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* Illustr. Sonntagsblatt und
Schwäb. Landwirt.
1911
Bestellungen auf den Gesellschafter
für das zweite Quartal
werden bei allen Postanstalten und Landpostboten sowie in der Expedition angenommen.
Wandkalender u. Fahrplan werden gratis nachgeliefert.
Amtliches.
An die Ortsarmenbehörden des Schwarzwaldkreises.
Der Aufwand auf die in endgiltiger Fürsorge eines Ortsarmenverbandes des Schwarzwaldkreises stehenden Geisteskranken, Geistesschwachen, an Epilepsie oder ähnlichen Krankheiten leidenden Personen, sowie auf Taubstumme und Blinde wird vom Landarmenverband zu drei Vierteilen getragen.
Die Ortsarmenbehörden werden ersucht, dafür zu sorgen, daß die Ersatzansprüche für das Rechnungsjahr 1910 alsbald nach Schluß des Rechnungsjahres bei der Landarmenbehörde angemeldet werden. Ersatzansprüche, die nicht innerhalb 9 Monaten nach Schluß des Rechnungsjahres, in dem der Aufwand entstanden ist, geltend gemacht worden sind, werden grundsätzlich abgelehnt.
Im übrigen wird auf die in sämtlichen Bezirksamtsblättern des Schwarzwaldkreises erschienene Bekanntmachung vom 21. April 1903 hingewiesen.
Reutlingen, 25. März 1911.
Vorsitzender der Landarmenbehörde für den Schwarzmaldkreis:
Oberregierungsrat Bosch.
Politische Ueberficht.
Bei der Beratung des Etats des Auswärtigen
Amts in der Budgetkommission des Reichstags machte Staatssekretär von Kiderlen-Wächter vertrauliche Mitteilungen über die Lage in Marokko. Dann verbreitete sich ein Abgeordneter darüber, ob es richtig gewesen sei, die Algeciras- Akte aufzugeben. Ein anderer Abgeordneter führte aus, in französischen Kammerreden und Artikeln werde ständig davon gesprochen, daß Frankreich Marokko einstecken müsse. Der Staatssekretär bemerkte dazu: Bon einer Aufgabe der Algecirasakte sei keine Rede. Die Akte sei geradezu dazu da, um zu verhindern, daß Marokko von irgendeiner Macht eingesteckt werde. Die Beobachtung der Bestimmungen dieser Akte sei die Forderung, die als roier Faden durch alle Besprechungen gehe, die über Marokko geführt werden. Den Fall des Eintritts eines Minderjährigen in die französische Fremdenlegion werde das Auswärtige Amt auf dem Weg der Reklamation verfolgen. Es sei begründete Aussicht, den jungen Mann sreizubekommen. Die französische Regierung habe Mitteilen lassen, daß sie bei der Rekrutierung der Fremdenlegion wie früher verfahren werde. Junge Leute unter 18 Jahren sollen nicht angenommen werden, und wenn es geschehe, aus Reklamation freigegeben werden. Die französische Regierung hat auch ausdrücklich zugesagt, künftig überhaupt jeden einzelnen Fall, der zur Sprache gebracht werde, zu prüfen und der Reklamation Folge zu geben, wenn besondere Gründe dafür vorliegen sollten. Mehr sei gegenwärtig nicht zu erreichen. — lieber die Zustände in Portugal äußerte sich der Staatssekretär von Kiderlen auf eine Anfrage folgendermaßen: Die Situation sei unerfreulich. Man hätte wegen des Privateigentums der ausgewiesenen deutschen Ordensschwestern und eines anderen Deutschen Schwierigkeiten. Die bisherigen Vorstellungen hätten kein Ergebnis gehabt, und man erwäge deshalb jetzt, welche weiteren Mittel anzuwenden seien.
Die Lage in Rußland wird recht kritisch. Nicht nur der Dumapräsident Gutschkow hat sein Amt niedergelegt, sondern auch der Reichsratspräsident Akimow hat auf feine Bitte feinen Abschied erhalten. Ebenso ist der Marineminister Wojewodsky entlassen worden.
Die Bildung des neuen mexikanischen Kabinetts wird der mexikanische Botschafter in Washington, de la Barra, übernehmen. Er will, um eine Einigung mit den Aufständischen zu fördern, eine allgemeine Amnestie gewähren und große Reformen einfllhren, die Aufteilung der großen Haciendas befürworten und Regierungsländereien für Ansiedler zugänglich machen. Ferner ist Diaz geneigt, 40 Millionen Dollar flüssig zu machen, um Bewässerungsanlagen zu errichten, wodurch große Landstriche für den Ackerbau gewonnen werden könnten. — Nach einer Meldung aus Saundersou (Texas) wurden dort zwei Amerikaner und elf Mexikaner verkästet unter der Anschuldigung, eine militärische
Expedition organisiert zu haben. Eine Menge Munition und Proviant wurde beschlagnahmt.
In Mexiko hat sich das neue Kabinett gebildet. De la Barra übernahm außer dem Präsidium das Ministerium des Aeußeru.
Deutscher Reichstag.
