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Fernsprecher Nr. 29.

86. Jahrgang.

Fernsprecher Nr. 29.

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Beilagen: Plauderstübchen, Itlustr. Sonntagsblatt und

Schwäb. Landwirt.

Irettaff, dm iv. Marz

1911

PottLische UeberstchL.

Zur elsaß-lothririgis ch en Versassungsfrage meldet

dieKöln. Ztg." aus Berlin: Es steht nunmehr fest, daß der Bundesrat sich gegen diejenigen Beschlüsse der Kommis­sion erklärt hat, die Elsaß-Lothringen zu einem vollen Bundes­staat machen und die Stellung des Kaisers in seinen Be­fugnissen gegenüber dem Statthalter abändern wollten. Dagegen hat sich der Bundesrat damit einverstanden erklärt, daß Elsaß-Lothringen im Bundesrat 3 Stimmen unter einigen praktisch nicht viel bedeutenden Einschränkungen erhalten soll. Wenn sich für diese Vorschläge der Regie­rung eine Mehrheit findet und wenn weiter an den sonstigen Grundzügen der ursprünglichen Regierungsvorlage keine wesentlichen Aenderungen vargenommen werden, dürste das Saficksal der Vorlage gesichert sein.

Im englischen Unterhaus wurde Sir Edward Grey gefragt, ob während der Zeit seiner Amtsführung irgendeine Verpflichtung gegen Frankreich übernommen oder Frankreich das Versprechen gegeben worden sei, daß in ge­wissen Fällen britische Truppen zur Unterstützung der Ope­rationen der französischen Armee entsandt werden würden. Der Unterstaatssekretär des Auswärtigen Amts, Mac Kinnon Wood, verneinte die Anfrage, die im Hinblick aus die fran­zösische Flottendebatte gestellt wurde.

In Persien haben russische Kosaken den Galesh- Stanim angegriffen, mehrere Leute getötet und die Häuser in Brand gesteckt.

Knapp tausend Reichstagskaudidaten!

Karlsruhe, 9. März. Aller Voraussicht nach wird die kommende Reichstagswahlbewegung kaum 1000 Kan­didaten im Kampfe sehen. Das ist eine geringere Ziffer, als wir sie von früheren Wahlen her kennen. Sie hängt mit der allgemeinen parteipolitischen Lage zusammen. In einer ganzen Reihe von Kreisen werden diesmal die Kon­servativen das Zentrum, und umgekehrt wird das Zentrum die Konservativen im ersten Wahlkampf unterstützen. Vor allein'aber wird die liberale Einigungsbewegung für die geringere Zahl der Kandidaten wesentlich ins Gewicht fallen. Dis Wahlkreise, in denen, wie früher, alle größeren Parteien eigene Sonderkandidaten ausstellen, sind diesmal wenig zahlreich.

Nur die Sozialdemokratie wird, wie immer, in allen Kreisen kandidieren. Sie steht deshalb auch heute schon in der Zahl der proklamierten Kandidaten mit 160 unter den Parteien obenan. Fast ebensoviel Kandidaten, nämlich 155, hat die nationalliberale Partei bereits genannt. Es folgt die Fortschrittliche Bolkspartei mit. 125 fertigen Kandidaturen. Daun kommt die deutsch-konservative Partei mit 97, das Zentrum mit 63, die Wirtschaftliche Vereinigung mit 62, die Rsichspartei mit 33, die Polen mit 15, die Welfen mit 9 Kandidaten und die Elsässer und Dänen haben zusammen erst 3 proklamiert.

- Das sind zweifellos nur vorläufige Ziffern, die noch jeden Tag eine Steigerung erfahren: aber da nur noch 48 Wahlkreise ohne Kandidaten sind, zeigt diese Ausstellung doch schon die Vorsicht der einzelnen Parteien in der Nominierung eigener Kandidaturen. Die Ziffern geben auch gleichzeitig einen Ueberblick über die seither geleistete Vor­arbeit der einzelnen Partmen. Je mehr fertige Kandidaturen die einzelne Partei hat, umso zeitiger hat sie natürlich die Wahlvorbereitungen begonnen. Danach sind die liberalen Parteien diesmal besonders fleißig gewesen.

