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83. Jahrgang.

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* Illustr. Sonntagsblmt und

Schwöb. Landwirt.

»U 69

Donnerstag, den 23. März

1SL1

Deutscher Reichstag.

Kgl. Oberawt Nagold.

An die Herren Ortsvorsteher und Gebäudebesitzer.

Zur Sicherung der Gebäudebesitzer von dem ihnen aus der Unterlassung der Anmeldung von Neubauten, Bauver­besserungen rc. zur Einschätzung bei der Gebäudebrandoer­sicherung etwa erwachsenden Schaden ergeht hiemit unter Hinweis aus den Erlaß des K. Verwaltungsrats der Ge­bäudebrandoersicherungsanstalt vom 31. Aug. 1892 (Mini- sterialamtsbl. S. 263) wieder folgende Bekanntmachung:

1. Neubauten, Bauveränderungen und Bauoerbesserungen einschließlich neuer Gebäudezubehörden, welche noch nicht zur Gebäudebrandversicherung eingeschätzt sind und nicht den bloßen Ersatz abgebrannter, versichert gewesener Ge­bäude oder Gebäudebestandteile bilden, werden im Fall einer Brandbeschädigung nur dann als versichert be­handelt, wenn sie vorher von dem Gebäudebesitzer bei dem Ortsvorsteher entweder zur sofortigen auf Kosten des Eigentümers erfolgenden Einschätzung oder zur ordent­lichen auf Kosten der Gemeinde geschehenden Iahres- schätzung unterschriftlich angemeldet worden sind.

2. Durch eine bloße Vormerkung von amtswegen, soweit eine solche überhaupt stattfindet, wird die erforderliche Anmeldung durch den Gebäudebesitzer nicht ersetzi.

3. Die Anmeldung kann während des ganzen Jahres er­folgen.

4. Ein Brandversicherungsbeitrag im Anmeldungsjahr ist nur dann und zwar nachträglich zu entrichten, wenn eine Brandentschädigung gewährt werden muß.

Die Herren Ortsvorsteher wollen für tunlichste Ver­breitung dieser Bekanntmachung sorgen und die Gemeinde- angehörigen entsprechend belehren.

Die Baukontrolleure sind zu beauftragen, daß sie bei der Vornahme der Baukantrolle die Bauenden auf die Wich­tigkeit der unverweilten Anmeldung ihrer Neubauten rc. aus­drücklich aufmerksam machen.

Der Vollzug der Aufträge ist durch Eintrag im Schult­heistenamtsprotokoll nachzuweisen.

Den 22. März 1911. Kommerell.

Bekanntmachung

betr. die Maul- und Klauenseuche.

Da nach Mitteilung des Großh. Bezirksamts Pforzheim noch vielfach Schlachtvieh nur mit dem Zeugnis eines Laienfieischbeschauers in den dortigen Schlachthof ver­bracht wird, wird hiemit nochmals ausdrücklich darauf hin­gewiesen, daß die Einfuhr aus Sperrgebieten nur dann ge­stattet ist, wenn Seuchensceiheit aus Grund tierärztlicher Untersuchung bescheinigt ist. Bei weiterer Nichtbeachtung dieser Maßregel wäre das Großh. Bezirksamt zum Ein­schreiten genötigt.

Die Ortspolizeibehörden wollen die in Betracht kommen­den Händler verständigen.

Den 22. März 1911. Amtmann Mayer.

Politische Uebersicht.

