r Stuttgart, 1. Dez. Der Staatsanzeiger veröffent­licht heute gegenüber der Protesterklärung des Bundes der Landwirte gegen die vom Ministerium des Innern verfügte Zulassung von wöchentlich 300 französischen Rindern und Schweinen in den Stuttgarter Schlachthof die Gründe, die für die getroffene Verfügung maßgebend waren. Es wird dabei betont, daß das Vorgehen des Ministeriums nicht ein Akt der Unfreundlichkeit gegen die württembergische Land­wirtschaft war, sondern ein Akt der Fürsorge für die Auf­rechterhaltung einer genügenden Fleischversorgung der Ein­wohnerschaft der Stadt Stuttgart, die ungefähr den neunten Teil der Bevölkerung des Landes ausmacht. Im Unter­schied von den übrigen süddeutschen Staaten, die alle die Einfuhr in eine Mehrzahl von Schlachthöfen und in erheb­lich größeren Mengen gestattet haben, hat Württemberg nur ein mäßiges Kontingent und zwar nur für den Stuttgarter Schlachthos zugelassen. Wenn trotz alledem die beschränkte Zulassung französischen Schlachtviehs von den Führern des Bundes der Landwirte zur Inszenierung eines Entrüstungs­sturms gegen den Minister des Innern benützt werden will, so können nach dem Ausgeführten in der Sache selbst ge­legene Gründe hiefür wohl kaum bestimmend sein.

Stuttgart, 1. Dez. In der heutigen Gemeinderats­sitzung machte Oberbürgermeister v. Gauß die Mitteilung, daß der Ehrenbürger der Stadt, Geh. Hofrat Dr. v. Pfeiffer, anläßlich seines 75. Geburtstages der Stadtgemeinde den Betrag von 100000 zu wohltätigen Zwecken zur Ver­fügung gestellt hat. Die Stiftung soll zu Heilzwecken für bedürftige Lungenkranke, in erster Linie für zur Tuberkulose neigende Kinder verwendet werden.

r Heilbronn, 30. Nov. (Gasvergiftung.) Ms heute früh Kaplan Gauß nicht zur Messe kam und man bis 9 Uhr vergeblich auf ihn gewartet hatte, öffnete die Polizei gewaltsam die Türe. Aus dem Studierzimmer des Kaplans drang den Eintretenden ein Kohlengasgeruch ent­gegen und in dem Schlafzimmer, in dem der Ofen nicht brannte, wurde der Kaplan halb bewußtlos aufgefunden. Auch die Haushälterin des Kaplans fand man in ihrem Schlafzimmer, durch das die Röhren des im Studierzimmer stehenden Ofens gehen, nahezu bewußtlos auf. Aerztliche Hilfe war bald zur Stelle.

r Ulm, 1. Dez. Der Taglöhner G. Weidner ver­setzte gestern abend m der Breitegasse seiner Geliebten, der Kellnerin Rimmele, nach einen: Wortwechsel zwei lebens­gefährliche Stiche in die Brust und stellte sich dann selbst der Polizei.

r Ertingen OA. Riedlingen, 1. Dez. (Edle Spende.) Recht freudig überrascht wurde der Veteran Joseph Kern hier, dem das Präsidium der Kaiser Wilhelmspende durch das Schultheitzenamt den Betrag von 100 ^ überreichen ließ und mit dem Bemerken, daß der Spender nicht genannt sein wolle. Da Kern infolge der ausgestandenen Stra­pazen körperlich gebrochen, nahezu ganz ans Zimmer ge­fesselt ist und in ärmlichen Verhältnissen lebt,, war die Freude über die namhafte Spende um so größer.

r Löwenstein OA. Weinsberg, 1. Dez. (Sherlok.) In der vorigen Woche wurde einem hiesigen Bürger ein Schwein gestohlen. Um es am Schreien zu verhindern, schnitten die Diebe dem Schweine den Kops ab, und ließen ihn liegen, während sie den Rumpf Mitnahmen. Nun kam Sherlok nach Löwenstein, um die Diebe ausfindig zu machen. Zweimal nahm er die Spur auf, bis er zwei Männer verbellte, die dann auch vom Landjäger in Hast genommen wurden. Bon dem gestohlenen Schwein konnte dis jetzt keine Spur entdeckt werden.

