Garnison. Auf Anordnung des kommandierenden Generals sollten sie diesen Platz räumen und mit einem weniger günstigen, rückwärts und tiefer gelegenen, vertauschen. Als ihnen die Anordnung überbracht wurde, beschloß die Studenten­schaft, den Platz überhaupt zu verlassen und zog sich kurz vor dem Eintreffen des Kaisers nach der Universität zurück. Der Rektor und verschiedene höhere Persönlichkeiten machten den Versuch, die Studenten zur Rückkehr zu bewegen, was jedoch mißlang. In der Universität wurde nach einer kurzen Ansprache von den Studenten ein Huldigungstelegramm an den Kaiser mit Bezugnahme aus den Vorfall abgesandt. Später, nachdem die offizielle Feier am Denkmal beendigt war, begab sich die Studentenschaft in geschlossenem Zuge mit den Fahnen wieder zum Denkmal und legte unter einer Ansprache des derzeitigen Vorsitzenden einen Lorbeerkranz am Denkmal nieder.

Infolge des Zwischenfalles bei der Einweihung des Kaiser Wilhelm-Denkmals hat die Straßburger Studenten­schaft beschlossen, einen Demonstrations-Umzug zum Kaiserpalast zu veranstalten. Wie verlautet, soll sich der Kaiser bereit erklärt haben, die Studenten zu empfangen.

r Straßburg, 8. Mai. Der Kaiser ist 1.35 Uhr unter dem Geläute der Münsterglocken und unter begeisterten Kundgebungen des Publikums im Automobil nach Metz abgereist. Im Wagen des Kaisers hatten der Statthalter Graf Wedel und Staatssekretär Zorn von Bulach Platz genommen.

r Metz, 8. Mai. Der Kaiser ist um V^7 Uhr im Automobil eingetroffen und hat im Generalkommando Woh­nung genommen. Auf dem Wege hierher hat der Kaiser die Werke der Ostfront besichtigt. Auf dem ganzen Weg von Straßburg bis Metz wurde der Kaiser auf das herz­lichste begrüßt. In den Straßen von Metz hieß den Kaiser eine große Menschenmenge mit andauernden Hochrufen will­kommen. Abends folgte der Kaiser einer Einladung des Bezirkspräsidenten und der Gräfin von Zeppelin-Aschhausen zum Diner. Auf dem Wege zum Bezirkspräsidenten halten die Schulen Ausstellung genommen. Heute abend beginnt eine größere militärische Uebung.

Trier, 8. Mai. In Losheim (Kreis Merzig) drang der entlassene Zuchthäusler Peter Schmal in das Haus seiner inzwischen verheirateten früheren Braut ein, um sie zu erstechen. Er kam irrtümlich an das Bett der 14jährigen Schwester der Frau und stach diese nieder. Der Zustand des Mädchens ist hoffnungslos. Der Täter wurde im Wald schlafend gefunden und verhaftet.

r Küftrin, 8. Mai. Gestern nachmittag entwich der Einbrecher Zweigert aus dem Gerichtsgefängnts. Er flüch­tete über den Festungswall und wollte den 5 m breiten Wassergraben durchschwimmen. Dabei ist er ertrunken.

r Wilhelmshaven, 7. Mai. Die Ausreise der unter Führung des bayerischen Oberleutnants Dr. Filchner stehen­den Südpolarexpedition auf dem SchiffDeutschland" fand heute nachmittag von hier aus bei' herrlichstem Früh­lingswetter statt. Zu Ehren der Expedition wurde eine Ab­schiedsfeier veranstaltet. Um 3 Uhr nachmittags trat das Expeditionsschiff die Fahrt an.

