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Fernsprecher Nr. LS.

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85. Jahrgang.

M Nv

Fernsprecher Nr. 29.

Donnerstag, den iS. Jarrua

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* Illustr. Sonntagsblatt und

Schiväb. Landwirt.

1911

Amtliches.

Bekanntmachung der K Landgestütskommission, betr. die Patentierung von Privatzuchthengsten, für die Deckzeit 1N11.

Gemäß Z 12 der Beschälordnung vom 13. Febr. 1906 (Reg.-Bl. S. 13) findet die Patentierung solcher Privatzucht­hengste, welche während der Beschälzeit (15. Februar bis 15. Juli 1911) zum Decken fremder Stuten verwendet wer­den wollen, in folgenden Orten an den nachbezeichrieten Tagen statt:

in Laupheim am Montag den 6 .. Februar 1911 nach­mittags 21/2 Uhr,

in Geislingen am Dienstag den 7. Februar 1911 mittags 12 Uhr,

in Backnang am Mittwoch den 8. Februar 1911 vor­mittags 92/4 Uhr, und

in Hohenheim an demselben Tage nachmittags 3 Uhr.

Weitere Patentierungsorte werden nach Bedarf in den anderen Landesteilen noch bestimmt und unmittelbar den einzelnen Patentbewerbern mitgeteilt werden.

Die Erteilung des Patents für einen Hengst setzt voraus:

1) daß der Hengst nicht unter 3 Fahre alt, gesund und vollkommen entwickelt ist, keine erblichen Gebrechen und Formfehler hat und vermöge seines Körperbaues, seiner Knochenstärke und seines Ganges zur Erzeugung brauch­barer Pferde als geeignet erscheint;

2) daß der Hengst nach seiner Körperbeschaffenheit dem vorhandenen Stutemnyterial, den Pferdezuchtoerhältnissen und der anzustrebenden Iuchtrichiung der betreffenden Gegend möglichst entspricht;

3) daß der Hengstbesitzer in den Orten, wo er das Beschäl­gewerbe betreiben will, einen Beschälraum mit einer den Anblick des Beschälbetriebs verhindernden Umfassung besitzt;

4) daß der Hengstbesitzer sich verpflichtet, während der Be­schälzeit in den beim Beschälraum vorhandenen Stallungen neben dem zu patentierenden Hengst keine nichtpaten- tierten Hengste im Alter von über 3 Jahren aufzustellen.

Hat der Hengstbesitzer das Beschälgeschäft bereits früher betrieben, so ist die Erteilung des Patents weiter an die Voraussetzung geknüpft, daß er das Geschäft in der vorher- gcgangenen Zeit ordnungsmäßig ausgeübt und insbesondere in der Deckzeit 1910 der unter Ziffer 4 genannten Ver­pflichtung nicht zuwidergchandelt hat.

Die Hengstbesitzer, welche ihre Hengste zum Zweck der Erlangung eines Patents für die Beschälzeil 1911 an einem der festgesetzten Patentierungsorte der von der Landgestüts­kommission bestellten Kommission vorführen wollen, werden hiemit ausgefordert, diese Hengste spätestens bis 30. Januar d. I. unter genauer Beschreibung jedes Hengstes nach Namen, Alter, Abstammung und Farbe, Abzeichen und Größe bei dem Sekretariat der Landgestütskommission anzumelden.

