Herzogstraße ein älteres in bescheidenen Verhältnissen lebendes Ehepaar namens Hirschi in seiner Mansardenwohnung ermordet aufgefunden. Der Mörder hatte das Zimmer in Brand gesteckt, um die Spuren zu verwischen. Beide Leichen wiesen zahlreiche Hieb- und Stichwunden auf. Unzweifelhaft liegt ein Raubmord vor. Der Täter ist noch unbekannt.
Bern, 27. Dez. Unter dem Verdacht, das Ehepaar Hirschli ermordet zu haben, wurde der 21jähr. Zement- arbeiter Niederhäuser verhaftet. Er mußteHugeben, in der Mordnacht in dem Hause gewesen zu sein, auch wurde eine Uhr der Frau Hirschli und Schmucksachen bei ihm ge-
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Innsbruck, 24. Dez. Die portugiesischen Jesuiten unterhandeln zur Zeit über den Ankauf der Weyersburg, des uralten Stammschlosses des Kaisers Maximilian I., um dort eine Ordensniederlassung zu errichten.
Wien, 26. Dezbr. Der frühere Oberleutnant Adolf Hofrichter hat, wie gemeldet, vor einiger Zeit ein Gesuch um Wiederaufnahme des Verfahrens überreicht. Dieses Gesuch wurde von der zuständigen Stelle abgewiesen. Frau Hofrichter hat Schritte wegen ihrer Scheidung unternommen und strebt für sich und ihr Kind Namensänderung an.
Rom, 26. Dezember. Prinz Max von Sachsen ist hier angekommen und bei den Dominikanern in der Via San Vitale abgestiegen. Die „Tribuna" findet es seltsam, daß er nicht im Deutschen Hospiz abgestiegen ist, erinnert aber daran, daß der Prinz Tertianer der Dominikaner ist und früher selbst die Absicht hatte, in diesen Orden einzu- treten.
Rom, 27. Dez. In San Paolo ist der Genueser Aviatiker Pioollo bei dem Versuch, die Stadt auf einem Blerioteindecker zu überfliegen, abgestürzt und tödlich verunglückt.
Mailand, 26. Dez. Infolge des Nebels sind zahlreiche Unfälle zu verzeichnen. Sieben Personen stürzten ins Wasser, von denen 3 ertrunken sind. Ueber 60 Personen sind infolge von Zusammenstößen mit Wagen oder durch Eisenbahnunfälle verletzt worden. Bei Porto Viktoria stieß ein Personenzug mit einem Güterzug zusammen, wobei 2 Personen getötet und 15 verletzt wurden.
Mailand, 24. Dez. Von deutscher, französischer und englischer Seite wurde die hiesige Polizeibehörde darauf aufmerksam gemacht, daß von einer Firma G. Arthur Hierselbst eine beträchtliche Anzahl von obszönen Katalogen, Photographien, illustrierten Postkarten und dergleichen ins Ausland gesandt werde. Genaue Nachforschungen ergaben, laut Köln. Volksztg., daß dieser Schmutz von einem Engländer Artur Thindall vertrieben wurde, der gemeinschaftlich mit einer Pariserin in Mailand ein luxuriöses Haus hielt. Die Quästur hatte sich durch ihre ausländischen Agenten mit dem Ehepaar in Verbindung gesetzt und genügend Material erhalten, um gegen dasselbe Vorgehen zu können. Gestern morgen hielt die Polizei in der Wohnung Thindalls Haussuchung ab, wobei über 2000 pornographische Photographien in allen Größen, Hunderte von schlechten Büchern in verschiedenen Sprachen, Tausende von Preiskatalogen,Schachteln mit Pillen und Zauberpulver mit Beschlag belegt wurden. Gleichzeitig mit diesem Basar wurde ein umfangreicher Schriftwechsel aus aller Welt, Listen mit den Namen der Besteller und mit Deckwörtern auf die Kanzlei gebracht. Die Beamten stellen weitere Nachforschungen an, ob nicht noch Zweigniederlassungen Thindalls in Mailand existieren.
Paris, 25. Dez. Nach neueren Meldungen beträgt die Zahl der Verunglückten bei dem Eisenbahnunglück in Arbanaces vier Tote und dreißig Verletzte. Das Eisenbahnunglück von Montereau hatte einen Toten und zwanzig Verletzte zur Folge.
