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Fernsprecher Nr. 29.

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Tages-Neuigkeiten.

Aus Stadt und Land.

Nagold, 29. August 1911.

* Unser Theater. Heute Dienstag abend wird die Direktion die KomödieFlachsmann als Erzieher" von Otto Ernst zur Aufführung bringen. Der Dichter Otto Ernst Schmidt mit seinem wirklichen Namen war Lehrer; er legt in dem Lustspiel alle seine Leiden und Freuden im Berufe nieder; das Stück zeigt wie Unfähigkeit und An­maßung längere Zeit die Verhältnisse beherrschen können, bis mit dem Siege des wahren Verdienstes und der Lauter­keit geordnete Zustände eintreten. Die Handlung spielt in Norddeutschland und ist zur Zeit der Erstaufführung des Stückes im Jahre 1900 für die dortigen Schulverhältnisse bezeichnend gewesen, ohne daß daraus ein Recht zu Verall­gemeinerung hergeleitet werden dürste. Jedenfalls aber darf das Stück hier wie überall das größte Interesse des Pub­likums in Anspruch nehmen.

r Leichenschauerwesen. Unserer jüngsten Mitteilung betreffend vom Ministerium des Innern veranstaltete Er­hebungen über das württ. Leichenschaucrwesen lag die Ansicht zu Grunde, als seien die Erhebungen durch gerichtliche Ereignisse nötig geworden und sei deshalb eine Reform bedingt. Berichtigend stellen wir aus den vom Verband der Leichenschauer Württembergs uns zur Verfügung gestell­ten Notizen fest, daß die Erhebungen durch eine vom Verband ausgegangene Eingabe veranlaßt worden ist, in welcher u. a. da der Wunsch der Regierung, sämtliche Stellen von Aerzten besetzt zu wissen, aus einer Reihe von Gründen nicht durchführbar ist, verlangt wurde, daß durch Ausbildungs­und Fortbildungskurse an Krankenhäusern und bei den Oberamtsphysikoten den Leichenschauern eine so gründliche Ausbildung für ihren Berus zukonum, daß das Publikum ihnen volles Vertrauen entgegenbringen kann. Wir können beifügen, daß dieses Verlangen des Verbands nur zu be­grüßen ist, hoffentlich wird dadurch auch eine finanzielle Besserstellung erzielt, denn die Bezüge sind vielfach geradezu gering zu nennen.

r Rottenbnrg, 28. Aug. (Messerheld.) Der bei seiner Mutter wohnende 20 Jahre alte Pflästerer Hermann Bock kam gestern mittag Vzl Uhr betrunken heim. Die Mutter lies ihren Schwiegersohn Kern, zum Schutz gegen den gewalttätigen Burschen herbeiholen. Es kam zu einem Wortwechsel und zu Tätlichkeiten, wobei Bock seinen Schwa­ger durch 12 Stiche lebensgefährlich verletzte.

Calw, 28. Aug. Gestern abend 8V2 Uhr brannte in Altburg das Gasthaus zurKrone" (Besitzer Fr. Bühl er) total nieder. An Mobiliar konnte nur wenig gerettet werden. Der Gesamtschaden wird auf 20000 ^ geschätzt. Ueber die Brandursache verlautet noch nichts Bestimmtes. (C. W>)

r Stuttgart, 28. Aug. (Heslacher Kirchweih.) Obwohl Heslach seit Ende der fünfziger Jahre des vorigen Jahrhunderts von Stuttgart eingemeindet worden und seit über 20 Jahren den stolzen Namen Karlsoorstadt führt, an

Die kleine Wilde.

Novellette von Rens Grouge.

Autorisierte Bearbeitung von Alfred Mayer-Eckhardt.

(Nachdr. verb.)

Mein Vetter hatte sie mir von der Guineaküste mitge­bracht, nebst einem Papageien, einem Affen und etlichen Schnüren Korallen. Der Papagei und der Affe ging ziem­lich schnell ein, und die Korallenschnüre waren bald ein Raub meiner Damenbekanntschast von Montmartre. Nur das kleine Negermädel blieb mir ein lebendes.Andenken an meinen armen Teufel von Vetter, der längst verschollen ist, und dessen Knochen wohl irgendwo im afrikanischen Sande bleichen mögen.