Der Anmeldung sind folgende Belege anzuschließen: a. eine Bescheinigung des Ortsvorstehers der Gemeinde, in welcher das Beschälgemerbe betrieben werden will, darüber, daß der Heugstbesitzer einen vorschriftmäßigen Beschälraum besitzt;

d. eine Urkunde, worin der Hengstbesitzer sich verpflichtet, während der Beschälzeit in den beim Beschälraum be­findlichen Stallungen neben dem zu patentierenden Hengst keine nichtpatentierten Hengste im Alter von über drei Jahren aufzustellen:

0 . wenn der Hengst schon im Fahr 1910 patentiert war, das Patent für die Beschälzeit 1910; ä. wenn der Hengstbesitzer das Beschälgeschäft bereits früher betrieben hat, eine Bescheinigung des Ortsoorstehers der Gemeinde, in welcher der Betrieb stattfand, darüber, daß der Hengstbesitzer das Geschäft in der vorausge- gegangenen Zeit ordnungsmäßig ausgeübt, insbesondere in der Beschälzeit 1910 der oben unter Ziffer 4 auf­geführten Verpflichtung nicht zuwidergchandelt hat.

Stuttgart, den 13. Fan. 1911.

K. Landgestütskommission: _ Haag.

Uebertragcn wurde die evangelische Pfarrei Aichelberg, Dekanats Calw, dem Stadtvikar Hermann Holzapfel in Geislingen.

Sie Kulturelle Erschlich»«« -er Suduus.

Durch eine ebenso einfache wie geniale Erfindung ist die Erschließung des Sudans in jüngster Zeit in geradezu ungeahntem Maße erleichtert worden. Der geistige Urheber dieser Erfindung ist ein seit Fahren in Berlin lebender Württemberger Professor Dr. Hoering, der vor Jahresfrist Schillers gute Stube" in seinem Tuskulum in der Ahorn­straße ausstellte, bevor sie als sein Geschenk nach Marbach ins Schillermuseum gebracht wurde. Da Hoering in stolz­bescheidener Gelehrteneinsamkeit seinen vielen sozialpolitisch teilweise hochbedeutsamen Arbeiten obliegt und nicht vor die Oeffentlichkeit getreten ist, so sei hier über seine hochinteressante Erfindung einiges mitgeteilt.

Die kulturelle Erschließung Afrikas ist ein Problem, das insbesondere in neuerer Zeit die ersten Köpfe der zivi­lisierten Welt beschäftigt hat und noch beschäftigt. Etappe um Etappe wurde auf dem schwierigen Pfade zur Erreichung dieses Werkes zurllckgelegt, und jetzt verspricht mit dem glänzenden Schlagwort vom Kap bis Kairo der letzte der Träume der Cecil Rhodes und Gordon, der v. Heuglin und Eyth verwirklicht zu werden.

Der Sudan ist eines der fruchtbarsten Gebiete der Erde. Baumwolle gedeiht dort in derselben hervorragenden Qualität wie in Ägypten, desgleichen Kaffee und andere tropische Nutzpflanzen.

Die Regierung baut seit IV 2 Jahren den vomSud" am wenigsten blockierten Bahr el Zeraf zu einer Schiffahrts­straße aus, aber die Kultivierung jener ungeheuren Flächen durch Entwässerung und Bewässerung konnte noch nicht in Angriff genommen werden, da der Heizstoff für Bagger und Pumpen fehlt. Das Brechen der zu kultivierenden Baum­wolle, die Anlage gewerblicher und landwirtschaftlicher Be­triebe, von elektrischen Zentralen, alles dies verlangt Brenn­stoff, dessen ganzer Bedarf heute über Chartum aus gedeckt werden müßte und sich durch die große Fracht von der Hauptstadt stromaufwärts unverschwinglich teuer stellt.

