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Fernsprecher Nr. 28.

88. Jahrgang.

Fernsprecher Nr. 29.

Beilagen. Plauderftttbchen, Illustr. Sonntagsblatt und

Schwäb. Landwirt.

. ISO

Tages-Neuigkeilen.

Aus Stadt und Land.

r Stuttgart, 29. Juni. (Württ. Sparkassen­verb a n d.) Unter dem Vorsitz von Oberbürgermeister von Wagner-Ulm trat heute der Sparkassenverband zu seiner Generaloersammmlung zusammen. Reg.-Rat Dr. Michel vertrat das Ministerium des Innern, Götting-Hildesheim 'den deutschen Sparkassenverband. Der Vorsitzende wies einleitend auf die Stärkung des deutschen Verbands durch den Beitritt des sächsischen und der bayerischen Verbände hin. Bon 2700 im Reich bestehenden Sparkassen sind 2500 mit einem Einlagebestand von 14 Milliarden Mark dem Verband angegliedert. Rechnungsrat Keller-Stutt­gart stattete den Jahresbericht des würtl. Verbands, dem 71, darunter 63 Oberamtssparkassen angehören. Gegenüber 1909 sind die Einlagen des letzten Jahres, besonders infolge der ungünstigen Weinernte etwas zurückgeblieben. Die Be­sprechung der Frage einer Versicherung der Sparkassen gegen Veruntreuungen hatte das Ergebnis, daß diese Angelegenheit vom Verband nicht weiter verfolgt werden sollte. Auch überModerne Sparkassen" verbreitete sich Rechnungsrat Keller in längeren Ausführungen: dem Wettbewerb der Banken durch Gründung von Depositenkassen in den klein­sten ländlichen Gemeinden müsse durch Errichtung vieler Zweigstellen mit voller Freizügigkeit seitens der Sparkassen cntgegengewirkt werden. Auch das Abhotungsversahren und die Heimsparkassen hätten sich als fortschrittliche Ein­richtungen des kaufmännischen Verkehrs bewährt. Mit der Errichtung eines Giroverbands, der neben den Sparkassen auch die Amtskorporationen und Gemeinden umfassen müsse, dürfte nicht länger gezögert werden. Ober- Reg.-Rat Lang-Hellbronn erörterte eingehend das preußische Projekt der Gründung einer Kommunalbank, dos in Preußen in weiten Kreisen auf Zustimmung gestoßen sei. Auch Württemberg sollte sich an diesem nationalen Unternehmen beteiligen unter besonderer Beteiligung der Städte für welche diese Gründung nach den Aeußerungen des preußischen Ministers des Innern, auch eine Frage der städtischen Selbst­verwaltung sei. In der anschließenden Diskussion riet Ober­bürgermeister v. Wagner zu einer abwartenden Haltung, bis der deutsche Städtetag zu diesem Projekt Stellung ge­nommen habe. Götting-Hildesheim regte für den Fall der Ablehnung des preußischen.Vorfchlags an, die Gründung eines allgemeinen deutschen Gicooerbandes ins Auge zu fassen. Die Generalversammlung beschloß, im Oktober eine außerordentliche Generalversammlung des Sparkassen­verbands einzuberufen, die über die Gründung eines deutschen Giroverbands und den Anschluß an die Kvmmunalbank oder der Beteiligung an der eoemuell zu errichtenden Geld­vermittlungsstelle endgültig beschließen soll. Bei den vorgenommenen Wahlen wurden die bisheriger? Vorstands­mitglieder wiedergewählt.

r Stuttgart, 29. Juni. Ein Privattelegramm meldet uns aus Hamburg: Der Kaiser empfing mittags an Bord der Hohenzollern die türkische Studienkommission.