Sie war so klein, so winzig und unansehnlich fast ein Nichts, dieses kleine weibliche Wesen; tiefschwarz war sie vom Scheitel bis zur Zehe, hatte dicke wulstige Lippen, kurzes flockiges Wollhaar und trug ständig geblümte Kattun­kleider. Die schienen ihr einziger Trost im Exil zu sein, vielleicht eine Erinnerung an die sonnendurchglühten Sand­flächen ihres Geburtslandes, wo sie in Freiheit und Wild­heit ausgewachsen, und nach dem sie wohl oft Heimweh ver­spüren mochte, wenn sie, ohne ein Wort zu reden, mit ihren schwarzen Augen vor sich hinbrütete.-

Nötig gehabt hätte ich's wohl nicht, dies immerhin

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88 . Jahrgang.

Fernsprecher Nr. 29.

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Beilagen: Plauderstkbchen, Illustr. Sonntagsblatt - und

Schwäb. Landwirt.

Menstag, dm 29. August

1911

ihrerKirbe" halten die Heslacher fest. Es herrschte gestern ein srohbewegtes Leben.

r Aus der württembergischen Handwerker­bewegung. Der neu gegründete Handwerkerausschuß des Württembergischen Bundes für Handel und Gewerbe E. V." hielt am 24. August eine Versammlung ab, in der Friseur­meister W. Wolf-Stuttgart (Vorsitzender des Landesverbandes der Friseure Württembergs) und Tapeziermeister Th. Fischer- Stuttgart (Vorsitzender des Landesverbandes selbständiger Tapeziere und Dekorateure Württembergs) zum zweiten Vorsitzenden gewählt wurde. Die Versammlung befaßte sich sodann eingehend mit der Frage der Abschaffung des § 100 g der Reichsgewerbeordnung als einer der zur Zeit brennend­sten Handwerkerfragen. Von sämtlichen Rednern wurde das negative Ergebnis der Berliner Handwerkerkonferenz lebhaft bedauert und ein abfälliges Urteil darüber ausge­sprochen, daß in dieser Konferenz der Beschluß des vor­jährigen Deutschen Handwerks- und Gewerbekammertages nicht genügend beachtet wurde und daß die Vorstände des Handwerkerkammertages den Regierungsvertretern gegenüber die Wünsche des Handwerks nicht mit dem notwendigen Nachdruck vertreten haben. Einer scharfen Kritik wurden ferner die Ausführungen des Generalsekretärs des Deutschen Handwerks- und Gewerbekammertages, Dr. Meu sch-Han­nover unterzogen, welcher auf der jüngst stattgefundenen Konferenz süddeutscher Handwerkskammern an der Art der Agitation der württ. Handwerkerlandesverbände für die Aufhebung des § 100 g Anstoß genommen hatte. Bon sämtlichen Rednern wurde ausgeführt, daß die württ. orga­nisierten Handwerker nach wie vor auf ihrem bisherigen Standpunkt beharren und mit allen Mitteln versuchen wer­den. das Ziel, die Abschaffung des § 100 g, zu erreichen. Eine Belehrung des Herrn Generalsekretärs, in welcher Weise diese Agitation erfolgen soll, weisen sie zurück. Es wurde schließlich der Beschluß gefaßt, am Sonntag den 19. November ds. Is. vorm. V 2 11 Uhr im Konzertsaal der Liederhallc inj Stuttgart eine öffentliche Versammlung der württ. Handwerker abzuhalten, in der die Frage der Abschaffung des § 100 g sowie andere im Vordergrund des Interesses stehende Handwerkerfragen eingehend behandelt werden sollen. Diese Versammlung soll eine kraftvolle Kundgebung des württ. Handwerks werden. Näheres über die Tagesordnung und die Berichterstatter zu den einzelnen Referaten wird demnächst bekannt gegeben werden. Sämt­liche Handwerkerorganisationen erhalten zu der Versamm­lung Einladungen.

