Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtage.

Preis vierteljährlich hier I.IO mit Träger-

iohn 1.20 im Bezirds-

und 10 Lw.-Berkehc 1.25 im übrigen Württemberg 1.35 Monatsabonnements nach Verhältnis.

Fernsprecher Nr. 28. 85. Jahrgang. Fernsprecher Nr. 29.

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Anzcigen-Gebllhr sür die einspalt. Zeile aus gewöhnlicher Schrift oder deren Raum bei einmal. Einrückung 10 A bei mehrmaliger entsprechend Rabait.

Beilagen. Plauderjtübchen, Zllustr. Sonmagsblait und

Schwab. Landwirt.

121

IreiLag, dm 26. Mai

1911

Amtliches.

Bekanntmachungen der K. Zentralstelle.

Landesausstellung von Lehrlingsarbeiten.

Die Ausstellung von Lehrlingsarbeiten findet im neuen Ausstellungsgebäude der Zentralstelle für Gewerbe und Handel, Kanzleistraße Nr. 28, statt.

Sie wird am Sonntag, den 21. Mai eröffnet und dauert bis Montag, den 5. Juni, einschließlich. An den Sonntagen und am Pfingstmontag ist die Ausstellung von 113 Uhr geöffnet. Am Pfingstsonntag bleibt sie ge­schlossen.

Stuttgart, den 15. Mai 1911. Mosthaf.

K. Hbevcrrnt Wagokd.

Bekanntmachung.

Nach Mitteilung des K. Oberamts Herrenberg ist wegen der Gefahr der Verschleppung der Maul- und Klauenseuche in den Nachbarbezirken die Abhaltung des Rindvieh- und Pferdemarkts in Herrenberg am 30. Mai, Schweinemarkts in Bondorf am 7. Juni

verboten worden.

Dies wird hiermit zur allgemeinen Kenntnis gebracht.

Nagold, den 23. Mai 1911.

Mayer, Amtmann.

Die Deutsche Kolonialgesellschaft.

Erst durch die Erwerbung seiner Kolonien und durch den Nachweis der Macht und des Willens, sie festzuhalten, ist das geeinigte Deutsche Reich zur Weltmacht geworden und in immer weiteren Kreisen des Volkes kommt die Er­kenntnis von der Bedeutung und dem wahren Wette unseres Kolonialbesitzes zum Durchbruch. Dies ist der Erfolg einer unermüdlichen und zielbewußten Arbeit. An dieser Arbeit in hervorragender Weise teilgenommen, sie unterstützt und vielseitig angeregt zu haben, ist das Verdienst der Deutschen Kolonialgesellschaft. In den Tagen vom 7. bis 11. Juni wird die Deutsche Kolonialgesellschast ihre Hauptversammlung in unserer Residenzstadt Stuttgart abhalten, und wie diese Gesellschaft seit einer Reihe von Jahren in vielen Städten des Deutschen Reiches getagt und allerorten die glänzendste Ausnahme gefunden hat, so dürfen wir hoffen, daß auch Stuttgart dieser Tagung das größte Interesse entgegenbringen wird. An der Spitze der Gesellschaft steht als tatkräftiger und bewährter Leiter der Präsident, Herzog Johann Albrecht zu Mecklenburg, Regent von Braunschweig, der persönlich die Verhandlungen führen wird. Geschästsführender Vize­präsident ist auch der in Stuttgart wohlbekannte Kaiserliche Botschafter a. D. Wirkl. Geh.Rat Exz. Dr. o. Holleben. Es würde zu weit führen, aus die wirtschaftliche Bedeutung unserer Kolonien hier näher einzugehen und es sei nur auf das Eine hingewiesen, wie das Deutsche Reich durch Er­zeugung und Gewinnung einer großen Zahl von Rohstoffen, die der einheimische Boden nicht hervorzubringen vermag, mehr und mehr von der unsere Industrie und unseren Handel oft schwer treffenden Zollpolitik anderer Länder unabhängig wird, sodaß unsere gesamte Volkswirtschaft wie jeder Ein­zelne und ganz besonders auch unser Arbeiterstand an der gedeihlichen Entwicklung unserer Kolonien, die uns die bil­lige Schaffung von Kolonialprodukten aller Art ermöglicht, in hervorragendem Maße interessiert sind. Gerade für diese Förderung und Entwicklung unserer Kolonien leistet die Deutsche Kolonialgesellschast eine äußerst nutzbringende Tätig­keit. Die bei der Tagung in Stuttgart zu pflegenden Ver­handlungen dürsten auch ihrerseits einen deutlichen Beweis hierfür liefern. Der wirtschaftliche Ausschuß der Gesellschaft, dasKolonialwittschaftliche Komitee" hat sür die Erforsch­ung und Entwicklung unserer Kolonien durch wirtschaftliche Expeditionen, Versuchspflanzungen, Musterfarmen, Siedel­ungsunternehmungen usw. außerordentliche Dienste geleistet und dem deutschen Kolonialamt wertvolles Matettal an die Hand gegeben. Wer nicht selbst im kolonialen Leben steht, hat allerdings von dieser großen Arbeit noch wenig bemerkt, aber mit Recht sagt Moritz Schanz in einer von jenem Komitee herausgegebenen BroschüreDas erste Vierteljahr- Hundert deutscher Kolonialwittschaft": Mit Skepsie und Sensationshascherei ist in kolonialen Dingen allerdings eben­sowenig etwas Ersprießliches zu leisten, wie andererseits mit Hurrastimmung und bloßer Begeisterung, sondern es gilt, mit zielbewußter Konsequenz und großzügigen Mitteln an eine systematische Entwicklung unserer Kolonien heranzutreten und unseren bislang vielfach stiefmütterlich behandelten überseeischen Besitzungen dauernd diejenige ernste Beachtung zu widmen, die sie verlangen und verdienen, um sie unserer Volkswirtschaft und

