Ist es angenehm in Hitze und Kälte und bei jeder Witterung auf dem Felde arbeiten zu müssen und dabei noch seiner Hände Mühen dem Hagelschlag und anderen Unbilden ausgesetzt zu sehen. Eigentlich ist der Bauer der erste Arbeiter. Auf die Erwiderungen des Hrn. Prof. Haug entgegnete in kurzen Bemerkungen Hr. Konrad Haußmann und gab nun der Vorsitzende, Hr. Georgii zu erkennen, es wäre besser gewesen, wenn sich die Anhänger des Hrn. v. Gültlingen an der Wahlversammlung gar nicht beteiligt hätten, worauf aber Hr. Prof. Haug sofort prompt erwiderte, die Einladung sei an sämtliche Wühler gerichtet gewesen und der Kandidat der demokratischen Partei habe ja ausdrücklich gewünscht, es möchte auch von der Gegenpartei gesprochen werden. Der Beifall, welcher dem Hrn. Haußmann zuteil geworden, dürfte eine bedeutende Schmälerung erfahren, wenn noch mitgeteilt wird, daß als Hr. Prof. Haug anläßlich der Unfall-, Jnvali- ditäts- und Altersversorgung unseres in Ehrfurcht geliebten Kaisers erwähnte, ein höhnisches Gelächter ihm zur Antwort wurde und bleibt es nun den Lesern dieses überlassen, einen Teil der Versammlung anders zu klassifizi- ren, als es in dem demokr. Aufruf in vor. Nummer versucht worden ist.
— Der „Schw. Merkur" bringt zu unserer Reichstagswahl sülzenden Aussatz: Nächsten Donnerstag findet im VU. Wahlkreis, Cckw, -errenberg, Nagold, NeuenbiUg, eine Ers-tzwahl zum Reichstag an Stelle tks am 23. Juni d. I. veistorbenen Geh. Kommerzienrats I. Stalin statt, der den Bezirk von 1877 bis zu fernem Tode vertreten hatte. Der Wahlkreis hatte stets nationale Vertreter rn den Reichstag gesandt: 1871 »nd 1874 den der nat.-lib. Fraktion angehöngen Geh. Komm.-Rat Chevalier, Hit 1877 ununterbrochen den frelkonservaliven I. Stälrn. Bei der Wahl von 1887 war Stälm ohne Geaenk mordat geblieben und hatte 15,506 St. «pf sich vereinigt. Ebenso hatte St 1881 keinen ernstlichen Gegner; er erzielte Lrmals 9277 St. gegen 263, welche auf Windhoist fielen. Dagegen hatte 1884 St. einen Kampf gegen einen demokratischen Gegner auszufechten, Argen den im Bezirk wohnenden und persönlich angesehenen Emil Georgii von Calw. Stälin erhielt am 28 Okt. 1884 8508 St.. Georgii 3876 St.; «> Einzelnen in C ckw St. 2044, G. 1446; m Herrenberg St. 2159, G. «58; in Nagold Sr. 2266, G. 987; m Neuenbürg St. 2039, G. 785 St. Nunmehr stehen wiederum ein nat analer und ein demokr. Kandidat einander gegenüber. Bei einer Ersatzwahl pflegen die Wogen der Leidenschaft glück« «cherweise nicht so hoch zu gehen, wie bei Hauptwahlen; außerhalb des Wahlkreises jedenfalls ist man in der Lage, mit ruhigerem Blute zuzusehen. Z. dem beteiligten Wahlkreis selbst scheinen allerdings auch die unichönen Äieiten dcs Wahlkampfes sich diesmal ziemlich geltend zu machen. Die ab- standene Phrase: „Hie Volkspartei! hie Herrenpaitei!" ist von den Freun- n des demokr. Kandidaten K. Sch'ckler w.eoec ausgegraben worden, was Hst komisch klingt, wenn man bedenkt, daß die aufgestellten Kandidaten beide Herrn aus der Resident und beide Juristen sind, deren Beruf sie in denselben Gizungssaal zusawmensührt. Mit dem Titel des Baronen will man dem einfachen Manne gruseln machen, als ob ein Adeliger zur Ausfüllung eines H rufes wie zu öffentlicher Thätigkeit nicht