Aro. 131.

«4. Jahrgang.

Amtr- uni! Jatekkigenzbkatt für äen Aezirsi.

scheint Menitag, K»»«r«t«g L Ka«»t«g.

Re MqrückungSgebühr -tragt 9 ^ p. Felle 1« yqtrk» tonst 12

Dienstag, äea 5. November 1889.

AbonnementSpreiS halbjährlich 1 80 durch

ie Post bezogen im Bezirk 2 «K 90 H, sonst in ganz Württemberg 2 70 H.

ArnMche Wekcrnrrtrnachurrgerr.

An die Gemeiuderathe.

Das Oberamt beabsichtigt, den ortsüblichen Taglohn gewöhnlicher Tag. arbeiter auch für 1890 einheitlich für den ganzen Oberamtsbezirk festzustellen und zwar:

für erwachsene männliche Arbeiter auf 2 ^ H,

weibliche1 40

jugendliche männliche 1 20

weibliche 90

Diejenigen Gemeinderäthe, welche hiegegen etwas zu erinnern haben sollten, werden aufgesordert, bis 15. d. Mts. hierüber zu berichten.

Calw, den 4. November 1889. K. Oberamt.

Supper.

Blehmarktverbot.

Die Abhaltung des auf 7. d. M. in Deckeupfron« verfallenen Vieh- und Schweinemarktes ist durch oberamtl. Beschluß vom heutigen verboten worden, nachdem die Maul« und Klauenseuche wieder größere Ausdehnung im Bezirk angenommen hat.

Calw, den 2. November 1889. K. Oberamt.

Supper.

Amtliche Bekanntmachung

betreffend den Ausbruch der Maul- und Klauenseuche.

Unter dem Rmdviehstanv m Aktöukach sowie in Hechingen ist die Maul- und Klauenseuche ausgebrochen.

Dies wird hiedurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht.

Calw, den 2. Nov. 1889. K. Oberamt.

Amtmann Bertsch.

Gcrges-Werrigkeiterr.

Stuttgart, 2. Nov. Ihre Kaiserl. Hoheit die Frau Herzogin Wera von Württemberg, Großfürstin von Rußland, ist nach längerem Aufenthalt bei Höchst-Jhrem schwer kranken Vater, dem Großfürsten Constan- tin von Rußland, heute nacht 12>o Uhr in Begleitung der Hofdame Freiin

v. Röver und des Hofmarschalls Oberstlieutenants v. Baldinger-Seidenberg» welche Ihrer Kaiserl. Hoheit bis an die russische Grenze entgegengefahren waren, wieder hier eingetroffen.

Stuttgart. Nachdem sich die Einrichtung des elektrischen Lichtes in den Privatgemächern Sr. M. des Königs bewährt hat, werden in nächster Zeit auch die Appartements I. M. der Königin solche Beleuchtung erhalten Auch das Schloß in Friedrichshafen wird mit elektrischer Beleuchtung versehen.

Das Lutherfestspiel in Stuttgart. Die seit etwa 14 Tagen gemachten Vorbereitungen für das am 8. Nov. erstmals zur Auf­führung gelangende Herrig'sche Lutherspiel nehmen einen trefflichen Fortgang. Zu den jeden Tag stattfindenden Proben haben sich so zahlreiche Teilnehmer eingefunden, daß namentlich auch für die prächtigen Volksszenen, welche das Herrig'sche Stück bietet, durchaus genügende Besetzung da ist. Mit Be­geisterung und Hingabe unterziehen sich die Teilnehmer der schweren Aufgabe, die ihnen geworden. Herr Oberregisseur Kafka, der Leiter des Ganzen, ist mit Umsicht und Elfer an der endgiltigen Einstudierung der Rollen und was wir bis heute gesehen und gehört; läßt uns das Trefflichste erwarten. Zudem werden auch Szenerie u. Kostüme in so glänzender Ausstattung her­gestellt, daß auch dem Auge ein bedeutender Genuß geboten wird. Der musikalische Teil der Aufführung wird von dem Verein für klassische Kirchen­musik, sowie den Chören der Hospital» und Leonhardskirche unter bewährter Leitung ausgeführt. Nicht allein aus Stuttgart und seiner Umgebung, auch aus dem ganzen Lande wird dem Herrig'schen Spiele das reaste Jnterresse entgegengebracht und aus der Zahl der bereits verkauften Billste darf man aus eine außerordentliche Teilnahme hoffen- (Das Nähere über Preise der Plätze, Tage und Stunden der Aufführung u. s. w. geben die Stuttgarter Blätter.)

