überaus herzlichen Empfang und gab ein Resümee von den Eindrücken der Türken über die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands, die das Vorurteil korrigiere, daß Deutschland nur eine Militärmacht sei. Der Redner erbat zum Schluß die Mithilfe Deutschlands in Kleinasien zugunsten der Türkei.

Eisenach, 27. Juni. Auf der Gewerkschaft Heiligen­mühl bei Sechsen fiel aus noch nicht aufgeklärter Ursache beim Ausfahren ein Bergmann aus dem Förderkorb und stürzte einen hundert Meter tiefen Schacht hinab auf eine Anzahl unten arbeitender Bergleute, von denen einer getötet und - zwei lebensgefährlich verletzt wurden. Auch der Ab­gestürzte war sofort tot.

Mittweida, 27. Juni. Gestern abend wurde in der zehnten Stunde der Schuhmacher Marowitz, als er nach Hause kam, von dem betrunkenen Gelegenheitsarbeiter Reichel mit dem Beil erschlagen. Marowitz war sofort tot. Reichel versuchte auch, in das Zimmer der 80jährigen Be­sitzerin des Hauses einzudringen. Da die Türe verschlossen war, zertrümmerte er den Briefkasten. Der Täter wurde verhaftet. Die Ursache der Bluttat soll ein Streit gewesen sein.

r Köln, 26. Juni. DieKöln. Ztg." meldet aus Cetinje: Die gestrige und heutige Besprechung des türkischen Gesandten mit den Führern der albanesischen Aufständischen in Podgoritza hatte noch keine praktischen Erfolge. Die Albanesen weisen die türkischen Vorschläge als ungenügend ab. In den albanischen Gegenvorschlägen wird u. a. verlangt die Erlaubnis des Waffentragens, die Wahl der hohen Verwaltungsbeamten sowie der niederen Beamten unter den Albanesen, die Ableistung des Heeresdienstes in Albanien, die Herstellung aller verwüstesen Häuser sowie eine Vergü­tung aller angerichteten Schäden, die vollständige Amnestie­rung aller Albanesen und endlich eine Bürgschaft dafür, daß die Pforte diesen Bedingungen getreulich nachkommt. Der türkische Gesandie reiste nach Tuzzi zur Beratung mit Tor­gut Schewket Pascha. Nach seiner Ansicht gehen die Forderungen für ganz Albanien zu weit. Eine albanische Abordnung ist hier angekommen, um ihre Forderungen dem König und allen hier beglaubigten Gesandten zu überweisen. Nach Auffassung der montenegrinischen Regierungskreise sind die Forderungen gerechtfertigt, gemäßigt und für die Pforte annehmbar.

Köln, 27. Juni. Von manchen Dingen, über die bis jetzt die Wissenden rücksichtsvolles Schweigen bewahrt haben, fallen jetzt die Schleier. So wird jetzt von den Einge­weihten für die treibende Kraft bei der Aktion gegen Iatho der Oberpräsident der Rheiuprooinz, Herr von Rheinbaben, bezeichnet. Schon in dem Moment, als ec nach der Rhein- provinz kam, soll für ihn die Entfernung Iathos beschlossene Sache gewesen sein. Bei den in den nächsten Tagen in zahlreichen Orten im Rheinland und Westfalen statlfindenden Protestversammlungen gegen das Urteil des Spruchkollegiums werden außer Iatho selbst hervorragende Führer der liberalen evangelischen Bewegung sprechen.

Pfarrer Iatho ist gestern abend aus Berlin wieder hier eingetroffen. Die evangelische Gemeinde Köln bereitete ihm auf dem Bahnhof einen äußerst stürmischen Empfang. Eine nach vielen Tausenden zählende Menschenmenge hatte sich vor dem Bahnhof postiert, so daß der Straßenbahn- verkehr gestört wurde. Iatho wurde bei seinem Erscheinen mit Hochrufen und Tücherschwenken empfangen. Die Menge folgte dem Wagen durch die Stadt bis zu seiner Wohnung, wo ihm aufs neue stürmische Ovationen dargebracht wurden.

i Berlin, 27. Juni. Die liberalen prostantischen Geistlichen Großberlins übergeben ihre Protestkundgebung gegen die Amtsentlassung Iathos heute der Oeffentlichkeit. Unter andern wird in diesem Protest zum Ausdruck gebracht, daß in der Amtsentlassung Iathos eine unabsehbare Schä­digung der Religion der Landeskirche erblickt würde. Die Geistlichen werden, unbeirrt durch alle Folgen, allein ihrer Gewissensüberzeugung folgend in protestantischem Geiste nach wie vor ihr Amt ausübcn. Eine gleichlautende Erklärung wird in der Rheinprovinz vorbereitet.

Kiel, 26. Juni. Der Kaiser verlieh Pierpont Morgan den Roten Adlerorden I. Klasse und beschenkte den ameri­kanischen Kontreadmiral Dadger mit seinem Bildnis. Der von Pierpont Morgan vor kurzem erworbene bekannte Brief Luthers an Karl V. ist von seinem jetzigen Besitzer an den Kaiser abgetreten und von Allerhöchst demselben für Wittenberg bestimmt worden.

