Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtage.
Preis vierteljährlich hier 1.10 mit Trägerlohn 1.20 im Bezirks-
und 10 8m.-Veckehr 1.25 im übrigen Württemberg 1.35 Monatsabonnements nach Verhältnis.
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Fernsprecher Nr. 29.
85. Jahrgang.
Fernsprecher Nr. 29.
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Montag, dm 27. März
Anzeigen-Gedühr für die einspalt. Zeile aus gewöhnlicher Schrift oder deren Raum bei einmal. Einrückung 10 A bei mehrmaliger entsprechend Rabatt.
Beilagen. Plauderstübchen, Illustr. Sonntagsblatt und
Schwöb. Landwirt.
1911
K. Oberamt Nagold. Bekanntmachung,
betr. das Verbot des Feilbieterls von Bäumen und Sträuchern im Umherziehen.
Nach einem Erlaß des K- Ministeriums des Innern wird das Verbot des Feilbietens von Bäumen und Sträuchern im Umherziehen häufig nicht beachtet-und finde! ein Feilbieten von Obstbäumcn und Obststräuchern im Umherziehen statt, wodurch der inländische Obstbau umsomehr geschädigt wird, als hiebei vielfach minderwertige oder ungeeignete Sorten angeboten werden.
Es wird daher ausdrücklich darauf hingewiesen, daß nach ß 56 Abs. 2 Ziffer 10 der Gewerbeordnung vom Ankarrf oder Feilbieten im Umherziehen ausgeschlossen sind:
Bäume aller Art, Sträncher, Schnitt-, Wur-
zcl-Neben, Futtermittel und Sämereien, mit
Ausnahme von Gemüse- und Blumensamen und daß Zuwiderhandlungen nach K 148 Ziffer 7 a der Gewerbeordnung mit Geldstrafe bis 150 oder Hast bis zu 4 Muhen bestraft werden.
Die Ortsbehörden werden ersucht, Vorstehendes ortsüblich bekannt zu geben und von etwaigen zu ihrer Kenntnis kommenden Uebertrctungen des Verbots Anzeige zu machen.
Den 24. März 1911. Map er, Amtmann.
Bekanntmachung,
betr. die Maul- und Klauenseuche.
Wegen Ausbruchs der Maul- und Klauenseuche in ochdors Oberamt Horb, werden nach Antrag des K. beramts Horb in das Beobachtungsgebiet außer Schietingen auch Ober- und Untertalheim einbczogen.
" Für die Markung dieser Gemeinden gelten folgende Bestimmungen:
1. Das Durchtreibcn von Wiederkäuern und Schweinen ist untersagt. Dem Treiben steht das Fahren mit angespannten Wiederkäuern gleich.
2) Die Ausfuhr von Wiederkäuern und Schweinen ist nur zwecks sofortiger Abschlachtnng und mit Genehmigung des Oberamts gestattet.
3) Aus Sammelmolkereien darf Milch nur in abgekochtem Zustand abgegeben werden. - Die zum Transport benützten Kannen, Fässer re. müssen vor ihrer Entfernung aus der Molkerei innen und außen mit heißer Sodalauge gründlich gereinigt werden.
Den 25. März 1911. Mayer, Amtmann.
Infolge der vom 4. März l. 2. an abgehaltenen Prüfung für Reallehkcrsstelten ist Ernst Müller, Präzeptor an der Latein- und Realschule in Altensteig, für befähigt erklärt worden.
Politische Uebersicht.
Die französische Winzerbcweguug hält an.
Infolge des Streiks der Bürgermeister im Aube-Bezirk sind die Arbeiten der Militärgestellungskommission sehr erschwert. Die Stellungspflichtigen treffen gruppenweise ein und tragen rote Fahnen mit der Inschrift: Erst wenn das Aubedeparte- ment zur Champagne gehört, werden wir Soldaten sein.
