Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtage.
Preis vierteljährlich hier 1.10 mit Trägerlohn 1.20 im Bezirks
und 10 Lw.-Verkehr 1.25 iin übrigen Württemberg 1.35 Monatsabonnements nach Verhältnis.
k.» r
Fernsprecher Nr. 29.
85. Jahrgang.
Fernsprecher Nr. 29.
Anzeigen-Gebühr sür die einspalt. Zeile aus gewöhnlicher Schrift oder deren Raum bei einmal.
Einrückung 10 A bei mehrmaliger entsprechend Rabatt.
Beilagen. Plauderstübchen, Illustr. Eonntagsblatt und
Schwäb. Landwirt.
^ 38
K. Gberamt Wagold.
Bekanntmachung, betr. die Maul- und Klauenseuche.
Nach Mitteilung des K. Oberamts Neuenbürg ist der Handel im Umherziehen mit Wiederkäuern und Schweinen sowie die Abhaltung ,oon Vieh- und Schweinemärkten im Oberamtsbezirk Neuenbürg bis auf weiteres untersagt worden.
Nagold, den 14. Febr. 1911. Mayer, Amtmann.
Politische Uebersicht.
Die Konservativen des preußischen Abgeordnetenhauses bereiten einen Antrag vor, der den Zweck verfolgt, den sozialdemokratischen Mitgliedern des Hauses die ihnen bis jetzt eingeräumten Rechte einer Fraktion zu nehmen. — Der von den Konservativen wegen des sozialdemokratischen Mitglieds gemiedene Seniorenkonvent ist jetzt vollständig kalt gestellt geworden. Konservative, Freikonseroative, Zentrum und Nationalliberale haben unter sich einen „Rumpsseniorenkonvent" gebildet und am Freitag die erste Sitzung zur Besprechung über Kontingentierung der Etatsberatungen abgehalten.
In einer Vorstandssitzuug des Deutschen
Städtetages wurde beschlossen, im September den Deutschen Städtetag nach Posen zu berufen und auf die Tagesordnung zu setzen: 1. Die Regelung der Kreditverhältnisse der deutschen Städte. 2. Die Arbeitslosenversicherung. 3. Die Einteilung der Reichstagswahlkreise.
Die zweite Lesung der Strasprozetzentwürfe im Plenum des Reichstags hat, so schreibt die „Nordd. Mg. Ztg.", fünf Sitzungen ausgefüllt, aber nur ein Teil des Entwurfs zur Aenderung des Gerichtsverfassungsgesetzes ist erledigt. Die Beratung des Restes und der Strafprozeß- ordnung wird erst nach Erledigung des Etats fortgesetzt und sicher nicht vor Mai zu Ende geführt werden. Es ist dringend zu wünschen, daß der Reichstag bei der dritten Lesung eine andere Steilung einnimmt Denn daß speziell in der Frage der Mitwirkung von Laienrichtern in der Berufungsinstanz ein Nachgeben der verbündeten Regierungen ausgeschlossen ist, darüber kann nach dem Gang der bisherigen Verhandlungen kein Zweifel bestehen.
Ein französischer Ministerrat beschloß, in der Deputiertenkammer eine Novelle zum Strafgesetzbuch zur Unterdrückung des wucherischen Auskaufs von Lebensmitteln einzubringen. — Parlamentarische Erledigung fand ein Gesetz, das die Zeitbestimmung für Frankreich abändert, um sie mit dem in Europa herrschenden Zeitsystem in Einklang zu bringen. — Der russische Botschafter Iswolski übergab dem Präsidenten Fallieres in feierlicher Audienz ein dem Präsidenten von dem Kaiser von Rußland gewidmetes Gemälde, das die Entrevue von Cherbourg am 31. Juli 1909 darstellt. — Eine merkwürdige Friedenskundgebung leistete sich der Senatspräsident Dubost. In Gegenwart des diplomatischen Korps überreichte er dem bekannten Vorkämpfer der Friedensbewegung, Senator d'Estournelles de Constant, die Nobelpreismedaille. Hierbei sagte er u. a.: Sie wissen wohl, daß wir als Söhne eines verstümmelten Vaterlandes in dem von Waffen starrenden Europa für den Augenblick nur auf die eine immanente Gerechtigkeit uns voll verlassen können: das ist die Gerechtigkeit, die eine ihrer Hände auf den Degenknauf gestützt hält.