Ausland.

r Zürich, 8. Mai. Ein Freiballon kam gestern der Hochspannungsleitung eines Fabrikbetriebes zu nahe. Sein Schleppseil verfing sich in den Leitungsdrähten. Im gleichen Augenblick schoßen elektrische Strahlen zu der kaum drei Meter über der 45 000 Volt führenden Leitung befindlichen Ballongondel empor. Gleichzeitig fiel ein Passagier aus der Gondel etwa 40 > tief zur Erde. Durch den schweren Fall wurde ihm der linke Fuß so verletzt, daß Knochen­splitter den Schenkel durchbohrten. Er soll ein deutscher Offizier sein, der vormittags in den in Konstanz abgegangenen Ballon als Passagier eingestiegen war.

r Paris, 7. Mai. Major Bremond ist von amts- wegen in die Liste der Ehrenlegion eingetragen worden, da es ihm durch seinen persönlichen Einfluß, durch Kaltblütig­keit und Energie gelungen ist, die Truppen in einer auf­rührerischen Gegend zusammenzuhalten und sie trotz unge­heurer Schwierigkeiten nach Fez zurückzuführen.

r Paris, 8. Mai. Gerüchtweise wird gemeldet, die Polizei habe ein von Anarchisten angestiftetes Komplott entdeckt, wonach Dynamitattentate gegen die Polizeipräfektur, sowie gegen mehrere hohe Polizeibeamte geplant sind.

Venedig, 5HMai. Eine höchst anerkennenswerte Tat von Menschenfreundlichkeit vollbrachte hier der auf Urlaub befindliche K. Eisenbahnsekretär Karl Eisenberger aus Röthenbach b. Lauf. Als er, vom Mittagstisch kom­mend, am Ufer der Zattre (einem Meeresarm, in dem die großen Schiffe liegen) stand, sah er, daß ein lOjähriger Knabe einer italienischen Familie aus einem Kahn, den er infolge starken Wellenschlages nicht mehr beherrschen konnte, ins Wasser fiel. Er wäre rettungslos ertrunken wenn nicht kurz entschlossen Herr Eisenberger, wie er stand, ins' Meer gesprungen wäre und mit Aufgebot aller seiner Kräfte und unter Einsetzung seines eigenen Lebens ihn wieder ans

Land gebracht hätte. Interessant mag hierbei sein, daß alle die vielen in der Nähe am Ufer und auf dem Wasser be­findlichen italienischen Arbeiter, Soldaten und Ruderer un­tätig zufahen, bis das Rettungswerk gelungen war. während die Nichte des Herrn Eisenberger, ein junges Mädchen, die sich in seiner Begleitung befand, ihm zur Hilfeleistung nach­sprang, ohne noch eingreifen zu müssen.

Lüttich, 6. Mai. Gestern abend ereignete sich in der Nähe von Seraing ein schwerer Unfall. Auf der Spitze einer großen Schlackenhalde der Cockerill'schen Werke erhob sich ein 30 000 Kilogramm wiegender eiserner Mast, welcher die Kabelleitung trug. Gestern stürzte plötzlich aus nicht aufgeklärter Ursache dieser Mast um. Eine ganze Anzahl Arbeiter-Frauen und Kinder waren, als der Mast stürzte, mit dem Einsammeln von noch brauchbaren Schlacken be­schäftigt. 5 Frauen wurden von dem stürzenden Mast erschlagen und 2 Kinder schwer verletzt. An ihrem Auf­kommen wird gezweifelt. Die Aufregung unter der Arbeiter­bevölkerung wegen des Unfalles ist groß. Man vermutet, daß die starken Regengüsse der letzten Tage ein Sinken des Hügels verursacht haben, wodurch der Mast sein Gleichge­wicht verlor und umstürzte.

r Lissabon, 7. Mai. Der mit der Untersuchung der im Marinearsenal am 7. April ausgebrochenen Meuterei beauftragte Richter hat nach Gegenüberstellung der Ange­schuldigten den Leutnant Serejo verhaften lassen.

r Saloniki, 8. Mai. Nachdem die erste Staffel der Truppensendungen nach Kossowo abgegangen ist. ist der regelmäßige Eisenbahnverkehr wiederhergestellt. Den be­förderten 12 Bataillonen folgen nach einer Woche weitere 12 Bataillone anatolischer Redifs.

r Konstantinopel, 8. Mai. In Jerusalem sind zwei Gendarmen als Mitschuldige an den Diebstählen in der Omar-Moschee verhaftet worden. In Aleppo hatten auf das Gerücht, daß die Mohammedaner wegen der Diebstähle eine Kundgebung gegen den englischen Konsul planen, einige Läden geschlossen. Auf die Dementierung des Gerüchts durch einen Bali öffneten sie wieder. Der Wachdienst in der Stadt ist verstärkt worden.