Freitag, dm 30. Juni

Exz. v. Treutler stellte den Organisator und Leiter der Studiengesellschaft Chefredakteur ;Dr. Iäckh-Heilbronn dem Kaiser vor. Dr. Iäckh stellte dem Kaiser einige Mitglieder der Studienkommission vor, welche der Kaiser willkommen hieß. Der Kaiser erkundigte sich nach dem Befinden des Sultans nach der albanischen Reisebeschwerlichkeit, unterhielt sich mit den einzelnen Herren und zog akch Dr. Iäckh ins Gespräch. Auch wünschte der Kaiser der Studienreise wei­teren günstigen Verlauf.

r Stuttgart, 29. Juni. (Der schwäbische Ueber- landflug.) Wie jetzt festgesetzt ist, wird der schwäbische Ueberlandflug am 12. August seinen Anfang nehmen. Am Samstag den 12. August finden Schauflüge auf dem Renn­platz zu Weil statt. Am Sonntag den 13. August wird der Start nach Ulm unternommen. Am Montag den 14. August ist Ruhetag in Ulm. Am Dienstag den 15. August werden Schauflüge in Ulm auf der Friedrichsau veranstaltet. Am Mittwoch den 16. August findet der Start nach Fried­richshafen statt.

K. Kupferstichkabinett. Die AusstellungAlt- Stuttgart" wird im Ablauf dieses Monats geschlossen. Sie hat nicht nur in Stuttgart selber, sondern auch außerhalb in städtebaulich interessierten Kreisen erfreuliche Beachtung gefunden. Sie hat auch den Verlag Karl Ebner zur Heraus­gabe eines stattlichen Mappenwerks angeregt, das mit einer Einleitung von Dr. Erich Willrich versehen in diesem Herbst erscheinen wird. Die neue Ausstellung, die der Kunst des großen spanischen Meisters Francesco Goya gewidmet ist, wird binnen kurzem eröffnet werden.

Die Kriegsspiele. In der Evang. Preßkorrespon- denz ist zu lesen: Am Samstag, 24. Juni, wandte sich in der Zweiten Kammer der Abgeordnete Heymann scharf gegen die Kriegsspiele der christlichen Schülervereinigungen und bezeichnte es als eine Frivolität, daß Pfarrer hier die kriegerische Gesinnung in der Jugend pflegen^. Schon am 16. Juni halte die Schwäbische Tagwacht scharf gegen jene Kriegsspiele geschrieben (die niedrigen Instinkte wer­den entfacht, die Zerfleischung der Nationen wird der natio­nalen Jugend als ein ideales Beginnen veranschaulicht, in den Knaben wird die Rauflust gestärkt"). Es scheint sowohl der Tagwacht, als auch dem Abg. Heymann entgangen zu sein, daß auch freie Jugendorganisationen sich jenen verab- scheuungswürdigen Dingen zugewandt haben, wie eine An­zeige in der Feuerbacher Zeitung vom 20. Mai bezeugt: ..Freie Jugendorganisation Feuerbach. Heute abend Spazier­gang, verbunden mit Kriegs- und Turnspielen." Kommentar überflüssig. Theorie und Praxis?

r Reutlingen, 29. Juni. (Einigkeit macht stark.) Die bereits vor zwei Jahren angestrebte, damals aber ge­scheiterte Vereinigung des 1833 gegründeten Männergesang­vereins und des seit 1846 bestehenden und vorzugsweise den Männergesang pflegenden Lesevereins ist jetzt zur Tat­sache geworden. Eine außerordentliche Mitgliederversamm­lung der beiden Vereine wählte einstiinmig den seitherigen langjährigen Vorsitzenden des ersteren, Dentist Georg Knob- loch, zum Vorstand, den Lesevereinsdirektor Hauptlehrer Heinrich Löffelhardt zum Dirigenten. Das Gesangsleben

1911

unserer Stadt erfährt durch diese Bereinigung insofern eine wertvolle Stütze, als der Männerchor nunmehr mit 130 Sängern an der Spitze der dem Schwäbischen Sängerbund angeschlossenen Vereine marschiert, gute gesangliche Leistungen erwarten läßt und über 600 Mitglieder zählt. Der neue Verein hat den NamenReutlinger Liedertafel" angenommen.