Berlin, 28. März.
Der Kolonial-Etat wird in zweiter und dritter Lesung genehmigt und auch verabschiedet. — Es folgt die Beratung des Etats der Reichseisenbahnen. — Nach Bortragung von Wünschen der Abgg. Dr. Will (Elf.) und Böhle (S.) erwidert Minister Breitenbach: Die Lage der Eisenbahnarbeiter könne nicht so ungünstig sein, denn sonst wäre der Andrang von Arbeitswilligen nicht so groß. Die Löhne seien ständig gestiegen. Dem Wunsche, den Arbeiterausschüssen zu gestatten, mit einander in engere Verbindung zu treten, könne nicht entsprochen werden. Zu den Verkehrswünschen erklärt der Minister, daß die Frage des Hauses einer Parallel-Linie der Hauptbahn Straßburg- Basel pon der Verwaltung im Auge behalten wird, aber für die nächsten Jahre mit der Ausführung des Projektes nicht zu rechnen ist, dagegen sollen im nächsten Jahre die Mittel für den Bau einer Verbindungslinie Pirmasens- Bitsch-Reichshofen angefordert werden.
Wetze! (n.) wünscht über den Staatsbahnwagen-Ver- band hinaus eine weitere Vereinheitlichung des Eisenbahnwesens mit einem Reichstarifamt und einem General-Gütertarif.
Carstens (fr. Bp.) kritisiert das Verbot des Verkaufs von gewissen Witzblättern sowie Zeitungen auf den Bahnhöfen und bringt weitere Arbeiterwünsche vor.
Minister Breitenbach: Für die einheitliche Gestaltung des Eisenbahnwesens im ganzen Reich ist in den letzten Jahren ganz außerordentliches geleistet worden. Fast alle Fragen des Eisenbahnwesens werden einheitlich zu regeln versucht. Auch ich wünsche eine Reform der Fahrkartensteuer. Ein entsprechender Gesetzentwurf wird zu Beginn der nächsten Session vorgelegt werden. Das Manko, das bezüglich der Ausgestaltung des Wagenparks noch besteht, wird in diesem und im nächsten Jahre ausgefüllt werden. Die Löhne der Eisenbahnarbeiter werden den Bedürfnissen des Ortes angepaßt. In Bezug auf das Koalitionsrecht stehen wir nach wie vor auf dem Standpunkt, daß unsere Angestellten sich nicht koalieren dürfen zum Zweck der Verbesserung der wirtschaftlichen Lage.
Auf einen vom Abg. Behrens (w. Bg.) geäußerten Wunsch erwidert der Minister noch, daß die Zahl der Arbeiterausschüsse sich erheblich vermehrt habe. Auch die Bahnerhaltungsarbeiter werden einbezogen. Eine Enquete über die Lohnfrage wird veranstaltet.
Ein Schlußantrag wird jetzt gegen die Linke angenommen. — In der Einzelberatung befürwortet Emmel (S.) Petitionen von Beamten, die bei der Besoldungsreform nicht genügend berücksichtigt wurden.
Hormann (fr. Vp.) empfiehlt eine Petition der Lokomotivführer auf Herabsetzung der Dienstzeit und Besserung im Gehalt.
Minister v. Breiten dach: Die Verhältnisse sind durchaus nicht so ungünstig, wie hier immer behauptet wird. Nur 0,4 Prozent der Lokomotivführer haben eine längere Dienstzeit als 10 Stunden. Wir widmen diesem Dienstzweige volle Aufmerksamkeit.
Emmel (S.) wendet sich gegen den Abg. Carstens. Die Reichs-Eisenbahn-Berwaltung nutzt die Notlage der Arbeiter nach allen Richtungen aus.
Behrens (w. Vg.): Das Streikrecht liegt nicht im Interesse des Staates, auch nicht in dem der Arbeiter.
Minister v. Breitenbach: Es nehmen Beamte an den Verhandlungen der Arbeiter teil. Das wünschen die Arbeiter selbst; nur diejenigen nicht, die agitatorisch beeinflußt sind. Diesen werde ich grundsätzlich entgegen treten, wenn sie den Versuch machen, die Teilnahme der Beamten auszuschalten und werde dann die Konsequenz ziehen, die ich ziehen muß.
Hormann (f. Vp.): Ich bitte den Minister dringend, sich der Petitionen anzunehmen.
Werner (RfpO fordert eine einheitliche Regelung der Urlaubszeit für die Lokomotivführer.
Göring (Z.) empfiehlt eine bessere Verbindung der Pfalz mit dem Elsaß.
Minister von Breitenbach: Dafür wird schon seit Jahren gesorgt.
Dr. Spahn (Z.) betont die Notwendigkeit der wirtschaftlichen Erschließung des Elsaß durch weitere Eisenbahnverbindungen mit den übrigen Teilen des Reiches.
Minister von Breitenbach erklärt, daß Alles geschehe,
um die wirtschaftlichen Interessen der Reichslande und besonders der Stadt Straßburg zu fördern.
Spahn (Z.) spricht über den Bahnbau im Elsaß und die Stagnation der Bevölkerung in Frankreich.
