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Fernsprecher Nr. 29.

86. Jahrgang.

Fernsprecher Nr. 29.

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Beilagen: Plauderstübchen, Illustr. Sonntagsblatt und

Schwäb. Landwirt.

^ 166

Montag, den 8. Mai

1911

Amtliches.

Bekanntmachung,

betreffend den Verkehr mit Kraftfahrzeuge».

Der Fahrschule des K. Württ. Automobil-Clubs in Stuttgart ist von der K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel als höherer Verwaltungsbehörde die Ermächtigung zur Ausbildung von Führern von Kraftfahrzeugen der Klassen 1, 2 und 3 im Sinn der Ziffer I Abs. 1 Nr. 4 der Anlage 6 zur Bundesratsverordnung vom 3. Februar 1910 (RGBl. S. 389) erteilt worden. In dieser Fahr­schule ist der Ingenieur Misol, dem laut Bekanntmachung vom 16. Juli 1910 (St.-Anz. Nr. 163, Min.A.Bl. S. 387) die Ermächtigung zur Führerausbildung erteilt worden ist, als Geschäftsführer und Fachlehrer tätig.

Stuttgart, den 1. Mai 1911.

K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel:

Mosthas.

Seine Königliche Majestät haben am 5. Mai d. Is. allergnädigst geruht den Landrichter Ulshofer in Hall zum dienstaufsichtführenden Amtsrichter in Nagold mit dem Titel Oberamtsrichter zu ernennen.

Politische Aebersicht.

Den Dauerrednern soll im preußischen Land­tag künftig der Faden abgeschnitten werden. Verschiedene Vorkommnisse der letzten Zeit führten bekanntlich zur Be­ratung einer umfassenden Aenderung der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses. In der hiermit befaßten Kom­mission hat jetzt der freikonservative Abgeordnete Biereck beantragt, folgende Bestimmung in die Geschäftsordnung auszunehmen:In der zweiten und dritten Beratung ist die Dauer einer Rede bei der allgemeinen Besprechung aus eine Stunde, bei der Einzelbesprechung einschließlich der Begrün­dung und Erörterung von Abänderungsvorschlägen und Re­solutionsanträgen aus dreißig Minuten beschränkt. Nach Ablauf der Redezeit ist dem Redner durch den Präsidenten das Wort zu entziehen, falls nicht das Haus auf Antrag ausnahmsweise eine Verlängerung der Redezeit beschließt. Der Beschluß erfolgt ohne Begründung und Besprechung des Antrages."

Der Diensteid der bayrischen Lehrer soll eine

Verschärfung erfahren. Es liegt nach der sozialdemokrati­schenMünch. Post" eine Weisung vor, in den von den jungen Lehrern zu leistenden Diensteid>ine Stelle einzufügen, durch die er verpflichtet werde, keinem Verein anzugehören, dessen Tendenzen gegen die staatlichen und dienstlichen In­teressen verstoßen.

Im russischen Ministerrat ist ein Entwurf zur

Reform der Polizei eingebracht worden. Ob er wohl ge­eignet ist, den bejammernswerten Zuständen wirklich ein Ende zu machen?

In Washington wird von zuständiger Stelle

erklärt, daß der Entwurf des englisch-amerikanischen Schieds- gerichtsoertrages soweit gediehen sei, daß er innerhalb zweier Wochen der britischen Regierung unterbreitet werden könne.

Deutscher Reichstag.

Berlin, 5. Mai.

Zweite Lesung der Reichsversicherungs-Ord- nung. Es liegen zwei Anträge, Drucksachen vor. Die Sozialdemokraten wollen 33 von den 176 Paragraphen des ersten Buches ändern, die fortschrittliche Volkspartei hat 16 Anträge zu sämtlichen 6 Büchern der Reichsoerstche- rungsordnung gestellt, 5 davon zum ersten Buch. Bericht­erstatter für das erste Buch, betiteltGemeinsame Vor­schriften", ist Abg. Dröscher (k.). Die ersten 6 Para­graphen werden ohne Aussprache angenommen. Nach K 7 kann der Vorstand des Bersicherungsträgers in eiligen Fällen schriftlich abstimmen. Die Sozialdemokraten bean­tragen Streichung dieser Bestimmung. Der Antrag wird abgelehnt.

