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Fernsprecher Nr. 29. 85. Jahrgang. Fernsprecher Nr. 29.

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Beilagen: Plauderstübchen, Mustr. Sonntagsdlatt und

Echwäb. Landwirt.

.V' 148

Mittwoch, dm 28. Juni

1911

Amtliches.

Bekanntmachung

betr. die Schutzimpfung gegen Schweinerotlauf.

Die Schweinebesitzer werden hiemit benachrichtigt, daß die Impfstoffe nunmehr eingetroffen sind und mit den Impfungen sofort begonnen werden wird.

Nagold, 27. Juni 1911.

K. Oberamtstierarztstelle: Metzger.

Politische Ueberficht.

Die Beratungen im Reichsamt des Innern

zwischen den Referenten der sozialpolitischen Abteilung und den Ministerialreserenten sämtlicher Bundesstaaten zur Durch­führung der Reichsversicherungsordnung haben am Mittwoch ihren Beschluß gesunden. Ueber alle wesentlichen Punkte wurde Uebereinstimmung über die zu ergreifenden Maßnahmen erzielt. In den Beratungen wurde festgestellt, daß die Krankenversicherung erst zu einem späieren Zeitpunkt zur Durchführung gelangen kann, weil noch vorher umfangreiche Vorarbeiten zu bewältigen sind.

Die Vereinigten Ausschüsse des Bundesrats für Zoll- und Steuerwesen und für Iustizwesen, die ver­einigten Ausschüsse siir Zoll- und Steuerwesen und für Handel und Berkehr, sowie der Ausschuß für Zoll- und Steuerwesen hielten am Samstag Sitzungen ab.

Die Zweckverbandsgesetz-Kommisfiou des preu­ßischen Abgeordnetenhauses hat am Freitag im Interesse des Zustandekommens der Borlage die Herrenhausbeschlüsse unverändert angenommen. In einer Resolution soll die Regierung ausgesodert werden, baldigst ein Wohnungsgesetz wenigstens für die Großstädte dem Landtag vorzulegen.

Der in der deutsch-amerikanischen Schiessge- richlsfrage vom Deutsch-amerikanischen Nationalbund er­lassene Aufruf hat nicht überall in Deutschland eine freund­liche Aufnahme gefunden. In derDeutschen Tageszeitung" wird z. B. tadelnd bemerkt, der Aufruf mache den Eindruck, als ob der Deutsch-amerikanische National bund sich gewisser­maßen als natürlichen Vermittler zwischen den beiden Mächten erachte, ein Anspruch, der ihm bestritten werden müsse. Ein Berliner Telegramm der Kölnischen Zeitung kann sich dieser Auffassung nicht anschließen und erklärt: Eine solche Absicht hochmütig zurückzuweisen, liegt nicht der mindeste Anlaß vor. Daß die Entscheidung über ein solches Bertragswerk nicht im Handumdrehen gefällt wird, sondern daß es bei seiner weitgehenden Bedeutung einer genauen Prüfung seiner allgemeinen Tendenz und seiner Einzelheiten bedarf, versteht sich von selbst. Ebenso wie die amerikanische Anregung aus aufrichtiger uud freundschaftlicher Absicht entsprungen ist, so wird auch die deuische Prüfung eine ernsthafte und wohlwollende sein, und wir werden es nur mit Genugtuung verzeichnen, wenn es auf Grund der amerikanischen Vor­schläge zu einer Vereinbarung kommen sollte, die in sich eine Dermehrung .der Bürgschaften für den Weltfrieden trägt.

Die italienische Kammer begann am Samstag die Beratung über die Einführung des Lebensversicherungs- Monopols. Große Heiterkeit erregte es, als ein Abgeord­neter anfragte, ob der Staat die Versicherungen garantieren werde und der Minister Nitti die Antwort schuldig blieb.

Zwischen Japan und Rußland ist ein Kompromiß zur Liquidation der beiderseitigen, aus dem letzten Krieg hergeleiteten Ansprüche zustande gekommen.

Ei» Erlaß des chinesischen Regenten hebt das Ministerium für die Ernennung von Amtspersonen sowie die Kommission zur Vorbereitung konstitmioneller Reformen auf und überträgt diese Angelegenheiten dem Ministerkabinett.