unserer Weltstellung nutzbar,zu machen" .Es genüge, mit diesen wenigen Motten aus die Aufgaben und Ziele der Deutschen Kolonialgesellschast und damit auf ihren großen Nutzen für unser gesamtes Volksleben hingewiesen zu haben. Nach einem Begrüßungsabend am Mittwoch den 7. Juni abends im Stadtgatten wird am Donnerstag im Oberen Museum eine Borstandssitzung, am Freitag und Samstag die Haupt­versammlung stattfinden; Zutritt haben natürlich nur Mit­glieder der Gesellschaft. An geselligen Vereinigungen werden am Donnerstag abend ein Festessen im Stadtgarten, am Freitag abend ein Schwäbischer Abend, verbunden mit einem Vortrag des Geh. Hofrats Dr. Otto Güntter überDie Schwaben als Kolonisten" in der Liederhalle veranstaltet werden. Am Samstag ist ein Bierabend imSünder" ge­plant. Am Sonntag findet ein gemeinschaftlicher Ausflug mittels Sonderzugs nach Zollern und auf den Hohenzollern statt. Während der Dauer der Tagung vom 7. bis 10. Juni wird Gelegenheit geboten sein, das neuerbautr Museum für Völker- und Länderkunde (Linden-Museum) am Hegel­platz unter sachverständiger Führung zu besichtigen. Ferner findet eine Ausstellung der Kolonialbilder der Kunstmaler Ernst Bollbehr-München und Erich Meyer-Stuttgart und des Hauptmanns z. D. Funk im Ausstellungsgebäude, Kanz­leistraße 28, statt. Besichtigungszeiten: Morgens von 10 bis 1 Uhr, nachmittags von 2.30 Uhr bis 5 Uhr. Die Mitglieder der Kolonialgesellschaft haben freien Zutritt. Zur Leitung der umfangreichen Veranstaltungen hat sich aus den Abteilungen Stuttgart und Cannstatt der Deutschen Kolo­nialgesellschast ein Festausschuß gebildet, an dessen Spitze der Ehrenvorsitzende des württ. Gauoerbands der Deutschen Kolonialgesellschaft, Fürst Karl von Urach, steht. Es ist zu hoffen, daß die Einwohnerschaft Groß-Stuttgarts dieser be­deutsamen Tagung, der auch der König ein reges Interesse entgegenbringt, mit Spannung entgegensetzen und die Be­mühungen der Abteilungen, den ehrenwerten Gästen aus allen Teilen des Reiches einen würdigen, und dem Ansehen unserer Residenz entsprechenden Empfang zu bereiten mit alt­bewährter schwäbischer Gastlichkeit unterstützen wird. Essei auch auf die Anzeige der Tagung verwiesen, die wohl noch manchen veranlassen wird, die Mitgliedschaft der Abteilung gen Stuttgart oder Cannstatt zu erwerben. Möge auch dieser Tagung der Deutschen Kolonialgesellschaft wie allen ihren Vorgängerinnen ein glänzender Erfolg beschieden sein zur Ehre unserer Stadt, zum Wohle unserer Kolonien, zum Heile unseres deutschen Vaterlandes!