Antwerpen, 26. Dez. Gestern morgen 2 Uhr fuhr der transatlantische Dampfer „Finnland" gegen den in der Scheldemllndung vor Anker liegenden Dampfer
„Baltic". Letzerer wurde so schwer beschädigt, daß er in wenigen Minuten sank. Sechs Mann der Besatzung, die in ihren Kajüten schliefen, sind umgekommen, die übrigen konnten sich retten'und wurden an Bord des „Finnland" ausgenommen. Drei Mann der Besatzung des „Baltic" konnten sich nur mit einem Hemd bekleidet retten.
Petersburg, 26. Dezbr. Anläßlich des 200jährigen Bestehens der lutherischen Petrikirche, telegraphierte der Kaiser an den Ministerpräsidenten Stolypin: Ich danke dem Kirchenrat und der Gemeinde der Petrikirche herzlich für die Gebete und den Ausdruck ihrer Gefühle. Die langjährige ausdauernde Arbeit der Gemeindemitglieder erzielte eine lobenswerte Organisation der Schulen und Wohltätigkeitsanstalten der Petrikirche. Ich wünsche der Kirche und den Anstalten ein ferneres Gedeihen und zweifle nicht, daß das unveränderlich von der Höhe jdes Thrones ausgesprochene Wohlwollen, die Gemeindemitglieder noch zu größerer Arbeit zum Wohle des Vaterlandes anspornen wird.
London, 27. Dezbr. Aus Los Angeles kommt die Nachricht, daß die großen metallurgischen Werke durch eine Dynamitexplosion vollständig zerstört worden sind. Man nimmt an, daß es sich um ein Attentat handelt, da unter den Arbeitern seit einiger Zeit eine Gährung herrscht.
London, 26. Dez. Am Samstag zwischen 6 und 7 Uhr fuhr ein Eisenbahnzug bei Bolssover in eine Gruppe Kinder, von denen 3 getötet, 2 schwer verletzt wurden.
London, 24. Dez. Gestern wurden dem „Daily Telegraph" zufolge drei Personen verhaftet, die in dem von den Einbrechern von Houndsditch gemieteten Hause hinter dem Iuwelierladen, auf den der Einbruch abgesehen war, ein- und ausgingen. 2 der Verhafteten werden als diejenigen wiedererkannt, die bei dem Kampf mit den Polizeibeamten ihren verwundeten flüchtenden Kameraden beigestanden hatten.
Lissabon, 27. Dezbr. Der Untersuchungsrichter hat gegen mehrere ehemalige Gouverneure und Administratoren des portugiesischen Credit Foncier, unter ihnen die Minister Pinto und Candido, sowie mehrere ehemalige Deputierte und Senatoren, Haftbefehle unterzeichnet. Die Angeschuldigten sind nach Hinterlegung von Kautionen auf freiem Fuß belassen worden. Die für Luciano Castro, der sich ebenfalls unter den Angeschuldigten befindet, festgesetzte Kaution beträgt 10 Millionen, die von vier befreundeten Kapitalisten verbürgt wurde.
Los Angeles, 27. Dez. Der Aviatiker Hoxsey hat während eines Fluges die Höhe von 11 474 Fuß erreicht und damit einen neuen Höhenrekord aufgestellt.
Newyork, 27. Dez. Ein kühner Ueberfall wurde in dem Missouri-Pacific-Zuge in der Nähe von Kansas City verübt. Es beraubte ein maskierter Räuber etwa hundert Reisende, die er alle mit einem Revolver in Schach hielt. Ein Hauptmann der Widerstand leisten wollte, wurde von ihm verwundet. Vor dem Ueberfall hatte der Räuber die Signalapparate unbrauchbar gemacht und dadurch jedes Alarmzeichen verhindert. Der Räuber entkain.
San Domingo, 27. Dez. Zwischen San Domingo und Haiti sind Grenzstreitigkeiten ausgebrochen. Von beiden Staaten wurden Truppen an die Grenze gesandt, es kam zu^einem Zusammenstoß, wobei mehrere Mann fielen.
Landwirtschaft, Handel und Verkehr.