In das Landesbeschwerdebuch des Beobachters wird folgendes geschrieben:

Eisenbahnwünsche! Einem gewiß nicht unberech­tigten Wunsche der Bevölkerung der Filder und Gäu, also Baihingen bis Ergenzingen, würde dadurch entsprochen werden, daß die Königliche"Generaldirektion der Eisenbahnen künftig den Lokalzug 1645 (gegenwärtig in Stuttgart 7.10 Uhr ab) beschleunigen würde, d. h. die 18 Minuten Auf­enthalt in Böblingen und die 12 Minuten in Gärtringen zur Fahrt verwendet würden bis Eutingen, so daß die An­schlüsse an den V-Zug 38, sowie nach der Freudenstädter Richtung hergestellt wären. So ist dann vormittags Ge­

legenheit vorhanden, über Rottweil hinaus zu kommen und die Anschlüsse in die Schweiz sowie Oberbaden zu erreichen. Des weiteren ist die Verbindung mit NagoldAltensteig, sowie Calw für oben erwähnte Plätze sehr zeitraubend. Gegenwärtig z. B. kommt man vor V 2 II Uhr nicht nach Nagold und nach Altensteig wird es ^3 Uhr, die erste Verbindung! Wir hoffen, daß die hiefür maßgebende Stelle ein Einsehen hat und daß in den kommenden Fahr­plänen die Wünsche berücksichtigt werden.

r Gegen die Milchpantscherei. DerBeobachter" schreibt: Vielfach wird darüber geklagt, daß trotz der vielen Bestrafungen die Milchpantscherei nicht aufhört, diese viel­mehr eher zu- als abnimmt. Es scheint, daß den Milch- pantschern oder mehr noch den Milchpantscherinnen immer noch nicht genügend beizukommen ist. Es gibt leider noch immer manche Bäuerin, die morgens nach dem Ausstehen ihren Morgensegen liest und dann mit aller Seelenruhe den Melkkübel so kräftig ausschwenkt, daß die Milch- pantscherei fertig ist. Können nun Mittel und Wege ge­funden werden, diese Milchpantscherei, diesen gemeinen Be­trug, mit Stumpf und Stil auszurotten? Ja wohl, das ist möglich und zwar durch ein sehr einfaches Mittel. Die Gemeinden, in welche Milch eingeführt wird, brauchen nur die polizeiliche Bestimmung zu treffen, daß die Genossen­schaften und Händler, welche Milch liefern, in den Sammel­stellen eine ständige Kontrolle der angelieferten Milch ein- zurichtcn, das Ergebnis der Kontrolle bei jedem einzelnen Milchlieferer in ein Kontrollbuch einzutragen und das Konirollbuch von Zeit zu Zeit der Polizeibehörde der Ge­meinden, wohin die Milch geliefert wird, vorzulegen haben. Uns sind mehrere Genossenschaften bekannt, wo die Milch­kontrolle schon eingeführt ist, man braucht nur das Kon­trollbuch zur Hand zu nehmen, um sofort zu sehen, wer Milch mit unternormalem Gewicht geliefert hat und es ist dann ein leichtes, die Uebeltäter zu fassen. Die Kontrolle muß nicht so umfangreich eingerichtet werden, daß jeden Tag jede Milch kontrolliert wird, es genügt, wenn jede Milch in der Woche einmal an die Reihe kommt. Ein Uebelstand ist es, wenn in einer Gemeinde mehrere Ge­nossenschaften oder Händler sind, die Milch liefern, diese machen sich dann gegenseitig Konkurrenz und üben die Kontrolle gar nicht oder nur mangelhaft aus und gehen von sich aus gegen die Milchpantscher nicht vor, um keine Mit­glieder oder Lieferanten zu verlieren. Alle diese Mißstände lassen sich beseitigen, wenn die Milchkontrolle und die Füh­rung eines Kontrollbuches polizeilich vorgeschrieben wird, die Pantschereien werden bald aushören, da die Pantsche­rinnen ohne weiteres gefaßt werden können.