Wie daher der weitsichtige englische Staatsmann Lord Cromer mit scharfem Blick erkannt hat, hängt die Frage der Erschließung des Sudans durch Schienenwege ab vou einem billigen Brennstoff. Und in dieser Hinsicht machte Lord Cromer in seinen Berichten auf die unendlichen Flächen, die mit Nilschils (Papyrus und Um Soos) bedeckt sind, auf­merksam, mit dem Bemerken, daß, wenn es gelänge, diese Pflanzen, die jetzt die Schiffahrt sperrten, zu einem Heiz­stoff zu verwerten, die Frage der Erschließung des Sudans gelöst sein und zugleich ein überaus lukratives Geschäft ge­macht werden dürfte. Der Papyrus erreicht nämlich eine Höhe von 57 Metern, das Schilf eine solche von 2^ bis 3 Metern. Nach angestcllten Messungen wächst letzteres täglich um ungefähr 1 Zoll. Die vermodernden Pflanzen brechen zusammen und bilden ein undurchdringliches Gewirr, über das vielfach Menschen schreiten können. Wind und Sturm reißen Pslanzenblöcke von Kilometern Ausdehnung los, diese treiben abwärts, türmen sich, wo sie Widerstand finden, zusammen, verstopfen den Strom und hemmen die Schiffahrt. Von Pflanzen eingeschlossen, haben Dampfer mehrfach monatelang festgelegen.

Der Gedanke Lord Cromers, diese weitausgedehnten Flächen zu kultivieren und den auf ihnen lagernden Pflanzen­stoff für Heizungszwecke nutzbar zu machen, wurde von dem früheren deutschen Diplomaten Legationsrat a. D. v. Rath beim Lesen von Lord Cromers Berichten aufgegriffen, und er hat sich jahrelang bemüht, diesen Gedanken zu realisieren. Vom Rath veranlatzte die verschiedensten Kapazitäten, sich mit diesem Material zu beschäftigen, keiner dieser Gelehrten konnte aber einen brauchbaren Stoff für Heizzwecke erzielen.

Erst, als es Herrn vom Rath gelang, den hervor­ragenden Forscher auf dem Torfgebiet, den württ. Professor Dr. Höring für diese Frage zu interessieren, bekam die Sache Hand und Fuß. Hoering, der sich neben rein wissenschaft­lichen Fragen auch besonders gern mit Fragen auf sozialem Gebiet (Verwertung von Moorland, Oedland usw.) beschäf­tigt, erkannte sofort die gewaltige soziale Bedeutung dieses Problems und warf sich mit dem Eifer und der Zähigkeit, die den Schwaben häufig eigen sind, auf die Lösung dieser Frage. Nach gründlichen und vielseitigen Versuchen stellte er aus dem spröden Material in verhältnismäßig kurzer Zeit einenSoden" her, der sich in nichts von solchem aus Torf unterschied. Dieser Brennstoff wurde von Professor Dr. Hoering und vom Rath der anglo-sudanesischen Regie­rung übersandt, die den Heizwert des Brennstoffes für völlig genügend erklärte, aber wenn irgend möglich eine Erhöhung der Dichte verlangte.

Fußend auf diesem über alles Erwarten glänzenden Erfolg, konnten Professor Hoering und von Rath, ein

englisch-deutsches Syndikat gründen und gemeinschaftlich im April eine Expedition nach dem Sudan entsenden, die auch die tatkräftige, finanzielle und moralische Unterstützung des Generalgouverneurs fand.

Dieselbe konnte aus den mehr als 35000 Quadrat­meilen sich ausdehnenden Schilfslächen unter teilweise sehr romantischen Umständen dem Forscher Hoering reiches Ma­terial für seine Zwecke einbringen. Mit Hilfe dieses Ma­terials gelang es Professor Hoering nach unendlich mühsamen und komplizierten Versuchen zu seiner großen Freude auch die Frage der Dichte des gewonnenen Materials in weit höherem Maße zu lösen, als die anglo-sudanesische Regie­rung dies verlangt hatte.

Durch das Verfahren Hoerings wird es nun möglich, das in unendlichen Massen vorhandene voluminöse Nilschilf zu einem haltbaren festen Brikett in der Dichte der Kohle und mit der Heizkraft der Braunkohle zu verarbeiten.

