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Fernsprecher Nr. 29.

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85. Jahrgang.

Fernsprecher Nr. 29.

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Beilagen. Plauderstkbchen, Filustr. Sonntpgsblatt und

Schwöb. Landwirt.

Montag, den 14. August

1911

K. Oberamt Nagold.

Es rv^ bekannt gegeben, daß Herr Oberamtsbau­meister h^r in der Zeit vom LS. August

bis S. Septen. brr und Herr Oberamtsbaumeister Köbele in Altensteig in d.-r beit vom « bis 27. September ds. Js. sich im Urlaub befinden.

Die beiden Herren vertreten sich gegenseitig.

Den 12. August 1911.

Amimann: Uayer.

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Württembergifcher Landtag.

r Stuttgart, 12. Aug. Die Zweite Kammer nahm heute zum Schlüsse ihrer langen Tagung den Antrag des Finanzausschusses an, dem Beschlüsse der Ersten Kammer aus rechtzeitige Einbringung des Etats und frühere Einbe­rufung des Landtags beizutreten. Sodann wurde mit 62 gegen 14 sozialdemokratische Stimmen der Hauptfinanz- ctat und das Finanzgesetz für 1911/12 angenommen. Daran schloß sich eine gemeinschaftliche Sitzung mit der Ersten Kammer, wobei der Ständische Ausschuß gewählt wurde. Alsdann erledigte das Haus wieder für sich allein Petitionen, worauf Präsident v. Payer nach Verlesung des K. Bertagungsrejkriptcs die Sitzung mit einem Rück­blick auf die geleistete Arbeit schloß und der Alterspräsident dem Präsidenten den des Hauses aussprach.

' S. Ständisches. Die FküM^.7 des Bundes der Landwirte und oer Konservativen habest m -er Ziesten Kam"^ sglgend^n Antrag Hiller eingebrauii: Die Regie­rung zu ersuchen: 1. bei der ständigen Tarifkommission der deutschen Etsenbahnoerwaltungen bezw. den sonstigen hiesür in Betracht kommenden zuständigen Stellen eine dem Wert­unterschied oder dem Ausbeuteoerhältnis entsprechende ver­schiedene Tarifierung von Getreide und Mehl in erster Linie durch Erhöhung der Mehlfracht zu beantragen: 2. im Bundesrat für Einführung einer progressiven Reichs- umsatzsteucr für Getreidemühlen einzutreten.

Die Erste Kammer trat dem Beschluß der Zwei­ten Kammer bezüglich des Branntweipkontingents bei und wählte eine elfgliedrige Kommission zur Beratung der Denk­schrift über die Vereinfachung der Staatsverwaltung.

Tages-Nerügkeiten.

Aus Stadt und Land.

Nagold, 14 August 1911.

Kirchenkonzert. Eine zahlreiche und dankbare Ge­meinde, bestehend aus Freunden klassischer geistlicher Musik versammelte sich gestern nachmittag in der Stadlkirche, wo­hin zu einem Seminarkonzerk.eingeladen worden war. Dasselbe bot ausschließlich Kompositionen von Ioh. Seb. Bach, teils Orgelstücke, teils Arien und Cantaten für gemischten Chor mit Orchester- und Orgelbegleitung, teils Lieder für eine Singstimme mit Violine und Orgel, ein wohlaufgebautes, in wirkungsvoller Stufenfolge sich abwickelndes Programm. Dem Text, der in dankenswerter Weise beigegeben war, lag

