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Fernsprecher Nr. 29.

88. Jahrgang.

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Echwäb. Landwirt.

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Vom K. Eoang. Oberschulrat ist am 28. Juli eine ständige Lehrstelle in Wittlensweiler, Bez. Pfalzgrafenweiler, dem Unterlehrer Wilhelm Hauder in Nagold übertragen worden.

West-Marokko deutsch!*)

Der alldeutsche Verband hat soeben eine Schrift von Heinrich Claß verbreiten lassen, die obigen Titel, trägt. Wir teilen nicht alle Ansichten, die darin vertreten werden, empfehlen aber die Lektüre des Heftes eindringlich und geben gern einige wichtige Stellen daraus wieder.

Durch die franz. Blätter schallt der Ruf, man wolle wissen, was das Deutsche Reich verlange; dann könne man mit ihm verhandeln! man spricht vonKompensationen" für uns und liest, daß als solche bald der französische Kongo vorgeschlagen wird, bald ein oder mehrere Häfen an der Westküste Marokkos: es ist auch die Rede von einer neuen Konferenz, und endlich setzt man'sich aufs hohe Roß und verlangt, daß vor der Einleitung irgendwelcher Verhandlungen das deutsche Kriegsschiff zurückgezogen werde, damit der der Algeciras-Akte entsprechende Zustand wieder hergestellt werde.

Es wird nützlich sein, daß die öffentliche Meinung des Deutschen Reiches die Antwort nicht schuldig bleibe- und wir glauben, sie sollte folgendermaßen lauten: Auch wir meinen, daß die Lage in Marokko ganz unhaltbar gewor­den ist unhaltbar gerade durch Frankreichs Vorgehen; im Hinblick darauf und auf die zu wahrenden deutschen Interessen sind auch wir der Ansicht, daß Verhandlungen über die Aufteilung des Landes ausgenommen werden sollen. Bei diesen Verhandlungen muß von vornherein klar sein, daß das deutsche Volk eine Konferenz nicht will; kein internationales Forum" darf über die deutschen Ansprüche entscheiden, sondern es ist nur mit den beteiligten Mächten zu verhandeln. Daran, daß unser Kriegsschiff zurückgezogen werde, ist nicht zu denken; verlangt Frankreich dies, so lautet die Antwort, daß dieses und Spanien alle Truppen und Schiffe zurllckziehen müssen. Eine Entschädigung oder Abfindung außerhalb Marokkos, sog.Kompensationen" sind unannehmbar. Mit einem Hafen an der Westküste Marokkos, sei er gedacht als Sitz deutschen Handels oder als Flottenstützpunkt, ist uns nicht gedient, sondern wir müssen haben: ein den deutschen Notwendigkeiten ge­nügendes Gebiet, eine Kolonie!

Diese Leitsätze, die zum Gemeingut unserer öffentlichen Meinung geworden, Berücksichtigung heischen würden, lassen sich einwandfrei begründen. Zunächst ist es klar, daß ein seiner Selbstherrlichkeit bewußter Staat von den Machtmitteln des Deutschen Reiches es ablehnen muß. über die Bedürf­nisse seiner Politik andere entscheiden zu lassen. Wir haben den Gedanken der Algeciras-Konferenz dem Fürsten Bülow gegenüber immer bekämpft, und die Lehren von Algeciras haben uns Recht gegeben; aber diese Erfahrungen kommen heute gar nicht in Betracht, weil es sich heute nicht um die Ordnung fremder Angelegenheiten handelt, wie dies hin­sichtlich dessouveränen und integren" Marokko um die Jahreswende 1905 und 1906 der Fall mar, sondern um die Gestaltung unserer eigenen Stellung in dem auszuteilenden Marokko. Darüber haben wir allein zu entscheiden und wir müssen es tun nach Maßgabe des politischen Bedürf­nisses, das uns veranlaßt, bei der Austeilung mitzuwirken, im Hinblick auf unsere politische Zukunft, in Rücksicht auf die allgemeine politische Lage und gestützt auf unsere Macht­mittel. Ergeben sich bei dieser selbstherrlichen Behandlung der Angelegenheit Widersprüche mit den Bestrebungen an­derer Nationen, so werden wir mit ihnen verhandeln und mit ihnen einig zu werden suchen. Auch der Friedfertigste im Reiche wird heute wissen, daß eine Konferenz von Mächten, die dem Wachstum und dem Ausdehnungsbedürfnis des Deutschen Reiches mißgünstig gegenüberstehcn, für uns nur eine Quelle von Verwicklungen sein kann: denn wir könnten uns dem fremden Willen, uns niedcrzuhalten, nicht unterwerfen, ohne uns aufzugeben: die Konferenz würde also, statt Gutes zu stiften, nur den Anlaß ernstester Aus­einandersetzungen abgeben, so daß abgesehen von der oben dargelegten grundsätzlichen Ablehnung aus Grün­den der Zweckmäßigkeit dagegen aufzutreten ist.