Der portugiesische Minister des Aeußern teilte über die vorgesehene Trennung von Kirche und Staat mit, der Entwurf wahre die Freiheit des Gewissens, des Unterrichts und der kirchlichen Propaganda unter einer einfachen Kontrolle des Staates. Er halte die Vorrechte des Klerus aufrecht und stelle die Kirchen zu seiner Verfügung, sobald der Klerus genügende Mittel zu ihrer Unterhaltung haben werde. — Wie weiter gemeldet wird, hat die Regierung den Infanteriehauptmann Remedios Fonseca in Bra- ganza verabschiedet, weil er versucht hatte, seine Kameraden gegen die Regierung aufzuhetzen. In Coimbra wurde ein Student wegen monarchistischer Umtriebe verhaftet.
Wie aus Persien gemeldet wird, ist der russische Generalkonsul in Ispahan in einem Brunnen auf dem Konjulatsgrundstllck ertrunken aufgefunden worden. Auf russischer Seite ist man geneigt, an einen Racheakt für den Ueberfall auf den persischen Gouverneur zu glauben. Der tätsächliche Befund weist jedoch eher auf einen Unfall hin. — Die russische Regierung hat den Beschluß gefaßt, ihre seit 1908 in Kaswin in Persien befindliche Truppenabteilung zurückzuziehen. Im Ardebilbezirk dagegen unternahmen die Russen wieder eine militärische Aktion. Bei einem Kampf zwischen Kosaken und Eingeborenen bei Astara erlitten letztere große Verluste.
Mittwoch, dm 15. Aeöruar
Deutscher Reichstag.
Berlin, 13. Febr.
2. Lesung des Etats. — Marine-Etat. Nach einer langen Geschäftsordnungsdebatte, die zur „Abkürzung der Verhandlungen" geführt wird, wird beschlossen, beim Gehaltstitel des Staatssekretärs auch das Zulagewesen zu besprechen. Die Budget-Kommission hat durch Mehreinstellung von 400000 die auf Grund der vorjährigen Stellungnahme des Reichstages gestrichenen Zulagen zur Hälfte wiederhergestellt. Die Sozialdemokraten beantragen, die Heizer-Zulagen in der vollen früheren Höhe wieder herzustellen. Das erfordert eine weitere Erhöhung des Postens um 32 000 -H. Um diesen Betrag soll auf einen Antrag der Sozialdemokraten der Titel: Betriebs., Reinig-, ungs-, Beleuchtungs- rc-Material gekürzt werden, statt 26 689 OM 26 369 OM Darüber, ob diese Frage auch gleich mit verhandelt werden könne, kommt es „zur Abkürzung der Verhandlungen", die, wie der Präsident unter allseitiger Zustimmung seststellt, in der Absicht aller Parteien liegt, nochmals zu einer längeren Geschäftsordnungs- Debatte. Es wird beschlossen, den Materialtitel einstweilen auszuscheiden.
Erzberger (Z.): Wir befinden uns in diesem Jahre auf dem Höhepunkt der Entwicklung der Marine. Die Zeit der Vermehrungsbauten ist vorüber. Es beginnt jetzt die Zeit der Ersatzbauten und damit aber auch die Zeit der inneren Ausgestaltung, die Zeit der Uebungen, der erhöhten Dienstleistung. Die Bindung durch das Flottengesetz hat sich als durchaus richtig erwiesen. Die Zukunftsberechnungen, die das Reichsmarineamt im Jahre 1898 bei Neuschaffung des Flottengesetzes aufgestellt hatte, sind alle eingetroffen, insbesondere was das rasche Anwachsen unseres Außenhandels, unserer überseeischen Interessen anbelangt. Unsere Marine Hot gut und sparsam gearbeitet. Unsere deutsche Flotte ist ein vorzügliches Werkzeug zu unserem Schutze, jedem Feinde zum Trutz, aber keine Angriffs- Armada. Das deutsche Volk will ein gleichberechtigter Faktor auf dem Weltmärkte sein. Es wird alle Kräfte anspannen, dieses Ziel zu erreichen, aber es liegt ihm fern, eine Feindseligkeit gegen irgend eine Macht zum Ausdruck zu bringen. Auch in England sollte das alte Gerücht von der deutschen Invasion gründlich zerstört werden. Sollte es noch eines Beweises für die Friedensliebe des deutschen Volkes bedürfen, so wäre das der Verkauf der beiden Kriegsschiffe an die Türkei gewesen. Der Haupt-Nachdruck müsse auf den inneren Ausbau, die Instandhaltung der Schiffe gelegt werden. Den braven Männern vom Unterseeboot U. 3 wird die Nation ein treues Andenken bewahren. Die Kommission hat beschlossen, daß die Heizer an den Tagen, an denen sie Dienst tun, die Zulagen weiter beziehen sollen. Daß gerade die Sozialdemokraten noch einen weitergehenden Antrag stellen, ist wunderbar, weil sie am Schluß ja doch alles ablehnen.
