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lohn 1.20 im Bezirks­

und 10 Lm.-Berkehr 1.25 im übrigen Württemberg 1.35 Monatsabonttements nach Verhältnis.

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Fernsprecher Nr. 29.

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84. Jahrgang.

Fernsprecher Nr. 29.

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Beilagen. Plaudcrstllbchen,

* Illustr. Sonntagsblatt und

Schwäb. Landwirt.

Mittwoch dm 16 . Aovember

1910

Bekanntmachung der K. Zentralstelle für die Land­wirtschaft, betreffend die Abhaltung eines Molkerei- lehrknrses in Gerabronn.

Mit Genehmigung des K. Ministeriums des Innern wird an der Molkereischule in Gerabronn ein 6tägiger Fortbildungskurs sür Molker abgehalten werden.

Die Teilnehmer an diesem Kurs sind verpflichtet, im gesamten praktischen Betrieb nach Anleitung des Kursleiters mitzuarbeiten : sie erhalten Gelegenheit, sich mit dem An­säuern des Rahmes, der Butterbereitung, der Milchprüfung und der Betriebskontrolle gründlich bekanntzumachen, außer­dem erhalten sie einen entsprechenden theoretischen Unter­richt, der sich auf die Milchgewinnung und -behandlung, die Bezahlung der Milch nach Fett, die Behandlung des Rahmes, das Buttern, die Beurteilung der Butter nach Güte, sowie auf den Verkauf derselben erstreckt.

Der Unterricht in diesem Kurs ist unentgeltlich, da­gegen haben die Teilnehmer für Wohnung und Kost wäh­rend ihres Aufenthalts in Gerabronn selbst zu sorgen.

Bedingungen der Zulassung sind: der Nachweis einer mindestens 2 jährigen Beschäftigung in einer Molkerei, Be­sitz der sür das Verständnis des Unterrichts notwendigen Fähigkeiten und guter Leumund.

Der Beginn des Kurses ist auf Montag den 12. Dezember 1S10 festgesetzt. Da jedoch zu einem Kurs nur eine beschränkte Zahl von Teilnehmern zugelassen wer­den kann, so behält sich die Zentralstelle vor, je nach Be­dürfnis im Laufe der folgenden Wochen noch weitere Kurse zu veranstalten und die sich Anmeldenden nach ihrem Er­messen in die einzelnen Kurse einzureihen, i Gesuche um Zulassung zu dem Kurs sind unter Vor­lage des Nachweises der praktischen Tätigkeit, Angabe des Alters und mit einem schultheißenamtlichen Zeugnis über die Erfüllung der obengenannten weiteren Bedingungen versehen, spätestens bis zum 1. Dez. 1910 an das Sekreta­riat der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft ln Stuttgart einzureichen.

Stuttgart, den 5. Nov. 1910. Sting.

K. Höerarnt ^Icrgold.

Die Ortsbehörden wollen ihren voraussichtlichen Bedarf an Formularien in Militärsachen für 1N11 spätestens bis 1. Dezember hieher anzeigen.

Den 15. Nov. 1910. Kommerell.

Politische Uebersicht.

Die Landcsversammlnng der badischen natio­nalliberalen Partei hat am Samstag die von der badi­schen Regierung ausgegebene Parole der allgemeinen bürger­lichen Sammlung zurückgewiesen und auch sür die nächsten Reichstagswahleu die Großblockpolitik gegen Zentrum und Konservative proklamiert.

Die ungarische Delegation hat das Budget

des Ministeriums des Aeußern angenommen und dem Grafen Aehrenthal den wärmsten Dank für die Leitung der aus­wärtigen Politik ausgesprochen.

