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Vir «tnrückungsgrbühr beträgt 9 ^ p. Zelle i« Bezirk» sonst 12 -2,.

Abonnementspreis halbjährlich 1 X- 80 durch ce Post bezogen im Bezirk 2 -et 30 H, sonst in ganz Württemberg 2 »A 70

Amtliche ZSekanntmcrchrrngen.

Calw.

Bekauulmachnng-

betreffend die Ermittlung des Reichstagswahlergebnisses.

Zur Kenntmß der Wähler des VII. Wahlkreises wird hiemit gebracht, daß die Ermittlung des Wahlergebnisses von der hiezu berufenen Kommission am Montag, den 21. Oktober 1889, vorm. 8 >/z Uhr» auf dem Rathaus in Calw vorgenommen wird, wobei der Zutritt zu dem Lokal jedem Wäbler offen steht (H 26 des Wahlrealements vom 28. Mai 1870). Den 14. Oktober 1889. ^ Wahlkommiffär:

Oberamtmann Supper.

Amtliche Bekanntmachung

betr. Maßregeln zur Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche.

I. Durch Erlaß der K Krersregierung vom 12. d. M. ist die Ab­haltung des am Dienstag, den 15. d. M., in Aeubitkach verfallenen Vieh- und Schweincmarktes verboten worden.

II. Das Durchtreiben von Wiederkäuern und Schweinen durch Stamm­heim, ist bis auf Weiteres verboten.

III. Nach einer Mitteilung des K. Oberayrts Leonberg ist die Ab- Haltung des am 21. d. M. in Weil der Stadt verfallenen Vleh- und Schweine­marktes durch Erlaß der K. Krersregierung verboten worden.

Calw, den 14. Oktober 1889. K. Oberamt.

Supper.

Deutsches Reich.

Berlin, 11 . Okt. Der Zar ist heute punkt 10 Uhr auf dem festlich geschmückten Lehrter Bahnhof erngctroffen. Die zahlreich erschienene Be­völkerung begrüßte die Majestäten mit lebhaften Zurufen. Beim Passieren des Brandenburger Thors wurden 101 Kanonenschüsse gelöst. Die Straße Unter den Linden und die anderen Hauptstraßen waren beflaggt, ebenso die öffentlichen Gebäude und zahlreiche Privalhäuser. Die sämtlichen Truppen erschienen im Paradeanzug mit Gepäck, die Infanterie mit aufgepflanztem Seitengewehr, die Kürassiere in Kürassen mit Lanzen. Die Majestäten be­geben sich in das Botschaftsgebäude und erschienen am Fenster, als eine Kompagnie des Kaiser-Alexander-Garde-Grenadier-Regiments die Regimcnte- fahne in das Botschaftsgebäude brachte. Sobald die Majestäten sich am Fenster zeigten, ertönten brausende Hochrufe aus der zahllosen Menschen, menge, der Reichskanzler verließ die Botschaft um I I V 4 Uhr, Kaiser Wilhelm und die Prinzen blieben bei dem Frühstück, das dem Zaren in der Bot­schaft gegeben wurde. Graf Schuwaloff als Hausherr brachte einen Trink.

spruch aus, in welchem er den Zaren willkommen hieß; die Musik spielte die russische Hymne. Darauf erhob sich Kaiser Alexander und brachte dem Kaiser Wilhelm einen Toast dar. Sofort nahm der Zar auch Gelegenheit, sein» Freude über den ihm zu teil gewordenen Empfang auszusprechen. Der Ver«luf des Frühstücks zeigte große Herzlichkeit zwischen beiden Souveränen. Nach dem Frühstück gegen 12»/^ Uhr fuhren der Zar und Großfürst Georg im offenen Zweispänner nach dem Schloß und machten der Kaiserin August» Viktoria und darauf der Kaiserin Friedrich in deren Palais Besuche. Im königlichen. Schlöffe fand der Empfang in dem früheren Thronsaale statt. Der Kaiser und die Kaiserin gingen dem kaiserlichen Gaste entgegen, die Kaiserin bot ihm den ersten Willkommen, die beiderseitige Begrüßung war eine sehr herzliche. Kaiser Alexander stellte der Kaiserin seinen Sohn, und das Gefolge vor, dann folgte die Vorstellung des engeren Hofes an den Kaiser. Abends 6 Uhr fand das Galadiner im Weißen Saale statt. Dasselbe zählte ungefähr 140 Gedecke. Neben dem Zaren saß links die Kaiserin, der Großfürst Georg, dem Zaren gegenüber Fürst Bismarck, links davon Graf Woronzow-Daschkow, Generaloberst Pape, rc. Bei der Tafel brachte Kaiser Wilhelm folgenden Trinkspruch aus:Ich trinke aus das Wohl Meines verehrten Freundes und Gastes, Sr. Majestät des Kaisers von Rußland, und auf die Dauer der zwischen Unfern Häusern seit mehr als hundert Jahren bestehenden Freundschaft, welche Ich als ein von Meinen Vorfahren überkommenes Erbteil zu pflegen entschlossen bin." Kaiser Alexander dankte in französischer Sprache für die freundlichen Gefühle des Kaisers Wilhelm und trank auf das Wohl Ihrer Majestäten. Hier- auf trank der Zar dem Reichskanzler zu, welcher sich erhob, stehend sein Glas leerte und sich tief verbeugte; darauf trank Kaiser Wilhelm dem Bot- schafter Grafen Schuwalow zu, der gleichfalls stehend sein Glas leerte und sich tief verbeugte. Der Zar trug bei dem Diner die Uniform seines preußischen Ulanenregiments. Bei dem Cercle nach aufgehobener Festtafel sprach der Zar längere Zeit mit dem Fürsten Bismarck, den er sitzen hieß, während er selber stand.

