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84. Jahrgang.

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Schwäb. Landwirt.

281

Donnerstag, den 1. Dezember

1910

Kgl. Oberamt Nagold.

Die K. Pfarrämter

iverden ersucht, etwaige Mitgliederbeiträge für 1910 zu Gunsten des Vereins zur Fürsorge für entlassene Strafgefangene an den Kassier, Oberamtssekretär Vollmer hier, gesl. einsenden zu wollen.

Nagold, den 30. Nov. 1910.

Für den Ausschuß des Bezirkshilfsvereins: Oberamtmann 'Landgerichtsrat

Kommerell. Sigel.

An die Herren Ortsvorsteher.

Unter Bezugnahme auf den oberamtlichen Erlaß vom 23. Jan. 1908 Gesellschafter Nr. 20 und den Schlußabsatz des Min.-Erlasses vom 14. März 1909 Nr. 3390 (Amtsbl. S. 95) wolle hieher berichtet werden, wie die Belohnung der Unterbeamten im öffentl. Sicherheitsdienst nunmehr ge­regelt ist und wie viel Stunden täglich sie für den Dienst in Anspruch genommen werden.

Bis zum I«. Dez. d. Js. sollte der Bericht hier sein. Den 30. Nov. 1910. Kommerell.

Bekanntmachung, betreffend die Gewährung von Schuhgeldern für die Erlegung von Raubvögeln und Eichhörnchen.

Die Amtsversammlung hat am 23. Juni 1906 beschlossen, für die Erlegung von Raubvögeln und Eichhörnchen Schuß­gelder zu gewähren unter der Voraussetzung, daß die Gemeinden ans eigenen Mitteln die gleichen Schuh­gelder für die betreffenden Tiere gewähren und zwar für den Uhu und Hühnerhabicht je . . 1 ^

die übrigen Tagrauboögel mit Aus­nahme des Turmfalken je . . . . 60

Würger, Elstern, Raben und Eichel­häher je.20

Nestjunge der betr. Dogelarten je die Hälfte dieser Sätze,

Eichhörnchen je.10 ^

Sodann hat die Amtsoersammlung am 3. April v. Js. beschlossen, den Gemeinden des Bezirks unter der Voraus­setzung der Gewährung eines Beitrags in gleicher Höhe aus der Gemeindekasse je 2« ^ für die Erlegung eines Wiesels aus Amtskörperschaftsmitteln zu verwilligen.

Die Gemeindejagdpächter und etwaige sonstige Jagdberechtigte werden hieraus hingewiesen und zum Abschuß der betr. schädlichen Tiere veranlaßt.

Den 30. Nov. 1910. Kommerell.

Die Herren Ortsvorsteher

wollen entsprechenden Beschluß der Gemeindekollegien über die Gewährung von Schußgeldern für das Wiesel seitens der Gemeinde herbeiführen, sofern dies noch nicht geschehen sein sollte, und alsdann vorstehende Bekanntmachung in der Gemeinde ortsüblich veröffentlichen.

Ueber den Vollzug wolle Vormerkung im Schultheißen- amtsprotokol! gemacht werden.

Den 30. Nov. 1910. Kommerell.

Politische Uebersicht.

