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Fernsprecher Rr. 28. 85. Jahrgang.
Fernsprecher Nr. 29.
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Beilagen: Plauderstübchen,
* Illustr. Sonntagsblatt und
Schwäb. Landwirt.
^ 185
Donnerstag, den 10. August
1911
Amtliches.
K. Hbevamt Nagold.
Bekanntmachung,
betr. die Verleihung der Medaille der König Karl-Jubiläums-Stiftnng.
Durch Allerhöchste Entschließung Seiner Majestät des Königs vom 8. Juli 1911 ist der
Rosine Magdalene Walz in Nagold, Spulerin bei den Bereinigten Deckenfabriken Calw A.-G. in Calw, Zweigfabrik Nagold die Medaille der König Karl-Jnbiläums-Stiftung verliehen werden.
Nagold, 9. Aug. 1911.
_ Mayer. A-B.
Den Schultheißenämtern gehen mit der heutigen Post Formulare betr. „Erhebungen über das Leichenschauwesen in Württemberg im Jahre 1911" mit der Weisung zu, dieselben sorgfältig und genau auszufüllen und spätestens bis SS. ds. Mts. hieher zurückzugeben.
Nagold, den 9. Aug. 1911.
K. Obcramt: K. Oberamtsphysikat:
Amtmann Mayer. I. B.: Ulmer.
Bekanntmachung
betr. Maßregeln gegen die Zigeuner.
Um die immer wieder auftauchenden Zigeuner wirksam zu bekämpfen, steht sich das Oberamt unter Bezugnahme auf die Erlasse des Kgl. Ministeriums des Innern vom 11. Febr. 1903 Nr. 20122°? und vom 27. Juli 1907 Nr. 7299, Min.Amtsbl. 1903 S. 49 ff. und 1907 S. 339 zu folgenden Anordnungen wiederholt veranlaßt:
1. Die Ortspolizeibehörden sind verpflichtet, bei der Vorlage von Anträgen auf Ausstellung und Ausdehnung von Wandergewerbescheinen und sonstigen Legiiimationspapieren die etwaige Zigenuereigcnschaft des Gesuchstellcrs zu prüfen und zutreffenden Falls in dem Antrag hervorzuheben.
2. Das Verbot des Zusammenrcisens der Zigeuner in Horden (Min.Vers. vom 22. Jan. 1905 Reg.Bl. S. 29) ist streng durchzuführen. Bei Zuwiderhandlungen haben die Ortspolizeibehörden mit empfindliche:, Strafen einzuschreiten und für sofortige wirksame Trennung der Horden Sorge zu tragen, wobei erforderlichen Falls von den durch Art. 2 des Gesetzes vom 12. Aug. 1879 zugelassenen Strafen und Zwangsmitteln Gebrauch gemacht werden kann. Eine wirksame Trennung liegt in dem Fall z. B. nicht vor, wenn die einzelnen Teile der Horden in kurzen Zwischenräumen hintereinander herziehen und am Ende der Wanderung gemeinschaftlich lagern. Es hat nach der Trennung der Transport der Teile vielmehr nach verschiedenen Himmelsrichtungen hin zu erfolgen. Angebliche das Zusammenreisen begründende und entschuldigende Derwandtschaftsverhältnisse zwischen den Mitgliedern der Horde sind nur dann, wenn sie urkundlich nochgewiesen sind oder aus sonstigen Gründen
hinreichend wahrscheinlich erscheinen, in Rücksicht zu ziehen.
3. Austretende Zigeunerbanden sind fortgesetzt scharf zu überwachen: etwaigen Belästigungen und Gefährdungen der Bevölkerung durch sie ist strenge entgegenzutreten. Es darf ihnen — dringende Notfälle ausgenommen — nicht gestattet werden, aus Straßen, öffentlichen Plätzen oder sonstigem Gemeindeeigentum zu lagern.
Bon ihrem Erscheinen ist alsbald dem Oberamt und der nächstgelegenen Landjägernebenstelle telephonisch Mitteilung zu machen.