Verbandstag der württ. Gewerbevereine.

p Balingen, 28. August. In Verbindung mit dem 50jährigen Iubliäum des hiesigen Gewerbevereins wurde gestern hier der 53. Berbandstag der württ. Gewerbeoereine und Handwerkeroereinigungen gehalten. Bei einem am Samstag vorausgegangenen Festbankett hielt der Vorsitzende des Gewerbevereins, Stadtschultheiß Hofmann, die Fest­rede. Unter dem Vorsitz von Malermeister Schindler-Göp­pingen fanden gestern früh die geschäftlichen Beratungen

sonderbare Geschenk anzunehmen. Ich tat's eigentlich aus Renommage. Hatte ich doch allein meine liebe Not, mich mit ihr zu verständigen! Das unsagbare drollige Kauder­welsch meiner kleinen Sklavin und mein Bouleoardjargon wollten sich durchaus nicht in Einklang bringen lassen. Aber ich hatte nun mal meinen Spaß daran, und wenn ich meine Klubsreunde empfing, hieß ich das Geschöpfchen seine Natio­nalkleidung anlegen, behängte es mit Juwelen und ließ es seine wilden Tänze aufsühren.

Anfänglich war sie scheu und furchtsam wie eine übel behandelte Katze, bald aber merkte sie. daß ich nicht schlimm war. Und dann sagte sie ein über das andere Mal:Herr gut! Herr gut!" und heftete ihre runden Gazellenaugen aus mich.

Ich gut. Du armes Tierchen?" neckte ich sie dann manchmalglaub' ich nicht! Dazu bin ich zu stumpf­sinnig?" Das verstand sie natürlich nicht und lachte, daß ihr ganzes prächtiges Gebiß sichtbar wurde.

Ergebenheit ist der hervorstechende Charakterzug, der ur­eigenste Instinkt gut behandelter Sklaven; und diese Eigen­schaft war in ihr aufs höchste entwickelt. Ich konnte keine Bewegung machen, ohne daß sie mich belauschte; selbst meine Gedanken schien sie zu empfinden. Wenn ich las, kauerte sie zu meinen Füßen nieder. Sie hätte auch vor dem Fuß­ende meines Bettes geschlafen, hätte ich nicht energisch da­gegen Einsprache erhoben, diese Sitte schien mir doch allzu antik und nicht mehr in unsere Zeit passend. -

Es kostete mich nicht geringe Mühe, ihr ihre Neger- spräche abzugewöhnen und sie ein wenig an europäische Ma­nieren zu gewöhnen; aber endlich gelang es.

Meine Freunde verulkten mich und taten, als ob sie mich im Verdacht einer perversen Neigung hätten. Als ich eines Tages noch lebhafter als wie sonst dagegen protestierte, rief Berneville aus:

Ja. Mensch siehst Du denn nicht, mit was für Augen sie Dich anglotzt?"

Ich zuckte die Achsel und hielt Berneville für einen Dummkopf. Nichtsdestoweniger indessen beschloß ich, die Augen offen zu Hallen und mich zu überzeugen, und setzte mich am Abend im Rauchzimmer, wo ich den Tee zu trinken pflegte, so hin, daß mir keine Bewegung der kleinen Wilden entgehen konnte.

Sie stellte das Teegeschirr auf den Tisch, den Zucker und die Likörflaschen und hockte dann aus einem niedrigen Schemel nahe der Tür nieder.

Vor mir befand sich ein Spiegel, so daß ich das selt­same Geschöpfchen genau beobachten konnte. Und da sah ich denn, daß sie mich buchstäblich mit den Augen verschlang, seufzte, daß ihre Brust zu springen drohte und schließlich, als ob sie ihre Empfindung nicht mehr meistern könne, un­gezählte Kußhände nach mir warf.

Ich hatte nicht übel Lust, sie beim Halse zu packen und an die Lust zu befördern! Daß dieses wilde Halbtier sich erdreistete, mirihre Gefühle zu widmen", erschien mir als