Die Friedeuspräsenzstärke des Heeres. Der

Entwurf des neuen Gesetzes über die Friedenspräsenz­stärke des Heeres ist dein Reichstag am Dienstag zuge­gangen. Die darin begründeten Maßnahmen bedingen für das in preußischer Verwaltung stehende Kontingent eine Erhöhung von 7000 Mann, mithin auf insgesamt 399026 Mann, das ist 0,84 Prozent der Bevölkerung nach der Volkszählung von 1905. Unter Zugrundelegung der glei­chen Berhältniszahl würden zwei Bundesstaaten ihre Kon­tingente vermindern müssen, und zwar Bayern um 172 Mann und Württemberg um 85 Mann, während Sachsen das seinige um 319 Mann vermehren könnte. Ist diese geringe Erhöhung schon nicht ausreichend zur Befriedigung auch nur der dringendsten Bedürfnisse, so muß angesichts mancher ohnehin bedenklich niedriger Etats eine Herabsetzung der Kontingentsstärke in Bayern und Württemberg als aus­geschlossen bezeichnet werden. Es ist deshalb für die im H 1 des Gesetzes angegebene Bemessung der Präsenz auch bei den drei nicht unter preußischer Verwaltung stehenden Kon­tingenten lediglich das aus das sorgfältigste geprüfte und auf die Erfüllung der dringendsten Bedürfnisse beschränkte militärische Bedürfnis maßgebend gewesen. Die Permehr­ung der Präsenz beläuft sich infolgedessen in Bayern auf 1928 Mann, in Sachsen auf 1200 Mann und in Würt­temberg auf 747 Mann. Die Belastung der Bevölkerung für Heereszwecke wird dadurch zwar etwas höher als in Preußen und beträgt in Bayern 0,87, in Sachsen 0,86 und in Württemberg 0,88 Prozent. Tatsächlich ist diese geringe Mehrbelastung aber kaum fühlbar und wird stets ihren Ausgleich finden in der naturgemäß stärkeren Heranziehung der Bevölkerung des unter preußischer Verwaltung stehen­den Kontingentbereiches zum Dienste in der Marine. Um das württembergische Armeekorps den anderen deutschen Armeekorps gleichwertig zu erhalten, wird der im Gesetze vom 26. Mai 1893 gestattete Ausgleich nunmehr für Preußen und Württemberg gesetzlich vorgeschrieben, da nachgewiesenermaßen dauernd eine starke Abwanderung von Heerespslichtigen von Württemberg nach Preußen statt­findet.

Nahrungsmittelfabrikanten und Interessenten

aus ganz Deutschland hielten in Berlin eine vom Bund der In­dustrielleneinberufene Versammlung ab, um angesichts der bevor­stehenden Revision des Nahrungsmittelgesetzes, der Nahrungs­kontrolle u. des deutschen Nahrungsmittelbuches eine Berständ ig- ung der Beteiligten über ein rechtzeitiges gemeinsames Vorgehen herbeizuführen. Den Verhandlungen wohnten auch Ver­treter von Regierungsbehörden bei. In einer Resolution erklärte man einmütig, eine Aenderung des Gesetzes betref­fend den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Genußmitteln und Gebrauchsgegenständen für dringend nötig, insbesondere in der Richtung, daß endlich die von Vertretern der Reichs­regierung bereits öfter in Aussicht gestellte einheitliche Ge­staltung der Ausführung des Gesetzes und der dadurch be­dingten Ueberwachung des Nahrungsmittelgewerbes für das ganze Reich gewährleistet wird. Vor allem fordert man

eine umfangreichere Heranziehung von Sachverständigen, auch zum Beirat des Reichsgesundheitsamts.

Der Hansabund sieht sich genötigt, einer von gewisser Seite aufgestellten tendenziösen Behauptung entgegcn- zutreten, daß die Verteilung der Mittel des Hansabund- Wahlfonds durch eine Kommission erfolge, die aus Mit­gliedern des Präsidiums des Hansabundes und der Zentral­leitung der nationalliberalen Partei und der fortschrittlichen Volkspartei bestehe. Ebenso unwahr ist eine weitere Be­hauptung, wonach die Hauptunterstützung sich besonders aus Mecklenburg, Posen, Westpreußen usw. erstrecken solle, wo die Aussichten günstig seien.

Die italienische Deputiertenkammer hat ihre Arbeiten wieder ausgenommen. Bei Beginn der Sitzung gedachten die Abgeordneten Murri und Cotugno in ehren­den Worten des Hinscheidens Tolstois. Unterrichtsminister Credaro gedachte darauf ebenfalls des Hinscheidens Tolstois, der als Künstler und Denker allen Völkern gehört habe und einer jener Männer gewesen sei, die tiefe Spuren ihresMrkens zurllcklassen.