wie jeder andere heutzutage innere Tüchtigkeit bewähren müßte. Hat die Demokratie vergessen, daß sie selbst Äreimal iin 11. württembergischen Wahlkreis einen adeligen Vertreter erwählt tzat und in anderen Bezirken stets bereit rst, für ultramontane Grafen ein- Wtretcn? Daß die Demokratie den Wählern vorzureden versuchen werde, M letzte Reichstagswahl sei in einem regierungsfreundlichen Sinne ausge- Hllen, nur weil man künstlich Furcht erzeugt habe vor kriegerischen Verwicklungen, während gar keine Gefahr bestanden habe, war zu erwarten; was tze Herren aber nicht ablcugnen können, ist, daß wir nunmehr 18 Jahre Hng Frieden haben dank unserem einheitlichen, starken Heere, mit dem an- Mbinden sich die Feinde doch immer wieder überlegen; und wenn wir auch ferner Frieden haben werden, so verdanken wir dies nächst dem Heere und Hrncm obersten Kriegsherrn dem Reichskanzler, dem die olles bester mistende Demokratie schon lange ein „Fort mit Bismarck" zugerufen hat. dem sie Hst noch mehr Feind ist, als unserem von dem schwankenden Willen der Parlamente abhängigen Heere. Auch das Gesetz über die fünfjährigen Wahlperioden des Reichstags möchten die Herren für sich ausnützen. Ob sie wohl wirklich glauben, in unserer wahlmüden Zeit gerade im 7. Wahlkreis damit ckwas zu erreichen, dort wo m wenrgen Monaten schon wieder ein erneuter Wahlkampf bevorsteht, mit aller Aufregung und allem Haß, den ein solcher Streit mit sich bringt? Uebrigens hat der Reichstag die dreijährigen Wahl. Hasten keineswegs „auf Wunsch der Regierung preisgegeben", wie das im 7. W Kr. verbreitete demokratische Flugblatt den Wählern weiß macht. Viel- Nhhr hat der Reichstag in 2. Lesung am 7. Febr. 1888 sich mit 183 gegen 35 St. und am 9. Febr. 1888 in 3. Lesung mit „großer Mehrheit", wie der Präsident verkündete, für die 5jährigen Perioden aus eigener Entschließ« ang, ohne Vorlage oder Antrag der Regierung entschieden und diesen Beschluß Hr Regierung vorgelegt. Der Bundesrat hat dem Vorschlag des Reichs« «gs zugestimmt und Kaiser Friedrich hat das Gesetz am 19. März 1888 vollzogen. Tie Lasten, welche das Alters« und Jnvaliditätsgesetz bringt und «ringen muß, wenn es dem invaliden Arbeiter helfen soll und in noch viel Wherem Maße bringen würde, wenn das deutsch-freisinnige Verlangen nach Wherer Rente beschlossen worden wäre, dieses viclumstrittene Gesetz im Wahl« kdmpf auszunützen, ist eine leichte Mühe für eine Partei, die weder für noch gen das Gesetz stimmen konnte, weil keiner der württ. Demokraten dem eichstag angehörte, als über das Gesetz beschlossen wurde. Wenn jedoch vorwurssvoll hingewiesen wird, daß dieses Gesetz angenommen worden sei Motz einer Reihe innerer Schäden, wie sich solche zum Teil bei dem Kranken- »ersicherungsgesetz dem Volke bereits fühlbar machen, so ist zu bemerken, daß, wenn dieser Vorwurf überhaupt wahr wäre, die Volkspartei mit die Schuld daran tragen würde, denn dieselbe hat bei der Gesamtabstimmung über den Gesetzentwurf betr. die Krankenversicherung der Arbeiter am 31. Mai 1883 für das Gesetz gestimmt. Unter den württ. Reichstagsabgeordneten, welche Ja gesagt haben, befinden sich: Schott, Härle, Payer, Mayer, Hähnle. — E« ist hier nicht der Ort, auf alle Streitfragen des Wahlkampfs einzugehen.