Rußland stand mehrere Tage lang vor der Möglichkeit einer Ministerkrisis. Eine dem Ministerpräsidenten Stolypin feindliche Gruppe hatte die Gelegenheit der Beratung des Gesetzes über die Scmstwobildung in den polnischen Gebieten im Reichsrat wahrgenommen, Stolypin Verlegenheiten zu bereiten. Die sich hieran anschließenden Vorgänge innerhalb der Regierung, über die amtlich größtes Stillschweigen bewahrt wurde, gaben der Presse Veranlassung, von dem möglichen Rücktritt Stolypins als von einer vollendeten Tatsache zu sprechen. Es stellt sich jetzt jedoch heraus, daß Stolypin bleibt, dagegen die beiden Reichsratsmitglieder Trepow und Durnowo, deren Intrigen Stolypins Niederlage im Reichsrat veranlaßten,' in Ungnade gefallen sind und von den Reichsratssitzungen ausgeschlossen werden sollen. — In St. Petersburg wurden gestern das studentische Koalitionskomitee, das den Hochschulstreik leitet, sowie auch alle Mitglieder der sozialrevolutionärcn Studentenfraktion verhaftet; damit dürfte der Streik beendet sein.
Im englischen Oberhaus gab die Regierung durch Lord Morley in der Bagdadbahnsrage eine Erklärung ab, aus der hervorgeht, daß das türkisch-deutsche Abkommen die englische Regierung befriedige. Lord Morley sagte u. a.: Wir glauben berechtigt zu fein, die gegenwärtigen Verhandlungen in Konstantinopel als einen entschiedenen Schritt in einer günstigen Richtung zu betrachten und als eine verheißungsvolle Entwicklung komplizierter Fragen. Bei den
weiteren Verhandlungen wird sich die britische Regierung von dem Wunsch leiten lassen, alle möglichen Ursachen internationaler Reibungen zu entfernen.
In der mexikanischen Krisis ist eine neue Verwicklung eingetreten. Bon amerikanischer Seite wird gemeldet: Kurz nachdem amerikanische Truppen mexikanische Regierungslruppen angehalten hatten, die für die Eingeschlossenen in Ojinaga bestimmtes Kriegsmaterial über die Grenze zu schaffen versuchten, schlugen Gewehrkugeln mitten unter die amerikanische Truppenabteilung ein. Es ist von amerikanischer Seite um Aufklärung über den Vorfall ersucht worden.
Deutscher Reichstag.
Berlin, 24. März.
Kolonial - E1 at. Beim Etat für Ostafrika fordert
Sommer (fr. Vp.) die Befreiung der afrikanischen Schulen vom konfessionellen Einfluß. Notwendig sei eine Gehaltszulage für die Regierungslehrer.
Dr. Arning (n.) spricht über die Versorgung ehemaliger Kolonialbeamter auf Grund ihres Zivilversorgungsscheines. Redner befürwortet die Errichtung einer Handelskammer in Dar-es-Salam. Notwendige sei die Herabsetzung der Tarife der Ostafrika-Linie, die Förderung des tropischhygienischen Instituts und die Verlängerung der Zentralbahn bis zum Tanganjika-Sce.
Staatssekretär Lindequist: Die Lehrer sind in Ostafrika so gestellt wie in der Heimat. Für die Unterbringung der alten Kolonialbeamten soll möglichst gesorgt werden. Das Gouvernement beabsichtigt noch in diesem Jahre bezirksweise eine Ausdehnung der Kopfsteuer vorzunehmen. Der Gouverneur will eine lOprozentige Steuer auf das unbebaute Land legen. Zur Frage des Kredit-Instituts haben sich mehrere Sachverständige sehr skeptisch geäußert.
Ledebour (S.): Wir wenden uns nicht gegen die Ausbeutung der Naturschätze sondern nur gegen die uferlosen Uebertreibungen von Kolonial-Phantasten.
Dr. Arendt (Rp.): Das System Rechenberg hemmt die Entwickelung der kolonialen Unternehmungen. Unsere Kolonialbahnen werden hoffentlich bald rentabel werden.