Die deutsch-schwedischen Handelsvertragsver­handlungen haben gestern in Stockholm begonnen.' Man glaubt nicht, daß sie noch vor Weihnachten zu Ende gehen werden. Die Tagung des wirtschaftlichen Ausschusses ist bereits vor einigen Tagen beendet worden. Die Reichs­regierung wird aber auch während der Handelsvertragsver­handlungen Angehörige des Erwerbslebens hören, sobald Anlaß hierzu geboten ist. Es ist auch in Aussicht genommen, die Kommission des Ausschusses für Handel und Schiffahrt während des Ganges der Verhandlungen gutachtlich zu hören. Weiter schweben Erörterungen darüber, in welcher Weise eine noch unmittelbarere Beteiligung einiger Mitglieder der Kommission herbeigeführt werden könnte, um während der deutsch-schwedischen Handelsoertragsverhandlungen der deutschen Delegation durch Rat zur Seite zu stehen.

Im Auftrag des französischen Marinemini­steriums werden zwei Unterseeboote zu Versuchszwecken mit funkentelegraphischen Apparaten ausgerüstet. Oberstleut­nant Mangin, der im Auftrag des Kriegs- und Kolonial­ministeriums in Französisch-Westafrika die Frage der Eingeborenenrekrutierung studiert hat, erklärte, es sei ein leichtes, innerhalb von vier Jahren eine Armee von minde­stens 20000 Eingeborenen anzuwerben. Die Bevölkerung Frankreichs werde durch die Bewohner Französisch-West- afrikas um zwölf Millionen und durch die Eingeborenen Algeriens um fünf Millionen vermehrt. Die Schaffung einer schwarzen Truppe sei möglich, die die Armee des Mutter­landes um ungefähr 32000 Mann verstärken könne.

Die britische Regierung hat in Berlin um die

Erlaubnis nachgesucht, bei der Gerichtsverhandlung gegen die unter Spionageoerdacht verhafteten Engländer Leutnant Brandon und Hauptmann Trench vertreten sein zu dürfen. Infolge der Berfassungskrisis hat sich Premierminister Asquith zum König nach Sandringham begeben. Die Minister äußern sich bereits öffentlich zu der Krisis. Kriegs­minister Haldane trat in einer Rede für Neuwahlen ein und Schatzkanzler Lloyd-George erklärte: Wir haben ver­gebens jedes Mittel angewandt, auf versöhnlichem Weg für alle Briten die gleichen politischen Rechte zu erlangen. Jetzt sind wir zum Kampf getrieben worden um eine unpartei­ische Behandlung im Heimatland. Wir weisen den Anspruch der 600 Tory-Peers zurück, daß sie dazu geboren seien, Uber das Schicksal von 45 Millionen Landsleuten zu ver­fügen und deren Wünsche nach einer guten Regierung mit Füßen zu treten. Die irischen Nationalisten Redmond und O'Connor sind von politischen Reisen nach Amerika und Kanada zurückgekehrt. Beiden wurde ein begeisterter Empfang bereitet. Für Redmond wurden längs der irischen Küste Freudenfeuer angezündet. Salutschüsse wurden ab­gefeuert und Raketen stiegen auf. Bei seiner Landung in Queenstown erklärte Redmond, die Wärme seines Empfanges in Amerika sei unvergleichlich gewesen. Die Summen, die er durch Subskription für die irische Sache erhalten habe, beliefen sich auf 200000 Dollar. Mehrere konservative Zeitungen erheben seit dem Scheitern der Vetokonferenz heftige Vorwürfe gegen das Kabinett, daß es von der irischen Unterstützung abhängig sei. Nicht nur England allein, sondern das ganze, britische Reich sei einer unerhörten Beschämung und Gefahr ausgesetzt durch den Versuch, die britische Verfassung mit amerikanischem Geld zu zertrümmern. Dieser Vorwurf bezüglich der irischen Homerule wird wahr­scheinlich ein Hauptpunkt der konservativen Wahlparole sein.

Fast alle Mitglieder des portugiesischen Epi­skopats sind gegenwärtig beim Patriarchen in Lissabon ver­sammelt, um über die Beziehungen zwischen Kirche und Staat zu beraten. In Oporto veranstalteten die Repub­likaner einen großen Umzug, bei dem sie den Konsulaten der Länder, die die Republik provisorisch anerkannt haben, namentlich Deutschlands und Norwegens, freundliche Kund­gebungen darbrachten.