Deutsches Reich.

Berlin, 1. Dez. Während gestem nachmittag gewisse Anzeichen darauf hindeuteten, daß der Benzinbrand an der Köpenicker Chaussee, der nun schon seit Montag nachmittag

wütet, im Erlöschen begriffen sei, wurde die Lage in den gestrigen Abendstunden plötzlich wieder kritisch. Der achte Benzintank flammte von neuem auf und die Feuergarben schlugen bis zu 15 Meter Höhe empor. Unter diesen Um­ständen ist die Gefahr für die vom Feuer noch unberührten Tanks immer noch nicht behoben. Vier Tanks find aus­gebrannt. Die Feuerwehr arbeitet immer noch mit drei Dampfspritzen.

Berlin, 30. Novbr. Bei der Depositenkasse 6 der Deutschen Bank in der Königstraße sind Unterschlagungen in Höhe von ^ 6080000 entdeckt worden. Der Kas­sierer Höfling wurde verhaftet. Zwei beteiligte Buchhalter sind flüchtig. Die Unterschlagungen liegen mehrere Jahre zurück,- das Geld ist durch Spiel und Wetten vergeudet worden.

r Pforzheim, 1. Dezbr. Der Arbeitgeberverband der Bijouteriebranche hat gestern abend in einer fast vollzählig besuchten Versammlung einstimmig die Stillegung der Fabriken bis zum 2. Januar beschlossen. Die Arbeits­willigen erhalten Unterstützung.

Auch in Elsaß-Lothringen treten die Wirkungen der Vieheinfuhr aus Frankreich m den Fleischpreisen deut­lich zutage. Die durchschnittlichen Fleischpreise im Einzel- verkaus stellen sich zurzeit gegen Anfang November für 1/2 Kilogramm wie folgt: Ochsenfleisch 88 (90), Kuhsleisch 72 (80), Kalbfleisch 88 (100), Hammelfleisch 80 (90), Schweinefleisch 86 (88)

Leipzig, 30. Novbr. Der Spionageprozeß gegen die beiden englischen Offiziere French und Brandow, die auf der Insel Borkum verhaftet wurden, wird am 15. Dezember vor den vereinigten 2. und 3. Strafsenaten des Reichs­gerichts verhandelt werden. Die Verhandlung wird vor­aussichtlich mehrere Tage dauern.

In Mecklenburg haben am Dienstag unter Betei­ligung von Kommissarien der Schweriner und der Strelitzer Regierungkommissarisch-deputatische" Verhandlungen über der Verfassungsreform begonnen. Die auf dem Landtag, vertretene Ritterschaft und Landschaft hat dazu je neun Vertreter gewählt.

Hamburg, 1. Dezbr. Zu der Margarine-Vergiftung wird weiter gemeldet: Offiziell werden bereits 150 Krank­heitsfälle gezählt. Ein Mann liegt im Krankenhause in einem solchen Zustande, daß man Besorgnis für sein Leben hegt. Die Polizei warnt in öffentlichen Anschlägen vor dem Genüsse von Margarine. Es handelt sich um die Marke Backa" die erst seit einigen Tagen von der Margarine­fabrik Mohr u. C. G. m. b. H. in den Handel gebracht worden ist. Die chemische Untersuchung der Margarine ist noch nicht abgeschlossen, doch ist mit einiger Sicherheit an­zunehmen, daß sich der Krankheitserreger unter einem neu aus England eingeführten Fettöl befindet. Die Polizei stellt gegenwärtig mit diesem Oel Untersuchungen an.

Ausland.

Innsbruck, 30. Nov. Das Eisenbahnministerium hat dem hiesigen Bauunternehmer Biedermann die Bewilligung zur Anlage einer Personenschwebebahn von Innsbruck aus die Nordkette erteilt. Der in Imst stationierte, Forst- Kommissar Wolfram von Kummer, der sich auf die Gems- jagd begab, wird vermißt. Er ist vermutlich durch eine Lawine umgekommen. Das Sellajochhaus der Älpen- vereinssektion Bozen wurde erbrochen. Alle 23 Türen wur­den aufgesprengt. Der Schaden ist groß.