Drösch er (k.): Die Sparsamkeit darf nicht so weit gehen, daß die Berufsfreudigkeit in unserer Marine leidet. Unsere Flottenpolitik hat sich durchaus bewährt. Die Vorgänge auf der Kieler Werft sind erheblich aufgebauscht worden. Inzwischen hat der Staatssekretär auch mit starker Hand eingegriffen. Die Verwaltung hat jetzt einen wirtschaftlichen Betrieb auf kaufmännischer Grundlage eingerichtet. Die Werftorganisation selber hat sich bewährt. (Widerspruch bei den Sozialdemokraten und Freisinnigen.) Unsere Unterseebootpolitik hat sich glänzend bewährt. Wir haben dadurch Menschenleben und Geld gespart. Besondere Zulagen hat niemand zu verlangen. Auch die Heizer brauchen keine weiteren Zulagen. Die ganze Frage ist zu agitatorischen Zwecken ausgenutzt worden. Man hat sogar mit Sabotage gedroht. Hoffentlich wird der Staatssekretär mit starker Hand jeder Disziplinlosigkeit begegnen.
Staatssekretär v. Tirpitz: Dieses Etatsjahr bildet in der Tat einen gewissen Abschluß in unserem Vorgehen. Als der in erster Linie allein verantwortliche Beamte bin ich erfreut darüber, daß die Entwickelung unserer Flotte diesen Verlauf genommen hat. Nur im Rahmen dieses Gesetzes war es möglich, mit den verfügbaren Geldern, das Maß von Seemacht zu schaffen, das tatsächlich geschaffen worden ist. Unsere Flotte war von Anfang an niemals sür aggressive Zwecke bestimmt. Das ist so selbstverständlich, daß es eigentlich keiner Begründung bedarf. Unsere Flotte wird so gestaltet sein, daß es für jede andere Großmacht ein Risiko bedeutet, uns anzugreifen.
Ledebour (S.): Selbstverständlich erkennen auch wir es an, wenn Männer im Dienst der Flotte auch in Todesgefahr sich durchaus als Männer bewähren wie bei dem Unfall des Unterseebootes. Diese Anerkennung spricht der Reichstag wohl einmütig aus. Redner kritisiert dann
1911
die Rede des Prinzen Heinrich an die ehemaligen 35er, wobei er den Prinzen, ebenso wie seinen „älteren Bruder" für einen freiwilligen Agitator für die Sozialdemokratie bezeichnet.
Staatssekr. Tirpitz protestiert nachdrücklich gegen die Art und Weise, wie Ledebour die Ansprache des Prinzen Heinrich an seine Regimentskameraden dargestellt hat. In der Rede sei absolut nichts enthalten, was Prinz Heinrich nicht hätte sagen können. Es sei keine Wahlrede, sondern eine Rede im kameradschaftlichen Kreise gewesen. Herr Ledebour habe gar kein Recht, sür die Steuerzahler zu sprechen, denn der Prinz beziehe weder Pension noch Gehalt von der Marine. — Die Frage der Kürzung der Heizerzulagen ist seit Jahren erwogen worden. Ich habe jetzt die erste Veranlassung gegeben, die Frage in die Tat umzusetzen und übernehme auch die Verantwortung dafür. (Beifall).
Tages-Neuigkeiten.