Juist (ostfriesische Insel zwischen Vorkum und Nor­derney), 26. Juni. Heute morgen um 5 Uhr 15 Min. wurde hier in ziemlicher Höhe über dem Wattenmeer ein Ballon gesichtet, dessen Gondel mit zwei Personen besetzt war; man sah, wie der Ballon in die Nordsee fiel und durch den herrschenden Sturm mit großer Geschwindig­keit seewärts getrieben wurde. Später trieben di>> Gondel und ein Teil der Ballonhülle auf dem Wasser. Das aus- gesandte Rettungsboot konnte keine Hilfe bringen, weil sich die Gondel mit. großer Geschwindigkeit fortbewegte und weil das Boot selbst in dem schweren Sturm zu Kämpfen habe. Es brachte nur die Hülle und einige Sandsöcke, die mit R. G. B. 70 gezeichnet waren Die Marinestation der Nordsee ließ durch cin in Norderney liegendes Torpedoboot die Unfallstelle absuchcn, doch blieb die Arbeit bis Mont.-g früh ohne Erfolg. Es muß angenommen werden, daß die beiden Lustschiffer den Tod in den Wellen gesund;n haben.

Der zwischen Borkum und Nordenham verunglückte Ballon dürfte die von Georges Blonde! geführteAndro­meda" sein. Blonde! war von seinem Freunde Cor bin begleitet. Der Ballon war der einzige von 9 am 25. Juni in St. Cloud aufgestiegenen Aerostalen, von dem bis jetzt noch keine Nachricht vorlag. Der vermißte Pilot Plondel hatte bereits 80 Fahrten glücklich vollendet.

Gerichtssaal.

r Bonn, 27. Juni. Das Schwurgericht hat den Ober­telegraphenassistenten Huttanus, der der Telegraphenver­waltung nahezu 100000 ^ und dem Telegraphendirektor Schmoll 32 000^6 unterschlug, zu sechs Jahren Zucht­hau s und zum Verluste der bürgerlichen Ehrenrechte verurteilt.

Leipzig, 26 . Juni. Das Reichsgericht hat die Revi­sion des Taglöhners Leutz, der am 6. Mai vom Schwur­gericht Ulm wegen Mords zum Tode verurteilt wurde, ver­worfen. Leutz hatte in der Nacht zum 12. November den Bauern Knapp in Nassach ermordet und ihm einen Beutel mit 100 ^ Inhalt geraubt.

Was ist Recht? Ein Unteroffizier hatte an seine Braut und deren Vater mehrere Briefe geschrieben, in denen grobe Auslassungen über seinen Hauptmann und Feldwebel enthalten waren. Die Briese wurden in der Wohnung der Braut, gegen die ein Strafverfahren wegen Abtreibung ein­geleitet war, bei einer Haussuchung nach Abtreibungsmitteln gefunden und beschlagnahmt. Gegen den Unteroffizier wurde daraufhin Anklage wegen Achtungsverletzung und Beleidi­gung erhoben. Das Kriegsgericht verneinte aber den Tat­bestand der Achtungsverletzung und Beleidigung, die in den Briefen enthaltenen Aeußerungen seien zwar beleidigender und achtungsverletzender Natur, es handle sich jedoch um vertrauliche Mitteilungen. Der Gerichtsherr legte gegen das freisprechende Urteil Berufung ein und das Oberkriegsgericht verurteilte den Angeklagten zu 3 Wochen Mittelarrefft.

Ausland.

r Budapest, 27. Juni. Der Pester Lloyd meldet aus Wiener diplomatischen Quellen, die Nachricht, gewisse Mächte würden eine Garantie für die Einhaltung der von der Türkei gegenüber den Albanesen gemachten Versprechungen über­nehmen, sei unrichtig. Eine formelle Garantie sei unmög­lich, hingegen liege eine moralische darin, daß die öffentliche Meinung Europas ungeduldig eine für die Albanesen günstige Lösung erwartet. Es sei sehr wahrscheinlich, daß auch ferner­hin die Politik der Ratschläge in Konstantinopel und der Ermahnungen in Cetinje fortgesetzt werden.

r Paris, 26. Juni. Als zukünftiger Ministerpräsident wird mit einer gewissen Bestimmtheit Caillaux auf Grund einer Unterredung des Präsidenten Fallieres mit Monis, Dubost und Brisson genannt. Wahrscheinlich wird Caillaux schon heute mit der Bildung des Kabinetts vom Präsidenten Fallieres beauftragt werden. Man glaubt, daß er den Auftrag unter dem Vorbehalt annehmcn wird, daß er die Mitwirkung der Führer der republikanischen Partei erhält. Die Besprechungen werden zwei oder drei Tage in Anspruch nehmen. Als sicher gilt, daß Delcassö in der Zusammen­setzung des Kabinetts Caillaux das Marineministerium und Pams das Ackerbauministerium behalten werden. Für das Justizministerium dürfte Cruppi in Frage Kommen, an dessen Stelle de Selves die Leitung des Ministeriums des Aeußern übernehmen dürfte. Endlich dürste sich Caillaux der Mit­arbeit Poincares, Leon Bourgeois und Paul Deschanels versichern. Caillaux dürfte mit dem Präsidium das Mini­sterium des Innern übernehmen.