Lausten a. N., 27. Juni. Der Heuwurm nimmt in erschreckender Weise überhand. In einzelnen Trauben fin­det man bis zu 7 Stück des Schädlings. Kinder und Erwachsene gehen in's Wurmen und stechen mit einer Na­del das Tier aus. In einem Lemberger Wingert wurden an 16 Stöcken über 90 Würmer ausgestochen. Man ist erfreut darüber, daß die Weinbauanstalt Weinsberg ein Mittel, das Bespritzen der Geschirre mit Nikotinbrühe, ge­funden hat. Man hört aber, daß die Nikotinbrühe sehr teuer sei, und ist gespannt darauf, ob nicht durch allgemeine Anwendung im nächsten Frühjahr der Preis verbilligt wer­den kann. Im Interesse der Erhaltung des Weinbaus in sämtlichen deutschen Weinbezirken läge eine solche Verbillig­ung der Nikotinspritzbrühe. Das Bedenkliche am heurigen Auftreten des Heuwurms ist die Tatsache, daß, wenn ein Weinberg durchgewurmt ist und man kommt nach drei Tagen wieder, sich wieder junge Würmchen zeigen. Es ist dies auf den langandauernden Mottenflug des heurigen Früh­jahrs zurückzuführen.

r Trossingen, 29. Juni. (Der Brandstifter.) Als der Brandstiftung in Oesingen dringend verdächtig wurde Matthias Wölfl e, früher Müller in Amtenhausen, verhaftet und nach Donaueschingen transportiert. Hoffentlich kommt nun Licht in die verschiedenen dunkeln Angelegenheiten, die schon seit längerer Zeit wie ein Alpdruck auf der Einwohner­schaft lasten. Der Gesamtschaden ist nicht so bedeutend, als vielfach angenommen wird. Er ist aber mit etwa 200 OM ^ noch groß genug.

Friedrichshafen, 28. Juni. Die erste zweistündige Probefahrt des ZeppelinschiffesSchwaben" war tatsächlich eine Versuchsfahrt. Sie galt vor allem der Ausprobierung der 3 Maybachschen Motoren, der Propeller und der neu konstruierten Seitensteuerung. Letztere hat statt wie seither 4 nun 8 vertikale Flächen über und unter der Stabilitäts­fläche erhalten. Auch am Heck befinden sich weitere Steuer­flächen. Bon den Motoren wurde einer nach dem andern einzeln der Probe unterzogen, weshalb nicht wie sonst sämt­liche 4 Propeller gleichzeitig einsetzten und arbeiteten. Das auffallende pfeifende Geräusch der Maschine rührte von den offenen Kühlapparaten her. Das wichtigste Ergebnis der vorgestrigen Fahrt sieht man in der Erfahmng, daß das Luftschiff auch ohne vordere Höhcnsteuerung, die vorgestern dusgeschaltet war, auf- und niedergeheu kann. Deshalb wurde gestern das Vorderhöhensteuer entfernt. Man? glaubt durch Abnahme dieses Steuerapparates dem Schiff eine größere Geschwindigkeit geben zu können. Die Versuchs­fahrt ist eine Geschwindigkeitsprobe. DemSeeblatt" sind über die Ergebnisse der ersten Fahrt noch folgende Einzelheiten zu entnehmen: Graf Zeppelin, der die Führung selbst übernommen hatte, berief auf Montag abend die Ar­beiter und Angestellten des Luftschiffbaus zu einer Werk-

lung

MarschM Bszaine und die Schlacht von Mamille

ist ein lesenswerter Aufsatz im Iuli-Hest derDeutschen Revue" (Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart) betitelt. Nach der Schlacht von Rezonoille befand sich Bazaine mit seinem ganzen Stabe bei diesem Orte. Ec ließ den General Iar- ras kommen und diktierte ihm den Rückzugsbefehl für die Armee auf die Hochebene von Plappeoille. Germain Bapst schreibt hiezu:Als der Marschall geendet hatte, schwieg er einen Augenblick, hob dann seinen großen Kopf, den er bis­her über die Karlen gebeugt hatte, und sagte: Wenn einer etwas Besseres weiß, so möge er sprechen. Dies galt in erster Linie dem General Iarras. Dieser blieb stumm. Uebrigens, fuhr Bazaine fort, ich muß die Armee retten und daher nach Metz zurückkehren."

Hiermit ist wohl das innerste Motiv berührt, welches den Marschall veranlaßte, nach Metz zu gehen. Er hatte das Vertrauen auf sich und auf die Truppe verloren, letzteres zum größten Teile mit Unrecht. Daß Iarras nicht für den Abmarsch und für die Armee das Wort ergriff, war von unberechenbarem Nachteil.