Birkenmeyer (Z.) wendet sich gegen seinen Fraktionsgenossen Spahn, der im Interesse des Elsaß aus dem badischen Leder Riemen schneiden wolle.
Spahn (Z.) entgegnet, daß es ihm fern liege, eine Erdrückungspolitik zu Ungunsten Badens im Interesse des Elsaß herbei zu führen.
Gothein (Bp.) meint, daß Dr. Spahn jetzt sehr viel Wasser in seinen Wein gegossen habe.
Der Etat der Reichseisenbahnen ist damit erledigt.
Tages-Neuigkeiten.
Aus Stadt und Land.
Nagold, 30. März 1911.
.'. Seminar Nagold. Heute verlassen uns die 23 Zöglinge des ältesten Kurses, nachdem sie in den letzten Wochen die schriftliche und in den letzten Tagen unter Leitung des Regierungsrats Dr. Reinöhl die mündliche erste Dienstprüsung sämtlich mit Erfolg abgelegt haben. Bei dem zur Zeit noch herrschenden Lehrermangel werden sie in den allernächsten Tagen Verwendung finden und wohl draußen manchmal gerne an die schöne Seminarzeit in dem freundlichen Nagold zurückdenken._
-1- Altettfteig, 29. März. Auf 1. April geht die hiesige Filiale des Bruderhauses Reutlingen in den Besitz der Stadt über; deshalb fand in den letzten Tagen die Räumung des Anwesens statt. Die meisten Zöglinge kamen in die Papierfabrik Dettingen bei Urach, die andern nach Göttelfingen OA. Freudenstadt. Die Stadt hat bereits einen Teil des Anwesens verpachtet, wegen des Restes ist noch kein bestimmter Beschluß gefaßt.
s) Rohrdorf, 29. März. Dem verdienten Vorstand des hiesigen Militärvereins, Herrn I. G. Reichert, ein Kriegsoeteran, ist aus Anlaß seines 25jährigen Jubiläums seitens des Präsidiums des württembergischen Kriegerbundes ein prächtiges Ehrendiplom mit Abzeichen verliehen worden.
Ergebnisse des Blumentags in Rohrdorf (Nagold) 82.— ^ Unterjettingen . 100.—
Sulz . „ 137.— „ Sindelfingen . 850.— „
Mötzingen. . 114.— „ Rexingen . . 155.10 „
Oberjettingen . 66.— „ Eutingen . . 153.62 „
p Zur silbernen Hochzeit des Königspaars. Der Staatsanzeiger veröffentlicht das Programm zur Feier der silbernen Hochzeit des Königspaars. Am Freitag 7. April abends 6V-. Uhr ist Familientafel im Speisesaal des Kgl. Residenzschlosses. Um 8 Uhr abends findet im Hostheater Festvorstellung statt. Am Samstag 8. April vormittags Kft/s Uhr findet die kirchliche Feier im großen Marmorsaal des Kgl. Residenzschlosses statt. Nach Beendigung der Feier begibt sich das Königspaar mit seinen fürstlichen Gästen und den Mitgliedern der Kgl. Familie in das obere Fresco- zimmer. Die fürstlichen Gäste ziehen sich in ihre Gemächer zurück. Ihre Gefolge und Ehrendienste verbleiben im großen oberen Frescozimmer, wohin sich auch sämtliche württembergischen Hofstaaten aus dem großen Marmorsaal begeben und wo das Königspaar die Glückwünsche der Gefolge und Ehrendienste der fürstlichen Gäste entgegennimmt. Vom großen Marmorsaal bis zum Thronsaal stehen Spaliere der Kgl. Schloßgardekompanie. Die übrigen geladenen Gäste nehmen im grauen und gelben Marmorsaal Aufstellung zur Gratulationscour. Das Königspaar begibt sich, begleitet von den Mitgliedern der Kgl. Familie, nach dem Thronsaal, gefolgt von sämtlichen württembergischen Hofstaaten. Nachdem sich das Königspaar vor den Thron gestellt, die weiblichen Mitglieder der Kgl. Familie rechts, die männlichen links vom Throne ihre Stellung eingenommen haben, beginnt das Defilieren. Nachmittags 12Vs Uhr ist Familienfrühstück im Speisesaal. Am Nachmittag führt das Königspaar eine Fahrt durch die geschmückte Stadt aus. Abends 7 Uhr ist Galatafel im weißen Saal des Kgl. Residenzschlosses: abends 9 Uhr Empfang im großen Marmorsaal. Gleichzeitig Huldigung der dem Schwäbischen Sängerbund angehörenden Vereine von Groß-Stuttgart im Schloßhos unter Leitung von Professor Förstler. Hierauf Feuerwerk auf dem Schloßplatz, veranstaltet von der Stadtgemeinde.
r Stuttgart, 29. März. Der Finanzausschuß nahm heute den Etat der Universität, der technischen Hochschule und der Baugewerkschule an. U. a. wurde die ordentliche Professur für Luftschiffahrt, Flugtechnik und Kraftfahrzeuge ohne Widerspruch genehmigt. Die Frage der Fachschule