Anzeigen von durch Zigeuner begangenen Verfehlungen — Landstreicherei, Bettel, Verfehlungen gegen die Personenstandsgesetze, Fälschung von Legiiimationspapieren, Verfehlungen gegen die Schulgesetze, die straßenpolizeilichen Vorschriften, Versäumnis der militärischen Gestellungspflicht und dgl. — sind, soweit nicht die Ortspolizeibehörden zuständig sind, womöglich unter gleichzeitiger Vorführung der verdächtigen bezw. beschuldigten Personen unverzüglich dem Oberamt zu übergeben.
4. Zur Deckung der im Verfahren bei den Orts- polizeibehörden erwachsenden Kosten sind die Zigeuner heranzuziehen, soweit es im einzelnen Falle zulässig und durchführbar erscheint.
5. Schulpflichtige Kinder sind von den Banden zu trennen und zum Schulbesuch anzuhalten. In den geeigneten Fällen ist nach Art. 4 Abs. 2 des Zwangserzieh- ungsgesetzes vom 29. Dez. 1899 (Reg.Bl. S. 1284) Antrag auf Anordnung der Zwangserziehung von Zigeunerkindern zu stellen.
6. in denjenigen Gemeinden, die zur Bewältigung herumziehender Zigeuncrbanden die hinreichende Zahl von Polizeibediensteten nicht hat, ist womöglich eine besondere Polizeihilfsmannschaft aus Mitgliedern der Feuerwehr zu bilden, welche gegebenen Falls die Ortspolizeibehörde und erforderlichen Falls die Landjäger zu unterstützen hat. Wo eine solche Hilssmannfchaft nicht besteht, sind geeignete Mitglieder der Feuerwehr beim Eintreffen von Zigeunerbanden zu deren Überwachung und Begleitung heranzuziehen.
Das Polizeipersonal ist gemäß Vorstehendem mit Weisung zu versehen, lieber den Vollzug ist im Schult- helßenamtsvrotokoll Vormerkung zu machen.
Nagold, den 8. Aug. 1911.
Mayer, Amtmann.
Bekanntmachung.
Mit Genehmigung des K. Medizinalkollegiums, tier- ärztl. Abt., werden noch bis Oktober Schutzimpfungen gegen Schweinerotlanf vorgenommen. Wenn auch an der Mindestzahl von 20 Impflingen pro Impforte nicht mehr ststgehalten wird, so sind doch soviel Anmeldungen erforderlich, daß eine besondere Reise des Impfiierarztes gerechtfertigt ist.
Die Herren Ortsoorsteher wollen die Schweinebesitzer auf diese öffentlichen Nachimpfungen aufmerksam machen und die Anmeldungen bis 18. August anher cinsenden.
K. Oberamtstierarztstelle:
Metzger.
Württembergischer Landtag.
r Stuttgart, 9. Aug. Die bekannten Anträge des Bauernbundes und!der Bolkspartei, die Regierung möge zur Steuerung der Futternot Maßregeln ergreifen, insbesondere Waldstreu abgeben und Sämereien besorgen, beschäftigten heute die Zweite Kammer. Dazu kam noch in letzter Stunde ein Antrag Keßler, die Waldstreu unentgeltlich «bzugeben. Sowohl der Minister des Innern, als auch der Finanzminister sagten Entgegenkommen zu, meinten aber, die Lage sei noch nicht so schlimm, daß Anlaß zu einem überstürzten Viehverkauf bestände. Gegen die unentgeltliche Streuabgabe wandte sich der Finanzminister. Ein Amendement zu dem Keßler'schen Antrag, im Bundesrat die Aufhebung der Futtermittelzölle vorübergehend zu beantragen, wurde abgelehnt. Der Abg. Bantleon (DP.) war gegen die Unterstützung der Landwirtschaft. Schließlich wurde ein Antrag der Bolkspartei angenommen, wonach die Kammer die Erklärung der Regierung billigt, daß die erforderlichen Maßnahmen zur Behebung der Futter- und Streunot eingeleitet seien, und hofft, daß die Regierung die weiter in Aussicht gestellten Maßnahmen rechtzeitig einteiten werden. Alle anderen Anträge wurden abgelehnt. Der Antrag auf Abänderung des Diätengesetzes wurde in erster und zweiter Lesung ohne Debatte angenommen. Das Haus setzte dann die Beratung über die Vereinfachung der Staatsverwaltung fort. Minister v. Pischek rechtfertigte den Vorschlag der Denkschrift, mehrere Oberämter zusammenzulegen. Die geplanten Maßnahmen würden auf Jahre verteilt und bei nächster Gelegenheit wieder rückgängig gemacht, wenn sie beim Publikum keinen Anklang finden. Schließlich wurde noch über das Landesversicherungsamt gesprochen. Morgen Fortsetzung und anderes.