Als beteiligte Mächte kommen Frankreich und Spanien allein in Betracht, da England durch das englisch-französische Abkommen des Jahres 1904 in Gestalt der Ueberlassung Egyptens seinen reichen Gegenwert erhalten hat. Mit Frank­reich und Spanien werden wir uns leicht einigen können; sollte England sich trotzdem einmischen, so sind seine Ab­sichten klar und über die dann sich ergebende Lage soll später Einiges ges agt werden. Daß die französische Regierung

*) West-Marokko deutsch! von Heinrich Claß. Mit einer farbigen Karte Marokkos. Preis 50 /H.

Montag, den si. ZuN

soviel, wir wollen sagen, Selbstvergessenheit besitzen sollte, die Zurückziehung unseres, dem Schutze gefährdeter Reichs-' ungehöriger dienenden Schiffes zu verlangen, Hallen wir für ausgeschlossen: geschähe es, so gibt es nur eine Antwort: Frankreich und Spanien müssen den letzten Mann aus dem Lande, das letzte Schiff von den Küsten entfernen, und es wird unser westlicher Nachbar dann Gelegenheit haben, seine, von ihm selbst gern geprieseneLoyalität" zu beweisen. Aber diese Forderung französischer Blätter ist so wenig ernst zu nehmen, daß wir uns damit gar nicht weiter befassen. Aehnlich steht es mit den großmütigen Vorschlägen, uns mit einem oder mehreren Orten an der Westküste abzufinden oder uns gegen den Verzicht auf Marokko einen Teil oder den ganzen französischen Kongo zu überlassen. Demgegen­über muß mit aller Deutlichkeit ausgesprochen werden : wenn das Deutsche Reich sich um Marokko bemüht, so geschieht es aus zwingenden Gründen wegen der Zukunft unseres Volkes nicht um einePrestige-Politik" zu betreiben, wie sie in Frankreich gang und gäbe ist, auch nicht um unsere erfreulichen und jedenfalls sehr ausdehnungsfähigen Handelsinteressen zu wahren. Der treibende Anlaß ist die Notwendigkeit, für unseren Bevölkerungsüberschuß ein Gebiet zu sichern, in dem die absließenden Volksgenossen als Deutsche unserm Vaterlande erhalten bleiben. Dieser Notwendigkeit kann eine tropische Kolonie nicht dienen solcher haben wir genug, und wir lehnen den tropischen Kongo dankend ab; daß ein oder mehrere Häfen dem gedachten Zwecke nicht genügen, braucht gar nicht erörtert zu werden.

England darf nicht darüber im Unklaren gelassen wer­den, daß die deutsche Geduld auch ein Ende haben kann, daß sie ganz gewiß ein Ende haben wird, wenn man unser Vaterland an dem Erwerb einer Kolonie verhindern will, die unser Volk zur Sicherung seiner Zukunft gebraucht. Jedenfalls wird Frankreich, wenn es sich, für seinen wahren und dauernden Vorteil blind, von England zu englischen Zwecken mißbrauchen will, darüber nicht im Zweifel fein können, daß das Deutsche Reich gegebenenfalls sich zuerst an das benachbarte Frankreich Hallen wird.