WürtteurbergLscher Landtag.

p Stuttgart, 27. Juni. In der heutigen Sitzung der Zweiten Kammer wurde der Abg. Augst als Stell­vertreter in den volkswirtschaftlichen Ausschuß gewählt. Es wurde sodann in der zweiten Beratung des Kultetats fort- gcfahren. Zunächst berichtete der Abg. Eisele (Bp.) über die Anträge des Finanzausschusses zur Errichtung einer Fachschule für Maschinentechniker. Der Finanzausschuß be­antragte, die Eingabe des Württ. Ingenieuroereins und des Verbands Württ. Industrieller sowie des Alt-Herren-Ber- bandes Motor insoweit der Regierung zur Berücksichtigung zu übergeben, als für die Schule ein den Vorstand der Schule und das Ministerium beratender Beirat geschaffen wird, in welchem die Industrie ausreichend vertreten ist. Ferner soll die Regierung ersucht werden, dems.Landtag ge­eignete Vorschläge über die Reorganisation und die künftige Ausgestaltung der Schule sowie über die Frage der Errich­

tung eines Maschinenlaboratoriums zu machen. Ueber diesen Gegenstand entspann sich eine längere Debatte. Zunächst sprach der Abg. Wieland (natl.), der auf den einmütigen Beschluß sämtlicher technischer Vereine hinwies, die die gründ­liche Reorganisation der Maschinenbauschule als dringend not­wendig bezeichnet haben. Der Redner wünschte, daß jedem dieser Vereine ein Mitglied zur Vertretung in den Beirat zugestanden werden soll. Im großen Ganzen stimmten auch die Redner der übrigen Fraktionen den Ausführungen Wielands zu, so die Abgg. Fischer (Soz.), Rembold-Aalen (Z.) und Körner (BK.). Die beiden letzteren traten besonders dafür ein, daß man die großen Opfer, die die Stadt Eßlingen für die Errichtung der Schule zu bringen bereit sei, berücksich­tigen möge. Schaible (BK.) wünscht ebenfalls eine Re­form der Schule. Man sollte aber den Vorschlag Eßlingens nicht aus dem Auge lassen. Kultminister von Fleisch­hauer erwiderte auf die Ausführungen der verschiedenen Redner und betonte, daß der Württ. Ingenieur-Verein eine Beteiligung an dem Beirat abgelehnt habe, wenn die Schule nicht selbständig gemacht werden könne. Im Interesse der Industrie hielt der Minister es für geraten, wenn die Schule unter Aufsicht der Zentralstelle für Gewerbe und Handel gestellt würde, der auch die übrigen Fachschulen unterstehen, Nachdem von sozialdemokratischer Seite ein Antrag auf Zulassung von Arbeitern zu dem Beirat eingebracht worden war, gab der Abg. Haußmann (Bp.) noch die Anregung, die Regierung möge in Bälde Vorschläge über eine zu gründende Fachschule machen. Schließlich wurden die Aus­schuß-Anträge und der sozialdemokratische Antrag genehmigt. Bei Kapitel 72 entspann sich eine kurze Debatte zwischen dem Minister und dem Abg. Löchner über das Gewerbe­schulgesetz. Nächste Sitzung Mittwoch 9 Uhr.

