Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtage.

Preis vierteljährlich h'sr 1.10 mit Triiger- lohn 1.L0 -er, im Bezirks- uild 10 Lm.-Derkehc 1.85 im übrigen Württemberg 1.35 Monatsabonnements nach Berhältnis.

M 84

ff'/ >

Fernsprecher Nr. 29.

85. Jahrgang.

Wontag, dm 10. April

Fernsprecher Nr. 29.

Anzeigcn-Gebühr für die einspalt. Zeile aus gewöhnlicher Schrift oder deren Raum bei einmal. Einrückung 10 bei mehrmaliger entsprechend Rabatt.

Beilagen. Piaudersttibchen, Jllustr. Sountagsblail und

Schwäb. Landwirt.

1911

Aus Grund der im Monat März abgehaltenen Aufnahmeprüf­ung sind u. a. nachstehende Zöglinge in die Lehrerbildungsanstalt Nägöld ausgenommen worden: Blaich, Adam, aus Oberweiler, Gem. Aichhalden, OA. Calw: Burkhardt, Karl, aus Calw: Claß, Eugen, aus Gechingen, OA. Calw: Dengler, Johannes, aus Ebhausen: Dittus, Friedrich, aus Wart: Faßnacht, Wilhelm, aus Ueberberg; Fleischle, Erwin, aus Oberjettingen: Gail, Richard, aus Egenhausen: Graf, Max, aus Freudenstadt: Jordan, Ludwig, aus Rotfelden: Kalmbach, Georg, aus Edelweiler, OA. Freudenstadt: Luckscheiter, Friedrich, aus Buhlbach, Gem. Baiersbronn: Lutz, Gustav, aus Altensteig; Müder, Friedrich, aus Ebhausen; Mayer, Hermann aus Nahold, Mönch, Lorenz, aus Oberkollwangen: Reichardt, Albert, aus Deckenpfronn; Schittenhelm, Karl, aus Nagold; Stockinger, Georg, aus Schönbronn: Straile, Richard, aus Althengstett; Tafel, Christian, aus Nagold: Walz, Johannes, aus Walddorf: Weikert Friedrich, aus Freudenstadt: als Hospitanten: Heß, Bernhard, aus Hörschweiler, OA. Freudenstadt: Sattler, Hugo, aus Althengstett.

Me EUerhochzeivseier m MigsW.

r Stuttgart, 8. April. Ueber dem heutigen Festtag leuchtete endlich wieder die Sonne, die mit ihren goldenen Strahlen der rcichgeschmücktsn Stadt ein ganz besonderes Gepräge verlieh. Eingelcitet wurde der heutige Festtag durch ein Salutschießcn der Artillerie in den K. Anlagen bei der Eberhardsgruppe, wo eine Batterie der 2. Abteilung des Feld.-Art.-Regts König Karl 101 Ehrenschüsse abfeuerte. Daran schloß sich um 9 Uhr em Ständchen, das die ver­einigten Musikkorps der Infanterie-Regimenter Nr. 119 und 125 sowie des Dragoner-Regiments Nr. 26 unter Leitung des Musikdirektors Stoy dem Königspaare im Hofe des Wilhelmspalastes dardrachten. Von allen Türmen erschallt feierliches Glockengeläute und schon früh herrscht ein leb­haftes Treiben auf den Straßen, die Niemand passieren konnte, ohne von einem anmutigen Mädchen auf die Pflicht des Wohltnns aufmerksam gemacht zu werden. Jeder kaufte und tat das von Herzen gern. Das Wilhslmspalais und das Residenzschloß waren schon seit früher Morgenstunde von einer zahlreichen Menschenmenge belagert, die die Aus­fahrt der Fürstlichkeiten und übrigen Festgäste erwartete.

Als sich das Königspaar zur kirchlichen Feier in das Residenzschloß begab, wurde es auf dem ganzen Wege jubelnd begrüßt. Inzwischen hatten sich die fürstlichen Gäste, die Mitglieder der K. Familie und die Hofstaaten im Schloß versammelt, wo die Majestäten deren Glückwünsche entgegennahmen. Im herrlichen großen Marmorsaal, der mit prachtvollen Blattpflanzen zu einer stimmungsvollen Kapelle umgewandelt worden war, waren die Mitglieder der standesherrlichen Familien, die Chefs der diplomatischen Missionen, sowie deren Sekretäre, die Staatsminister, die Präsidenten der beiden Kammern, Vertreter des ritterschaft- licheu Adels, der Stadt, der Hofstaaten, Generäle, höchsten Beamten, auch Bischof Dr. von Keppler und Feldprobst von Blum erschienen. Der erleuchtete Raum bot mit den goldstrotzenden Uniformen und den auserwählten Toiletten der Damen ein malerisches Bild von eigenartigem Reiz. Durch die Spaliere der König!. Schloßgardeßompagnie bewegte sich um ^11 Uhr unter großem Vortritt der Zug der Fürstlichkeiten in den Marmorfaal. Der König hatte die Paradeuniform seines Dragoner-Regiments angelegt, die Königin war in Weiß gekleidet. Der Großherzog von Baden in der Uniform seines württ. Inf.-Regts. Großherzog Friedrich von Baden Nr. 126 führte die Herzogin von Sachsen-Altenburg, Prinz Johann Georg von Sachsen in der Uniform des Inf.-Regts.Alt-Württemberg" führte die Großherzogin von Baden, die eine kostbare silbergraue Toilette trug, es folgte Herzog Ernst van Sachsen-Altenburg mit der Fürstin zu Waldeck, Fürst Friedrich zu Waldeck mit Herzogin Wera von Württemberg und die übrigen an­wesenden fremden Fürstlichkeiten. Herzog Albrecht war durch ein Unwohlsein am Erscheinen verhindert. Seine beiden ältesten Söhne nahmen zum ersten Male an einer großen Festlichkeit teil. Herzog Philipp Albrecht erschien in der Uniform des Gren.-Rgts.Königin Olga", Herzog Albrecht Eugen trug die Uniform des Gren.-Rgts.König Karl" Nr. 123. Auch die älteste Tochter des Herzogs von Urach, Fürstin Elisabeth, war im Zuge zu bemerken. Einen lieblichen Anblick boten die Enkelkinder des Königs, Erb­prinz Hermann und Prinz Dietrich zu Wied, sowie die in weißen Matrosenanzügen erschienenen 6 Enkelkinder der Herzogin Wera. Nachdem die hohen Herrschaften sich um den Altar gruppiert hatten, trug der Kirchenchor das LiedHebe deine Augen auf" vor. Oberhofprediger Prälat Doktor von Kolb leitete die Feier mit einem kurzen Gebet ein. Seiner kurzen Ansprache legte er den vom Königspaar ausgewählten Bibeltext 1. Buch Samuel 7. Kap. Vers 12:Bis hieher hat uns der Herr geholfen" zu Grunde. Außer von den hohen Verwandten, sei das Königspaar unsichtbar und doch spürbar von einem reichen

Kreis derer umgeben, die in herzlicher Liebe und Fürbitte Anteil nehmen am heutigen Fest, da das hohe Paar ein hohes Ziel und einen weihevollen Höhepunkt des Lebens erreicht habe. In den 25 Jahren hätten der König und die Königin viel Freundlichkeit und Güte, aber auch viel Schweres erfahren. Treue Vater- und Mutteraugen hätten sich unter­dessen im Tode geschlossen, aber junges, frohes Leben sei aus dem Ehebund der Tochter herangeblüht. Auf Liebe und Treue sei die eheliche Gemeinschaft aufgebaut und wenn solches sich auf dem Königstron bewährt habe, müsse man dem Herrn dafür danken. So fei der Ehebund eine Quelle des Segens für unser ganzes Land und Volk geworden. Auf den Wert der Persönlichkeiten hinweisend, bezeichnte der Geistliche den Ehebund des Königpaares als die kost­barste Gabe für das Volk, das durch die sinnige Art des Wohltuns ein schönes Angebinde als ein Zeichen der Dank­barkeit darbringe. Am heutigen Tage wende sich rückwärts der Blick auf den zurückgelegten Weg und die Gedanken vorwärts der Strecke der zukünftigen Lebensbahn zu, mit dem Wunsche, daß diese eine recht lange und schöne werden möge. Nach Gebet und Segen stimmte der Hofkirchenchor eine von Prof. Lang für den heutigen Tag komponierte Motette:Gott ist die Liebe" an. Hierauf begann im Thronsaal die Gratulations-Cour daran anschließend fand um 12^2 Uhr ein Familienfrühstück, gleichzeitig Marschalls- tafel in den unteren Frescozimmern des Kgl. Residenz­schlosses statt.

Nach der Familientasel im Schloß sah man viele Fürstlichkeiten in den Straßen promenieren und sich eben­falls mit Nelken schmücken. Bis in die späten Abendstun­den hielt das festfrohe Treiben in den Hauptverkehrsstraßen an. Es war in des Wortes schönster Bedeutung ein Volks­fest, das hier in herzlicher Weise gefeiert wurde und an dem sich alle Kreise beteiligten. Nach 3 Uhr begann in einem offenen Galawagen mit Borreitern das Königspaar seine Rundfahrt durch die Hauptstadt. In einem 2.Wagen folgten das Fürstenpaar zu Wied mit den beiden Enkel­kindern des Königs. Wo die Königliche Familie erschien, wurde sie mit stürmischen Hochrufen begrüßt. Dem Landes­vater und der Landesmutter sah man die herzliche Freude an, die sie über die spontanen Huldigungen empfanden. Nachdem die Herrschaften in das Wilhelmspalais zurück­gekehrt waren, schlugen die Wogen der Begeisterung hier am höchsten. Eine nach Tausenden zählenden Menschen­menge hatte vor dem Palais die Rückkehr des Königs­paares abgewartet und nun nahm das Hochrufen kein Ende. Immer wieder zeigten sich die Herrschaften auf dem Balkon, um der Menge dankbare Grüße zuzuwinken. Wenige Stimmen setzten ein und plötzlich erscholl aus tausend Kehlen das LiedPreisend mit viel schönen Reden", das dasIubelpaar und die Wied'schen Herrschaften freudigen Blicks anhörten.

Auf den großen Plätzen der Stadt, wo allerorten die Musikkorps spielten, schob sich die Menge nur langsam weiter. Die meisten Geschäfte und Bureaus hatten nach­mittags geschlossen und so wurde der Berkehr in den Straßen gegen abend ein immer gewaltigerer. Das Residenzschloß war den ganzen Tag über von Neugierigen belagert, denn viel zu sehen gab es in der Tat. Schon um Vz? Uhr begann die Auffahrt der Gäste für das Galadiner. Der architektonisch schöne Weiße Saal bot mit der hufeisenför­migen Tafel, die mit den schönsten Nelken, den Lieblings- blumcn der Königin, prächtig geschmückt war, mit den vielen Kerzenlichtern und dem strahlenden elektrischen Licht einen selten schönen Anblick. Um 7 Uhr betraten die Fürst­lichkeiten den Saal. König Wilhelm in der Uniform der gelben Ulanen führte die Königin, die eine kostbare weiß- seidene Toilette mit herrlichen Juwelen und einem funkeln­den Diadem im Haar trug. Großherzog Friedrich von Baden, in der Uniform seines württ. Inf.-Rgts. Nr. 126 führte die anmutige Herzogin Adelheid von Sachsen-Altenburg, die in einem prächtigen blauen Kleide erschienen war. Prinz Johann Georg von Sachsen, ebenfalls in württembergischer Infanterieuniförm, führte die Großherzogin Hilda von Baden, deren hellseidene Robe mit Diamantschmuck besetzt war, der Herzog von Sachsen-Altcnburg folgte mit der Fürstin zu Waldeck-Pyrmont, der Fürst zu Waldeck in Gardeulanen­uniform mit der Herzogin Wera, deren Schmuck allgemein bewundert wurde und die das breite rote Band des russischen Katharinenordens angelegt hatte. Ihnen reihten sich die übrigen Fürstlichkeiten an. An dem Galadiner nahmen weiter teil: Die Chefs der diplomatischen Missionen, die Mitglieder der standesherrlichen Familien, die Staatsminister, Landesbifchof Dr. o. Keppler, Vertreter des ritterschaftlichen Adels, Oberbürgermeister v. Gauß, die obersten Hofchargen und hohe Staatsbeamte. Während des Mahls spielte die Kapelle des 7. württ. Inf.-Rgts., Kaiser Friedrich Nr. 125 unter Leitung des Kgl. Musikdirektors Müller folgende

Stücke: Vorspiel zu Tristan und Isolde von R. Wagner, Phantasie ausSamson und Dalila" von Saint Saens, Hochzeitsständchen von Lacombe, Wagners Siegfrid Idyll, die Phantasie aus La Boheme von Puccini,Am Neckar­strand" Walzer von Millöcker undHeil Württemberg" von Butscher.

