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85. Jahrgang.
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* Illustr. Sonntagsblatt ' und Schwab. Landwirt.
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Dienstag, dm 14. Ieöruar
1911
K. Hbevcrrnt Wcrgokd.
Bekanntmachung,
betr. die Feldbereinignng auf der Markung Nagold.
Bon einem Teil der Mitglieder der Gemeindekollegien Iselshaufen wurde eine Feldbereinigung in den Gewänden Lielach, Tocknau, Hasenbrunnen, Bruckenäcker, Oswaldshalden, Iselshauser-Tal, alter Kirchweg und Steinwiesen der Markung Nagold unter Einbeziehung einiger Grundstücke der Markung Iselshaufen beantragt.
Nachdem das Unternehmen von der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft, Abteilung für Feldbereinigung, aus Grund einer vorläufigen Prüfung als für die Landeskultur nützlich und im ganzen zweckmäßig für ausführbar erkannt und zur Abstimmung dem gestellten Antrag gemäß zugelassen worden ist, wird hiemit
Tagfahrt zur Abstimmung über den vorliegenden Antrag und zur Wahl der Mitglieder der Vollzugskommission aus Donnerstag den 16. Februar ds. Js., vormittags S Uhr, anberaumt.
Hiebei werden die beteiligten Grundeigentümer bezw. deren Vertreter auf das Rathaus zu Nagold unter Androhung des Rechtsnachteils eingeladen, daß diejenigen, welche bei der Abstimmungstagfahrt weder in Person noch durch einen seine Vertretungsbefugnis rechtsgültig nachweisenden Vertreter erscheinen, als dem beantragten Unternehmen zustimmend angesehen und von der Teilnahme an der Wahl der Mitglieder der Vollzugskommission ausgeschlossen werden und daß ein Einspruch oder eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen diese gesetzliche Folge des Ausbleibens nicht stattfindet.
Für den Fall, daß die nach der Abstimmung eventuell oorzunehmende Wahl der Landwirte und ihrer Ersatzmänner für die Vollzugskommission aus irgend einem Grunde nicht zustande käme, so werden die Landwirte auf Antrag des Oberamts nach vorgängiger Vernehmung des Gemeinderats von der Zentralstelle berufen.
Bon dem Plan, der Beschreibung der Feldbereinigung, dem Verzeichnis der Grundeigentümer, dem allgemeinen Ueberschlag über die mutmaßlichen Kosten und dem Ergebnisse der vorläufigen Prüfung der Zentralstelle kann bis zum Abstimmungstag jedermann auf dem Rathaus in Nagold Einsicht nehmen.
Zugleich ergeht die öffentliche Aufforderung, etwaige noch nicht bekannte Ansprüche auf Freilassung von dem Unternehmen, oder aus Anteilnahme an demselben, innerhalb der Ausschließungsfrist von zwei Wochen, von dem Tage des Erscheinens dieser Bekanntmachung an gerechnet, beim Stadtschultheißenamt oder beim Oberamt hier geltend zu machen.
Den 9. Januar 1911. Kommerell.
Politische Übersicht.
Zwischen Rußland und China ist ein Streit
über folgende Punkte entstanden: China verweigert die Genehmigung zur Errichtung eines russischen Konsulats in Cchara-sume, dem Hauptort des 1905 neugebildeten gleichnamigen Bezirks in der Nähe Kobdos. China behauptet, daß der Vertrag von 1881 Rußland nur berechtigt, ein Konsulat in Kobdo zu errichten, das aber seit der Gründung Schara-sume's für den Handel bedeutungslos geworden ist; zweitens verhindert China entgegen dem Vertrag von 1881 den Handel russischer Kaufleute mit Waren nichtrussischen Ursprungs in den außerhalb der Großen Mauer gelegenen Gebieten des Reiches, wodurch besonders der Handel mit Tee getroffen wird, der den russischen Kaufleuten im Verkehr mit den Nomaden als Münze dient.
Der Kaiser von Japan hat eine Verfügung erlassen, die auf die Wichtigkeit hinweist, daß die Politik der Regierung sich den veränderten wirtschaftlichen Bedingungen anpaßt. Ferner hat der Kaiser eine Stiftung von 1 Vs, Millionen Pen gemacht zur Unterstützung Unbemittelter, die ärztlicher Behandlung bedürfen.
Die mexikanischen Aufständischen haben Mex- cala wieder eingenommen. Die in der Stadt befindlichen Negierungsvertreter sind auf amerikanisches Gebiet geflüchtet.
Nach Meldungen aus Haiti find wieder zwei
Generäle der Aufständischen von Regierungstruppen gefangen genommen und auf der Stelle erschossen worden. Präsident Simon hatte eine Besprechung mit dem Konsularkorps, das bemüht ist, den Schwierigkeiten ein Ende zu machen. Er gab die Versicherung ab, daß keine weiteren Aufständischen hingerichtet werden sollen.
