Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtage.

Preis vierteljährlich hier 1.10 X, mit Träger­lohn 1.20 «6, km Bezirks­und 10 Lm.-Verkehr 1.25 im übrigen Württemberg 1.35 Monatsabonnements nach Verhältnis.

m!> AUP-MM M dk» Ottmts-KeD NWld.

F.nnjprecher Nr. 29.

85. Jahrgang.

Fernsprecher Nr. 29.

Anzeigen-Gebllhr für die einspalt. Zeile ans gewöhnlicher Schrift oder deren Raum bei einmal. Einrückung 10 A bei mehrmaliger entsprechend Rabatt.

Beilagen. Plauderstübchen, Illuftr. Sonntagsblatt und

Schwäb. Landwirt.

89

Dienstag, den 18. April

1911

Amtliches.

^Bekanntmachung des Ministeriums des Innern, betreffend die Abhaltung eines Krämermarktes in Ludwigsburg.

Vom 9. April 1911.

In dem monatlichen und in dem alphabetischen Markt- Verzeichnis des K. Württembergischen Landeskalenders für 1911 (S. 16 und 44) ist die Abhaltung eines Krämer­markts in Ludwigsburg auf 9. Mai eingetragen.

Dieser Markt findet tatsächlich am 11. Mai d. I. statt.

Stuttgart, den 9. April 1911.

_ Pischeck.

Bekanntmachung der K. Zentralstelle.

Beginn neuer Unterrichtskurse an der K. Fach­schule für Feinmechanik, einschl. Uhrmacherei und

Elektromechanik, in Schwenningen a. N.

An der unter Aussicht der K. Zentralstelle für Ge­werbe und Handel stehenden staatlichen Fachschule für Fein­mechanik usw. in Schwenningen beginnen am 2. Mai d. I. wieder neue Unterrichtskurse.

Der Zweck der Fachschule ist, durch praktischen und theoretischen Unterricht in den verschiedenen Zweigen der Feinmechanik einschließlich Uhrmacherei und Elektromechanik für diese Gebiete ebensowohl tüchtige Gehilfen und Werk- sührer als selbständige Gewerbetreibende heranzubilden.

Der Unterricht an der Fachschule umfaßt drei ordent­liche Fahreskurse für angehende Fein- und Elektromechaniker sowie Groß- und Taschenuhrmacher, welche mit einer Schlußprüfung (Gesellenprüfung) abschließsn. Daneben be­steht ein einjähriger höherer Fortbildungskurs mit anschließen­der Meisterprüfung insbesondere für solche Gehilfen der Fein- und Elektromechanik sowie Uhrmacherei, welche sich in be­sonders gründlicher und umfassender Weise für die spätere selbständige Betreibung ihres Gewerbes oder für die Ver­setzung von Werkführerstellen in der Großindustrie vorbereiten wollen.

Anmeldungen sind zu richten an den Vorstand der K. Fachschule für Feinmechanik usw. in Schwenningen, von welchem auch Schulprogramme und Auskünfte erhalten werden können.

Stuttgart, den 13. Januar 1911. Mosthaf.

K. Hberarnt Ncrgokd.

Die Ortspolizeibehörden

werden auf den Ministerialerlaß betr. statistische Erhebungen über die beim Betriebe von Kraftfahrzeugen vorkommenden schädigenden Ereignisse vom 20. März 1911, A.Bl. S. 103, hingewiesen. Im Bedarfsfälle sind Formulare vom Oberamt einzuoerlangen.

Nagold, den 13. April 1911.

Amtmann Mayer.

Bekanntmachung,

betr. die Maul- und Klauenseuche.

Die Gemeinden Ober- und Untertalheim werden i aus dem anläßlich des Seuchenausbruchs in Hochdors OA. s

Horb gebildeten Beobachtungsgebiet herausgenommen. Sie sind für den Mehverkehr wieder frei. Schietingen bleibt im Beobachtungsgebiet. Es wird darauf hingewiesen,

daß das Durchtreiben von Wiederkäuern und Schweinen durch diese Markung verboten ist. Nagold, 15. April 1911.

_ Amtmann Mayer.

Bei der niederen Finanzdienstprüfung ist u. a. Kandidaten Emil Dreiz von Wildberg für befähigt erkannt worden und hiemit in das Verhältnis eines Finanzpraktikanten eingetreten.

Politische Ueberficht.

Der Abschluß des Reichsetats für das am 1. April abgelaufene Budgetjahr 1910/11 weist eine rund 12prozentige Mindereinnahme gegenüber dem Sollvoranschlag auf.

Zwischen Italien und Schweden ist ein Schieds- qerichtsoertrag zustande gekommen, der am Donnerstag unterzeichnet wurde.

Der bulgarische Gesandte in Konstantinopel

und der türkische Minister des Aeußern Unterzeichneten ein Protokoll, durch das die in Sofia durch die türkisch-bulga­rische Mllitärkommission ausgearbeitete Bereinbarung über den Dienst und den gegenseitigen Verkehr der Grenzwachen sanktioniert wird. Durch diese Vereinbarung soll Grenz­zwischenfällen oorgebeugt werden. Das hinderte nicht, daß bei Wassiliko zwischen bulgarischen und türkischen Grenz­posten infolge eines von bulgarischer Seite abgegebenen Schusses ein mehrstündiger Schußwechsel entstand, bei dem auf türkischer Seite ein Unteroffizier getötet und ein Mann verwundet wurden. _

Militärische Neuerungen.

Wie dieAllgem. Armee-Corr." mitteilt, ist die neue leichte Feldhaubitze sie heißt amtlich: leichte Feldhau­bitze 98/09 nunmehr bei mehreren Feld-Artillerieregimentern an Stelle der bisherigen eingestellt worden. Man betrachte in Fachkreisen die neue Waffe als einen wesentlichen Fort­schritt und sei von ihren Leistungen sehr befriedigt. In ähn­licher Weise wie bei der Feldkanone hat man auch hier das bisherige Rohr beibehalten, hat ihm aber einen leicht zu handhabenden sogenannten Schubkurbelverschluß gegeben, der eine Wiederspannvorrichtung besitzt. Das Rohr ist in eine Wiege eingelagert, auf der der Rücklauf nach dem Schuß erfolgt. Eine weitere Verbesserung ist das Rundblick- (Pano­rama-) Fernrohr für die Visierung und die Einrichtung dieser Visierung als Trommeloisier, das für jede verschiedene Lad­ung auch eine besondere Einteilung hat. Der Hauptvorzug des neuen Geschützes soll die zweckmäßige Schutzschildvor­richtung sein. Durch Verwendung eines bogenförmig ge­formten Schildes werde bei jeder Aufstellung im Gelände ein ausreichender Schutz auch gegen steiler einfallende Ge­schosse erzielt.

Als weitere Neuerung nennt die Korrespondenz die Leuchtpistole, die e i nächtlichen Gefechten das Feld des Nahkainpfes erhellen soll.

Sie wird von Pionieren bedient und verschießt rote und weiße Leuchtpatronen, die sich nach dem Abfeuern in

Leuchtsterne verwandeln und das Gelände beleuchten. Die weißen Leuchtpatronen werden zur Beleuchtung des Borge­ländes verwendet, um z. B. zu erkennen, ob sich der Feind nähert oder sich vor der Stellung festgesetzt hat. Eine ein­zelne Patrone hat etwa 200 Meter Leuchtweite und eine Beleuchtungsdauer von 8 bis 10 Sekunden. Feuert der Schütze mehrere Patronen schnell nacheinander ab oder ar­beiten zwei Schützen zusammen, so läßt sich bei genügender Geschicklichkeit der Leute eine Beleuchtungszeit von mehreren Minuten erzielen. Diese Zeit reicht aber aus, um den Gegner mit Gewehr- und Maschinengewehrfeuer zu überschütten. Es besteht nur die Gefahr, daß bei unrichtiger Handhabung der Leuchtpistole, namentlich bei sehr steilem Schußwinkel, die eigene Truppe beleuchtet und somit dem Feinde verraten wird. Auch ist die Wirkung der Leuchtpatrone ziemlich feuergefährlich und entzündet z. B. Strohdächer, Getreide usw. Die roten Leuchtpatronen dienen der Signalgebung, um noch auf mehrere Kilometer die Verständigung zwischen verschiedenen Abteilungen oder Kommandostellen zu ermög­lichen. (Beide Neuerungen waren schon voriges Jahr bei dem Korpsmanöoer bei GündringenSchielingen versuchs­weise in Verwendung genommen. D. R.)

Die Familie Nanndorff und die von ihr behaup­tete Abstammung von den Bourbonen ist in einer der letzten Sitzungen des preußischen Herrenhauses zur Sprache ge­kommen. Prinz zu Schönaich-Carolath schnitt die Frage an, mit dem Hinweis, daß ein Nanndorff zur Zeit in Frankreich die Naturalisation und die Genehmigung zu er­langen suche, den Namen Bourbon führen zu dürfen und daß im Zusammenhang damit in der französischen Presse behauptet worden sei, in Deutschland speziell in Berlin, be­fänden sich hochwichtige Aktenstücke und Dokumente im Staatsarchiv; sie würden streng sekret gehalten.

Prinz zu Schönaich führte weiter aus, daß diese Fa­milie Nanndorff bei uns eine sehr unglückliche Rolle gespielt und wiederholt mit den Gesetzen in Widerspruch und Kon­flikt geraten ist. Da aber die Oeffentlichkeit in Frankreich durch diese Angelegenheit stark erregt und in der französischen Presse eingehend besprochen worden sei, so möchte er, daß sie endlich geklärt werde und er richte deshalb an den Herrn Direktor der Staatsarchive die Anfrage, ob in der Tat in Berlin Dokumente über Naundorffs Aufenthalt in Deutsch­land vorhanden sind, und zweitens, ob ein Grund vorhan­den ist, daß diese etwaigen Dokumente sekret gehalten werden.

Der Generaldirektor der Staatsarchive, Geheimrat Dr. Kofer beantwortete die Anfrage des Prinzen zu Schönaich sofort dahin, daß das Material im Staatsarchiv vorhanden und daß es der historischen Forschung zugänglich gemacht worden sei. Nicht nur deutsche, sondern auch zahlreiche französische Forscher hätten auf Grund des amtlichen fran­zösischen und des Materials im preußischen Staatsarchiv nachgewiesen, daß Nanndorff nicht der Dauphin sei. Zuletzt hat das noch G. de Manteyer in demJournal des Dsbats" getan, der nach eingehendem Studium im preußischen Staats­archiv feststem, daß Nanndorff in Wirklichkeit der fahnen­flüchtige Soldat Karl Benjamin Werg vom Infanterieregi­ment v. Thadden ist, das 1796 bis 1799 in Halle a. d. S. in Garnison stand.

Das Osterei.

(Schluß.)

Ein Nestchen von üblem Heidengeruche hastet zwar noch lange an dem Osterei und darum wurde oft eine eigene Eierweihe vorgenommen, um die Eier vor allen bösen Gewalten zu sichern, auch wurden gern heilige Bilder, das Fesuskindlein. Engelchen oder das Lamm mit der Friedens­fahne, daraus gemalt. Das bürgerte sich um so schneller ein, als ja das Frühlings-Opferei von je bunt bemalt wor­den war. Durch die Vermischung heidnischer und christlicher Vorstellungen und Gebräuche aber wurzelte nun die Beliebt­heit des Eies vollends fest, und sehr wunderlich verwoben sich jetzt allmählich die alten und neuen Elemente. Die Eiergabe z. B., die an vielen Orten, besonders in Frank­reich, die Geistlichen erhalten, ist nichts anderes, als das alte Opfer der Ostara; die Kinder aber vergaßen die Göttin bald und glaubten, die Eier seien ein Geschenk der großen Wundertäter, die Kirchenglocken, das sie von ihrer geheimen Weihefahrt nach Rom mitbrächten. Ein besseres Gedächtnis bewahrten sie 8dm anscheinend einst der Frühlingsgöttin heiligen Hasen, und dieser Erinnerung verdankt der Osterhase noch heutigen Tags das ehrenvolle, aber zoologisch höchst anstößige Zutrauen, daß er die vielen schönen Ostereier bringe: O Osterhas, O Osterhas,

Leg dyne Eier bald ins Gras, wie Usterie singt.