Stuttgart. Der Fonograf ist am Donnerstag angekommen; er ist in der That das Wunderwerk, als das er geschildert worden. Wer sich des Fonografen von 1878 erinnert, weiß, daß derselbe mit der Hand gedreht werden mußte. Diese Mühe besorgt jetzt eine unter der Leitschraube angebrachte kleine elektrische Maschine, die fast unbemerkt bleibt. Anstatt des Staniols. welches damals auf einen Cylinder aufgezogen werden mußte, wird jetzt ein hohler Wachrcylinder auf eine Messtngwalze kurzer Hand auf- gestcckl. Statt des früheren Stiftes, der, auf einer Membran sitzend, dis Schallwelle in den Staniol zeichnete, hat man jetzt zwei Stifte, der eine zeichnet und der andere reproduziert. Die Maschine ist von dem begleitenden Techniker Herrn Devrient aus Berlin in Gang gesetzt. Der Zuhörer setzt die beiden Leitungsrohre ans Ohr. Erst vernimmt er für ein paar Augen-

AeuiUeton. " °-rb°«n.

Beim Rattenfänger von Hameln.

Bunte Bilder aus einer kleinen Stadt von Keinrich Hrans.

(Fortsetzung.)

Den größten Anteil an dieser allgemeinen Heiterkeit aber nahmen die schöne Rosa und ich. Immer und immer riefen wir uns, bis zu Thränen lachend, die ein­zelnen Details dieser verunglückten Darstellung in's Gedächtnis zurück. Endlich sagte sie:

Jetzt stimme ich Ihnen vollkommen bei, daß unsere Künstler doch besser thun würden, sich an solche Aufgaben nicht zu wagen, die große Mittel und großes Können verlangen. Ich denke, der heutige Theaterabend wird uns nicht lüstern nach anderen machen, wenigstens mich nicht, und ich würde am liebsten jetzt den Saal verlassen, wenn es möglich wäre, diese Menschenwand hinter uns zu durchdringen."

Dennoch, mein liebes Fräulein," rief ich feurig, wird mir der heutige Abend kein verlorener, nein, ein unvergeßlicher für mich sein!"

Unvergeßlich?" sie brach in lautes Lachen aus.O, mir auch!"

Nicht allein der unglücklichen Aufführung wegen," fiel ich schnell ein,nein, er vermittelte unsere Bekanntschaft, er gab mir Gelegenheit, eine junge liebens­würdige Dame von Geist und Humor kennen zu lernen, meine ich!"

Mein Herr-"

O, Sie dürfen nicht böse werden, mein liebes Fräulein; ich bin gewohnt, offen und ehrlich auszusprechen, was ich denke und fühle, und so-"

Plötzlich verstummte ich, denn der Onkel trat lachend.vor uns, um sich, wie er sagte, zu erkundigen, wie der Herr Neffe und seine schöne Nachbarin sich amüsierten, worauf wir beide sehr verlegen ein Paar Worte stammelten.

Nach der Vorstellung," fuhr er dann fort,werden wir noch mit einigen Bekannten zusammen sein. Der Wirt hier hat ein Extrazimmer für uns hergerichtet, und da hast Du dann Gelegenheit, unser Bier auch gleich an der Quelle zu studieren. Ich werde auch den Direktor und einige Mitglieder des Theatervorstandes einladen. Das Künstlervölkchen bringt immer gute Laune mit; besonders," schloß er lachend, die schöne Anna, die braune Hexe, die sich ja auch in Dein Herz gestohlen hat!"

Rosa wendete sich verwundert nach mir um.

In mein Herz Onkel?" fragte ich entrüstet.

Mn, nun, warum ereiferst Du Dich denn so? Heute morgen verwendetest Du doch kein Auge von ihr, als sie uns zu ihrer Benefizvorstellung-"

Onkel!" rief ich heftig.Das sind Späße von schlechtem Geschmack! Zum Glück kann Dir meine Nachbarin, Fräulein Albrecht, sagen, wie gering der Eindruck war, den die Dame heute abend auf uns beide gemacht hat. Ist es nicht so, mein Fräulein?"

Aber Du thust wahrhaftig, als lege ich Dir ein Verbrechen zur Last? Wenn es nicht ist, gut! Als ich in Deinen Jahren war, sapperlott! da war es mein Stolz, überall das enkant ekeris der Damen zu sein, überall Hahn im Korbe überall-"

Aber, Onkel!" sagte ich vorwurfsvoll mit einem Blick auf Rosa deutend.

Er sah das junge Mädchen, welches verlegen die gemalten Blumen des Fächers betrachtete, scharf an, blickte dann eben so auf und sagte gedehnt und lächelnd:Ach so! xarSon! Nun, also bis nachher!" damit ging er wieder zu seinem Platz zurück.

Zwischen Rosa und mir war von diesem Moment an etwas Fremdes getreten. Wir waren verlegen und wußten wohl selbst nicht weshalb.-

Der letzte Akt, auf dem Zettel betitelt:Die Rache des Rattenfängers," er­regte ungeheuren Jubel im Publikum durch das Erscheinen von etwa 15 Kindern, die Sage spricht von 130, beiderlei Geschlechts in ihren gewöhnlichen Straßen-Anzügen. Sie waren sämtlich heimatsberechtigt in Fr. . . . und deshalb, namentlich dem letzten Platz, sehr bekannt, denn von dort ertönten freudige, erkennende Rufe, wie: