Erscheint kglich mit Air-nähme der Sonn- und Festtage.

Preis vierteljährlich hier 1.10 »«, mit Träger- lohn 1.20»«, im Bezirks­und 10 Xm.-Berkehr 1.25 »«, im übrigen Württemberg 1.35 Monatsabonneinents nach Verhältnis.

GMIWkl

Fernsprecher Ne. 29.

85. Jahrgang.

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Mittwoch, dm 5. April

Kgl. Oberamt Nagold. Bekanntmachung.

Das K. Staatsministerium hat sich dahin geeinigt, daß am 8. April ds. Fs., dem Fest der silbernen Hochzeit Ihrer Majestäten des Königs und der Königin, die Beamten und Bediensteten aller Departements dienstfrei und die Kanzleien der Staatsbehörden von der Erledigung dringlicher Ge­schäfte abgesehen zu schließen seien.

Die Gemeindebehörden werden hievon in Kenntnis gesetzt.

Den 4. April 1911. Kommerell.

Bekanntmachung,

betr. den Ansbrnch der Maul- und Klauenseuche in Schönbronn.

Im Farrenftall, sowie in dem Gehöfte des Amts- disners Nner in Schönbronn ist die Maul- und Klauen­seuche ausgebrochen. Auf Grund der ZK 18 ff. des Reichs­viehseuchengesetzes vom R.G.Bl. v. 1894, S.

410, KZ 59 ff. der Bundesratsinstruktion hiezu vom 27. Juni 1895 R.G.Bl. S. 358 und des Ministerialerlasses o. 9. Okt. 1908, A.Bl. S. 273, wird bis aus weiteres folgen­des angeordnet.

I. lieber die Gerneindemarknng Schönbroun wird die Sperre verhängt. Dies hat folgende Bedeutung:

1. Sämtliche Wiederkäuer und Schweine des verseuchten Gehöfts werden unter Stallsperre gestellt, sämt­liche Wiederkäuer und Schweine der nicht verseuchten aber besonders gefährdeten Gehöfte, worunter die unmittelbar an die verseuchten Gehäste stoßenden Gehöfte fallen, sind in der Form der Stallspcrre abzusondern, beides mit der Maß­gabe, daß eine Entfernung der Tiere aus dem gesperrten Stall nur nach vorgängiger Einholung der Erlaubnis der Ortspolizeibehörde zum Zwecke sofortiger, innerhalb der Ge­meinde unter polizeilicher Aussicht zu vollziehender Schlacht­ung, erfolgen darf.

2. Der Handel inr Nrnherziehen mit Wiederkäuern und Schweinen ist verboten. Unter das Verbot fällt auch das Ausstichen von Bestellungen seitens der Händler ohne Mttsührung von Tieren außerhalb ihres Niederlassungsorts.

3. Das Geflügel der gesperrten und gefährdeten Ge­höfte ist so einzusperr'en, daß es das Gehöft nicht verlassen kann. Die Hnnde sind im ganzen Sperrgebiet festzulegen.

4. Durch das Sperrgebiet darf Klauenvieh nicht durchgetrieben werden. Dem Treiben ist das Fahren mit angespannten Wiederkäuern gleichgestellt.

5. Aus Sammclrnolkereicn darf Milch nur weg- gegeben werden, wenn die Milch vorher abgekocht wird und die zum Transport der Milch benützten Kannen, Fässer rc. vor ihrer Entfernung aus der Molkerei innen und außen mit heißer Sodalauge gründlich gereinigt werden.

Unter diese Bestimmung fallen auch Magermilch, Käse- und Buttermilch und die Molke.

6. Das Senchengehöst ist am Hanpteingangstor oder an einer sonstigen geeigneten Stelle in augenfälliger pnd haltbarer Weise mit der InschriftMaul- und Klauen­seuche" zu versehen. Tafeln mit gleicher Inschrift sind an allen Eingängen des Seuchenorts aufzustellen.

7. Das verseuchte Gehöft ist gegen den Verkehr mit Tieren und mit solchen Gegenständen, die Träger des An- steckungsstosies sein können, abzusperren.