r Stuttgart, 27. Juni. Der Finanzausschuß stimmte heute nach dem Antrag des Referenten Lindemann dem Gesetzentwurf betr. einen Zuschlag von 250/0 zur Reichserb­schaftsteuer zu und zwar ohne Widerspruch. Das Erträgnis ist auf 500000 ^ veranschlagt. Eine zweite Lesung soll Nachfolgen. Hierauf wurde in die Beratung der Novelle zum allgemeinen Sportelgesetz vom 28. Dezember 1899 eingetreten. Referent hierzu ist Abg. Häffner. Die im Ent­wurf vorgeschlagenen Zusätze bezw. Aenderungcn zu Art. 1, 2, 4, 5, 8, 9 und 11 wurden ohne wesentliche Debatte genehmigt. In Art. 3 wurde die Aufrundung auf 5 ^ statt aus 10 ^ nach einem Antrag Gröber mit 8 gegen 5 Stim­men angenommen. Ein Antrag Liesching, die Aufrundung auf 5 ^ zu beschränken, wenn die Sportel die Summe von 1 nicht erreicht, war hiemit gefallen. Ferner wurde nach einem Antrag v. Kiene der Ansatz einer Sportel für Zurück­ziehung eines Gesuchs von einer vorbereitenden sachlichen Tätigkeit der Behörde abhängig gemacht. Die im neuen Artikel e statuierte Auskunftspflicht der Sportelpflichtigen wurde beanstandet, aber mit 11 gegen 2 Stimmen genehmigt und ein Antrag Liesching, den Ausschluß des Beschwerderechts bei Nichtvorlage der Urkunden zu streichen, abgelehnt mit 9 gegen 4 Stimmen. Der Auskunftspflicht der Behörden im neuen Art. 7 wurde zugestimmt. Nachträglich wurden Einschaltungen in Art. 6 nach Anträgen Eisele und Gröber oorgenommen, wonach dem Fall der Auskunftablehnung gleichgestellt wird der Fall, wenn der Verdacht besteht, daß die abgegebene Auskunft nicht richtig oder unvollständig ist, und ferner die Behörde in diesen Fällen befugt sein soll, die nach Art. 7 vorgesehenen Erhebungen einzuleiten, und die Sportel nach pflichtmäßigem Ermessen festzustellen. Das in Art. 10 geregelte Beschwerderecht wurde mit den vom Referenten beantragten Erweiterungen des Beschwerderechts und ebenso bezüglich der Gründe einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand die Fassung nach einem Antrag Gröber angenommenWer ohne sein Verschulden die Frist versäumt hat, kann Wiedereinsetzung in den vorigen Zustand ver­langen. Die Gründe sind glaubhaft zu machen." Die Art. 12 und 16 wurden nach längerer Debatte bis zur zweiten Lesung zurückgestellt.

Tages-Neuigkeiten.

Aus Stadt uud Land.

Nagold, 28. Juni 1911.

L 8. schreibt demStaatsanz.": Zu den Zeugen der Vergangenheit unserer Heimat, die eines Schutzes bedürfen und würdig sind, gehören die schriftlichen Auf­zeichnungen in Chroniken, Briefen, Urkunden und Akten. Lange hat sich fast niemand um sie bekümmert, soweit sie nicht in staatlichen Anstalten aufbewahrt waren. Wer sie zu Gesicht bekam, griff wohl wegen der alten Schrift oder der merkwürdigen Siegel nach ihnen und scheute sich nicht, was ihm gerade gefiel, an sich zu nehmen. Galten sie doch für ganz wertlos und schienen nur den Platz, und war es

der bescheidenste, zu versperren. So ist vieles unwiderbring­lich verloren gegangen. Auf Anregung der württ. Kom­mission für Landesgeschichte haben ihre Pfleger die älteren Schriftstücke in den Pfarr- und Gemeinderegistraturen ver­zeichnet. So weiß man wenigstens, was überhaupt noch vorhanden ist. Leider hat aber diese Verzeichnung nicht auch überall eine bessere Aufbewahrung der geschichtlichen Schätze und Erinnerungen bewirkt. Manches, was aus den Rat­häusern endlich geordnet schien, ist wieder in Unordnung ge­kommen. Die alten Schriften verdienen aber einen besseren Schutz. Denn in ihnen steckt ein gutes Stück von Leben und Treiben unserer Vorfahren; sie erzählen von den Leiden und Freuden, den Bräuchen und dem Geiste der Heimat. Es ist eine Ehrensache für eine Gemeinde, die Quellen und Mittel ihrer Heimatgeschichte nicht zu verderben. Wichtig ist freilich, daß etwa die Geistlichen und die Lehrer sie auch ver­werten und aus ihnen, wie es vielfach schon geschieht, ihren Mitbürgern Mitteilung machen. Fehlt in einer Gemeinde der Platz oder der Sinn für die alten Schriften, so ist das K. Staatsarchiv bereit, sie aufzunehmen und sie jederzeit wieder zur Einsichtnahme zur Verfügung zu stellen.