Vizepräsident Dr. Spahn bittet nach einigen weiteren Paragraphen das Haus, zur Vereinfachung des Geschäfts­ganges und zur Erleichterung des Präsidenten ihm zu ge­statten, wie es auch sonst geschehen, die Paragraphen, bei denen eine Vormeldung nicht vorliegt, Anträge nicht zu er­warten und auch Anträge auf besondere Abstimmungen nicht gestellt seien, einzelne oder auch mehrere Paragraphen zu­sammen zur Abstimmung zu bringen. Ein Widerspruch erhebt sich nicht. Eine Reihe von weiteren Paragraphen, zu denen sozialdemokratische Anträge vorliegen, werden nach kurzen Ausführungen der Antragsteller erledigt ohne abge­ändert zu werden.

Bei § 70 ist ein Kompromißantrag Schickert (k.), Trimborn (Z.), Schulz (Rp.), Norn (n.), Behrens (w. Bg.) in Bezug aus das Berhandlungsverfahren einge­bracht. der angenommen wird. Die 88 34 bis 46 sind der Abschnitt über die Berstcherungsämter. Nach § 34 der Kommissions-Borlage werden die Berstcherungsämter bei den unteren Berwaltungsbehörden errichtet. Nach § 36 der Kommissions-Borlage können die Berstcherungsämter aller selbständigen Behörden ausnahmsweise in solchen Bundes­staaten errichtet werden, in denen nur ein Oberverstcherungs- amt besteht.

Vizepräsident Dr. Spahn schlägt im Interesse der Freiheit und Beweglichkeit der Aussprache vor, innerhalb des Abschnittes über die Versicherungsämter sich nicht an den einzelnen Paragraphen gebunden zu errachten. Dem wird zugestimmt.

Severing (S.): Der politische Grund für den Kom­missionsbeschluß ist die Angst vor der Sozialdemokratie. Es handelt sich um eine Ausnahme-Bestimmung gegen die Arbeiter.

Enno (f. Bp.): Die Macht des Landrates wird hier neu sestgelegt. Der Bersicherungsamtmann als lebensläng­licher Stellvertreter bietet eine ganze Reihe von Rätseln.

In namentlicher Abstimmung wird ein sozialdcmokrat. Antrag, die Versicherungsämter als selbständige Behörden einzurichten, mit 224 gegen 65 Stimmen bei einer Enthaltung abgelehnt. Dafür stimmen Sozialdemokraten und Polen. Hierauf wird der Zentrumsantrag, der die Ausnahme- Bestimmung in Bezug auf die Zulassung von selbständigen Aemtem ans Hamburg beschränkt, angenommen.

Zum tz 41 beantragen die Abg. Cuno und Mugdan (f. Vp.): Ist das Bersicherungsamt bei einer staatlichen unteren Verwaltungsbehörde errichtet, so bestellt die oberste Verwaltungsbehörde den Vorsitzenden und den Stellvertreter.

Andere Anträge der freisinnigen Volkspariei und der Sozialdemokraten sind im gleichen Sinne gehalten. Sämtliche Anträge werden abgelehnt.

Nach § 49 werden die Versicherungsvertreter von den Vorstandsmitgliedern der Krankenkassen gewählt unter Be­teiligung der Vorstandsmitglieder der Knappschaftskranken­kassen, der Gewerbekassen und der Seemannskassen. Nach einem Anträge der bürgerlichen Parteien Schulz und Gen. sollen die Knappschaftskrankenkassen die für den Bezirk des Versicherungsamtes zuständigen Knappschaftsältesten wählen und bei den Ersatzkosten, die örtliche Verwaltungsstellen haben, die Geschäftsleiter der für den Bezirk des Dersiche- rungsamts zuständigen örtlichen Verwaltungsstellen. Die Sozialdemokraten verlangen statt der indirekten Wahl der Versicherungsvertreter die allgemeine, gleiche, direkte und geheime Wahl und die Verhältniswahl. Ueber diesen An­trag soll namentlich abgestimmt werden. Nach den Kom- misfionsbeschlüssen haben nur die Vorstandsmitglieder der­jenigen Krankenkassen das Wahlrecht, die im Bezirk des Bersicherungsamtes mindestens 50 Mitglieder haben.