Die demokkatischs Kandidatur hat das Gute, die gemäßigten Elemente an ihre Wahlpflicht zu erinnern, die sie nur gar zu oft auszuüben unterlassen.
Die Wähler werden am 17. Oktober zu entscheiden haben, ob sie die Ehre dem 7. Wahlkreis retten wollen, stets nationale Vertreter in den Reichstag gesandt zu haben!
* Am Tage vor der Wahl sollte jedem Wahlberechtigten empfohlen werden, die Worte zu beherzigen, welche das „evang. Sonntaqsblatt" einst seinen Lesern zugerufen hat: „Das ist ein Hauptschaden des so oft wieder« kehrenden Wählens, daß dadurch die Leidenschaften aufgestachelt werden, so daß viel Haß, Erbitterung und Streit bis in jedes Dorf hineingetragen wird. Mancher friedliebende Mann zieht sich deshalb von dem politischen Leben zurück und denkt: auf meine Stimme kommt es ja doch nicht an. Das ist aber das Allerverkehrtests. Nachdem einmal jeder deutsche Bürger das Recht hat, Reichstagsabgeordnete zu wählen, so hat auch jeder die Pflicht, dieses sein Wahlrecht auszuüben. Wer nicht wählt, obgleich er mit den Anschauungen eines Kandidaten einverstanden ist. der unterstützt durch seine Bequemlichkeit und Sorglosigkeit den Mann der Gegenpartei, indem er ihm eine Stimme mehr verschafft. Ebenso hat Niemand, der von dem Wählen sich fern hält, später das Recht, über etwaige verkehrte Gesetze zu klagen. Man kann solchen dann zurufen: Ihr seid selber Schuld, warum habt Ihr Euch nicht bei Zeiten gerührt? Laste sich keiner der Leser des evang. Sonntagsblatts lau finden!"
Morgen wird sich nun zeigen, wie viele in unserem Wahlkreise sich durch den Ruf „Volksparlet und Herrenpartei" in einen Klastenhaß hineinjagen ließen und den Demokraten ihre Stimme gaben, und wie groß die Zahl derer ist, die ein höheres Ziel vor Augen haben, nämlich den Zusammenschluß aller Staatsbürger unter der Parole: Für Kaiser und Reich!
Stuttgart. Gestern, den 14. Okt., verstarb Privatier Karl Mayer, Redakteur des Beobachters von 1863—70 und Reichstagsmitglied von 1868 lus 1882, 70 Jahre alt.
Bei hin gen, 13. Okt. Heute feierte, nach der „Ludw. Ztg.", das Ehepaar Joh. Jakob Winkle und Friederike geb. Wörn das seltene Fest der diamantenen Hochzeit. Der Ehemann zählt der Jahre 87, seine Frau 84. Beide erfreuen sich noch guter Gesundheit. Früher betrieben sie das Müllergewerbe. 5 Kmver und 28 Enkel begrüßten sie zu ihrem Ehrentage. In der Frühe brachte der „Liederkranz Beihmgen" dem Jubelpaar ein Ständchen, nachmittags vereinigte sich die Familie in einem Wirtshaus zur geselligen Unterhaltung, der sich Freunde und Bekannte anschlosten. Von einem Kirchgang mußte abgesehen werden, weil die zur Kirche führende Staffel mit ihren 97 Stufen von den alten Leuten doch schwer zu ersteigen gewesen wäre. Seine Majestät der König übersandte dem Paar ein reiches Geldgeschenk.