Beamte und Politik.
r Zur Frage der politischen Betätigung der Beamten schreibt die Süddeutsche Reichskorrespondenz: Das verfassungsmäßige Recht der Beamten aus Ausübung politischer Tätigkeit ist, wie aus den jüngsten Verhandlungen der Zweiten Württembergischen Kammer hervorgeht, von keiner Seite bestritten worden und konnte auch kaum bestritten werden, denn die in § 24 der württembergischen Verfassungsurkunde jedem Bürger zugesicherte Denkfreiheit, d. h. das Recht, sich mit allen Gegenständen des menschlichen Wissens zu beschäftigen und seine Gedanken schriftlich und mündlich jedem anderen auch in der Presse und in Versammlungen mitzuteilen, erstreckt sich auch aus die Beamten und findet bezüglich dieser seine rechtliche Einschränkung lediglich in den Vorschriften des Beamtengesetzes. Hiernach (Art. 5) hat der Beamte über die vermöge seines Amtes ihm bekannt gewordenen Angelegenheiten, deren Geheimhaltung ihrer Natur nach erforderlich oder von seinen Vorgesetzten vorgeschrieben ist, Verschwiegenheit zu beobachten und nach Art. 4 ist jeder Beamte verpflichtet, durch sein Verhalten in und außer dem Amte der Achtung, die sein Beruf erfordert, sich würdig zu zeigen. Weitere gesetzliche Schranken bestehen nicht, aber tatsächlich ergeben sich weitere Grenzen aus den Anforderungen, die an die einzelnen Aemter gestellt werden müssen. Darüber besteht eigentlich kaum eine Meinungsverschiedenheit. Aber wie man auch sonst in politischen Forderungen gleicher Meinung sein kann, soweit es sich um die abstrakte Formulierung eines Satzes handelt, während die konkrete Anwendung dieses Satzes sofort zu den größten Differenzen in der Auffassung ffühtt, so ist es auch hier, und daraus ist es auch zu erklären, daß die Beschränkung auf die allgemeine Erörterung der Frage im Landtag zu einer einheitlichen Auffassung von Regierung und Landtag geführt hat. Der Streit der Meinungen beginnt in dem Augenblick, wo im einzelnen Fall festgestellt werden soll, ob der Beamte über die aus dem Beamtenverhältnis sich ergebenden Grenzen hinausgegangen ist. Die Beurteilung dieser Frage hängt im einzelnen Fall von einer Reihe objektiver Momente, sodann aber auch von der ganzen Subjektivität des Urteilenden ab, sodaß man von vornherein darauf verzichten muß, einen allgemein anerkannten Standpunkt einnehmen zu können. Aus diesem Grund haben deshalb auch die früheren Debatten im Reichstage und in den Parlamenten der Einzelstaaten zu einem positiven Ergebnis fast nie geführt. Eine Lösung dieser Frage ist eben, abgesehen von abstrakter Formulierung. kaum möglich: die Grenze, die die Gebiete der individuellen Freiheit und der öffentlichen Ordnung scheidet, ist nicht mathematisch bestimmbar. Der Wert der politischen Tätigkeit der Beamten ist von niemanden in Abrede gezogen worden. Nur ein Gesichtspunkt wurde nicht genügend heroorgehoben, nämlich die Befruchtung der amtlichen Tätigkeit des Beamten durch die Kenntnisse, die Erfahrungen und die taktische Gewandtheit, die er sich im politischen Leben erwirbt. Sollen die Beamten zu Persönlichkeiten entwickelt werden, die ihren Aufgaben und allen Situationen gewachsen sind, dann (wäre es wohl zweckmäßig, daß sie mehr, als dies bisher in Württemberg geschehen ist, sich am öffentlichen Leben beteiligen. Es ist ja nicht notwendig, daß dies in stark in die Oeffentlichkeit tretender Weise geschieht : aber es ist nützlich, daß eine Fühlung mit der Entwicklung des politischen Lebens gehalten wird, denn dieses gehört wohl zu den wichtigsten Seiten des Lebens einer Nation überhaupt.
Deutscher Reichstag.
Berlin, 11 . Febr.
Konservative Interpellation wegen der fremden Wertpapiere. — Graf Kanitz (k.) betonte, daß seine Partei durchaus keine feindselige Gesinnung gegen die Börse hege, daß aber nach den Mitteilungen des preußischen Finanz- Ministers in der Budgetkommission des Abgeordnetenhauses in diesem Jahre Staatsanleihen nicht ausgegeben worden seien, um die Kurse nicht zu drücken. Das sei schon ein Zeichen der Furcht vor den fremden Emissionswerten, an denen die Bankhäuser mehr verdienen. Redner verlangte eine zentrale Zulassungsstelle.
Staatssekretär Delbrück schilderte die Schutzeinrichtungen gegen die Ueberschwemmungen des deutschen Marktes und betonte, daß der Reichskanzler die Verantwortung für die Handhabung des Börsengesetzes trage. Wenn auch auf der einen Seite anerkannt werden müsse, daß im Interesse einer aktiven Handelsbilanz und einer steten Kriegsbereitschaft die Aufnahme fremder Werte notwendig ist, so bestimme doch das Börsengesetz, daß solche Werte, die dem Publikum Schaden bringen, nicht zugelassen werden dürfen.