Bei dem so gekennzeichneten Ursprung aus allgemeinen Ur-Tradnionen der Menschheit kann es nicht Wunder nehmen, daß die an das Osterei anknllpfenden Sitten in den ver­schiedensten Teilen der christlichen Welt sich begegnen. Hier­her gehört in erster Linie das sogenannteEierlesen", welches früher besonders in Süddeutschland weit und breit bekannt war, heute aber nur noch vereinzelt auftritt. Es ist eine Art von Wette, welche zwei Parteien miteinander eingehen. An die Spitze jeder Partei stellen sich die Kämpfer, die behufs Uebernahme ihrer Rotten das Los werfen. So muß nämlich in Schwaben der eine Wettende von einem bestimmten Platze, gewöhnlich aus dem nächsten Ort, einen Säbel, einen Zweig, ein Stück Gebäck oder sonst etwas holen, während der gegnerische Kämpfer eine Anzahl von mindestens 100 Eiern aufzulesen hat. Auch in einigen hessischen Ortschaften findet bei gutem Wetter dieses origi­nelle Eierlesen noch heute am zweiten Ostertage statt.

Lincker gibt nachstehende Beschreibung des Vergnügens: Am Tage zuvor gehen einige junge Burschen im Dorfe von Hans zu Haus, Eier zu sammeln: zwei tragen Körbe, die anderen sagen die Bitte her. Am folgenden Tage ziehen Burschen und Mädchen unter Musikbegleitung auf eine lange, ebene Trift vor dem Walde, wo die Eier Stück um Stück in eine, oder wenn die Anzahl groß ist, in zwei Reihen ausgelegt werden. An das obere Ende stellt sich die Musik, und nun läuft einer von den Burschen von da zum anderen Ende und holt das letzte Ei und dann, immer

eins nach dem andern, die nächstfolgenden. Währenddem läuft ein anderer nach der eine halbe Stunde entfernten Ortschaft, wo er aus dem ersten Hause, welches er erreicht, ein Zeichen seiner Anwesenheit, einen Besen oder was ihm am schnellsten zur Hand ist, mitnimmt. Wer mit seiner Aufgabe zuerst fertig ist. hat den Sieg und die Ehre des Tages und wird unter Musik und Jubel durchs Dorf und zum Tanze geführt, wobei die Eier gebacken und gemein­schaftlich verzehrt werden." In der Umgegend von Aarau (Schweiz) ist diese seltsame Volksbelustigung noch zeremo­nieller anzutreffen, auch wird den beiden Wettläufern die zu vollbringende Arbeit noch schwieriger gemacht. So muß z. B. der Eierleser jedes aufgehobene Ei in eine ihm nachge­tragene, mit Spreu gefüllte Wanne werfen. Für jedes da­bei zerbrechende Stück wird ihm ein neues zum Auslesen hingelegt, und fliegt mal ein durch dir Lust geworfenes Ei anstatt ins Gefäß an den Kopf eines der zahlreichen Zu­schauer, um hier wie eine Bombe zu zerschmettern und das Gesicht mit dottergelbem Entsetzen zu färben, dann bestraft ihn unauslöschliches Gelächter und beißender Spott der gaffenden Menge.

Hie und da, besonders in Schwaben, liest der laufende Held des Tages" auf einmal immer soviel Eier auf, als er fassen oderklauben" kann, weshalb man dort auch das österliche Lustspiel mit der BezeichnungEierklauben" belegt.

In einem alten schwäbischen Predigtbuch wird uns