r Ständisches. Der Zweiten Kammer ist heute ein Antrag aller Parteien zu dem Entwurf eines Gesetzes betreffend die Entschädigungen, Taggelder und Reisekosten der Ständemitglieder zugegangen. Darnach erhalten die Mitglieder der Ständeoersammlung während der Dauer des Landtags, sowie während der Zeit von acht Tagen vor Eröffnung und zwei Wochen nach Schließung des Landtags freie Fahrt auf den württembergischen Eisenbahnen. Die freie Fahrt erhalten auch die Mitglieder des Ständischen Ausschusses während der Dauer der Sitzungen des Ausschusses, sowie während der Zeit von je acht Tagen vor und nach den Ausschußsitzungen.
— Im Seniorenkonoent der Zweiten Kammer wurde am Mittwoch vormittag vereinbart, daß in dieser Tagung abgesehen von der Denkschrift über Vereinfachungen in der Staatsverwaltung und der Erledigung des Finanzgesetzes noch die Anträge betr. Maul- und Klauen- und Egelseuche, sodann Petitionen und ein Antrag Mülberger betr. Veröffentlichung des Wegordnungsentwurses beraten werden sollen, ferner daß der demnächst zu erwartende Entwurf eines Ausführungsgesetzes zur Reichsversicherungsordnung sofort einem — wohl besonders zu bildenden — Ausschuß überwiesen werden soll. Auf Samstag ist der Schluß der Tagung in sichere Aussicht genommen.
Zm Luftschiff über den Schwarzwald.*)
Nun ist sie doch noch zustande gekommen, die oft gewünschte und viel besprochene Fahrt eines Zeppelinschiffes über den Schwarzwald. Und glänzend, über alles Erwarten glänzend ist sie verlaufen, nachdem sie am Sonntag früh Zum größten Leidwesen der Passagiere hatte abbestellt werden müssen. Früh um Vz6 Uhr waren wir am Sonntag in die Lustschiffhalle nach Oos bestellt und pünktlich waren wir alle zur Stelle, 1 Dame und „7 Schwaben". Die üblichen Formalitäten waren rasch erledigt, „bitte einsteigen", heißt es. und schon sind wir über die bereit gestellte Treppe in die Passagieckabine gestiegen und haben es uns in behaglichen Korbsesseln bequem gemacht, als beim Probelauf des vorderen Propellers ein Mißion sich hören läßt, der alle Monteure und Ingenieure auf die Beine bringt. Der Fahrtleiter, Dr. Eckener, fordert uns mit bedenklich stimmendem Gesicht auf, für einechalbe Stunde noch einmal auszusteigen, ein Kugellager sei nicht in Ordnung. Und als alles losge- schraubt, steht man, daß es unbrauchbar und daß ein Ersatzstück nicht vorhanden. „Heute wird nicht gefahren", ist der kurze Bescheid, den Dr. Eckener dem Schreiber dieser Zeilen zurust und — damit ist für Freudensladt eine große schwere Enttäuschung Tatsache, denn inzwischen laufen dort die Sonderzüge ein und nach Hunderten strömen sicherlich die Leute aus der Umgebung der Oberamtsstadt zu. Tele-
*) Dieses köstliche Stimmungsbild entnehmen wir mit stdl- .Er» laubnis dem „Grenzer" vom 8. August.
phon und Telegraph tragen die unangenehme Nachricht weiter, wir sind einesteils froh, o weit vom Schuß zu fein und doch sagen wir uns andererseits, jetzt gilt es zu retten, was zu retten ist. Unser Auto fährt nach Gaggenau, wo ein Ersatzstück aufgetrieben wird und um 12 Uhr kommt aus der Lustschiffhalle endlich die tröstliche Auskunft, die Motore und das Luftschiff sind wieder in bester Ordnung.