Herrenberg, 34. Dezbr. Auf dem heutigen Schweinemarkt waren zugesührt: 90 St. Milchschweine: Erlös pro Paar 24—45 40 St. Läuferschweine: Erlös pro Paar 50—100 -F Verkauf: ordentlich.
Ebingen, 23. Dez. Dem gestrigen Biehmarkt wurden 350,St. aller Gattungen zugesührt. Der Handel ging recht flau, wohl infolge der von den Verkäufern verlangten hohen Preise. Es galten Ochsen 550—1120 ^ per Paar, Kühe 380—550 Kalbinnen 400—580^, Rinder 250—340 >,E, Jungvieh 110—220 je per Stück.
Crailsheim, 23. Dezbr. Der heutige Schwcinemarkt zeigte schwache Frequenz. Die Zufuhr betrug 250 St. Milchschweine und 14 Stück Läuferschweine. Der Handel ging lebhaft und wurden gute Preise erlöst. Milchschweine galten 30—48 Läufcrschwcine 70 bis 93 ^ pro Paar.
Tuttlingen, 23. Dez. Deni heute hier abgehaltencn Vichinarkt wurden 22 Ochsen, 34 Kühe und 32 Rinder und Kalbeln zugesührt. Hiervon wurden verkauft: 5 Ochsen, 11 Kühe und 16 Rinder und Kalbeln. Preis: Ochsen 435—452 Kühe 300—500 Rinder und Kalbeln IW—350 — Der Schweinemarkt war mit 204 St.
Milchschweinen und 34 St. Läuserschweinen befahren. Verkauft wurden von erstcren sämtliche zum Preise von 7—12, von letzteren 31 St. zum Preis von 25—30 ^ je per Stück. Der Handel auf dem Biehmarkt war ziemlich flau, da Händler fehlten.
Fruchtpreise.
Nagold, 24. Dez. Alter Dinkel —. Neuer Dinkel —, 7.10 —.—. Weizen 11.60, 11.55, 11.50. Kernen
Roggen —, 8.70, . Gerste 8.40,
8.-, 7.75. Haber 7.M, 7.15, 6.80. Mühlfrucht —. —. Bohnen —. Welschkorn ——.—, Erbsen —. Linsen —.—, —. Linsen- Gerste —, —.-.—. Roggen-Weizen —.
Viktualicnpreise.
1 Pfund Butter 1,30-1,40 2 Eier 16-18 ^z.
Auswärtige Todesfälle.
Jakob Igel, Veteran von 1870 71, 68 2., Herrcnberg: Rosine Höhn, geb. Wirth, 68 2., Christophstal: Frau Waldschütz Krönig, Witwe, Herrenberg. _
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Hiezu das Plauderstübchen Nr. 52
Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchdruckerei (Emil Zaiser) Nagold.—Für die Redaktion verantwortlich: K. Pauk.
Schnee und ächzt. Und der Angstschweiß tritt ihm auf d>
Stirn. Wie den Berg hinunter? Den Schlitten besteil er um keinen Preis der Welt mehr. Da bricht man sic Hals und Beine! Aber auch das Gehen ist auf der Hw gefrorenen Bahn nicht weniger gefährlich. Nazi sieht sic schon als erfrorene Leiche in dieser Bergwildnis — oo Füchsen gefressen . . . huh!
Da, was war das?
„Ho — Ho — hallo!" tönt es aus der Höhe. Daz ein knirschender, klirrender Klang wie von einem sausende Schlitten.
„Hallo!" antwortet Nazi mit dem letzten Aufwan seiner Kraft.
Er fühlt, jetzt ist er gerettet. Der Rodler muß ih mitnehmen, er mag wollen oder nicht.
2m nächsten Augenblick schon rattert der Schlitten da her. Ein zischender Laut, und er hält dicht beim Nazi.
„Servus, Nazi! Was is? Warum fährst denn net Willst a Eisbad nehmen?"
Nazi schwinden die Sinne — es ist sein Todfeind der Wastl.
„2 — i —" stottert er fassungslos. „Aber wohe kommst denn du? Du bist doch schon vor mir — ?"
Der Nazi kann in der Dämmerung das giftige Lächeli seines Freundes nicht sehen, sonst würde er sich nicht weite mit ihm eingelassen haben.