In der Diskussion über den 8 40 greift Schmidt-Berlin (S.) die Arbeiter-Vertreter des Zentrums wegen ihrer Zustim­mung zu dieser Vorschrift an, weil in den Land-Kranken­kassen die Arbeiter damit kein Wahlrecht erhalten. Es zeige sich darin der agrarische Einschlag des Zentrums.

Molkenbuhr (S.) spricht von einer infamen Ent­rechtung der Landarbeiter und erhält vom Vizepräsidenten Schulz eine Rüge.

Mugdan (f. Bp.) stimmt dem sozialdemokratischen Antrag zu.

In namentlicher Abstimmung wird die geheime, gleiche und direkte Wahl mit 193 gegen 97 Stimmen der Bolks- partci, Polen und Sozialdemokraten abgelehnt. Der Knappschaftsantrag Schulz wird angenommen.

8 55 regelt das passive Wahlrecht. Die fortschrittliche Bolkspartei und die Sozialdemokraten beantragen die Wähl­barkeit der Frauen.

Mugdan (f. Vp.) befürwortet die Anträge. Die Anträge werden gegen die Linke abgelehnt. Eine ganze Reihe von Paragraphen wird unverändert angenommen. Beim 8 91 vertagt sich das Haus.

r Berlin, 6. Mai.

Am Bundesratstisch Staatssekretär Dr. Delbrück. Präsident Graf Schwerin-Löwitz eröffnet die Sitzung um 12.20 Uhr. Die Lesung der Reichsverscherungsord- nung wird bei 8 92, mit welchem Paragraphen die Be­ratung des gestern zurückgestellten 8 69 verbunden wird, fortgesetzt. 8 69 regelt die Kosten für die Derstcherungs- ämter und sieht vor, daß unter Umständen auch ein Teil der Kosten den Gemeinden auferlegt werden kann.

Gyßling (fortschr. Bp.): Wir wünschen, daß die Kosten für das Oberoersicherungsamt, sowohl die persönlichen als auch die sachlichen, der Bundesstaat zu tragen hat. Eine

weitere Belastung der Kommunen ist nicht angängig. Vom Regierungstisch wird um Ablehnung des Antrags gebeten, wonach der Bundesstaat sämtliche Kosten zu tragen hat, da er für die Regierung unannehmbar sei.

Hildenbrand (S.) vertritt einen Antrag seiner Partei, der sich in gleicher Richtung wie der freisinnige Antrag be­wegt.

Trimborn (Ztr.): Wenn unsere Bestrebungen, den Städten Kosten zu ersparen, gescheitert sind, so lag dies an der entschiedenen Erklärung der verbündeten Regierungen, daß sie sich auf irgendwelche grundsätzliche Aenderung dieser Kostenvetteilung nicht einlassen könnten.

Nach weiterer Debatte werden die Anträge der Frei­sinnigen und Sozialdemokraten abgelehnt. Ein Kompro­mißantrag Schultz (Rp.), der die Kosten der Bezüge der Versicherungsvertreter bei den Bersicherungsämtern nicht den Gemeinden anferlegen will, wird angenommen und damit die 88 69 und 92. Die 88 93 bis 104 werden nach dem Antrag der Kommission erledigt. Zu 8 105 wird ein An­trag Schultz (Rp.) angenommen, der bei den Wahlen der zwölf Versicherten zum Reichsverstcherungsamt die Verhält­niswahl vorsieht. Im übrigen werden die 88 105127 in der Fassung der Kommission angenommen. Nach kurzer Debatte iverden auch die 88 128135 angenommen. Zu 8 136 wird ein Antrag angenommen, der die Behandlung von Zahnkrankheiten mit Ausschluß von Mund- und Kiefer­krankheiten mit Zustimmung der Versicherten außer durch Zahnärzte auch durch Zahntechniker zulassen will.