Das Budget der Südafrikanischen Union

rechnet mit einem Defizit von 1451000 Pfund. Zur teil­weisen Deckung wird vorgeschlagen, die Steuer, die die Goldminen in Transvaal von ihren Gewinnen entrichten, aus die Diamantminen in der Kapkolonie und im Oranje-Frei­staat in der Weise auszudehnen, daß diese zehn Prozent von ihren Gewinnen als Steuer entrichten. Der Ertrag dieser Steuer wird auf 240000 Pfund geschätzt.

Deutscher Reichstag.

Berlin, 29. Nov.

Schissahrtsabgaben. Zehnter (Ztr.) erklärt im Namen seiner badischen Fraktionsgenossen die Zustimmung zu dem Gesetzentwurf. Nachdem die Regierungen sich ge­einigt haben, so betonte er, wolle seine Fraktion keinen Widerstand mehr geltend machen. Redner erklärt aber, daß Baden dabei schlecht abschneide. Die Mainkanalisation ge­nüge so, wie sie geplant ist, nicht. Außerdem müßte unbe­dingt die Neckarkanalisation auch noch eingezogen werden.

Wagner-Sachsen (k.) gibt namens der sächsischen Kon­servativen und der sächsischen Mitglieder der wirtschaftlichen Vereinigung und Reformpartei die Erklärung ab, daß alle die Schiffahrtsabgaben ablehnen. In Sachsen seien alle Parteien ohne Ausnahme einig in der Ablehnung der Schiffahrtsabgaben.

Korfanty (Pole) spricht sich gegen die Einführung von Schiffahrtsabgaben aus.

Stolle (S.) steht der Vorlage ablehnend gegenüber und erörtert die Berkehrsseindlichkeit der.Schiffahrtsabgaben vom Standpunkte Sachsens.

Iunck (n.) lehnt namens der sächsischen Nationallibe­ralen diese Vorlage ab. Redner hält es für gut, die Vor­lage dem Bundesrat zurückzugeben, damit eine Umänderung vorgenommen werden könne.

Haußmann (f. Vp.) hofft auf eine Verständigung in der Kommission. Der Ruf nach einer Schiffbarmachung der

Die Goldinsel.

89 von Clark Russell. (Fortsetzung.)

Einunddreißigstes Kapitel/

Land.

Die bisher stetig schnelle Fahrt litt mit Eintritt in die milderen Breiten unter wechselnden, zum Teil widrigen Winden. Wir kamen nur langsam vorwärts.

Endlich, am 18. Februar, zeigten meine Berechnungen, daß, falls der Wind anhieit, wie. er war, wir die Insel innerhalb zwölf Stunden erreichen konnten. Es mußte also scharfer Ausguck gehalten werden.

Ich teilte dies Lufh mit, dessen ewig mürrisches Holz- gestcht sich bei der Nachricht in freudiger Erregung rötete.

Na, wir werden nicht schlecht auspassen, daraus können Sie sich verlassen, sagte er grinsend, und schritt eiligst da­von, die Kunde nach vorn zu tragen. Dieselbe verursachte einen ungeheuren Jubel: keinMann blieb unter Deck, alles lief zusammen. Einige sprangen und tanzten wie Kinder, andere redeten eifrig mit lebhaften Gesten durcheinander, ein Teil stürzte sogleich zwischen die Backen und lugte aus, als ob die lang ersehnte Insel jetzt schon jeden Augenblick auf­tauchen könnte.