der Hauptgedanke zu Grunde, wie eine zagende Menschen­seele darnach ringt, durch Unterordnung des eigenen Willens unter den göttlichen Ruhe und Frieden zu gewinnen, wie sie sich durch Kleinmütigkeit und Zweifel durchkämpft und wie endlich die Gewißheit der Gotteskindschaft sieghaft durch­bricht. Dieses Ringen der Seele, ihr Aüsslackern und Unter­liegen, das Zugreifen der Glaubenshände kommt in der Bach'schen Musik wunderbar zum Ausdruck. Muß man staunen über der vielgestaltigen Darstellungskraft des Alt­meisters Bach, so dürfen wir andererseits nicht verfehlen, den Darstellern dieser musikalischen Gedankenreihen in Lied, Chor, Orchester und Orgel unsere Anerkennung und Bewunderung s zu Men. Als Solisten traten auf: Fräulein Klara Schuster von hiet, die gestern wiederum ihre Sangeskunst in Hellem Lichte leuchten lassen konnte und Herr Stadtpfarrer Werner von Berneck, ein Sänger von Ruf, stimmbegabt und wohl­geschult, der die Rezitatioe und Arien für Baß mit Kraft, Sicherheit und treffendem Ausdruck wiedergab. Die Biolin- begleitung führte Herr Weber mit Feinheit und schöner Technik durch, die Orgelbegleitung lag in den Händen der HH. Schäfser und Rümelin, beide Orgelvirtuosen brachten auch Bach'fche Präludien und Fugen zu künstlerischem Vor­trag. Die Darbietungen des Gemischten Chors, der sich in die tiefgründigen Choräle von Bach mit Fleiß und Hin­gebung einarbeitete, wirkten erfrischend und erhebend, ins­besondere der Schlußchor:Der Herr ist mein getreuer Hirt". Es sei hiemit allen Mitwirkenden beim gestrigen Konzert, §uch den im Orchester auflretenden Seminaristen, vor allem jedoch dem verdienten Dirigenten, Herrn Oberlehrer Schäfser, für den dargebotenen reinen, edlen Genuß aufrichtiger Dank gesagt.

r Die Ausnahme in Lehrerseminare. Nachdem im Februar ds. Zs. für die Lehrerseminare ein neuer Lehr­plan erschienen, ist auch die Aufnahmeprüfung für diese Bildungsanstalten neu geregelt worden. Künftig werden Schüler zugelassen, die am 1. Mai des betr. Jahres das 13. Lebensjahr vollendet und das 16. Lebensjahr noch nicht überschritten haben. Die schriftliche Prüfung erstreckt sich auf die Fächer Aussatz. Rechtschreiben, Schönschreiben, Rechnen und Raumlehre. Geschichte, Geographie und Natur­lehre, die mündliche auf Religion, Lesen, deutsche Sprache und Singen. Die Prüfung im Zeichnen und Klavicrspiel ist freiwillig. Ein Zeugnis in diesen Fächern gereicht zur Empfehlung. Im Kopfrechnen wird nicht mehr geprüft. (Dieses Fach hat seither manchen Schüler der Latein- und Realschulen, weil in oiesen Schulen das Kopfrechnen nicht besonders gepflegt wird, um 18 Noten zurllckgeworfen und so den Durchfall besiegelt). Da durch den sogenannten mechanischen Drill" in manchen Anstalten oft weniger talentvolle Kandidaten durchdrangen, darf in Zukunft ein Lehrer nur eine beschränkte Zahl von Schülern aus die Prüfung vorbereiten, auch haben die volksschulpflichtigen Schüler den regelmäßigen Unterricht einer Klasse zu besuchen. Dadurch sind die Aspirantenanstalten diesen Schülern wohl für immer verschlossen. Für fleißige, talentvolle Schüler der Latein-, Real- und angebauten Volksschulen ist in Zu­kunft weit mehr als seither Aussicht vorhanden, in ein Lehrerseminar ausgenommen zu werden. Größere Gemein-

I den werden darum im Interesse der Eltern, die einen Sohn dem Lehrerberuf zusühren wollen, gut tun, wenn sie nach ausgebauten Schulen streben. Die Kosten sind gewöhnlich nicht höher, der Gewinn aber für den einen und anderen ganz bedeutend.

Komet. Schon wieder ist ein neuer Komet, 1911 o genannt, entdeckt worden und zwar von C. Brooks. Nach einer vorläufigen Bahnbestimmung von H. Kobold findet seine größte Sonnennähe im November statt. So dürste, wie Prof. Berberich in derNaturwissenschaftlichen Rund­schau" mitteilt, der Komet in günstiger Stellung schon im September mit freiem Auge sichtbar sei» und vielleicht sogar eingroßer Komet" werden.