Deutscher Reichstag.

Berlin, 8. März.

Postetat. Gröber (Z.): Wenn die Beamten immer noch unzufrieden sind, so liegt die Schuld auf Seiten der Regierung. Diese hat unseren weitergehenden Wünschen ein glattesunannehmbar" entgegengesetzt. Auf dem Gc- bie e des Bcamtenrechts liegt noch Vieles im Argen. Der Redner begründet einen Antrag, der die alsbaldige Vor­legung eines Gesetzentwurfes zur Neuregelung der Dienst­verhältnisse der Reichsbeamten fordert. Dadurch soll das Disziplinarverfahren mit den ausreichenden Garantien ver­sehen und insbesondere das Wiederaufnahmeverfahren ge­regelt werden. Ferner soll auf Eintragungen in die Per- somilakten, die den Beamten zum Nachteil gereichen, nur daun eine Entscheidung gegründet werden, wenn dem Be­amten Gelegeuheit zur Aeußerung gegeben ist. Weiter si' dert der Antrag eine Statistik über die Familien-Der- häitnisse der Reichsbeamten und die Möglichkeit einer Wiederholung der Post- und Telegraphen-Sekretär-Prüfung.

Eickhoff sfr. Pp.) Wir werden dem Anträge zu­stimmen. Im Etat herrscht der Geist weiser Sparsamkeit, aber berechtigte Reformen sollte der Staatssekretär nicht ab­

lehnen und den Verkehr nicht künstlich verteuern. Auf dem nächsten Weltpost-Kongreß muß die Frage des Einheits­portos wieder erörtert werden. Redner bringt dann die Beschwerden der Eilbrief-Anstalten zur Sprache und fordert weiter die Einführung von Brief-Telegrammen.

, K Eichhorn (S.): Die Post soll nicht der Plusmacherei dienen, sondern in erster Linie Perkehrsinstitut sein. Redner fordert das 10 ^-Porto und eine Herabsetzung des Orts­portos für Postkarten und der Postscheckgebühren. Der geplante Eilbotendienst der Post wird sich nicht bewähren, da er zu teuer ist. Tüchtige untere und mittlere Beamte sollte man auch in höhere Stellen aufrücken lassen. Wir sind bereit, die Erbschaftssteuer einzuführen, um die not­wendigen Mittel zu schaffen.

Frösch er (k.): Der Etat bietet ein erfreuliches Bild. Wir danken dem Staatssekretär, daß er sparsam gewirt- schaftet hat. Redner erörtert Beamten-Verhältnisse sehr eingehend, unterstützt den Staatssekretär in seiner Aufrecht­erhaltung des Monopols gegenüber den privaten Eilpostan­stalten und polemisiert schließlich gegen die Sozialdemokraten.

Staatssekretär des Reichspostamtes Krätke: Die Frage des Disziplinarrechts der Beamten wird jetzt geprüft. Wir hoffen bald zu einem Ergebnis zu kommen. Eine Wiederholung der Post- und Telegraphen-Sekretärprüfung zuzulassen, erscheint nicht angebracht. Dringend bitte ich die von uns geforderten neuen Stellen zu bewilligen. Der Staatssekretär antwortet dann auf verschiedene persönliche Beschwerden und rechtfertigt die getroffenen Entscheidungen. Das viele Flickwerk an dem Weltpostverein ist mir nicht sehr sympathisch. Ich glaube nicht, daß beim Zusammentritt des nächsten Weltpost-Kongresses die Finanzen aller Länder so gut sein werden, daß man ein einheitliches Weltpostporto wird beschließen können. Die Schikanen der russischen Post­verwaltung bedauern wir lebhaft und versuchen Abhilfe. Die Privat-Eilpostbotenanstalten schnappen uns nur die Ein­nahmen in den großen Orten fort, wo etwas zu verdienen ist. An den kleinen Orten, wo nichts zu holen ist, über­lassen sie den Dienst der Post. Der Einführung von Brief­telegrammen stehe ich sympathisch gegenüber, aber die Er­wägungen sind noch nicht abgeschlossen. Zur Regelung des Postscheckverkehrs wird im nächsten Jahre ein Gesetzesvor­schlag gemacht.