„Ja, woaßt, i Hab mir bloß no g'schwind — a paa Almarosen da drob'n brockt."
„So — so!" Nazi fühlt, daß ihn der andere verhöhn aber er hätte ihn doch umarmen mögen dafür, daß er nick an ihm vorüberfuhr.
„Also — nacha fahr i wieder", sagt Wastl und mach Anstalten, daoonzurodeln.
„I — i — Wastl — i bitt di —"
„No, was is — ?"
„Geh — sei g'scheidt — san mir wieder guat."
„Ah! entgegnet Wastl pathetisch. Ich bin dir net bös
— du hast mi bloß g'schnitten!"
„Na, na — das war nur so —"
„So — das war nur so —"
„Also -"
„Also — san mir wieder gut! Is mir aa recht! Und jetzt pfllat di — Nazi —" sagt der Wastl im Tone perfidester Treuherzigkeit.
„Um Gottes willen, Wastl — nimm mi mit!" wimmert Nazi in seiner Herzensangst, daß der andere ihm auskom- men könnte.
Keine Antwort, tiefe Pause. Für Nazi ist's eine Ewigkeit. Endlich sagt Wastl kurz und barsch:
„Also — Nacha laß dein Rodl lieg'», den finden 's morgen schon. Zu was brauchst du Überhaupts an Rodel. So! Und jetzt sitz bei mir hint aus — damischer Teufel!"
Nazi war's bei diesem Wort, als hätte ihm sein Freund und Retter eine schallende Ohrfeige gegeben.
„Ja, was is?" drängt der andere rücksichtslos. „Willst, oder willst net? I fahr jetzt!"
Nazi erfaßt ein Schwindel. Der eisige Berg, die Nacht
— er allein — und dieser brutale Mensch —
Und er saß hinten auf und schlang seine Arme um den Leib Wastls.
„Also — los!" lacht der ingrimmig.
Und dann geht's los! Wastl kann rodeln Er ist ein wilder Fahrer. Der Schlitten springt unter ihm wie ein toll gewordenes Pferd. Aber er ist mit ihm fest verwachsen. Nazi indessen vergeht bei der rasenden Fahrt Hören und und Sehen.
„Wastl!"
„Was is?"
Nazi will antworten, aber die Zähne schlagen ihm klirrend zusammen. Der Schlitten sprang über einen Eisbuckel wohl fünf Meter weit durch die Luft und hupfte krachend wieder auf die Bahn.
„Halt di fest — damischer Teufel!" schreit Wastl zurück.
„Ah — ah", ächzt Nazi und klammert sich wie ein Ertrinkender an den, der ihn beschimpft.
Und weiter geht die abenteuerliche Fahrt. Stellen kommen wie Abgründe so tief und steil: Wastl rast brüllend vor Lust hinunter.
Nazi kreischt entsetzt einmal ums anderemal.
„Was plärrst denn, damischer Teufel!" jauchzt Wastl.
„Mir schmeißen um! Mir brechen Hals und Bein! Um Gottes willen, Wastl, lieber Wastl — fahr langsamer!"
„Halt 's Maul — damischer Teufel!" klingt 's zurück.
Und jetzt kommt der lange Auslauf der Bahn. Noch einmal nimmt Wastl das fürchterlichste Tempo. Jetzt sieht man das Ziel vor sich, es ist nicht mehr nötig, zu bremsen. Und schlank, wie ein gehetzter Hirsch, rattert der Schlitten hin, daß der Schnee in Wolken stäubt.
Und dann — ein mächtiger Ruck — Wastl springt wie der Blitz auf — steht bombenfest — indessen Nazi mit doppeltem Salto mortale in den Schnee fliegt.
Wastl lacht, daß es von den Bergen dröhnend widerhallt.
„Siehgst's — so fahr i! Du — damischer Teufel!"
Er hatte seine Rache dafür, daß ihn der andere geschnitten hatte.
Nazi weiß nichts zu sagen, aber er fühlt, daß der Freund recht hatte. Er war ein Waschlappen. Und stumm und besiegt geht er neben ihm nach Tegernsee.
Sie sind heute wieder die besten Freunde. Sie lerteln sogar wieder miteinander. Und Nazi nimmt seinem Spezi nichts mehr übel.