Liebelsberg, 12. Aug. Vorgestern abend 7 Uhr er­litt die 21jährige Tochter Christine des Bauem Fenchel beim Garbenbinden auf dem Felde einen Hitzschlag und war längere Zeit ohnmächtig. Dem raschen und energischen Eingreifen zweier Lustkurgäste des Gasthauses z.Hirsch" hier ist es zu danken, daß sie wieder zum Bewußtsein kam und ihr Befinden jetzt zufriedenstellend ist.

r Horb, 12. Aug. (Brennendes Automobil.) In der Wilhelmstraße hier geriet auf bis jetzt unerklärliche Weise das Auto des Fabrikanten Gutmann aus Göppingen, von Hechingen kommend, in Brand. Es wurde von Gutmann selbst geführt, der durch Passanten auf die Gefahr aufmerk­sam gemacht wurde. Nur noch einige Minuten, so wären der Lenker und zwei Damen vom Feuer ergriffen worden. Die Löschung geschah mit Asche.

p Stuttgart, 12. August. Der von den Ständen nunmehr genehmigte Hauptfinanzetat sür die Jahre 1911 und 1912 schließt in Einnahme und Ausgabe ab mit je 221454 796 Hievon entfallen aus Ausgaben 1911: 108886630^, 1912: 112568166-6, Einnahmen 1911: 107 817 346 -6. 1912 : 112 218 984 -6, Zuschuß aus der Restoerwaltung 1911: 1069 284 -6, 1912 : 349182 -6. Die Einstellung eines Zuschusses aus der Restoerwaltung in der Höhe von 1069 284 -6 für das Jahr 1911 rechtfertigt sich deshalb, weil die zur Deckung der Mehrausgaben für die Gehaltsneuordnung bestimmten Steuern infolge des späteren Inkrafttretens der neuen Steuergesetze nur für einen Teil des Etatsjahres 1911 anfallen, während die für das Jahr 1912 mit einem Ertrag von 782 000 -6 eingestellte Staatslotterie für das Jahr 1911 noch nicht in Betracht kommen. Würden diese neue Einnahmen für das Jahr 1911 ungeschmälert zur Verfügung gestanden sein, so wäre nicht nur die Herstellung des Gleichgewichts im Jahr 1911 hiedurch möglich gewesen, sondern es hätte sich noch ein nicht unerheblicher Ueberschuß ergeben. Der zur Herstellung des Gleichgewichts im Jahr 1912 erforderliche Betrag von 349182 -6 hätte zu seiner Deckung die Erhöhung der direkten Steuern um 1 Prozent erfordert. Eine so gering­fügige Erhöhung der Steuern erschien aber, nach dem Staats­anzeiger. aus mehrfachen Gründen nicht angezeigt.

p Stuttgart, 11. August. Zum Schluß der heutigen Sitzung der Kammer machte Präsident o. Payer die Mit­teilung, daß das Staatsministerium es sür wünschenswert bezeichnet habe, wenn der Entwurf eines Ausführungsgesetzes

Schwäbische Gedenktage.

Am 19. August 1557 wurde Herzog Friedrich von Württemberg geboren. Er hat besonders die Industrie in Württemberg gefördert, die Leineweberei in Urach geschaffen und im Jahre 1599 Freudenstadt angelegt, das er mit öster­reichischen Auswanderern bevölkerte.

Der 20. August 997 ist bemerkenswert als Todestag des Herzogs Konrad von Schwaben, der der sechste Herzog in Schwaben war.

Am 21. August 1650 feierte man in Württemberg ein allgemeines Friedens- und Dankfest, wegen der Beendigung des 30jährigen Krieges, der das Land an den Rand völ­ligen Ruins gebracht hatte.

Am 22 . August 1618 ist der Historiker Augustin Brunn in Iesingen gestorben. In Annaberg in Sachsen geboren, mar er durch Georg Hala nach Württemberg gekommen, wo er verschiedene Psarrstellen bekleidete, aber hauptsächlich seinen historischen Forschungen lebte. Er widmete sich vor­zugsweise der Feststellung und Herausgabe geschichtlicher Daten und ist u. a. der Verfasser desLibellus synopticus".