Unter Ablehnung einiger sozialdemokratischer Anträge werden hierauf die übrigen Paragraphen des I. Buches (Gemeinsame Vorschriften) angenommen. Es folgt das II. Buch (Krankenversicherung). Die 88 177192s behandeln den Umfang der Versicherung und zwar bis 8 188 die Dersicherungspslicht.

Büchner (S.): Wir wünschen bei 8 177 die wettere Ausdehnung der Bersicherungspflicht auf die selbständigen Handwerker mit einem Jahreseinkommen bis zu 5000

Pauli-Potsdam (k.): Wir halten es für besser im Interesse der Selbständigkeit des Handwerks, wenn es nicht unter das Krankenkassengesetz gestellt wird. (Unruhe links.)

Nach weiterer Debatte wird der Antrag abgelehnt und 8 177 in der Kommisstonsfaffung angenommen.

Bei 8 182 bezweifelt Bebel die Beschlußfähigkeit des Hauses, das Bureau schließt sich an und die Verhandlung muß abgebrochen werden. Montag 12 Uhr Weiterberatung.

Die neue Fernsprechgebührenordnung.

Die Budgetkommission des Reichstages beschäftigte sich kürzlich mit der Fernsprechgebührenordnung, die nach der letzten Berichterstattung in zweiter Lesung nicht behandelt, sondern an die Kommission zurückoerwiesen wurde. Es lag ein Antrag vor, der von Mitgliedern der konservativen Pattei, der Reichspattei, der Wirtschaft!. Bereinigung und dem Zentrum unterzeichnet ist und im allgemeinen eine Ver­billigung der Fernsprechgebühren gegenüber den Beschlüssen der Kommission bedeutet. 8 2 soll nach dem Bericht derFrkft. Ztg." folgende Fassung erhalten:Die Grundgebühr ist die Vergütung für die Ueberlassung und die Unterhaltung der Apparate, sowie für den Bau und die Instandhaltung der Sprechleitung. Sie beträgt in Netzen mit mehr als 100 Anschlüssen 50 mit mehr als 100 bis einschließlich 1000 Anschlüssen 60^, bis 5000 Anschlüsse 75 -6, bis einschließlich 20000 Anschlüsse 90 bis ein­schließlich 70000 Anschlüsse 100^, mit mehr als 70 000 Anschlüssen für jede angefangenen wetteren 50000 Anschlüsse 10 ^ mehr und für jeden Anschluß, der nicht weiter als 5 Km von der Vermittlungsstelle entfernt ist. Die Einzel­gebühr beträgt 4 ^ für jede Verbindung. Die Pauschgebühr beträgt bei nicht über 3000 Verbindungen 80 jährlich, bei mehr als 3000 einschließlich 5000 Verbindungen 130 -6 und bis 7000 Verbindungen 170 bis 10 OM Verbind­ungen 2M Die Höchstzahl der von einem Anschluß aus zulässigen Verbindungen beträgt 10 OM jährlich. Sind mehr als zwei Pauschgebührenanschlüsse desselben Teilneh- mehmers für den Fernsprechbetrieb so vereinigt, daß die Anschlüsse beliebig zur Herstellung der Verbindungen benutzt werden können, so erhöht sich die Zahl der auf jede der vereinigten Anschlüsse zulässigen Gesprächsoerbindungen auf 14 OM. Die Pauschgebühr für die Gesprächsverbindungen über 10 bis 14 OM beträgt für jede angefangenen 2000 Verbindungen 20 -H. Wird bei Anschlüssen gegen Einzel­gebühr die Höchstzahl der Gesprächsverblndungen überschritten, so ist für jede Verbindung die Einzelgebllhr und für je 10 OM Verbindungen oder einen Teil davon die Grundgebühr für einen weiteren Anschluß zu entrichten. Wird bei Anschlüssen gegen Pauschgebühr die Höchstzahl der Gesprächsverbind-