8. Die in dem verseuchten Gehöft befindlichen Pferde und Wage» dürfen außerhalb des Gehöfts nur unter be­sonderen von der Ortspolizeibehörde zu eröffnenden Beding­ungen (A.Bl. 1908 S. 280 rm.co.) verwendet werden.

9. Die Wart und Pflege der Tiere des verseuchten Stalles ist vom Besitzer bestimmten Personen zu übertragen. Allen übrigen Personen (abgesehen von Tierärzten) also insbesondere Viehhändlern und Metzgern ist das Betreten des Stalles nicht gestattet. Beim Verlassen des Stalles haben alle Personen ihre Hände mit einer des­infizierenden Flüssigkeit zu reinigen; auch hat das Pflege­personal die mit den Tieren in Berührung gekommenen Ueberkleider daselbst zurückzulassen und die Schuhe zu wechseln. Nach Abheilen der Seuche sind diese Gegenstände zu desinfizieren.

10. Der Inhaber des Seuchengehöftes hat seinen Haus­genossen und Dienstboten das Betreten seuchenfreier Stall­ungen in anderen Gehöften zu verbieten und selbst solche Stallungen zu meiden.

11. Die gemeinsame Benützung von Brunnen und Tränken durch Wiederkäuer und Schweine ist verboten.

12. Die Abgabe roher Milch aus dem verseuchten

13. Häute von gefallenen oder getöteten kranken Tieren dürfen nur in vollkommen trockenem Zustand aus dem Seuchengehöft ausgeftihrt werden, sofern nicht die unmittel­bare Ablieferung an die Gerberei erfolgt.

14. Ranhfutter und Stroh, das nach dem Ort seiner Lagerung als Träger des Ansteckungsstoffes anzusehen ist, darf aus dem Seuchengehöft nicht entfernt werden.

15. Stallgänge und Dunglegen des Seuchengehöfts sind täglich mit dicker Kalkmilch (1 : 2), die Iauchenbe- hälter mit unverdünntem frisch gelöschtem Kalk, die Plätze vor den Stalltüren und den Gehöfteingängen sowie die gepflasteren Wege an den Ställen und auf dem Hose sind mehrmals täglich durch Uebergießen mit dünner Kalkmilch (1 : 20) zu desinfizieren.

16. Von dem Umstehen eines Rindviehstückes infolge der Seuche ist dem Ortsvorsteher unverzüglich An­zeige zu erstatten. Vor Feststellung des Krankheitszustandes des gefallenen Tieres darf an dem Kadaver keinerlei Ver­änderung vorgenommen werden, auch darf er nicht aus dem Gehöfte entfernt werden.

Zuwiderhandlung gegen die Anordnungen Ziff. 1 bis 14 unterliegen den Strafbestimmungen des Z 328 St.- G.-B. und ZK 66 Ziff. 4 und 67 des Reichs-Vieh-Seuch.- Ges. und schließen die Gewährung einer Entschädi­gung für an Maul- und Klauenseuche gefallenes Rindvieh aus.

II. Um das Sperrgebiet (Markung Schönbroun) wird ein Beobachtnngsgebiet gebildet, in welches die Gemein­den Effringen und Wildberg einbezogen werden. Hier gilt:

1. Das Durchtreiben von Wiederkäuern und Schweinen durch das Beobachtnngsgebiet ist untersagt. Dem Treiben ist das Fahren mit angespannten Wieder­käuern gleichgestellt.

2. Die Ausfuhr von Wiederkäuern u. Schweinen ist nur mit Genehmigung des Oberamts und zum Zwecke sofortiger Abschlaä)tu»g gestattet. Die K. Bahn­station Wildberg ist ersucht worden, nur gegen Vorzeigen des Erlaubnisscheins die Verladung zu gestatten, gleichgiltig woher die Tiere kommen.

3. aus den im Sperr- und Beobachtungsgebiet liegen­den Sammelmolkereien darf Milch nur dann abgegeben werden, wenn sie vorher abgekocht wird und die zum Trans­port der Milch benützten Kannen, Fässer usw. vor ihrer Entfernung aus der Molkerei innen und außen mit heißer Sodalauge gründlich gereinigt werden.