Madrid, 30. Nov An der spanischen Küste herrscht, wie aus Lo Corunna gemeldet wird, ein furchtbarer Sturm. Alle Fischerbote mußten, nachdem sie kaum ausgelaufen waren, in den Hafen zurückkehren. Eine Sturzwelle spülte von dem Verdeck des DampfersPeral" drei Seeleute fort, welche ertranken. Ein Mann vom DampferTelmo" erlitt das gleiche Schicksal. Das BootPrincefa" sank

zwischen der Insel Pisarga und dem Vorgebirge von San Pedro. Von seiner Besatzung konnte nur ein Mann ge­rettet werden, die übrigen 12 ertranken, nachdem sie drei Stunden mit den Wellen gekämpft hatten, um das Land zu erreichen. Das Schicksal pieler Fahrzeuge 'ist noch un­bekannt.

Madrid, 30. Nov. Ein schwerer Sturm verursachte gestern den Tod von 16 Fischern in den Gewässern Corunas.

In Macao ist es z« einer Meuterei der Land- und Seetruppen gekommen. Die Meuterer marschierten vor das Haus des Gouverneurs, forderten Erhöhung des Soldes, Vertreibung der Nonnen und Unterdrückung einer bestimmten Zeitung. Um Unruhen zu vermeiden, wurden die beiden letzten Forderungen bewilligt. Die Offiziere sind außerstande, die Leute in Schach zu halten. Leben und Eigentum der Bewohner sind gefährdet. Durch die Ver­treibung der Nonnen verlieren Hunderte von Waisenkindern ihre Ernährer.

Lissabon, 1. Dez> Die Regierung hat, Blättermel­dungen zufolge, den früheren Finanzminister, foivie den Schatzmmister den Gerichten übergeben. Sie sind ange­klagt, in ihrer Amtszeit die Staatskasse durch Erleichterungeil die sie der Anleihe der Königin Maria Pia zugebilligt haben, in Mitleidenschaft gezogen zu haben.

Nach Meldungen ans Marokko hat 70 Kilo­meter von Colomb Bechar entfernt zwischen einem französi­schen Konvoi und Berbern ein Kampf stattgesunden, in dem sechs Mann des Konvois fielen: Hilfstruppen sind abge­schickt worden.

New-Iork, 30. Nov. Präsident Diaz. beabsichtigt angeblich, den sehr populären General Reyes zum Vize­präsidenten zu machen, da der gegenwärtige Vizepräsident Corral an einem unheilbaren Leiden erkrankt, ist.

Newyork, 30. Nov. Cook schreibt einer hiesigen Monatsschrift, er sei nicht sicher, ob er den Nordpol erreicht habe. Die Külte und die Strapazen seien derart gewesen, daß er, als er glaubte, den Pol gefunden zu haben, halb irrsinnig gewesen fei. Cook machte das Bekenntnis als Vorbereitung zu seiner Rückkehr, welche am 22. Dezember stattfindet.

Es wird wieder Zeit, auf den Weih n a ch ts Kalen der hin­zuweisen, dieses kleine Spielzeug, welches in so reizender Weise den Kindern das lange Warten auf das Weihnachtssest verkürzt. Der Kalender beginnt am 1. Dez. und ist von Künstlerhand ausgestattet, in 24 Felder eingeteilt, in denen mit kindlichen Versen die Vorberei­tungen geschildert werden, die das Christkind in seinem Lande tnfft. Jeden Tag kommt ein anderes Spielzeug daran. Das dazugehörige, rückseitig gummierte Dekblatt besteht aus ebensoviel entsprechenden Bildern. Jeden Tag schneidet nun das Kind ein Bildchen ab und klebt dies auf das entsprechende Feld, bis am Weihnachsfest der ganze Bogen überklebt ist. Preis nur 25 Pfennig, welcher in Anbetracht der künstlerischen Aussührung wirklich sehr billig zu nennen ist. Zu beziehen durch die G. W. Zaiser'sche Buchhandlg. Nagold, oder direkt von der Kunstanstalt Re ich hold L Lang, G. m. b. H., München 25. _

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