicht, der Georgenderg bei Reutlingen. Die Lust sängt an, unmhiger zu werden, wir erhalten einige Böen und werden ziemlich durchgerüttelt. Reut­lingen. Aha, da ist ja der Landungsplatz mit dem weißen Strich, mehr ist nicht zu erkennen. Wir erledigen die zwei vorgeschriebenen Runden, fliegen noch einmal über das Startband und weiter gehts nach Ulm. Die Aussicht von oben ist herrlich. Wir überfliegen den Georgenberg, um die linke Ecke des Ursulaberges in einer Höhe von rund 900 Meiern etwa 200 Meter über den Bergen. Starker Wind aus S.-O. treibt den Apparat langsam nach links hinweg. Der Apparat wird etwas in den Wind gedreht und schwebt sich nun schräg zur Kurslinie auf der Luftlinie entlang. Links kommt aus dem Tal Urach heraus. Die Sonne blendet sehr, ich fetzte die Brille ab, um bester sehen zu können. Auf der Strecke bei Ennabeuren, das wir ziemlich rechts lassen, folgen starke Böen und wir werden ziemlich nach links getrieben. jSuppingen und