Und auch die letzte Schwierigkeit, welche sich der Lösung des Problems noch entgegenstellte, nämlich die Aufgabe, durch einfache, stabile Maschinen das Hoeringsche Verfahren auf den Großbetrieb zu übertragen und für diesen verwend­bar zu machen, löste Hoering rasch und in genialer Weise, so daß schon im November v. 2. den Vertretern der eng­lischen Admiralität, der anglo-sudanesischen Regierung, des deutschen Reichsmarine-Amtes, der englischen Botschaft und mehreren englischen Interessenten die ganze Fabrikation in einer von Hoering errichteten Versuchsanlage vorgeführt werden konnte.

Der Erfolg dieser Vorführung war ein so durchschla­gender, daß für das deutsch-englische Syndikat die Einrich­tung einer Fabrik für den Sudan bestellt wurde, die jetzt zum Teil bereits verschifft ist.

Ueber die eminente Tragweite und den Wert der Erfindung hat sich der Generalgouverneur vom Sudan, Sir Reginald Wingate, in treffender Weise geäußert, indem er erklärte, diese Erfindung werde im Fall praktischer Durch­führung den gleichen Wert für den Sudan besitzen wie der Suez-Kanal für Aegypten.

Nunmehr ist diese Kultursrage von Professor Dr. Hoering in so vollkommener Form gelöst worden, daß der Durch­führung dieses Kulturwerkes nichts mehr im Wege steht.

Es ist selbstverständlich, daß die Hoeringsche Erfindung auch in den mit einer ähnlichen Vegetation bestandenen Teilen der deutschen Schutzgebiete mit großem Vorteil wird angewandt werden' können und auch dort bisher unge­ahnte Perspektiven eröffnet. Daher auch das große In­teresse, das die deutsche Marineverwaltung, wie auch die Kolonialverwaltung der Hoeringschen Erfindung entgegen­bringen. Mögen die Erfolge des verdienten Gelehrten auch in der Heimat ebenso rückhaltlos gewürdigt werden, wie dies im Auslande, insbesondere in Aegypten und England/ im reichsten Maße der Fall ist.

Politische Uebersicht.

In der französischen Deputiertenkammer wurde

die Beratung des Etats des Ministeriums des Aeußem fortgesetzt. Hierbei kam man auch auf die gegenwärtigen Bedingungen des Seekriegs zu sprechen. Minister Pichon erklärte, es sei eine Besprechung zwischen den verschiedenen Mächten im Gang; man hoffe, den Seekrieg menschlicher und gerechter zu gestalten; übrigens sei ein großer Fort­schritt durch die Haager Konferenz ins Leben getreten, in­dem man einen internationalen Prisengerichtshof geschaffen habe. Auf eine Anfrage, warum Pichon einem deutschen Haus die Veröffentlichung der Dokumente über die dem Krieg von 1870/71 voraufgegangenen Verhandlungen über­lassen habe, erwiderte dieser: Ich habe mich in der Budget­kommission darüber ausgesprochen. (Zuruf: Niemals! Lebhafte Bewegung.) Pichon hält daran fest, daß er Er­klärungen abgegeben habe. Deschanel bemerkt: Der Mi­nister hat sich nicht genügend erklärt. (Bewegung.) Emilie Constant brachte darauf einen Antrag ein, in dem die Um­stände der Veröffentlichung bedauert werden. Nunmehr erklärte Ministerpräsident Briand unter Stellung der Ver­trauensfrage, daß die Regierung den Antrag solidarisch ab­lehne. Briand und Pichon bemerkten jedoch, es sei be­dauerlich, daß die Dienststellen des Ministeriums vor der Veröffentlichung keine genauere Erkundigungen eingezogen hätten. Uebrigens sei der Herausgeber kein Deutscher, son­dern naturalisierter Franzose. Sodann wurde eine einfache Tagesordnung angenommen, der die Regierung zustimmte.

Nach Meldungen aus der Türkei ist die Lage in Sana, wo ein Aräberaufstand herrscht, sehr emst. Die türkischen Beamten in Sana befinden sich in der Gewalt der Araber. Eine starke Arnautenbande überfiel in der