Mit dem Grundgedanken dieser Maßnahme müsse man einverstanden sein, namentlich wenn sich die geschilderte Wirkung auf unsere eigene Anleihe zeige. Zum Schluß gibt Redner eine Statistik über die deutschen und ausländischen Wettpapiere, die an der Berliner Börse zugelassen sind.
Speck (Z.): Es müsse dahin gestrebt werden, das heimische mobile Kapital gegen die vom Auslande drohende Gefahr zu schützen, Deutschland habe steine Veranlassung, sich wirtschaftlich enger mit den Vereinigten Staaten zu liieren und die amerikanische Industrie zu stärken.
Dr. Frank (S.) verlangt namens seiner Partei ein Aufsichtsamt für das Bankwesen. Redner meint, der Abfluß deutschen Geldes kann nicht verhindert werden, aber die Regierung soll es nicht fördern.
Dooe (f. Vp.) ist der Ansicht, daß die vorhandenen Organisationen ausreichten.
Frhr. o. Gamp(Rp.) kritisiert die Dividenden-Politik der Großbanken und verlangt die Einsetzung einer ständigen Kommission für Bankangelegenheiten aus Reichstagsabgeordneten und Bankleuten zusammengesetzt.
Stresemann (n.) hält eine Revision des Börsengesetzes nicht für notwendig. Redner spricht seine Befriedigung aus über die Plazierung der türkischen Anleihe in Deutschland und schließ, solange der Inlandsmarkt seine Bedürfnisse befriedigen kann, liegt in der Anleihe deutschen Geldes in guten ausländischen Wetten keine Gefahr.
Raab (w. Vg.) erklärt sich mit der Warnung der Regierung einverstanden und betont, man sollte auch gegen andere amerikanische Papiere in gleicher Weise vorgehen.
Dr. Hahn (k.) ist über die entgegenkommende Erklärung des Staatssekretärs erfreut. Die Erklärung in der Nordd. Allg. Ztg. hätte schon früher erfolgen sollen.
Tages-Neuigkeiten.
Aus Stadt und Land.
Nagold, den 14. Februar 1911.
Freier Arbeiterverein. (Mitgeteilt). Am Sonntag nachmittag fand bei zahlreicher Beteiligung der Mitglieder des hiesigen und der Arbeitervereine von Wildberg und Effringen im Gasth. z. Traube die erste Hauptversammlung statt. Vorstand Kössig begrüßte die Versammlung und referierte über Gründung, Zweck und Ziele des hies. Vereins, dabei besonders die Lage des Arbeiters erwähnend und sprach der Bereinigung der drei Vereine das Wort, wodurch die Interessen bedeutend gefördert würden. Die Vorstände Pfister und Stängle des Wildberger bezw. Effringer Vereins befürworteten den Zusammenschluß. Nach längerer Diskussion wurde beschlossen im Laufe der nächsten Monate die erste Bezirksarbeiterversammlung in Effringen abzuhalten: bei dieser Versammlung will dann Schriftführer Ilg einen Vortrag halten über „die politische und finanzielle Lage Deutschlands". Diese Ankündigung wurde mit großem Beifall ausgenommen. Es kamen vonseiten einiger Mitglieder von Wildberg und Effringen Wünsche bezüglich des Krankenkassenwesens zur Sprache, wobei sich ergab, daß solche nur durch Vorbringen bei der Generalversammlung der Bezirkskrankenkasse behandelt werden könnten. Vorstand Pfister- Wildberg beantragte, eine Eingabe zu machen an die K. Generaldirektion der Staatseisenbahnen mit dem Gesuch um bessere Zugsverbinduug für die in Pforzheim arbeitenden Mitglieder und andere Arbeiter: ferner empfiehlt er das Lesen einer Zeitung, die das Wohl des Arbeiters vertritt. Beide Anträge fanden Anklang und wurden Herrn Pfister zur Weiterführung überlassen. Aus der Mitte der Versammlung wurde dem Dank für den heutigen Erfolg Ausdruck verliehen. Nach Schluß des geschäftlichen Teils blieb man noch einige Zeit bei Gesang und Deklamation beieinander.
* Steuerliches. Im Publikum herrscht vielfach Unklarheit darüber, ob Geld, das auf zwei oder mehr Sparkassen sich befindet oder sonst ausgeliehen ist und zusammen 1000 ^ macht, versteuert werden muß. — Frei von der Kapitalsteuer und Einkommensteuer bleiben die Zinsen aus den Einlagen in die Württ. Sparkasse und in andere unter öffentlicher Verwaltung stehende, im Lande befindliche Sparkassen (nicht also z. B. Fabriksparkassen), sofern die Einlagen im ganzen die Summe von 1000 ^ einschließlich der kapitalisierten Zinsen nicht übersteigen. Im übrigen ist der Ertrag aus Kapitalien und Renten, mag das Gesamt- oder Einzelkapital mehr oder weniger als 1000 betragen, Kapital- nnd einkommensteuerpflichtig. Der Iahressteuerbetrag für den Staat wird für jede Etatsperiode durch das Finanzgesetz bestimmt und beträgt zur Zeit, also 1909 und 1910 2,1°/g des steuerbaren Ertrags.