Aus Stadt und Land.
Nagold, den 15. Februar 1911.
Neuer Lehrplan für die Lehrerseminare. Im Laufe der letzten Etatsdebatte hat Kultminister v. Fleischhauer u. a. auch hervorgehoben, daß der neue Lehrplan für die Lehrerseminare fertig gestellt sei und demnächst einem größeren Kreise von Sachverständigen zur Begutachtung unterbreitet werden solle. Auf den 16. und 17. d, M. ist nun eine Kommission, die sich aus zahlreichen Schulmännern aus verschiedenen Teilen des Landes zusammensetzt, hierher einberufen worden, um zu dem Lehrplan Stellung zu nehmen.
p — Der landwirtschaftliche Septemberpreis wird nach einer Mitteilung der Zentralstelle sür die Landwirtschaft auch in diesem Jahre wieder zur Vergebung kommen. Der in einem Geldbetrag nebst silbemer Medaille bestehende Preis ist in erster Linie für musterhaft geführte, vorzugsweise bäuerliche Wirtschaften bestimmt, deren Betrieb den nachhaltigsten Reinertrag anstrebt und der daher für die ähnlichen Verhältnisse der Umgegend als Muster dienen kann. Gegebenenfalls kann der Preis auch für die Einführung und Verbreitung neuer nützlicher Kulturen, sür erhebliche Leistungen in einzelnen Zweigen der Landwirtschaft oder für hervorragende persönliche Verdienste um die Hebung und Förderung der Landwirtschaft erteilt werden. Bewerbungen sind bis 1. Juli an die Zentralstelle für Landwirtschaft einzureichen.
1 » Stuttgart, 14. Febr. Die aus Kap Martin neuerdings eingetroffenen Nachrichten bestätigen in erfreulicher Weise die gute Wirkung des dortigen Aufenthalts auf die Gesundheit des Königs. Der König hat sich infolgedessen auf ärztlichen Rat hin entschlossen, diesen Aufenthalt noch bis in die erste Hälfte des Monats März zu verlängern. Die Feier des Geburtsfestes des Königs wird somit in Abwesenheit des Königs, im Uebrigen aber in der herkömmlichen Weise hier begangen werden.
Stuttgart, 13. Februar. Der Gesamtoorstand des württembergischen Volksschullehrervereins hat zur Lehrer- hesoldungsfrage eine Eingabe beschlossen, in der er ersucht, das Endgehalt von 3200 ^ auf 3300 zu erhöhen. Das Taggeld der unständigen Lehrer und Lehrerinnen soll 3,50 Mark vor und 4 nach Bestehen der zweiten Prüfung betragen. Schließlich soll bei den vor dem 1. April 1908 ständig angestellten Lehrern das Besoldungsdienstalter, das bisher vom 25. Lebensjahre ab zählte, nicht, wie im Entwurf vorgesehen, von der ersten ständigen Anstellung an gerechnet werden.
Stuttgart, 13. Febr. Wie das „Neue Tagblatt" meldet, beträgt die Summe des von Herrn O. Staib für gemeinnützige Zwecke gestifteten Betrages 650000 Mark.
p Stuttgart, 14. Febr. Die im inneren württembergischen Verkehr zugelassenen Posteinzahlungsumschläge sollen nach einer Verfügung der K. Generaldirektion der Posten und Telegraphen in Zukunft in der Größe der Normalbriefumschläge hergestellt und nach Aufbrauch der vorhandenen Vorräte ausgegeben werden. Bekanntlich war es bisher unmöglich, Geschäftspapiere von normaler Größe zu verwenden, bezw. diese ordnungsgemäß zusammenzulegen.
p Stuttgart, 14. Februar. Im neuen Stuttgarter Schlacht- und' Biehhof in Gaisburg ist heute früh 10^ Uhr im Dachstuhl eines mit Stroh gefüllten Stalles aus unaufgeklärte Ursache Feuer ausgebrochen, das von den sofort herbeigeeilten Feuerwehren, der Feuerwache III und der Weckerlinie Gaisburg, unter der Leitung von Branddirektor Iacoby nach mehrstündiger Tätigkeit auf seinen Herd beschränkt werden konnte. Der angerichtete Schaden ist erheblich.