Während der Tafel erhob sich der Großherzog von Baden und brachte folgenden Trinkspruch aus: Ew. Kgl. Majestäten im Nomen der hier versammelten Verwandten und Gäste zu dem schönen Tage der silbernen Hochzeit unsere von Herzen kommenden, innigsten Glückwünsche dar­bringen zu dürfen, sehe ich als einen ganz besonderen Vor­zug an. Wir bitten zu Gott, er möge ferner schützend über Ew. Majestäten walten. Es möchten Ew. Majestäten noch viele Jahre gemeinsamen ungetrübten Glücks und reichsten Segens beschieden sein. Der Jubel, der Ew. Majestäten heute umgibt und an dem mir uns freudig beteiligten ist ein erhebender Beweis des freudigen Mitlebens des ganzen Königreichs bei dem hohen Familienfest feines in Ehrfurcht geliebten Herrn und Landesvaters. Es ist der warme Aus­druck der Dankbarkeit für Alles, was in so langen Jahren Ew. Majestäten in Segen für Land und Volk wirkten. Wir aber die wir das Glück haben, heute uns um Ew. Majestäten scharen zu dürfen, wollen mit einstimmen in den allgemeinen Jubel und Huldigungsruf: Hoch lebe Seine Majestät der König, hoch lebe Ihre Majestät die Königin, sie leben hoch!

Sofort erwiderte der König mit folgenden Worten: Für die außerordentlich schönen und warmen Worte, mit denen Ew. Kgl. Hoheit des hohen Festtags gedachten, der uns beschieden ist, möchte ich in der Königin und meinem Na­men sofort den wärmsten und innigsten Dank aussprechen all den lieben hohen Gästen und Verwandten, die aus Nah und Fern herbeigeeilt sind, ihre Teilnahme zu bezeugen an dem Jubelfest, welches wir begehen dürfen. Ich möchte die Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, auszusprechen, wie tief und innig bewegt unsere Herzen am heutigen Tage sind. Sind uns doch von allen Seiten, von Hoch und Nieder, Alt und Jung, die wärmsten und herzlichsten Be­weise der Liebe und Anhänglichkeit entgegengebracht worden. Es sind nur Worte, die ich heute finde, aber tief im Herzen ist es für alle Zeit, für den Rest unseres Lebens einge­graben. was der heutige Tag uns gebracht hat. Allen denen, die hier versammelt sind, aber auch allen denen, die draußen aus den Straßen stehen, allen, die in unserem Lande am heutigen Tage so herzlich und warm Unsrer gedacht haben, sei eine Fülle des wärmsten Dankes dargebracht. Indem ich nochmals allen denen, die gekommen sind, das heutige Fest durch ihre Anwesenheit zu verschönen und zu verherrlichen, innigen und wärmsten Dank ausspreche, fordere ich alle auf, mit mir zu trinken auf das Wohl unsrer ver­ehrten, lieben und hohen Gäste."

Nach Aufhebung der Tafel fand im großen Marmor­saal Empfang statt. Inzwischen hatten sich die dem schwäbischen Sängerbünde angehörenden Vereine Groß-Stutt- garts, etwas über 2000 Sänger, unter Borantritt der Stadt­garde und flankiert von Fackelträgern, in den Schloßhof begeben, um dem Jubelpaare eine Huldigung darzu­bringen. Als das Königspaar auf dem Mittelbalkon er­schien, wurde es begeistert begrüßt. Unter der Leitung Pro­fessor Foerstlers wurden folgende Chöre oorgetragen: 1. Die Ehre Gottes aus der Natur von Beethoven, 2. Rosenfrüh- ling von Jüngst, 3. Heimat von C. L. Fischer, 4. Werbung von Silcher, 5. Württemberger Lied von Lindpaintner. Während der Borträge waren sämtliche Fürstlichkeiten auf dem Mittelbalkon um das Königspaar versammelt. Prä­zeptor Schairer überbrachte die Glück- und Segenswünsche der Sänger in Form eines Gedichts und forderte zu einem dreimaligen Hoch auf das erlauchte Paar auf. Das Pub­likum stimmte daraus die Nationalhymne an. Den Beschluß des Abends bildete das großartige Feuerwerk, das die Stadtverwaltung auf dem Schloßplatz veranstaltet hatte.

r Stuttgart, 8. April. Der preußische Gesandte von Below-Rutzau hat dem König und der Königin im Auf­träge des Kaisers zur silbernen Hochzeit ein sehr herzlich gehaltenes Glückwunschschreiben des Kaisers überreicht.

Huldigungsadressen. Von fast allen Stadtge­meinden des Landes sind dem Königspaare Huldigungs­adressen übersandt worden, darunter eine besonders vornehm ausgestattetc der Stadt Stuttgart, in der die große Entwick­lung der Residenz während der letzten 25 Jahre als untrennbar verknüpft und verwoben mit dem segensreichen Wirken des Königs bezeichnet wird.

r Stuttgart, 9. April. (Blumen tag.) Im Bezirk Stuttgart-Amt beziffert sich das Gesamtergebnis des Blu­mentages aus 9312