S t r e s e m a n n (n.): Die Erfolge des Fernsprechwesens erfordern umstürzende Änderungen. Die gestrichenen neu angeforderten höheren Beamtenstellen sind wir bereit wieder herzustcllen. Hätten die Mehrheitsparteien bei der Finanz­reform auch demunannehmbar" des Staatssekretärs gegen­über Stand gehalten, dann hätten wir für die Postbeamten mehr durchsetzen können. Die Privat-Eilboten-Anstalten machen der Post keine Konkurrenz.

Linz (Rp.) bringt Verkehrswünsche vor, u. a. weitere Telegraphen- und Telephonkabel.

Staatssekretär Krätke: In der Frage der Wohnungs­geldzuschüsse sind die Untersuchungen im Gange. (Beifall.) Was die Frage einer neuen Oberpostdircktion anlangt, so müssen wir bei unseren Finanzverhältnissen mit den bis­herigen Behörden auskommen solange wir nur irgend den Dienst wahrnehmen können. Der Staatssekretär erklärt, daß er für die Wünsche der Oberpost-Praktikanten hinsicht­lich ihrer Lebensoerhältnisse eintreten werde.

Tages-Neuigkerten.

Aus Stadt und Land.

p Rottenbnrg a. N., 8. März. Auf einer Anhöhe bei Obernau stieß man bei Nachgrabungen, die auf Veran­lassung von Pahnhofoerwalter Mönch und Prof. Dr. Pa- radeis vorgenommen worden waren, auf gewaltige Grund­mauern. Es handelt sich um eine römische Niederlassung. An Altertumssunden wurden u. a. geborgen: Verschiedene bearbeitete Knochen und Steine und ein dreibändig geschlif­fener Steindolch aus der jüngeren Steinzeit, eine eiserne Waffe anscheinend aus der Hallstattzeit sowie eine Menge größerer und kleinerer Bruchstücke von Urnen und Tonge- fässen aus der Römerzeit und nachrömischen Zeit. Der Verlauf der alten römischen Wasserleitung, deren Entdeckung Bahnhofverwalter Mönch zu danken issi ist nunmehr genau festgestellt. Die Römerleitung zieht sich am Abhang der Höhen des linken Neckartals hin: sie ist an manchen Stel­len noch sehr gut erhalten als viereckige Dohle. Einige gut erhaltene Stücke der Leitung sollen Museen einverleibt werden.

p Stuttgart, 8. März. Das Zentrum hat folgenden Antrag im Landtag eingebracht:Die Regierung zu er­suchen, für Abstellung der immer noch sich zeigenden Mängel des Submissionsverfahrens Sorge tragen zu wollen, insbe­sondere zu veranlassen, 1. daß das organisierte Handwerk

zur Feststellung der Voranschläge und Bedingungen bei Pergebung der öffentlichen Arbeiten und Lieferungen zuge­zogen wird; 2. daß Unternehmer, die Lehrlinge in über­großer Zahl beschäftigen, von dem Mitbewerb bei Vergeb­ung der öffentlichen Arbeiten und Lieferungen ausgeschlossen werden; 3. daß die Bezahlung für gelieferte Arbeiten recht­zeitig erfolgt."

p Stuttgart, 9. März. Durch eine Bekanntmachung des Ministeriums des Kirchen- und Schulwesens wird an­geordnet, daß zur Feier der silbernen Hochzeit des Königs­paares am Samstag den 8. April d. I. der Unterricht in sämtlichen Schulen des Landes auszufallen hat.

x Einem Gesuch des Württ. Philologenvereins ent­sprechend, ist der Beginn der diesjährigen Osterferien für diejenigen höheren Schulen, weiche die Ferienordnung vom 29. Okt. 1888 angenommen haben, auf Gründonnerstag 13. April festgesetzt worden, so daß Dienstag 2. Mai der Unterricht nach dem Sommerstundenplan wieder ausgenommen wird.

p Generalleutnant und General L In suits des Königs, Freiherr Hermann von Walter, ist im Alter von 63 Jahren hier gestorben. Freiherr von Matter, der den Feldzug 1870 als Oberleutnant mitgemacht hat, war von 18921900 Militärbevollmächtigter in Berlin.