Staatssekr. Lindequist: Der Gouverneur von Rechenberg ist ein tüchtiger Beamter, der Ausgezeichnetes geleistet hat. Er steht den Ansiedelungen nicht feindlich gegenüber.
Ledebour (S.): Dr. Arendt hat in der Kommission mit Enthüllungen über den Gouverneur von Rechenberg gedroht. Ich habe davon noch nichts gehört. Außerhalb des Hauses würde man das elende Kneiferei nennen.
Vizepräs. Schulz rügt diesen Ausdruck.
Erzberger (Z.): Wenn Dr. Arendt hier nicht Beweise bringt, bin ich hier sein schärfster Gegner und trete für die Politik des Herrn Rechenberg ein mit seinen Schutzmaßnahmen für die Eingeborenen.
Dr. Arendt (Rp.) Meine Ausführungen richten sich nicht gegen die Person sondern gegen das System Rechenberg.
Staatssekretär von Lindequist: Der Gouverneur sucht auch die Plantagenwirtschaft möglichst zu fördern. Es ist unrichtig, daß er eine Eingeborenen-Kolonie schaffen will.
Sch w arze-Lippstadt (Z.) weist auf die Bedeutung der Missionen hin.
Dr. Paafche (n.) Gegenüber dem System Rechenberg stehen wir auf der Seile des Dr. Arendt.
Dr. Stresemann (n.) Bei der Entwickelung einer Kolonie kommt es auf das Tempo an und wird bei der Plantagenwirtschaft durch den Gouverneur gehemmt.
Erzberger (Z.) Es ist die Pflicht des Gouverneurs, vor leichtsinnigen Etablierungen zu warnen.
Staatssekretär Lindequist: Wirklichen soliden Unternehmungen ist der Gouverneur nie entgegen getreten, im Gegenteil.
Dr. Seniler (n.) Persönliche Animosität gegen den Gouverneur liegt uns fern.
Damit ist der Etat für Ostafrika erledigt.
Beim Etat für Kamerun und Togo führt
Nos Ke (S.) Beschwerde über Lohndrücker««: in Kamerun.
Goller (f. Bp.) beantragt für die Bekämpfung der Lepra und Schlafkrankheit 15000 ^ mehr auszuwerfen. Der Antrag wird angenommen.
Beim Etat für Südwestafrika spricht
Haußmann (f. Bp.) gegen die bekannten Nachverzollungen. Die dabei geübte Praxis erschüttere das Rechtsbewußtsein und die öffentliche Moral. Im Interesse der kolonialen Rechtspflege muß eine dritte oberste Instanz in Deutschland geschaffen werden.
Staatssekretär Lindequist verweist aus seine gestrigen Ausfühmngen.
Ministerialdirektor Gonzel führt aus, daß das Gouvernement einen Formfehler gemacht habe, aber sachlich im Recht sei.
Semler (n.). Formell sind Versehen vorgekommen, materiell ist die Regierung im Recht und das ist die Hauptsache. Wir haben schweren Herzens auf die Erörterung der Diamantenfrage verzichtet, obgleich das Publikum sich lebhaft dafür interessiert und die Sache geklärt werden muß, damit die unglücklichen Spekulationen endlich ein Ende finden. Der Wechsel im Gouvernement ist zu begrüßen. Redner fordert weiter Förderung des Bahnbaues, Dislokationspläne für die Schutztruppe und Polizei und ein neues Wehrgesetz.
Schwarze-Lippstadt (Z.) spricht über die Nachverzollung, bleibt aber im Einzelnen wie immer unverständlich.
Nach weiteren Bemerkungen dSr Abgg. Dr. Aming (n.), Ledebour (S.), Dr. Goller (Rp.), Dr. Wagner (k.) und Dove (f. Bp.) wird der Etat für Südwestafrika erledigt, ebenso der Etat für Samoa und Neu-Guinea und der ganze Kolonialetat.
Tages-Neuigkeiten.
Aus Stadt und Land.
Nagold, 27. März 1911.