Nach Meldungen ans Marokko will Mulay

Hafid die Armee vollständig umgestalten. Insbesondere soll dem Unfug ein Ende gemacht werden, daß sich die Kaids Sold sür durchaus kriegsuntüchtige Leute, Greise und selbst Kinder bezahlen lassen. In Zukunft sollen nur durchaus kriegsfähige Männer für vierjährigen Dienst an- geivorben werden. Zu diesem Zweck wird eine unter der Leitung eines französischen Militärarztes stehende Rekrutie­rungskommission eingesetzt. Ferner soll ein Milüärstrafgesetz geschaffen werden, durch das Insubordination, Fahnenflucht, Diebstahl und Verkauf von Ausrüstungsgegenständen streng geahndet werden. Diese Umgestaltungspläne haben bei den Kaids lebhafte Verstimmung hervorgerufen.

In Mexiko kommt es noch immer zn Unruhen gegen Amerikaner. So in Guadalajara. Bei einer Demon­stration schoß dort ein amerikanischer Grundbesitzer auf eine Anzahl Personen, die sein Haus stürmten. Er tötete einen Knaben und verletzte einen Polizeibeamten. Der Ameri­kaner wurde in Hast genommen. In Ciudad Porfirio Diaz stürmte ein Dolkshaufe das amerikanische Konsulat. Der Konsul mußte fliehen.

Tages-Neuigkeiten.

Ans Stadt und Land.

Nagold, den 16. November 1910.

* Zur Haftpflicht der Gastwirte. In der D.-Z. befindet sich eine Notiz, wonach drei Männer in einem Gasthof Einkehr gehalten haben und ihnen die Ueberzieher entwendet wurden, wofür der Wirt zum Schadenersatz ver­urteilt worden sei. Es handelt sich hier offenbar darum, daß die erwähnten Gäste in dem Gasthof übernachteten, oder daß sie ihre Ueberzieher in Verwahrung gaben und der Wirt die Aufsichtspflicht übernommen hatte. Bekanntlich hasten die Gastwirte nur dann, wenn es sich um eingebrachte Sachen der übernachtenden Gäste handelt, oder um Garde- robestllcke gegen Entgelt, oder daß solche ohne Entgelt zur Aufbewahrung übernommen werden. In den beiden ersten Fällen ist die Haftpflicht stets gegeben, während im letzteren Fall ein Verschulden nachgewiesen werden muß, daß die Aufbewahrung etwa fahrlässig gehandhabt wurde, indem die zur Aufbewahrung übergebenen Gegenstände nicht unter Verschluß gehalten wurden. Für Restaurationsgäste, die sich nur vorübergehend aufhalten, haftet der Wirt für Ab­

handenkommen nicht, wenn die Sachen nicht ausdrücklich übergeben sind.

* Verjährung. Nicht mehr ganz zwei Monate trennen uns vom Iahresschluß. Es sei deshalb schon jetzt darauf aufmerksam gemacht, daß am 31. Dezember alle Forderungen an Geschäftsleute verjähren aus dem Jahre 1906 und alle Prioatforderungen aus dem Jahre 1908, soweit darauf in der Zwischenzeit keine Zahlungen erfolgt sind, oder Schuldscheine, Schuldanerkenntnisse oder Urteile vorhanden sind. Der einfachste und billigste Schutz gegen Verjährung ist heutzutage der Zahlungsbefehl, der durch die Zioilprozeßnovelle eine Verbilligung und gleichzeitige Ver­einfachung erfahren hat.

sj Rohrdorf, 15. Nov. Es dürfte interessieren, daß am 25. April nächsten Jahres 600 Jahre verflossen sind, seitdem die hiesige Kirche ihrer Bestimmung übergeben wurde. Der Vertreter des damaligen Bischofs von Konstanz nahm am genannten Tag im Jahre 1311 die Weihe derselben vor. Aus Anlaß dieses Jubiläums wird die katholische Filial- Kirche einer Renovierung unterzogen werden. Das alte Schulhaus wird gegenwärtig zu Mietwohnungen umgebaut. Weiter erstellt die Gemeinde am Holzapfel'schen, früher I. Denglerschen Anwesen eine Wagen- und Viehwaage: es wird damit einem allseitigen Wunsche Rechnung getragen. Die elektrische Beleuchtung läßt recht lange auf sich warten, hoffentlich erhalten wir dieselbe doch noch zu Weih­nachten als Christkindle.