Am 23. August 1268 ^egte Karl von Anjou über Konradin, den letzten der Hohenstaufen. Für die Hohen- staufer und sür Schwaben war es ein verhängnisvoller und entscheidender Tag.

Am 23. August 1388 besiegte Graf Eberhard die Städter in der Schlacht Döffingen, in der Gras Ulrich, der

Sohn-Eberhards, fiel, die Städter aber aufs Haupt ge­schlagen wurden. In Weil der Stadt wurde noch bis zum Jahre 1803 am Jahrestage der Schlacht ein Seelenamt für mehr als 60 Gefallene aus Weil gehalten. Die Städter verloren an diesem Tage durch Tod und Gefangenschaft etwa Tausend Mann. Ihre Macht war durch diesen Sieg des Grafen endgültig gebrochen.

Am 24. August 1803 wurde Herzog Friedrich II. von Württemberg durch Kaiser Franz II. mit der Kurfürsten- würde belohnt.

Der 25. August 1716 war der Geburtstag des Philo­sophen Gottfried Ploucquet aus Stuttgart, der am 13. Sept. 1790 in Tübingen als Professor der Logik und Metaphysik gestorben ist. Seine Erfindung des logikalischen Kalküls erregte seiner Zeit einen großen gelehrten Streit. .Heute ge­hör! seine Philosophie zu den vergessenen Theorien.

Am 26. August 1636 ist der Abt von Anhausen, Jo­sef Oesterltn gestorben. Er wurde seinerzeit von dem be­kannten Karl Stengel, dem Bersassec vieler historischer Schriften, aus seinem Amte vertrieben, war aber in den letzten Lebensjahren wieder im Besitz seiner Pfründe.

Der 27. August 1567 ist bemerkenswert als Todestag der ersten lutherischen Prälaten von Maulbronn Valentin Wanner. In Beilstein geboren, war er zunächst Pfarrer in Löwenstein, später in feinem Geburtsort, dann Spezial in Backnang und Cannstatt, bis er 1558 als Prälat nach Maulbronn kam.

Der 28. August 1208 ist der Todestag von Irene, der

Gemahlin des in Bamberg durch Otto von Wittelsbach er­mordeten Königs Philipp. Sie starb auf Schloß Hohen­staufen, wo sie sterbend einem toten Sohn das Leben schenkte. Mit diesem Kinde liegt sie im Kloster Lorch begraben. Noch im Mai 1208 hatte sie mit ihrem Gemahl in dem Kloster einen Besuch gemacht. Das schöne Fürstenpaar soll damals in dem Wipfel der Linde, die heute noch grünt und in deren stattlicher Krone luftige Sitze angebracht waren, ein Früh­stück eingenommen haben. Der 28. August 1364 war der Tag, an dem das Albdorf Laichingen zur Stadt er­hoben wurde.

Am 29. Aug. 1797 kam der Dichter Goethe auf seiner Schweizerreise auch nach Stuttgart, wo er neun Tage ver­weilte. Er setzte den Weg über Tübingen fort. Diese Be­suche haben in seinen prosaischen Schriften ausführliche Er­wähnung gesunden.

Am 30. August 1564 ist die Herzogin Sabina, die Gemahlin des Herzogs Ulrich, gestorben. Sie kam bekannt­lich mit ihrem Gemahl nicht gut aus, es ist aber wahrschein­lich, daß die bayerische Herzogstochter von Ulrichs Wider­sachern aufgehetzt wurde. Im Atter war sie überaus wohl­tätig und fromm. Namentlich Nürtingen und Waiblingen haben ihr viel zu danken. Für den Spitalbau in Waib­lingen hat sie Tausend Goldgulden geschenkt. Bon ihren reichen Einkünften verwendete sie nur den vierten Teil für sich, den Rest für die Armen. Ein schöner Zug von ihr ist es, daß sie energisch Front machte gegen die schon damals verrückte Kleidermode. nämlick. kig,