Unter diese Bestimmung fallen auch Magermilch, Käse und Buttermilch und Molke.

4 Der Handel im Umherziehen ist verboten, darunter fällt auch das Aufsucheu von Bestellungen seitens der Händler ohne Mitsühren von Tieren außerhalb ihres Niederlassungsorts.

5. Die Abhaltung von Pferde-, Rindvieh- und Schweinemärkten ist untersagt.

Hl. Im Umkreis von 12 kn» nur Schönbronn,

worunter außer den unter II genannten die folgenden Ge­meinden fallen:

1. vom Oberamt Nagold: Nagold, Altensteig, Altensteig-Dorf, Beihingeu, Berneck, Beuren, Ebershardt, Ebhausen, Egenhausen. Emmingen, Eltmannsmeiler, Garr- weilcr, Gaugenwald, Gültlingen, Iselshausen, Mindersbach, Oberschwandoif, Pfrondorf, Rohrdorf, Rotselden, Spielberg, Sulz, Lieberberg, Walddorf, Wart, Wenden,

2. vom Oberamt Calw: Calw, Agenbach, Aich- Halden, Altbulach, Altburg, Althengstett, Alzenberg, Breiten­berg, Dachtel, Deckenpfronu, Emberg, Emstmllhl, Gechingen, .Hirsau, Holzbronn. Hornberg. Liebclsberg, Martinsmoos, Neuhcngstett, Neubulach, Neuweiler, Oberhaugstett, Ober- kollivangcu, Oberkollbach, Oberreichenbach, Ottenbronu, Rötenbach, Schmich, Sommenhardt, Stammheim, Teinach, Würzbach, Zavelstcin, Zwerenberg,

3. vom Oberamt Herrenberg: Haslach, Kuppin­gen, Oberjesingen, Oberjettingen, Unterjettingen

gelten, die Inkraftsetzung durch die beteiligten Oberämter für ihre Bezirke vorausgesetzt, folgende Anordnungen:

1. Der Handel im Umherziehen mit Wieder­käuern und Schweinen ist bis zu dem Tage, an welchem die Seuche amtlich für erloschen erklärt wird, untersagt. Unter das Verbot fällt auch das Ausstichen von Bestellungen seitens der Händler, ohne Mitführung von Tieren außerhalb ihres Niederlassungsorts.

Zuwiderhandlungen werden gemäß § 148 Ziff. 7 a R.G.B. und K 328 Rstgb. d. h. mit Gefängnis bis zu 2 Jahren bestraft.

2. Die Abhaltung von Pferde-, Rindvieh- und

Fernsprecher Nr. 29.

Anzeigen-Gebühr für die einspalt. Zeile aus gewöhnlicher Schrift oder deren Raum bei einmal. Einrückung 10 A bei mehrmaliger entsprechend Rabatt.

Beilagen. Plauderstllbchen,

* Illustr. Sonntagsblatt und

Schwab. Landwirt.

1911

Die Ortspolizeibehörden wollen Vorstehendes orts­üblich bekannt machen.

Die Tierbesitzer werden wiederholt auf ihre Anzeige­pflicht im Falle des Seucheoerdachts hingewiesen mit dem Bemerken, daß wissentliche Verletzung der Anzeigepflicht mit Gefängnis bis zu 2 Jahren bestraft wird. (§ 328 Rstgb.)

Die Anordnungen im Erlaß v. 18. Febr. 1911, Ge- sellsch. Nr. 42, werden durch Vorstehendes nicht berührt.

Nagold, den 4. April 1911.

Amtmann Mayer.

Deutscher Reichstag.

Berlin, 3. April.

Drille Beratung des Reichsbesteuerungsgesetzes.

Ahlhorn (f. Vp.) befürwortet einen Abänderungsantrag auf erweiterte Berechnung der Entschädigungspflicht des Reichs an die Gemeinden.