r Tanger, 7. Mai. Ein aus Fez am 27. April ab­gegangener Bote berichtet über die Rückkehr der Mahalla des Majors Bremond: Dom 21. April ab Hütten die Kämpfe nicht mehr auf. Am 21. April griffen 10 OM

Feinde die Mahalla an. Am 22. April war der Feind

weniger zahlreich. Eine erbitterte Reiterattacke wurde durch Rifschützen zum Stehen gebracht, als sie bis auf 10 Meter an die Geschütze herangekommen war. Am 23. April setzte der Kampf wieder ein, nachdem die Kontingente der Bern

Mter angekommen waren. Am 24. April mußte sich die

Mahalla auf den Zebu stützen, während die Geschütze die Rebellen verhinderten, den Fluß zu überschreiten. Der Feind war 7000 Mann stark und verlor 200 Mann, wich aber nicht zurück, 150 Kanonenschütze wurden abgefeuert. Am 25. April griffen die Sidi Ben Hassan an. Der Kampf dauerte von 10 Uhr morgens bis 10 Uhr abends. Es wurden 93 Kanonenschüsse abgegeben. Die Truppen waren sehr ermüdet. Am 26. April mußte die Nachhut die An­griffe des Gegners bis an die Tore von Fez zurückweisen. Es wurden 60 Kanonenschüsse abgegeben. Die Artillerie hatte nur noch für zwei Gefechte Munition.

r Tanger, 8. Mai. General Moinier hat an die Stämme des Semurtales eine Proklamation gerichtet, in der es u. a. heißt: Wir wollen, daß unsere europäischen Brüder nicht in ihrem Leben und Eigentum bedroht sind und wollen mit unseren Kanonen nur die Verteidigung der Ordnung und die althergebrachte Autorität des Reiches unterstützen. Wenn die Drohungen fortdauern, dann wird uns keine Macht hindern, die Anstifter der Unordnung zu züchtigen und alle Keime des Aufruhrs zu beseitigen.

r Newyork, 7. Mai. Der Korrespondent desGlobe" in Washington berichtet, daß das Komitee des Repräsen- tantenhauses für militärische Angelegenheiten in der abgelaufenen Woche eine geheime Sitzung, in der die Bereitstellung der Armen für eintretende Fälle beraten wurde, abgehalten habe. Wie der Korrespondent weiter meldet, seien von dem amerikanischen Botschafter in Mexiko Nachrichten eingegangen, nach denen auch in der Stadt Mexiko Unruhen ausgebrochen seien, was in Washington das Gefühl der Besorgnis ver­stärkt habe. Militär und Polizei versuchten die Unruhen in der Stadt zu unterdrücken. Die Geschäfte seien ange­wiesen worden, ihre Läden zu schließen.

Mexiko, 8. Mai. Präsident Diaz hat eine Kund­machung erlassen, in der er erklärt, er habe die Absicht, zurückzutreten, sobald der Friede wiederhergestellt sei.

r El Paso, 8. Mai. Die Aufständischen rückten gegen Iuarez vor und es entspann sich bald ein Kampf, obwohl Madero anordnete, das Feuer einzustellen. Verschiedene Kugeln trafen die amerikanische Einwanderungsstalion und verletzten dort stehende Mexikaner. Die Schule im nord­westlichen Teil von El Paso wurde geschlossen. Einer späteren Meldung zufolge haben Madero und der Komman­dant von Iuarez einen Waffenstillstand abgeschlossen.

verschiedenes.

Wie macht's eine Dame, wenn sie auf der Elektrischen fährt? Da macht sie so: sie setzt sich, öffnet ihre Handtasche, nimmt das Portemonnaie heraus, schließt die Handtasche, öffnet das Portemonnaie, nimmt einen Nickel heraus, schließt das Portemonnaie, öffnet die Hand­tasche, legt das Portemonnaie hinein, schließt die Handtasche und gibt den Nickel dem Schaffner. Wenn sie nun die Fahrkarte bekommen hat, so öffnet sie die Handtasche, nimmt das Portemonnaie heraus, schließt die Handtasche, öffnet das Portemonnaie, legt die Fahrkarte hinein, schließt das Portemonnaie, öffnet die Handtasche, legt das Porte­monnaie hinein, schließt die Handtasche wieder und sieht sich nun frohgemut die Leute an. Wenn nun an der nächsten Haltestelle der Kontrolleur erscheint, so öffnet sie die Hand­tasche, nimmt das Portemonnaie heraus, schließt die Hand­tasche usw. usw. Ja, ja, so etwas ist nicht so einfach wie man glaubt!