Deutscher Reichstag«

Berlin, 23. Mai.

Im Reichstage stand heute die 2. Lesung der elsaß-lothringischen Verfassungs-Frage zur Behandlung. Am Bundesratstisch Reichskanzler von Bethmann-Hollweg, Staatssek'r. Dr. Delbrück, Zom von Bulach und Wahnschaffe.

Der konservative Abg. Dr. Wagner führte aus: Die schweren Bedenken meiner Freunde gegen die Vorlage ist durch die Entwicklung, die die Dinge in der Kommission genommen haben, noch verstärkt worden. Die jetzige Vor­lage enthält unlösbare Widersprüche. Wir stehen auf dem Boden, den die Regierung und die liberalen Führer früher eingenommen haben und werden die Vorlage ablehnen. Wir beantragen namentliche Abstimmung über die Streichung der Bundesratsstimmen.

o. Bethmann Hollweg: Ich hatte nicht geglaubt, daß die Konservativen ihren Widerstand, der auf grundsätz­lichen Bedenken bemht, völlig aufgeben würden. Wer die Reichslande selbständig machen will, hält die Verleihung der Bundesratsstimmen für eine erhebliche Verbesserung, dadurch wird den Reichslanden die Möglichkeit gegeben, ihre Landes­interessen im Bundesrat wie die übrigen Bundesstaaten zu vertreten. Diese selbständigen Landesinteressen bestehen schon heute. Bei der Gründung des Reiches haben alle Bundes­staaten Opfer gebracht und die Opfer, die Preußen gebracht hat, sind wahrlich nicht die kleinsten gewesen. Aber Preußen wird sich seine Stellung im Reiche nur dann wahren, wenn es von dem gleichen weitherzigen und selbstbewußten Geist beseelt bleibt. Hätte ich an den Bundesratsstimmen die Vorlage scheitern lassen, und darum handelt es sich, dann hätte ich kleinlich gehandelt. Dann wäre ich von der deutschen nationalen Tradition preußischer Politik abgewichen (sehr gut). Wenn wir Konzessionen gemacht haben, so glauben Sie ja nicht, daß es uns Freude macht, Konzessionen zu machen. Trotz aller Angriffe, die gegen mich gerichtet worden sind, halte ich an meiner Ansicht fest, daß die Fortbildung einer reichsländischen Verfassung eine Notwendigkeit ist. Ist Elsaß-Lothringen noch nicht reif, glaubt man, daß die Bundesratssttmmen die Verbindung mit dem Reiche lockern

würden? Im Gegenteil, festigen würden sie sie. Die Reichslande sollen noch nicht reif dafür sein, daß ein Ober­haus in der Landesgesetzgebung die Interessenvertretung über­nimmt, die gegenwärtig der Bundesrat ausübt. Dieser Schritt ist nicht riskant. Das selbständige Leben existiert schon in Elsaß-Lothringen. Es ist kein neues Haus, das wir errichten wollen, sondern wir wollen das vorhandene Haus wohnlich einrichten. So muß die Schaffung des Ober­hauses betrachtet werden. Nun das Wahlrecht. Es ist schwer zu sagen, ob ein Volk für dieses oder jenes Wahl­recht reif ist, ein fremdes Wahlrecht können und werden wir nicht in die Reichslande importieren. Den passiven Wider­stand der Konservativen bedauere ich. Andernfalls wären für manche Vorschriften andere Fassungen ermöglicht worden. Wir wollen den Druck, daß die Elsaß-Lothringer sich als Bürger zweiter Klasse fühlen, beseitigen. Damit schädigen wir nicht die Interessen des Reiches, sondern wir fördern sie. Ich will die Verantwortung für eine Untätigkeit in dieser Frage nicht tragen. Wir können die Konservativen nicht hindern, gegen das Gesetz zu sein, ebenso können wir auch die Sozialdemokraten nicht hindern, dafür zu sein. (Heiter­keit.) Bon einer Morgengabe der Sozialdemokratie ist keine Rede. Das, um was wir Kämpfen, steht zu hoch, als daß Fraktionsinteressen ausschlaggebend sein könnten. Wir haben ein Interesse daran, Elsaß-Lothringen sich wirtschaftlich und politisch entfalten zu lassen. Das ist das sicherste Mittel sür eine Verschmelzung mit dem Reiche. (Lebhafter Beifall).