Der Zentralvorftand der nationalliberalen

Partei hielt m Berlin eine Sitzung ab. Reichstagsadgeord- neiec Bassermann erstattete Bericht über die Vorbereitungen zu den nächsten Reichstagswahlen, woran sich eine eingeh­ende Aussprache schloß. Schließlich wurde mit allen gegen fünf Stimmen folgende Resolution beschlossen:Der Zentrat- vvi stand ist überzeugt, daß die Parteifreunde im Land sich des Ernstes der politischen Lage und der Verantwortung bewußt sind, die der bevorstehende Wahlkampf ihnen zumeist und spricht die Erwartung aus, daß die Wahlkreisorgani- sationen vor der endgültigen Ausstellung von Kandidaten und vor dem Eingehen taktischer Wahlabkommen sich mit dem geschäftsführenden Ausschuß des Zentralvorstandes ins Einvernehmen setzen. Wird aus Wunsch oder im Einver­ständnis non Landesorganisationen oder, wo sie fehlt, von Wahlkreisen eine Verständigung mit anderen Gesamtparteien vom geschästsführenden Ausschuß herheigeführt, so sind die hierbei getroffenen Vereinbarungen von den betreffenden Wahlkreisen oder Landesorganisationen als verbindlich an- Mi kennen."

Die Dürkei und Deutschland sind über den

Wc-terbau der Bagdadbahn zu einer Verständigung gelangt. Die entsprechenden Abmachungen sind bereits unterzeichnet. Die deutsche Bagdadbahn-Gesellschast überläßt nach dem Vettcag den Bau der Strecke Bagdad-Persischer Golf einer neu zu bildenden ottomunischen Gesellschaft, stellt aber dafür einige Bedingungen, von denen die wichtigste ist, daß bei der neu zu bildenden ottomanischen Gesellschaft der Anteil des deutschen Kapitals nicht geringer sei als der Anteil irgend einer anderen nicht ottomanischen Nationalität. Auch

sonst zeigte Deutschland großes Entgegenkommen. Fn einer Besprechung der politischen Bedeutung der Abmachungen hebt der ffiziöseTannin" hervor, wie dankbar die Türkei Deutschland für die Beweise seiner Freundschaft und seiner guten Absichten sein müsse, und betont, durch die Verzicht­leistung auf die Rechte bezüglich der Strecke Bagdad-Per­sischer Golf helfe die deutsche Gesellschaft der Türkei über die Schwierigkeiten hinweg, die England ihr bereiten könne, stärke die Position der Türkei bei den begonnenen Ver­handlungen mit England und ermögliche eine Verständigung zwischen der Türkei und England, was für die Erhaltung des Friedens von Bedeutung sei. Das Blatt weist schließ­lich daraus hin, daß der in dem Vertrag u. a. ausgesprochene Verzicht auf die Erträgnisse der vicrprozentigen Zollerhöhung sowie der Patentsteuer einen großen der Türkei erwiesenen Dienst darstelle, und bemerkt, die Deutschen opferten somit materielle Interessen zugunsten einer dauernden Freundschaft mit der Türkei.

I» der russischen Duma teilte der Wege­bauminister mit, es sei ein Programm zur Besserung der Wasserstraßen ausgearbeitet worden, wofür in den nächsten Jahren 200 Millionen erforderlich sein würden. In erster Linie stehe der Bau eines Kanals zwischen den Flüssen Sibirens und Europas. Bei der Beratung des Wcgebau- etats wies man auf die Mißbräuche und Unterschlagungen der Bahnbeamten hin, die so eingewurzelt seien, daß selbst die zur Verfolgung dieser Mißstände Verpflichteten nicht imstande seien, das Uebel auszurotten. Die neue Wehr­pflichtvorlage bestimmt, daß zunächst die unbedingt Wehr­pflichtigen des Reiches einberufen werden und dann erst diejenigen, die durch ihr Familienverhältnis, ihren Berus und ähnliche Gründe ein Anrecht auf eventuelle Befreiung vom Militärdienst haben. Es bestanden bisher in Rußland zu viele Ausnahmen von der Wehrpflicht, da die von der Wehrpflicht Befreiten in Rußland 45 der gesamten Wehr­pflichtigen ausmachen, während sie in Deutschland nur 20/g betragen. Durch das neue Gesetz sollen viele Gründe für die Befreiung in Wegfall kommen.

Nach einer Meldung aus Deutsch-Südwest­afrika hat der Farmerverein Outzo einen Beschluß gefaßt, es sei wünschenswert, daß die Farmerschaft schon heute dahin­strebe, der Kolonie die Grenzen der Heimat für die Fleisch­einfuhr zu öffnen. Es ist dies ein erster, bei der jetzigen wirtschaftlichen Lage der Kolonie verfrühter, aber bezeich­nender Vorstoß. -

Die Beseitigung der Kreisregiernngen und die Verwaltungsrechtspflege.