Eine Kolonie West-Marokko hat der Alldeutsche Ver­band fast ein Jahrzehnt hindurch vorgeschlagen, beraten und unterstützt von den ersten Kennern von Land und Leuten; wenn er heute unter dem Eindrücke neuer Ereignisse den­selben Vorschlag der deutschen Oeffentlichkeit wiederum unterbreitet, so kann er darauf Hinweisen, daß die Entwick­lung der Marokkanischen Angelegenheiten genau den Ver­lauf genommen hat, den wir vorhergesagt haben; es sei auch versichert, daß wir jetzt wiederum den Rat unserer land- und leutekundigen Gewährsmänner eingeholt haben, und daß ihre Meinung lautet: West-Marokko deutsch vom Sebu bis Kap Iuby! Bei solcher Berücksichtigung des deutschen Bedürfnisses kommt Frankreich wahrlich nicht zu kurz; ihm siele alles Land zwischen der deutschen Binnengrenze und seiner eigenen algerischen Grenze zu abgesehen von dem Teile im Nordwesten, der aus geschichtlichen, wirtschaftlichen und militärischen Gründen den Spaniern zuzusprechen wäre. Spanien bekäme die Nordwestecke, alles übrige, reichlich die Hälfte des ganzen Landes, aber Frankreich. Und es wird und muß damit zufrieden sein, da es schließlich ja offen auf der Hand liegt, daß seine Machtgier diesmal nicht mit dem Kopfe durch die Wand kann.

Württembergischer Landtag.

p Stuttgart, 29. Juli. Die Zweite Kammer ge­nehmigte in ihrer heutigen Sitzung zunächst die zweite Lesung des 6. Nachtragsetats zum Hauptfinanzetat betr. die Uebergangssteuer von Bier. Dann wurde in die Be­ratung des Antrags Kraut und Gen. (B. K.) eingetreten, die Regierung zu ersuchen, im Interesse der Erhaltung des württ. Brennereigewerbes ihren ganzen Einfluß dafür ein- zusetzen, daß die Beibehaltung des Kontingentswerts im bisherigen Umfang sichergestellt wird. Der Äbg. Körner (B. K.) begründete diesen Antrag und führte aus, daß unter den württ. Branntweinbrennern eine starke Beunruhigung vorhanden sei, da eine Herabsetzung oder Beseitigung des Kontingentswerts eine Vernichtung des süddeutschen Brennerei- gewerbes bedeute, zumal die süddeutschen Brenner unter ungünstigeren Produktionsbedingungen arbeiten wie die Norddeutschen. Der Redner wünschte eine für die Brenner beruhigende Erklärung der Regierung und berief sich aus Äußerungen württ. Regierungsvertretcr im Bundesrat, die für Erhaltung der Liebesgabe im Interesse der kleineren und mittleren süddeutschen Brennereien eingetreten seien. Finanzminister o. Gehler erwiderte, diese Berufung zeige eigentlich, daß der Antrag unnötig sei. Die Regierung habe ihre Pflicht seither getan und werde sie auch in Zukunft tun. Trotz dieser befriedigenden Erklärung vom Regierungs-

1911

tisch, mit der die ganze Sache erledigt gewesen wäre, ent­spann sich eine längere Debatte über den Gegenstand. Augst (B.) bemerkte, daß durch solche Anträge, für die gar keine Veranlassung vorliege, bloß eine Beunruhigung in die Kreise der Brennereibesitzer hineingetragen werde. Im Interesse unserer württembergischen kleinen und mittleren Brennereien sei eine sofortige Abschaffung der Liebesgabe selbstverständlich undurchführbar, dagegen sollte an eine schütt- weise Aenderung des Systems herangetreten werden. Schlichte (Z.) trat für Beibehaltung der Kontingentierung ein, damit die kleineren und mittleren Betriebe erhalten bleiben. Nach weiteren Bemerkungen der Abg. Ströbel (B.K.), der dem Abg. Augst gegenüber bemerkte, dieser habe seine Ausführ­ungen nur aus Angst vor den Wahlen gemacht und des Abg. Feuerstein (Soz.) der in dem Antrag nicht einen Schutz der kleineren württembergischen Brennereien erblickte, sondern nur eine konsequente Fortbildung der großagrarischen Steuergesetzgebung im Reich, sprach der Abg. Gröber (Z.), der betonte, daß innerhalb der Branntweinsteuergemeinschast die süddeutschen Brenner nur mit der Liebesgabe bestehen könnten, da im Norden wesentlich billiger produziert werde. Die norddeutschen Brenner verlangten nur einen freien Markt in Deutschland, sie wollten aber keine Liebesgabe. Die Liebesgabe bedeute die Aufrechterhaltung des wesentlichen Schutzes der süddeutschen Brennereien. Kübel (Natl.) wies darauf hin, daß nach der befriedigenden Erklärung des Ministers die Erörterung der Angelegenheit lediglich aka­demischen Wert habe. Die prinzipielle Stellung seiner Partei zu der Frage sei bei der Reichsfinanzreform zum Ausdruck gekommen. Er stimme gegen den Antrag, da derartige Anträge in die Reichsgesetzgebung übergreifen und zumeist aus agitatorischen Gründen gestellt würden. In nament­licher Abstimmung wurde sodann der Antrag gegen die Stimmen der Bolkspartei, der Nationalliberalen und der Sozialdemokratie angenommen. Für den Antrag stimmten die Nationalliberalen Förstner und Maier-Blaubeuren.