Das Land ist uns vor 40 Jahren durch das Vertrauen unserer Väter geworden, durch dieses Vertrauen werden wir auch jetzt vorwärts kommen. (Große Bewegung, der Kanzler verläßt den Saal.)

Böhle (S.): Die Instruktion der Bundesratsvettreter durch den Statthalter beeinträchtigt zwar den Volkswillen. In wirtschaftlicher Hinsicht wird jedoch durch die drei Bundesratsstimmen das elsaß-lothringische Land unterstützt und gefördert. Die Befugnisse des Statthalters mindem allerdings die Freude sehr herab. Wir betrachten die jetzige Vorlage als Abschlagszahlung, als den Anfang zum Besseren.

Dr. Schädler (Z.): Die drei Bundesratssttmmen sind sür uns etwas Erfreuliches. Man solle doch nicht blos immer von Opfern Preußens sprechen, auch die anderen Bundes­staaten bringen Opfer. Preußens Stellung im Bundesrat wird durch die Neuregelung in keiner Weise berührt. Elsaß- Lothringen befindet sich auf dem Wege zur Autonomie. Auch wir sehen darin einen Anfang zum Besseren und der liegt auch in der Tatsache, daß die Partei des Herrn Böhle positiv Mitarbeiten will. (Heiterkeit und Beifall.)

Bassermann (n.) : Die Parteien, die in der Kom­mission ein positives Ergebnis herbeigeführt haben, sind von der Notwendigkeit einer Neuregelung der Versassungsoer- hältnisse überzeugt. Meine politischen Freunde stimmen den Kommissionsbeschlüssen in allen Punkten zu. Selbst­verständlich haben auch wir daraus geachtet, daß in den Grenzlanden die nationalen Schutzwehren vorhanden sind. Wir können das mit gutem Gewissen bejahen. Wir wollen die kaiserliche Gewalt in Elsaß-Lothringen nicht schmälern lassen. Wir bedauern, daß die drei Stimmen nicht ohne Klausel eingeräumt sind. Wir schaffen eine Volkskammer. Ich hoffe, daß es gelingen wird, den berechtigten Wünschen der elsaß-lothringischen Landesbeamten um Gleichstellung ihrer Bezüge mit den Beamten in anderen Bundesstaaten in der Landesvettretung nachzukommen. (Der Reichskanz­ler ist während dieser Rede wieder im Saal erschienen.)

Eine lange Reihe von Anträgen wird verteilt, die meisten von den Zentrums-Elsäßern. Ein Antrag der konservativen Fraktion verlangt die konfessionelle Volksschule.

Müller-Meiningen (f. Bp.): Es ist ein Werk gegen­seitiger Verständigung, bei der alle Parteien Opfer bringen müssen. Das ist erfolgt unter der Wucht der Ueberzeugung, daß es so, wie bisher, in Elsaß-Lothringen nicht weiter gehen kann. Das Gesetz ist keine ideale Lösung. Die Hauptsache aber ist, daß Elsaß-Lothringen tatsächlich ein Bundesstaat wird. Diese großzügige, von einem großen Staatsbewußtsein zeugende Haltung Preußens hat einen ausgezeichneten Eindruck in allen außerpreußischen Bundes­staaten gemacht. Preußen hat damit tatsächlich den Weg der moralischen Eroberung in Süddeutschland eingeschlagen. (Lachen rechts.) Jetzt ist der Kaiser wirklich der Torwatt des deutschen Tores geworden. Es ist eine Etappe der autonomen Selbstverwaltung und Selbständigkett. Ich bitte um Annahme der Vorlage zum Segen Elsaß-Lothringens und zum Segen des Reiches. (Lebhafter Beifall links.)

v. Dirks en (Rp.): Wir bedauern die Konzessionen auf dem Gebiete der Alters-Pluralstimmen und der Ge­staltung der Bundesratssttmmen. Ein Nachteil für Preußen ist zwar nicht zu befürchten, aber der moralische Effekt ist tief traurig. Trotzdem wird die größte Hälfte meiner