Die Denkschrift über die Vereinfachung der Staatsver­waltung stellt sich bekanntlich auf den Standpunkt, daß die. Beseitigung der Kreisregierungen möglich ist. Neuerdings wird nun in der Presse auf den schon früher angeregten Gedanken einer Zusammenlegung der 4 Kreisregierungen in 2 zurückgegriffen. Eine solche Lösung würde freilich auch einige Ersparnis bringen, aber die organisierten Nachteile des bisherigen Systems in vollem Umfang aufrecht erhalten. Es kann kaum bestritten werden, daß ein Land von der Größe Württembergs bei der gegenwärtigen Ausgestaltung der Verkehrsmittel eine lokale mittelinstanzliche Behörde nicht mehr braucht. Darüber herrscht in den Kreisen sach­kundiger Beamten ziemliches Einverständnis. Die Denk­schrift weist auch nach, daß die Geschäfte der Kreisregierungen ohne Bedenken teils den Oberümtern, teils dem Ministerium und den Zentralmittelbehörden übertragen werden können. Dagegen ist allerdings zuzugeben, daß die Uebertragung der Verwaltungsrechtspflege an die Oberämtcr oder Bezirksräte bei der geringen Zahl jährlich anfallender Fälle und der daraus hervorgehenden Unmöglichkeit praktischer Ausbildung in diesen Fragen nicht ohne Bedenken ist. Aber diese Be­denken allein können die Erhaltung der Kreisregierungen, welche bisher zugleich Verwaltungsgerichte erster Instanz sind, nicht rechtfertigen, da auch ohne Beiziehung der Kreis­regierungen zu oerwaltungsgerichllichcn Funktionen sich eine brauchbare Organisation der Berwaltungsrechtspslege erhoffen läßt. Bei dieser Gelegenheit muß übrigens daraus hingewiesen werden, daß die seit 1876 bestehende württembergische Ver­waltungsrechtspflege ungenügend ist, wir sind in dieser wichtigen Frage von Preußen längst überholt, was umso merkwürdiger anmutet, als es sich bei den hieher gehörigen Fragen vorzugsweise um die Freiheit der Bürger vor Ein­griffen der öffentlichen Gewalt in ihre Rechtssphäre handelt. In diesen Fragen gewährt das preußische Recht sofort ver- wattungsgerichtlichen Schutz, während bei uns in der Regel das Berwallungsgericht erst nach dem langen und oft dornen­vollen Weg durch 3 oder 4 Verwaitungsinstanzen angerufen werden kann. Hoffentlich ergreifen die gesetzgebenden Faktoren die Gelegenheit der Berwaltungsreform auch zu der dringend notwendigen Reform der Berwaltungsrechtspslege.

Berlin, 21. März.

Präsident Graf Schwerin-Löwitz: So wie am 21. März des Jahres 1871 der damalige Alterspräsident von Frankenberg die erste, so habe ich heute genau nach 40 Jahren die 3425. Sitzung des deutschen Reichstags eröffnet, was die Herren interessieren dürfte. Das Haus hatte sich zu Beginn der Ansprache des Präsidenten erhoben und brach nun in ein lebhaftes Gelächter aus.

An erster Stelle der Tagesordnung steht der Gesetz­entwurf über den Hinterbliebenen-Fonds.

Dr. Mugdan (f. Vp.) lehnt die Vorlage ab und be­tont, wer dafür stimme, dem sei es nicht ernst mit den Witwen und Waisen.

Hausmann (n.) stimmt für die Vorlage, desgleichen die Abg. Trimborn (Z.) und Graf Westarp (k.)

Molkenbuhr (S.) erklärt die ablehnende Haltung seiner Freunde.

Schultz (Rp.) ist dafür, ebenso Behrens (w.Vg.)

Präsident der Seehandlung Dambois erklärt auf Be­fragen, daß der Fonds aus 51.5 Millionen angewachsen ist.