In einer vorgestern im Hotel Marquardt abgehaltenen konstituierenden Versammlung wurde ein Württ. Hotel- besitzerverein gegründet: zum 1. Vorsitzenden wurde Hotelbesitzer August Banzhaf (Hotel Royal), zum 2. Vor­sitzenden wurde Herr Häußer zum Bahnhof gewählt. Zu Ehrenmitgliedern wurden die Inhaber des Hotels Marquardt, Herren H. und O. Marquardt, und Herr Reiniger zum Bahnhos ernannt. Der Verein besteht nur aus Mitgliedern, die dem Internationalen Hotelbesitzerverein (mit dem Sitz in Köln) angehören.

Das neue evang. Gesangbuch. Nachdem die vom Kgl. Evang. Konsistorium eingesetzte Kommission zum Zweck der Ausarbeitung des Entwurfs für ein neues Gesangbuch und Choralbuch eine mühevolle dreijährige Arbeit dieser Tage zum Abschluß gebracht hat, soll, wie wir hören, der von ihr festgestellte Entwurf etwa Anfang Mai ds. Is. der Oeffentlichkeit übergeben werden. Bekanntlich unterliegt dieser Entwurf noch der Beschlußfassung des Evangelischen Synodus und der Evangelischen Landessynode. Demnach wird mit dem Erscheinen des neuen Gesangbuchs keines­falls vor der Konfirmation des Jahres 1913 zu rechnen sein.

Interessanter Fund. Auf dem Platze des alten Hostheaters wurde gestern der Grundstein des Lusthauses gefunden, von dem einige Ueberreste, die beim Abbruch des Hoftheaters noch gefunden wurden, bekanntlich in den Kö­niglichen Anlagen sich befinden. Der Grundstein trägt die Jahreszahl 1584. Es wurde in ihm eine Kupfertafel ge­funden, in die anscheinend die Stiftungsurkunde eingraviert ist, sowie einige Münzen jener Zeit.

- Stuttgart, 9. März. Wie die Württ. Pr.-Korresp. hört, werden als Pertreter der württembergischen Regierung an der vom Reichsamt des Innern auf 7. April nach Berlin einberufenen Handwerkerkonferenz Regierungsrat Sch äff er vom Ministerium des Innern und Oberregie­rungsrat Kälber von der K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel teilnehmen. Bekanntlich wird der Verband Deutscher Gewerbeoereine durch Malermeister Karl Schindler- Göppingen auf dieser Konferenz vertreten sein.

r Bon der Maul- und Klauenseuche wurden 307 Rinder, 307 Schweine, 10 Ziegen und 5 Schafe in 25 Gemeinden, 52 Gehöften betroffen. 22 Rinder, 226 Schweine, 1 Ziege und 5 Schafe wurden auf Veranlassung des Be­sitzers getötet, 1 Rind siel. Am Schluffe des Monats ver­blieben 14 Oberämter, 26 Gemeinden, 50 Gehöfte verseucht.

Eßlingen, 9. März. Um die Maschinenbauschule von Stuttgart nach Eßlingen zu bekommen, haben die bürger­lichen Kollegien beschlossen, einen wetteren Beitrag von 100 OM der Unterrichtsverwaltung zur Verfügung, zu stellen und gleichzeitig die Haftung für die von Privaten gezeichneten IM OM .F zu übernehmen. Das gesamte An­erbieten der Stadt Eßlingen beläuft sich somit auf mehr als 300000 .6.

p Neckarsulm, 9. März. Der im Sanatorium Hornegg untergebrachte Rechnungsrat Hermann Lotze aus Saar­brücken hat sich in der Nähe von Gundelsheim in den Neckar gestürzt: er wurde tot aus dem Wasser gezogen.

Gerikytssaal.

r Stuttgart, 8. März. Der Disziplinargerichtshof für Körperschaftsbcamte hat gegen den früheren Schultheißen Ade von Iesingen OA. Kirchheim, der im Dezember von der Strafkammer Ulm wegen verleumderischer Peleidigung