Hages-Weuigkeiten.

Calw, 14. Okt. Unfern Bericht über die von dem Wahlkomite der demokratischen und freisinnigen Partei auf gestern nachmittag im Thudium« schen Saale anberaumte Wählerversammlung müssen wir leider unabgesetzt lasten und wird derselbe, sofern er nicht inzwischen durch neuere aus dem Bezirk überflüssig würde, in der nächsten Nummer Nachfolgen. Heute ist es uns nur möglich, die zahlreichen Einsendungen und diese nur zum Teil zu bewältigen.

Calw, 14. Okt. (Egsdt.) Einen nicht uninteressanten Verlauf nahm die am gestrigen Sonntag voir der demokratischen Partei im Thudium'schen Saale abgehaltene Wählerversammlung, zu welcher nicht nur die Anhänger der Volks­partei, sondern auch die der Wahl des Hrn. v. Gültlingen zahlreich erschienen

Feuilleton.

Hochdruck verboten.

Z

rver K»ege.

Novelle von CH. F est e r.

(Schluß.)

Sie durchlebte noch einmal in der Erinnerung jene letzten vier Tage. Arthur stand an ihrer Seite, ihr die Schönheit der Gegend preisend. Sie war im Boot, er kniete zu ihren Füßen, sie fühlte seinen Kuß auf ihren Lippen, sie hörte seine ein­dringliche, leidenschaftliche Stimme. Er hielt sie in seinen Armen und sie war glück­lich, glücklich wie in einem Traume. Und jählings folgte das Erwachen. Am folgenden Tag versprach sie Josiah Hickman, seine Frau zu werden. O, diese Tage am Flusse! Wenn sie noch einmal frei wäre, ihren künftigen Weg zu wählen, wenn die Zeit noch einmal zurückkäme, über ihr Schicksal zu entscheiden! Was hatte sie durch ihre Heirat mit dem reichen Firnisfabrikanten gewonnen? Nichts als einen kurzen, sehr kurzen Triumph, als es in ihren Kreisen bekannt wurde, daß sie die Braut des um seines Reichtums willen für Viele begehrenswerten Mannes geworden war. Dann kam das glänzende Hochzeitsfest; der Bund wurde geschloffen, der sie für ihr ganzes Leben an die Seite eines Mannes fesselte, dm sie nur deshalb nicht haßte, weil er nicht wert war, gehaßt zu werden, weil sie ihn verachtete. Sie tauschte ein für das Opfer ihrer Liebe ein schönes Haus, elegante Toiletten und unbeschränktes Taschengeld. Und nun? War das Opfer nötig gewesen, welches sie gebracht, um das zu erreichen? War sie darum glücklich geworden? Kann Reichtum Glück schaffen?

Sie stöhnte auf aus tiefster Brust als Antwort auf ihre eigene Frage. Sie hatte einm traurigen Irrtum begangen. Von dm zwei Wegen, zwischen denen sie

zu wählen gehabt, war sie den falschen gegangen. Sie sah es jetzt ein. Sie ver­gegenwärtigte sich zu spät, daß es gewisse, moralische Gesetze zwischen Mann und Weib gebe, gegen die man nicht ohne lebenslängliche Reue sündigen kann; es überkam sie vernichtend die Erkenntnis, daß eine Heirat ohne Liebe die Hölle auf Erden ist. Es war eine schreckliche Leere in ihrem Herzen, welche kein Reichtum, kein Luxus, kein Vergnügen, das man sich mit Geld verschaffen kann, auszufüllen vermochte. Das Einzige, was sie zu erhoffen hatte, war zeitweilige Zerstreuung der Langeweile eines 0 , wie entsetzlich eintönigen Daseins.

Sie wußte kaum, wie lange Zeit ihr so in bittrer Selbstqual verging, bis sie plötzlich die Schritte eines Mannes auf dem Sande und das Rauschen eines seidenen Frauengewandes hörte.

Erschrocken bog sie die Zweige auseinander im nächsten Moment schrak sie förmlich zurück und trat hastig hinter ein Rankengelände, welches den Sommerpaoillon an dieser Seite einschloß, während die Beiden, welche sie erblickt, von der entgegen­gesetzten Seite in das Lusthaus eintraten. Sie hatte eine förmliche Sehnsucht, zu wissen, ob er so ganz seine frühere Liebe vergessen hatte, ob er nicht vielleicht nur vor der Welt fo freundlich mit seiner Frau verkehrte und im Grunde seines Herzens eben so unglücklich sei, wie sie. Jetzt hatte sie die Gelegenheit, mit eigenen Augen zu sehen, mit eigenen Ohren zu hören, was Arthur und Linda sich waren, oder sich zu sein schienen.

Nur ein Güter, mit Epheu und Klematis umrankt, trennte Kamilla von dem jungen Paar. Indem sie sich aber auf eine Bank niederließ, war sie vollständig ihren Blicken verborgen.

Einige Minuten herrschte lautloses Schweigen. Kamilla konnte gerade einen Teil von Arthur's Schustern sehen, auf welcher der Kopf seines jungen Weibes ruhte.