Staatssekretär Wermuth: Die verbündeten Regie­rungen haben nur ein Interesse an der einheitlichen Rege­lung der Grundsätze des Gesetzes; ein materielles Interesse haben namentlich Elsaß-Lothringen und die stark belasteten Gemeinden. Der Entwurf ist den Interessen der Gemeinden außerordentlich entgegengekommen. Die Kommission hat jedoch den Kreis, der Gemeinden, die unter das Gesetz fallen, noch wesentlich erweitert. Ich bitte, den Abände­rungsantrag anzunehmen. Hierauf wird die Vorlage unter Annahme des Abänderungsantrags in dritter Lesung an­genommen.

Das Haus beginnt die dritte Lesung des Etats. Es findet zunächst eine Generaldiskussion statt.

Ledebour (Soz.): Die Ausgaben des Hauses sind derart gewachsen, daß eine Verlängerung der Session not­wendig ist. Dann muß aber auch das Diätengesetz abge­ändert werden. Wenn der Reichskanzler auf unsere Kritik keinen Wert legt, sollte er doch die Verurteilung berücksich­tigen, die er vor wenigen Tagen durch Delcassö erfahren hat. Anläßlich des bevorstehenden schweren Konkurrenz­kampfes zwischen Amerika und Europa sollten wir unsere Ausgaben für die Rüstungen einschränken. Der Reichs­kanzler hat die Raubtiernatur des Kapitalismus anerkannt, als er die Abrüstungsidee ablehnte.

Damit schließt die Generaldebatte. In der Spezial­debatte werden ohne Erörterung erledigt die Etats des Reichs­tags, des Reichskanzlers und der Reichskanzlei. Beim Etat des Auswärtigen Amtes klagt

Dr. Oeser (f. Vp.) über die Benachteiligung der Han­delskreise durch die Nachfrankatur der von den Konsulaten erstatteten Antwortschreiben.

Staatssekretär v.Kiderlen-Wächter: Der österreich­ungarische Botschafter hat die Beschwerde einiger seiner Lands­leute wegen angeblicher Verletzung ihrer Rechte durch die preußischen Behörden uns zugehen lassen. Die vom preußischen Minister des Innern vertretene und vom Botschafter über­mittelte Auskunft in der Sache ging dahin, daß auf die betr. Personen ausschließlich die Bestimmungen der preußischen Verordnung über die Aus- bezw Durchwanderung angewandt worden sind. Ich will zugeben, daß in diesem Fall die Reisenden besonders hart betroffen sind. Diese haben es sich aber selbst zuzuschreiben, denn sie haben sich als Aus­wanderer bezeichnet, trotzdem aber die Bestimmungen für die Auswanderer umgangen.

Oeser (f. Vp.) befürwortet sodann einen Antrag auf Einstellung eines Betrags in den Etat, mit dem die deut­schen Generalkonsulate und Konsulate die Portokosten für die amtliche Korrespondenz mit Privaten bestreiten sollen.

Staatssekretär o. Kiderlen-Wächter: Es unterliegt jetzt der Prüfung, wie es zu vermeiden ist, daß solche Här­ten im einzelnen eintreten.

Nach weiteren Ausführungen der Abgeordneten Hor- mann-Bremen (f. Vp.), Arendt (Rp.) und Dove (f. Vp.) über den Fall des ermähnten Brautpaares führt Abg. David (S.) aus: Der Staatssekretär sollte uns nicht mit solchenMeinlichen Einwänden kommen, die Reisenden hätten sich selbst als Auswanderer bezeichnet.

Staatssekretär v. Kiderlen-Wächter: Die Frage, ob die preußischen Bestimmungen sinngemäß angewandt sind, gehört nicht vor den Reichstag. Was die Beaufsichtigung betrifft, so kann davon nicht in der Verfassung stehen, daß der Reichskanzler einen Einzelstaat in seiner Gesetzgebung in einer Materie, die ihm Vorbehalten ist, beaufsichtigt.

Hormann-Bremen (f. Vp.) protestiert gegen den vom Abg. David der Polizei und der Schiffahrtsgesellschaften gemachten Borwurf der Korruption.

Dove (f. Vp.) Eine reichsgesetzliche Regelung

der