Auch nachdem die erste Aufregung sich gelegt hatte, zeugte das Wesen der Leute von der sie beherrschenden Un­rast und Ungeduld. Fortwährend rannten sie unstät umher, immer von neuem sich über die Seiten hängend und ihre Blicke in die Ferne bohrend. Dabei dampften die Pfeifen

wie Schornsteine und spritzte der Priemchensast in Fontänen. Alles krampfhaft, alles fieberhaft.

Und mir erging es nicht besser. Ich empfand den Druck der Spannung nicht minder, als die Leute, wenn ich es mir auch nicht so merken ließ. Ich saß mit Fräulein Temple unter dem kleinen Sonnendach, suchte ebenfalls Beruhigung in meiner Pfeife, konnte mich aber auch nicht enthalten, von Zeit zu Zeit an die Reling zu treten und mit dem Teles­kop die See voraus zu sichten. Allerdings hatte ich von zwölf Stunden gesprochen, indessen konnte ich mich auf eine solche Genauigkeit meiner Berechnungen nicht verlassen: es war recht wohl möglich, daß die Insel, falls sie sich wirk­lich da befand, wo der Wahnsinnige sie angegeben, jeden Augenblick vorwärts oder seitwärts des Bugs erscheinen konnte.

Fräulein Temple bewahrte unter der allgemeinen Auf­regung äußerlich eine bewunderungswürdige Fassung, ob­wohl ich ihr wohl ansah, welche Angst und Sorge sie inner­lich durchlebte. Es war in der letzten Woche eine seltsame Veränderung mit ihr vorgegangen. Ihr Wesen war sanft und freundlich geworden; ihr Mund hatte den hochmütigen Zug verloren und der gebieterische Blick ihres lebhaften Auges war verschwunden. Abgesehen hiervon saß sie jetzt wenn auch mit schmalerem Gesicht ganz so vor mir, wie seinerzeit auf dem Ostindienfahrer, denn bei der wärmeren Temperatur hatte sie das selbstgefertigte Iacket abgelegt und ihren Strohhut wieder aufgesetzt.

Als ich nach einer wieder einmal abgehaltenen Umschau zu ihr zurückkehrte, sagte sie, ihre kleine Handarbeit tief

atmend in den Schoß legend: Morgen um diese Zeit kennen wir unser Schicksal.

Vielleicht noch nicht, entgegnete ich sinnend, ich wünschte aber, es wäre so, denn immer besser Gewißheit als dieses ewige aufreibende Schweben zwischen Furcht und Hoffnung. Ich bin schon ganz mürbe davon und sehne mich darnach, endlich bestimmt handeln zu können. Die Gelegenheit dazu naht. Auch Sie müssen sich bereit halten.

Ich bin bereit, erwiderte sie mit vor Aufregung zittern­der Stimme. Sie brauchen mir nur zu sagen, was ich tun soll. Haben Sie denn nun einen Plan entworfen?

Noch nicht. Der Augenblick muß ihn erst bringen; wenn der aber kommt, werde ich ihn mit aller Entschlossen­heit ausnützen. Vertrauen Sie mir nur ganz. Und sollten uns wirklich noch weitere Prüfungen beschicken sein, so wollen wir sie mit Mut ertragen, in der festen Zuversicht, daß Gott uns helfen und mir vergönnen wird, Sie wohl­behalten in die Arme Ihrer Mutter zurückzuführen.

Sie reichte mir wehmütig lächelnd ihre Hand.

Ja, Gott helfe uns. Mögen auch noch neue Leiden über uns kommen ich werde das Vertrauen und die Hoffnung aus einen endlichen guten Ausgang nicht verlieren, und darin die Kraft finden, alles furchtlos zu tun, was Sie von mir verlangen werden.

Das waren Worte zur rechten Zeit: sie gaben mir Freiheit für jeden auch noch so kühnen Entschluß, den ich in dem nächsten Augenblick vielleicht schon fassen mußte. Um vieles ruhiger sah ich jetzt dem Augenblick entgegen, der unser Schicksal entscheiden sollte. (Forts, folgt.)