Tages-NeuigLeiten.

AvS Stadt v«d Land.

Naqoid. 31. 3uli 1911.

Die Ausstellung kirchlicher Kunst Schwabens, welche vom 1. August bis 15. Oktober in Stuttgart von der Zentralstelle für Gewerbe und Handel veranstaltet wird, zerfällt in drei Abteilungen: 1. in eine historische, welche einen Ueberblick über die reichen, noch vorhandenen kirch­lichen Kunstschätze des Landes zu bieten hat, 2. in die bau­künstlerische, welche vorwiegend moderne Architektur und Innenraumkunst im Dienste der evangelischen, katholischen und israelitischen Konfession zur Darstellung bringt und 3. in eine moderne kunstgewerbliche, welche hauptsächlich die Kleinkunst und das Kunsthandwerk, soweit es für die kirch­lichen Zwecke dient» vorführen soll. Das Landesgewerbe­museum (1. und 3. Abteilung) und die Bauberatungsstelle (2. Gruppe) wurden von der Zentralstelle mit der Durch­führung dieser Aufgaben betraut. Dank der Unterstützung sämtlicher maßgebender Behörden, Körperschaften und Per­sönlichkeiten ist in allen drei Abteilungen ein Bild zu stände gekommen, das auch weit über unser Land hinaus lebhafte Aufmerksamkeit erregen wird. In der König Karl-Halle des Landesgewerbemuseums sind (allgemein und unentgelt­lich zugänglich) die herrlichen Kirchenschätz« vereinigt, welche seit den Zeiten der Hohenstauffen in so großer Zahl noch erhalten sind. Auch die israelitische Abteilung, die im Turm­zimmer des Museums untergebracht ist, bietet ein geschlossenes Bild der im Dienste dieser Kirche geübten Kunsttätigkeit, ebenfalls vorwiegend auf dem Gebiete der Goldschmiede- und Textilkunst. Ein Ausstellungsführer mit den Listen aller Aussteller gibt über die wichtigsten Einzelheiten Auf­schlüsse. Die moderne kunstgewerbliche Abteilung ist im Erdgeschoß des neuen Ausstellungsgebäudes gegenüber dem Museum aufgestellt. Man findet hier Gegenstände aller Art, namentlich Bitrinenobjekte, in erster Reihe wieder Gegen­stände der Goldschmiedekunst und gestickte Paramente, aber auch Schnitzereien, Einlegearbeiten, Modelle und Entwürfe aller Art, Graburnen, ja auch größere Arbeiten, wie ein umfangreiches baukcramisches Majolikarelief von Melchior von Hugo. Die baukünstlerische Abteilung, die ebenfalls in dem neuen Ausstellungsgebäude, Kanzleistraße 28, unter­gebracht ist, zerfällt gleichfalls in eine alte und in eine neue Gruppe. Die alte Gruppe umfaßt vorzugsweise eine graphische Abteilung, in der Originalentwürse, Photographien, Stiche, Aquarelle und Modelle von kirchlichen Bauten vorgeführt werden. Auch die neue Gruppe enthält eine graphische Abteilung mit Originalentwürfen, Modellen usw., daneben aber eine Anzahl in das Ausstellungsgebäude eingebauter