Weinsberg, 14. Okt., nachts. Heute abend kurz nach 7 Uhr s ertönte der Feuerruf, das Denzel'sche Haus brennt! Dasselbe ist eng i eingekeilt an der Verbintungsgaste zwischen der Hauptstraße und der oberen j Gaffe und gefährdet ein ganzes Häuserviertel. Trotz der größten Anstrengung der Feuerwehren brennen schon nach einer halben Stunde 3 Gebäude und 1 Stunde darnach ist das ganze Häuserviertel ein großes Feuermeer. Die Feuerwehr beschränkte sich aus den Schutz der Nachbarhäuser. Schreckliche Szenen! Da schleppte man einen allen Mann, der nur mit Mühe dem Bett entrissen wurde, fort. Das kinderreiche Haus des Aufsehers Barth brennt an allen Ecken und noch wird gerettet, er selbst schleppt im brennenden Kisten, das ihm erst vor dem Haus entrissen wird, seine Jüngsten davon; wo werden sie Unterkommen? alles ist verbrannt; Kleider, Betten, Futtervorräte, mit Mühe brachte man das Vieh heraus. — 1 Uhr nachts: Das Feuer beherrscht das ganze Häuserviertel, riesige Feuergarben lecken über dre Straßen. Das Schnitzersche Haus in der oberen Gaste wird von 3 Feuerwehren geschützt, ebenso das Nehersche Haus; in der Hauptstraße ist es das Böhringerscke Haus, das erhalten werden muß, wenn die Gefahr weiteren Umsichgreifens beseitigt und das Feuer eingedämmt werden soll. — Morgens 3 Uhr. Das Feuer scheint bezwungen, aber leerqebrannt ist die Stätte. Schw. M.
München, 15. Okt. Der Prinz von Wales samt Familie empfing gestern den Besuch seiner Verwandten der Herzogin Max Emanuel in Bayern und reiste soeben mittelst Extrazugs zunächst nach Venedig weiter.
London, 11. Okt. Der Strike der Schulknaben, welcher in Schottland begann — die Mädchen machen nicht mit — hat sich epidemisch auch über die englischen Städte verbreitet. Die gewiß nicht mustergültige Schuljugend des Ostendes Londons ist selbstredend nicht hinter dem Zeitgeist zurückgeblieben. Am Dienstag nachmittag durchzogen etwa 400 Knaben mit roten Fahnen und roten Mützen verschiedene Straßen des Ostendes und verkündeten mit ihren schrillen Stimmen das Loosungswort dieser seltsamen Bewegung: „Kein Stock, weniger Schulstunden und keine Hausaufgaben." Die Rädelsführer waren natürlich einige Thunichtguts. die es in keiner Schule aus- halten. Der Zug hielt vor den verschiedenen Schulgebäuden, um neue Verstärkungen zu gewinnen. Die Mütter halten nicht viel von dem radikalen Programm ihrer Sprößlinge. „Kürzere Schulzeit?" sagen sie, „eher längere." Ein sehr erfahrener Lehrer aber meinte, wmn er eines der Rangen seiner Schule, der sich an diesem Strike beteiligte, habhaft werde, so möchte da» Wort „Stock" nicht so bald über seine Lippen kommen.
Obst- und Weinpreise.
Ulm, 14. Okt. Obstmarkt. Bei einer Zufuhr von 80 Wagen behaupteten sich die Preise auf der Höhe der letzten Tage; Qualität ist aber jetzt bester. Verkäufe in Wagen am Samstag und heute lebhaft. Wir notieren: Tafelobst 12 Mostobst 7.20 bis 7.60 im kleinen, 7—7.50 wagenweiser Verkauf. Nächster Tage ist weitere starke Zufuhr angemeldet.
Horrheim, 14. Oktober. Heute ziemlich verkauft zu gleichen Preisen 100—120 pro 3 bl. Noch gute Reste feil.