Nach weiterer unerheblicher Debatte wird der Gesetz­entwurf in 1. und 2. Lesung erledigt und angenommen. Dagegen stimmen Volkspartei, Sozialdemokraten u. Polen.

Zur Verhandlung stehen nunmehr die noch ausstehen­den Titel über die Verwendung der Kaliabgaben. Die Kommission hat den Verwendungszweck spezialisiert.

Ein Antrag der Volkspartei will bestimmen, daß Or­ganisationen, die politische Zwecke verfolgen, weder mittelbar, noch unmittelbar Propaganda-Beihilfe erhalten. Weiter hat die Volkspartei eine Resolution eingebracht, wonach auch die kleinen Abnehmer Rabatt erhalten und der höchste Rabattsatz bereits bei einem Bezüge von 20000 Doppel­zentner erreicht werden soll.

Speck (Z.) stimmt nach längeren Ausführungen der Resolution der Volkspartei zu.

Unterstaatssekretär Richter: Bei den Empfängerpropa- gandageldern solle ein Unterschied nicht gemacht werden, aber die Rabatte müssen sich nach der Größe der Abnahme richten. Dem Bundesrat wird in nächster Zeit eine Vorlage zugehen, in der darauf Bedacht genommen wird, die Staffel der Rabatte so zu gestalten, daß solche Sprünge wie bisher nicht mehr Vorkommen.

Hus (S.): Das Kaligesetz hat glänzend gewirkt. Die Kali-Industrie hat unter ihm einen bedeutenden Aufschwung genommen. Es handelt sich um einen nationalen Schatz, der nicht nur einzelnen Interessen dienen soll. Redner be­spricht dann noch den Bund der Landwirte, den er als poli­tisch bezeichnet.

Unterstaatssekretär Richter: Bon einer Vergewaltigung des Kleineren kann keine Rede sein. Niemals bestand die Absicht, die Gelder ohne weiteres dem Kalisyndikat zu über­weisen. Der Reichskanzler behält sich die Verteilung der Kontrolle durchaus vor. Bei der großen Bedeutung der Wirtschafts- und Sozialpolitik ist es erklärlich, daß auch wirtschaftliche Organisationen einmal eine politische Kombi­nation aufweisen.

Tages-Neuigkeiten.

Ans Stadt und Land.

Nagold, 23. März 1911.

* Vom Rathaus. Der Gemeindeoberförster referiert, daß beim Holzverkauf im Distrikt Winterhalde für 1 Rm. Nadelholzbeigholz 8.30 für 1 Hundert Nadelreis 10.12.«, im Mittlerbergle und Galgenberg für 1 Rm. Nadelholzbeig­holz 12.14.^, für 1 Hundert Nadelreis 12.52 im Distrikt Killberg Abt. Katzensteig, Kreuztanne, Herrenwäldle, Dreispitz und Buch, ferner in Abteilung Kehrhatde für 1 Rm. Nadcl- holzbeigholz 9.18 für 1 Hundert Nadelreis 11.71 für 20 Haufen Laubreis und für den Schlagraum über den Anschlag, für 1 Hundert Laubreis 20.39 ^ durchschnittlich erlöst wurden. Eröffnet werden die Offerte auf die Bau­arbeiten für den Schulhausneubau: vergeben werden die Grab-, Betonier- und Maurerarbeiten um 10 V//o Abgebot an Bauwerkmeister Alber in Calw, die Zimmerarbeiten um 5 h//g Abgebot an Bauwerkmeister W. Benz hier, die Steinhauerarbeiten an Schuh in Dollmaringen um 15V//o Abgebot. Die Dachdeckerarbeiten und der Eisenbetonbau werden noch zurückgestettt, da verschiedene Erhebungen ge­macht werden sollen.: -

Rotfelde», 23. März. Gestern abend hat Küfer Friedr. Stoll von hier die erste Schnepfe geschossen.

p Starker Andrang zum Lehrerbernf. Zu der

Meldung der Württ. Presse-Korrespondenz, daß sich in diesem