r Paris, 27. Juni. Die Besprechungen Caillaux stehen vor dem Abschluß. Das Ministerium dürfte in cinigen Stunden endgültig gebildet sein. Messimy wird das Porte­feuille des Kriegs, Couyba das des Handels, Lebrun das der Kolonien übernehmen.

r Paris, 27. Juni. Caillaux begab sich heute abend ins Elysee, um dem Präsidenten anzuzeigen, daß das Ka­binett nunmehr gebildet sei. Es hat folgende Zusammen­setzung: Präsidium und Inneres: Caillaux, öffentliche Ar­beiten: Augagneur, Handel: Couyba, Ackerbau: Palms, Kolonien: Lebrun, Arbeit und soziale Fürsorge: Renault.

i' Petersburg, 27. Juni. Das Marineministerium, das für die Schwarzmeerslotte bereits 6 Unterseeboote neuen Typs auf russische Werften bestellt hat, ist gegenwärtig mit

ein Blatt lesen will, das bei billigstem Bezugspreis allen Ansprüchen genügt, die man an eine Tageszeitung stellt, ein Blatt, das in einer Wochen-Rundschau rasch, kurz und populär über die politischen Ereignisse berichtet, das alle Vorgänge auf dem welttbeater, aus Stadt und Land mit Hilfe des Telephons, Telegraphen und eines Stabes von Mitarbeitern den Lesern vermittelt, das in seinem wirtschaftlichen Teil alle Bedürfnisse berücksichtigt und der Unterhaltung und Belehrung ausgedehnte und sorgsamste Pflege angedeihen läßt, der abonniere den

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r Petersburg, 27. Juni. Im Stabe der russischen Grenzwache wird die Beschießung des deutschen Ballons Berlin" an der russischen Grenze in Abrede gezogen, da das Schießen auf Ballons verboten sei. Es handle sich lediglich um Alarmschüsse, zu denen die Grenzwachen ver­pflichtet sind.

r London, 27. Juni. Heute nachmittag fand im Park des Buckinghampalastes bei schönem Wetter ein von etwa 6000 Gästen besuchtes Gartenfest statt. In Zelten wurden Erfrischungen geboten. Die Tafeln waren mit silbernen Geräten, sowie mit Nelken und Rosen reichlich geschmückt. Kurz vor 4 Uhr, als die Rasenplätze dicht be­setzt waren, erschienen der König und die Königin mit den fürstlichen Gästen. Die Königin schritt voran, geführt vom deutschen Kronprinzen; der König folgte mit der deutschen Kronprinzessin. Hinter ihnen gingen derjPrinz von Wales, Prinzessin Mary, die jungen Prinzen und die anderen Fürstlichkeiten. Die erlauchte Gesellschaft machte einen Rundgang über den Festplatz und kehrte dann nach der Terrasse zurück, wo eine Anzahl von Vorstellungen erfolgte.

r London, 27. Juni. Heute hat hier eine große Protest Versammlung gegen die Londoner Seerechts­deklaration stattgefunden. Balfour hielt eine kraftvolle Rede, in der er ausführte, die Deklaration sei nicht eine Verbesse­rung des internationalen Brauches, sondern ein Schritt zurück. Sie vermindere Englands Kraft im Gegenangriff mit Hilfe der Blockade, während sie es dem Feind erleichtere. Eng­land auszuhungern. Die Gefahr für England sei jetzt das Verhungern, nicht die Invasion. Die Versammlung nahm einen Beschluß an, in dem gegen die Deklaration Einspruch erhoben wird.

Landwirtschaft, Handel und Verkehr.

r Stuttgart, 27. Juni. (Vom Obstmarkt). Auf dem heutigen Großmarkt kosteten Kirschen 1015 /H, Prestlinge 2040 /H, Johan­nisbeeren 20 -22 Himbeeren 2530 /H, Heidelbeeren 18 per Pfund.

- Stuttgart, 27. Juni.

Großvieh,

Zugetrieben: 234

Erlös aus Pfennig

Ochsen

von

98 bis 102

Bullen

"

90 ..

92

80 .,

89

Jungvieh u.

101 ..

103

Iungriuder

98 ..

99

94

97

Verlauf des

Schlachtviehmarkl. Kälber, Schweine.

214 850

. Schlachtgewicht.

Pfennig

Kühe

von 70 bis 80

50 ., 60

Kälber

108 ,. 112

"

102 ,. 105 88 ., 100

Schweine

"

61 ,. 63 58 ., 60

52 54

: mäßig belebt.

Auswärtige Todesfälle.

Johann Steim, Schuhmachermeister, 67 I., Horb: Johannes Ottmar, Briefträger, 57 2., Altensteig, (früher Postillion auf der Strecke Altcnsteig-Nagold).

Literarisches.

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Hiezu das Plauderstübchen Nr. 26

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