Germain Bapst urteilt über den Entschluß des Mar­schall Bazaines mit großer Unpackilichkeir: Manche hätten die Unterbrechung des Abmarsches auf Verdun als ein Ver­brechen angesehen. Es sei möglich, daß am 16. und auch noch am 17. morgens der Feind auf die Mosel Zurückge­worfen werden konnte! aber es sei leicht, nach dem Ge-

s chehenen Ratschläge zu erteilen; die Wahrheit zu finden sei schwer. Jedenfalls stand es Bazaine als Höchstkommandierendem vollständig frei, nach seiner Einsicht zu handeln, den mit Napoleon gemeinschaftlich gefaßten Plan zu ändern und sich nach Metz zurückzuziehen. Wenn er dies für das Beste hielt, war es seine Pflicht, dies zu tun. Indessen mußte er so­fort den Herrscher und die Regierung von seinem Entschluß unterrichten." Diesem letzteren Gedanken wird vollkommen beizustimmen sein.

Der französische Generalstab und General Zurlinden urteilen wesentlich schärfer. Letzterer schreibt:Das Gefühl völliger Unfähigkeit war einer der Hauptgründe. Bazaine fühlte sich der Kriegführung nicht gewachsen und wollte im offenen Felde die Verantwortung für die Operationen nicht übernehmen. Er zog es vor, zu lavieren. Während seines ganzen Lebens verstand er zu warten, die Entwicklung der Dinge zu überwachen, um dann seinen Vorteil daraus zu ziehen, in den arabischen Bureaus Algiers sowie in Mexiko. Er wollte auch so bei Metz handeln. Er hat sicher darauf gerechnet, daß die Ereignisse sich überstürzen würden, daß der Krieg in kurzem zu Ende sein würde; er wollte später an der Spitze einer intakten Armee eine große Rolle spielen, vielleicht nützlich für Frankreich, aber besonders berechnet im Hinblick auf seinen persönlichen Ehrgeiz. Er hat nicht mit der großartigen Verteidigung von Paris, nicht mit dem heroischen Widerstand der Provinz, nicht mit dem Schlag des Herzens Frankreichs gerechnet: Sein Inneres stand nicht auf der Höhe seiner Aufgabe. Er war ein Schlaukopf, von niedriger Gesinnung, welcher die in der Nation innewohnende

Kraft nicht begriff, noch die grenzenlose Hingabe seiner Truppen . . . 0'stÄlb an wisörabls."

Dieses vernichtende Urteil darf wohl für den 16. Aug. abends noch nicht ausgesprochen werden. Es war kaum zu verlangen, daß Bazaine, phantasielos wie er war, sich ein Bild von der Zukunft machte.

Hält man sich an die realen Werte, so hatte Bazaine am 16. nicht den Eindruck eines Sieges; er lehnte jede da­hin zielende Beglückwünschung ab; während der Schlacht fühlte er sich auf dem linken Flügel durch Steinmetz, in Front und rechtem Flügel durchdie Prinzen" beunruhigt. Wie Ladmicault nahm er bei Fresnes en Woeore entschieden die Armee des Kronprinzen an. Dazu kam, wie.es ihm nach seinem persönlichen Eindruck schien, der Niederbruch des Geistes der Armee und das Gefühl seiner eigenen Un­fähigkeit. Dies sind wahrlich Gründe genug, um einen Rückzug nach Metz verständlich zu machen. Daß sich Ba­zaine so über die Stärke des Feindes täuschen konnte, ist ein unsterbliches Verdienst des Prinzen Friedrich Karl, des Generals von Aloensleben, des preußischen III. und X. Armeekorps und der 5. und 6. Kaoalleriedivision.

Ein niemals abzuleugnender Vorwurf ist Bazaine zu machen, wie Germain Bapst sehr richtig bemerkt, und zwar, daß er am 16. abends Napoleon und am 18. Mac Mahon nicht die volle Wahrheit schrieb; er log nicht, aber er ver­schwieg. Napoleon telegraphierte ja auch zurück:Sagen Sie mir die Wahrheit."