Der Appetit der Fleischer. Die Fleischer gehen ihren Kunden mit gutem Beispiel voran. Das Festmahl, welches zu der 600-Iahrfeier der Berliner Fleischer-Innung im KonzerthausClou" stattfand, hatte 2993 Teilnehmer. Es sei vorweg berichtet, daß auch nicht eine einzige Klage über die Leistungen von Küche und Keller laut geworden ist. Verbraucht wurden, wie derAllgemeinen Fleischer- Zeitung" berichtet wird, für dieses Mahl zunächst 160 große schwere Suppenhühner, für den zweiten Gang waren erforderlich 15M Pfund Steinbutten, welche in 180 Flaschen Rlldesheimer Berg gedämpft waren. Zum Schmackhaft­machen der Sauce fanden 110 Pfund Champignons und 200 Schock Krebsschwänze Verwendung, außerdem 8M Pfund französische Karfoffeln. Für den nächsten Gang sind 1650 Pfund Prager Schinken verbraucht worden, zur Schinkensauce wurden 160 Flaschen Burgunder verwendet. Für die Garnierung waren nötig: 360 Pfund Kaiser­schoten, 3M französische Schmorgurken und 250 Pfund in Weißwein gedämpfter Sauerkohl. Der Bratengang hatte das Leben von 370 jungen Hamburger Gänsen erfordert. Als Kompott wurden gereicht: 5 Schock Salat, 3 Schock Sellerie, 2M Stück grüne Gurken. Verbraucht wurden ferner 5M Pfund Butter. Der Nachtisch erforderte 230 Liter Sahnengefrorenes und 180 Pfund eingemachte Früchte. Dazu wurden getrunken 3984 Flaschen Wein inkl. Sekt, 9 Hektoliter Pilsener und 7^2 Hektoliter Münchener Bier.

Diekommandierende Generalstochter". Die standesamtlichen Nachrichten, besonders die Aufgebote, bilden häufig eine Quelle heiterer Titelstudien. Eine Bezeichnung nun, die gewiß Anspruch auf Neuheit erheben darf, findet sich in der letzten Ausgabe der standesamtlichen Nachrichten in Jena. Unter den Aufgebotenen befinden sich da ein UniversiMsprofessor mit einerkommandierenden Generals­tochter". Ob die junge Dame das Kommandieren in der Ehe fottsetzen wird?

Auswärtige Todesfälle.

Wilhelm Weber, Alt-Sonne»wirt, 76 2., Wildbad: Luise Pflüger, Calw.

Literarisches.

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Glück im Unglück.

Me Sauce so flau, und so kraftlos die Suppe!

Was mach ich nur schnell?" ein Frauchen spricht.

Sie sinnt ein Weilchen, dann lacht vor Vergnügen Sie über das ganze Angesicht:

Wie kann ich nur Maggi's Würze vergessen,

Die nie noch sehlte in meinem Haus!"-

Lieb Frauchen", spricht zärtlich der Gatte zu Mittag,

Das war heut' mal wieder ein Gälterschmaus!"

Mutmaßliches Wetter am 10. und 11. Mai 1SH.

(Nachdr. verb.)

Der Hochdruck hat sich nach Osten verlegt. Bei Is­land befindet sich zwar ein Luftwirbel von 745 n , des­gleichen eine Depression über Oberitalien. Doch ist unter üem Einfluß des Hochdrucks für Mittwoch und Donners­tag trockenes wenn auch noch teilweise bewölktes Wetter zu erwarten.

Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen BuchdruMeret (Emil Zaiser) Nagold. Für die Redaktion verantiportlich: K. Paur.

KM«,

WM

werden aus erlesenen Rohstoffen nach besonderem, vollendeten Verfahren hergestellt. Sie sind in Güte und Ausgiebigkeit einfach unübertroffen, garantiert unschädlich für Wäsche und Hände. Gegen die Sammel­marken gibt es wertvolle Geschenke.

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