Inzwischen ist uns auch möglich, das Malheur vom frühen Morgen als einen Glücksfall zu deuten. Denn schon um 8 Uhr hatten die Windmessungen in den oberen Regionen beinahe Sturm ergeben und um 9 Uhr wäre wohl in den Schwarzwaldbergen unser Luftschiff in ernstlicher Gefahr. Erst so allmählich merken wir nämlich aus der Unterhaltung der Fachmänner heraus, daß eine Fahrt nach Freudenstadt im Z-Schiff durchaus nicht mit den täglichen Fahrten um Baden-Baden herum zu vergleichen ist, im Gegenteil, diese Fahrt mit der Ueberquerung der Schwarzwaldtäler und dem scharfen Ausstieg nach Freudenstadt gehört bei heißem Wetter und dem dadurch bedingten Gasverlust zu ernsten Wagnissen, die eigentlich nur bei ganz zweifelsfreier ruhiger Witterung unternommen werden können und Dr. Eckener ließ keinen Zweifel, daß ihn die Fahrt vor eine sehr schwere Aufgabe stelle, die ihn in der letzten Woche manche Stunde Schlaf gekostet habe; viel lieber würde er, sagte er u. a., eine Fahrt von Baden-Baden nach Paris als die nach Freudensladt antreten. Das war so recht verlockend, wenn man sich es in den Kopf gesetzt hatte, am Montag, wenn irgend möglich die Fahrt auszuführen. Um 5 Uhr am Sonntag wurden die Besprechungen telephonisch wieder ausgenommen
mit dem Ergebnis: die Fahrt nach Freudenstadt wird endgültig abbestellt. Zwei der Teilnehmer sind auch schon wieder auf dem Wege nach der Heimat — und zwar im alten soliden ^Eisenbahnwagen —, als die schweren Gewitterwolken sich zerstreuen und ein prächtiger Abend einsetzte. — Noch einmal fragt man nach dem allerletzten endgültigen Bescheid — und siehe da, nach langem Hin und Her entschließt sich Dr. Eckener um '/z7 Uhr dazu, eine vorläufige Fahrt nach Freudenstadl auf Montag früh 7 Uhr anzusetzen. Aber nur noch 6, höchstens 7 Passagiere werden mitgenommen und auch der Luftschiffkellner muß zu Hause bleiben. Mit Leuten, die trotz der Schilderung der drohenden Gefahren ein solches Vertrauen zu des Grafen Zeppelin Schiffen haben, mit denen kann man schon etwas riskieren, und nebenbei war man die Plagegeister los.
Montag früh ^z7 Uhr. Ein herrlicher Sommermorgen. Vom First der Lustschiffhalle weht stolz die Flagge im frischen Morgenwinde. Das Auto saust vor die Halle, deren Tore zum Ausfahren des Luftschiffs bereits weit geöffnet sind. Fährt man. oder muß man in Freudenstadt noch einmal enttäuschen? Man braucht diese bange Frage nicht einmal zu stellen, denn schon der Portier glänzt vor Vergnügen und kaum haben wir die Halle betreten, so klingt die Einladung, die Plätze in der Kabine schleunigst zu besetzen, so frisch und froh, daß man fühlt, so muß es sein, wenn die Fahrt gelingen soll. Wir sitzen kaum — diesmal sind 5 Herren und zwei Damen eingcstiegen — und schon wird das Luftschiff aus der Halle gezogen. Der Ballast wird ausgeglichen, man dreht das Luftschiff in die richtige Lage,