Beerdigung. Am Freitag nachmittag 2 Uhr versammelte sich in der Kapelle des Pragfriedhofs in Stuttgart eine stattliche Anzahl Leidtragender, worunter als Vertreter des K. Justizministeriums: Ministerialdirektor von Zindel, an der Bahre des allverehrten Landgerichtsrats Sigel von hier, um ihm das letzte Geleite zu geben. Die Trauerfeier wurde eingeleitet durch den Choral: „Gott ist getreu." Der Geistliche legte seinen Worten den Text Psalm 103, Vers 15 u. 16: „Ein Mensch ist in seinem Leben wie Gras, er blühet wie eine Blume auf dem Felde; wenn der Wind darüber geht, so ist sie nimmer da, und ihre Stätte kennet sie nicht mehr", zu Grunde, schilderte in kurzen Umrissen den Lebensgang des Entschlafenen, seine hervorragenden Charaktereigenschaften als Gatte und Vater, sein arbeits- und erfolgreiches, mit großer Treue und in ernster Ausfassung seiner Pflichten geführtes Berufsleben und seine herzlichen Beziehungen zu jedermann, der mit dem Entschlafenen im Amt und Privatleben in Berührung kam. Unter den Klängen des Chorals: „Es ist bestimmt in Gottes Rat, daß man vom Liebsten, das man hat, muß scheiden", wurde der Entschlafene zu Grabe getragen. Am Grabe sprachen nach dem Geistlichen stv. Amtsrichter Beutelfpacher namens der Beamten des Amtsgerichts unter Hervorhebung des schönen persönlichen Verhältnisses zwischen dem Chef und seinen Beamten, des stetigen väterlichen Wohlwollens, dessen sich alle Beamten des Amtsgerichts während der 20jährigen Tätigkeit des Entschlafenen in Nagold erfreuen durften und schloß mit einem Appell an die Beamten, dem entschlafenen Chef, der ihnen durch seine Art der Ausübung des Berufs ein schönes Vorbild gegeben habe, ein ehrendes Andenken zu bewahren. Als letzten Gruß aus dem heimatlichen Schwarzwald legte er einen Waldkranz am Grabe nieder. Rechtsanwalt Knödel in Nagold ehrte den Entschlafenen unter Niederlegung eines Kranzes namens der Nagolder Rechtsanwälte unter besonderer Würdigung seiner stets unparteiischen Amtsführung. Buchdruckereibesitzer Zaiser in Nagold legte im Namen der Deutschen Partei, dessen Mitglied der Entschlafene war, einen Lorbeerkcanz nieder. Die erhebende Trauerfeier beschloß der Choral: „Auferstehen, ja auferstehen wirst du", und mit Schmerz und Wehmut verabschiedeten sich die Leidtragenden von dem Grabe des lieben Entschlafenen, der im Bezirk Nagold und namentlich bei den Iustizbeamten des Bezirks, die sämtlich seinem Sarge gefolgt sind, in bleibender, dankbarer Erinnerung fortleben wird.
* Der Nagolder Blumentag nahm einen sehr günstigen Verlauf, trotz der Ungunst des Wetters. Vor allem, sei den Veranstaltern, Herren und Damen, insbesondere den tapferen Blumenverkäuferinnen und den Mitwirkenden des festlichen Mittags und Abends in der Turnhalle wärmster Dank gesagt. Der Verkauf der Nelken und Karten in den Straßen wickelte sich in lebhafter Weise ab, wobei sich die Seminaristen lobenswert hervortaten. Aber auch alle Schichten der Einwohnerschaft beteiligten sich freudig. Keine Brust blieb ungeschmückt. Patriotische Begeisterung machte die Herzen glühen und die Sinne empfänglich für edles Wohltun. Die Stadtkapelle hatte den Festtag durch eine Reveille wirkungsvoll eingeleitet und spielte wacker an verschiedenen Punkten der Stadt. Nachmittags 3 Uhr öffneten sich die Pforten der Turnhalle, um die erwartungs-