r Einführung von Baulastenbüchern. Durch die am 1. Juli d. I. in Kraft tretende Bauordnung wird die Führung von Baulastenbüchern notwendig. Neben den Verpflichtungen zur Leistung von Kanal-, Straßen- und anderen Kostenbeiträgen können in das Baulastenbuch na­mentlich auch besondere, nicht schon aus den allgemeinen bau­polizeilichen Vorschriften sich ergebende öffentlich rechtliche Verpflichtungen eingetragen werden, die hinsichtlich der Unter­lassung der Ueberbauung oder hinsichtlich der Art der Ueber- bauung eines Grundstücks oder eines bestimmten Teils desselben von dem Eigentümer der Baupolizei- oder der Gemeindebehörde gegenüber übernommen werden. Die Ein­tragung einer solchen Verpflichtung in das Baulastenbuch hat, wenn sie zu Recht besteht, die Wirkung, daß sie als öffentliche rechtliche Last auf dem Grundstück des Verpflich­teten ruht und auf die Nachfolger im Eigentum übergeht. Ueber die Einrichtung und Führung des Baulastenbuchs rc. sind in der zum Vollzug der Bauordnung ergangenen Ver­fügung des Ministeriums des Innern vom 10. Mai 1911 nähere Vorschriften getroffen. Insbesondere ist dort auch die Bermerkung der zur Zeit des Inkrafttretens der Bau­ordnung schon übernommenen Baukasten im Baulastenbuch vorgesehen. Da bisher bei der Grundbuchsührung nicht selten die Behandlung der Baulasten Schwierigkeiten be­reitet hat, so macht das Justizministerium die Grundbuch­ämter -auf die bevorstehende Einführung der Baulastenbücher besonders aufmerksam. Gegebenenfalls, namentlich auch dann, wenn etwa seitherige Eintragungen von Baulasten im Grund­buch wegen ihrer öffentlich rechtlichen Natur von Amts wegen als unzulässig'gelöscht werden, wird empfohlen, die Beteiligten aus die Möglichkeit der Eintragung solcher Ver­pflichtungen in das Baulastenbuch hinzuweisen.

Tübingen, 27. Juni. Die nächste Ausführung des Festspiels im Tübinger SchloßhofDie Braut von Messina" findet nicht nächsten Donnerstag, sondern erst nächsten Samstag den 1. Juli, abends 5 Uhr statt.

i- Unterreichenbach, 27. Juni. Dem im Sägwerk Funk hier beschäftigten Taglöhner C. Böhringer wurde beim Sägen von Langholz von einem «brutschenden Stamm der rechte Oberschenkel abgeschlagen. Der Verunglückte wurde ins Krankenhaus nach Calw verbracht.

Stuttgart, 26. Juni. Die Manöver des 13. (K. Württ.) Armeekorps. Abgesehen von dem üblichen Exerzieren der Infanterie und Kavallerie auf dem Truppen­übungsplatz Münsingen, finden Heuer die Regimentsexerzieren der Artillerie im Gelände statt, und zwar exerzieren die Art.-Regimenter Nr. 29 und 65 vom 26. August bis 22. September bei Laupheim und Munderkingen, die Art.- Regimenter Nr. 13 und 49 bei Saulgau und Ziegeldach. Die Brigademanöver sind auf 3 Tage festgesetzt: das der 51. Inf.-Brigade ist vom 8.11. Sept. bei Laupheim, das der 52. Inf.-Brigade vom 8.11. Sept. bei Ehingen, das der 53. Inf.-Brigade vom 7.-9. Sept. bei Ravensburg, das der 54. Inf.-Brigade vom 7.-9. Sept. bei Wurzach und Wangen. Kavallerie, Artillerie und Pioniere werden den einzelnen Brigaden zugeteilt. Was die Dioisionsmanöver anbelangt, so findet das der 26. Division vom 12.16. Sept. zwischen Ulm und Saulgau, das der 27. Division vom 11.-15. Sept. bei Ravensburg und Waldsee statt. Vom 18.20. Sept. sind die Korpsmanöver in Oderschwaben. Ein Manöver sämtlicher Truppen gegen einen markierten Feind ist am 20. Sept. Am gleichen Tag schon trifft die Infanterie mit der Eisenbahn wieder in den Garnisonen ein, die berittenen Truppen haben Fußmärsche.