r Teinach, 15. Nov. Einige Italiener machten nächt­lichen Lärm und widersetzten sich dem ruhegebietenden Schutzmann. Dabei zog einer der Burschen unbemerkt den Revolver und schoß nach dem Schutzmann, dem die Kugel an der Brust vorbeiging. Schließlich wurde der Täter mit Hilfe von Zivilpersonen verhaftet.

r Liebeuzell, 15. Nov. (In der Extrapost). Eine lustige Fahrt machten letzten Sonntag drei hiesige Herren. Sie bemühten sich in dem Dorf Maisenbach energisch um den Absatz von Spirituosen. Als ihnen dies vollauf ge­lungen war, fanden sie es für ratsam, den Heimweg nicht auf Schusters Rappen zu machen, sondern mit einem Bauern um 5 Mark die Heimfahrt zu akkordieren. Leider hatten sie vergessen, die Bespannung näher festzusetzen, und so rückte denn der Bauer in Ermanglung von Chaise und edlen Rossen mit einem Leiterwagen und 2 Ochsen an. Langsam aber sicher ging es so selbsechst nach Hause.

Beamte und Politik.

p Stuttgart, 15. Nov. DerStaatsanzeiger" be­schäftigt sich in seiner heutigen Nummer mit der Darstellung der Württ. Presse-Korrespondenz über den dritten Fall un­zulässiger Beamtenbeeinflussung: es wird an der im Staats­anzeiger schon gegebenen Mitteilung festgehalten und bestritten, daß der Vorstand der Zentralstelle für Gewerbe und Handel die Aeußerung getan habe,er sehe es nicht gern, wenn

seine Beamten sich politisch betätigen".

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>> Die Württ. Presse-Korresp. schreibt: Gegenüber den heutigen Ausführungen des Staatsanzeigers zu der Dar­stellung des dritten Falls unzulässiger Beamtenbeeinflussung sind wir zu der Feststellung ermächtigt, daß nach den durchaus glaubwürdigen Erklärungen des betreffenden Beamten in der Landesausschußsitzung der Nationallibcralen Partei Württembergs kein Grund vorliegt, die widersprechen­den Darstellungen, insbesondere die auf das rein dienst­liche Gebiet bezüglichen Darlegungen des Staatsanzeigers, in weiteren Erörterungen in der Presse zu behandeln, umso weniger als der betreffende Beamte trotz der Erklärung des Staatsanzeigers seine Aussagen, die sich mit dem Inhalt der vom Staatsanzeiger angezogenen Veröffentlichung der Württ. Presse-Korrespondenz decken, in vollem Umfang auf­recht erhält. Das ganze Material in der Angelegenheit liegt übrigens bereits der nationalliberalen Landtagsfraktion zur' weiteren Behandlung im Landtag vor.

Stuttgart, 14. Nov. (Vertrauenskundgebung.) Die Nachricht, daß der Direktor der landw. Hochschule in Hohenheim, o. Strebet, beabsichtige, sich von seinem Amte zurückzuziehen, ist, wie derSchwäb. Merkur" hört, nicht richtig. Die Studentenschaft der Hochschule brachte aus eigenem Antrieb ihrem Direktor eine warme Vertrauens­kundgebung in Form einer Adresse dar.

>- Stuttgart, 15. Nov. Bei der heutigen Ziehung der Geldlotterie zu Gunsten des Krankenhauses in Lauch­heim fiel der Hauptgewinn von 15000auf Nr. 35857, der zweite Gewinn von 5000 auf 20184, der dritte Gewinn von 2000 ^ auf Nr. 57474, je 1000 .L fielen aus Nr. 74347, 65114, je 500 auf Nr. 35788, 36676. (Ohne Gewähr).