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Fernsprecher Nr. 29.
84. Jahrgang.
Fernsprecher Nr. 29.
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Beilagen. Plauderstübchen, Illustr. Sonntagsblatt und
Schwäb. Landwirt.
^ 259
Bekanntmachung
-er Kgl. Zentralstelle für die Landwirtschaft, betr. die Abhaltung von Prüfungen im Hufbeschlag an den Lehrwerkstätten für Hufschmiede.
Für Schmiede, welche die in Artikel 1 des Gesetzes Vom 28. April 1.885, betreffend das Hufbeschlaggewerbe, vorgeschriebene Prüfung behufs des Nachweises ihrer Befähigung zum Betrieb dieses Gewerbes erstehen wollen, finden an nachstehenden Lehrwerkstätten für Hufschmiede solche Prüfungen statt, und zwar:
in Hall am 5. Dezember d. 3.,
„ Heilbronn am 3. Dezember d. I.,
„ Ravensburg am 9. Dezember d. I., Reutlingen am 7. Dezember d. I.,
„ U l m am 2. Dezember d. I.
Diejenigen Kandidaten, welche diese Prüfung erstehen wollen und sich nicht an den zur Zeit an den betreffenden Lehrwerkstätten im Gang befindlichen Lehrkursen beteiligen, haben ihr Gesuch um Zulassung zu einer der erwähnten Prüfungen bei dem Oberamt, in dessen Bezirk sich die betreffende Lehrwerkstätte befindet, spätestens drei Wochen vor dem festgesetzten betreffenden Prüfungstermin vorschriftsmäßig einzureichen.
Bedingung für die Zulassung ist der Nachweis der mit Erfolg bestandenen Lehrzeit im Schmiedhandwerk und einer zweijährigen Tätigkeit als Schmiedgeselle, wobei die Zeit der Beschäftigung im Hufbeschlag besonders angegeben sein muß. Die urkundlichen Nachweise hierüber, d. h. die von den Ortsbehörden beglaubigten Zeugnisse der betreffenden Dienstherrn sind mit dem Zulassungsgesuch vorzulegen.
Stuttgart, den 24. Oktober 1910.
Sting.
Znm Rrsormatwnsfest.
Der 31. Okt. 1517 gehört zu den hohen Gedenktagen der evangelischen Christenheit. Luthers Thesenanschlag! Es ist ja immer wieder gesagt worden, daß jenes Vorgehen des Wittenberger Mönches zunächst nur einen akademischen Charakter getragen habe. Sicherlich war sich Luther damals auch nicht eines vollen Bruches mit der mittelalterlichen Kirche bewußt. Und dennoch — das hat die neue Forschung mit Recht unterstrichen — atmen diese 95 Streitsätze bereits einen reformatorischen Geist. Es war ein wundersames Aufleuchten von evangelischem Frei- und zugleich Gebundensein in Christus. Die Sprache des religiösen Gewissens redete, unbekümmert um äußere, durchs Alter ehrwürdige Autoritäten. Eine großartige Subjektivität brach sich Bahn, aber es war keine Willkür des zufälligen, kulturellen .Menschen-3ch, sondern ein persönliches Erleben auf Grund einer bestimmten, objektiven Gottesgnade. Niemand ahnte, was den Thesen noch alles folgen würde, aber man hatte das Gefühl, daß ihr Verfasser noch manchen Kampf und Sieg schauen könnte.
Martin Luther ist seinen Reformator-Weg gegangen. Gott wollte es so und sein Streiter war bereit, trotz grimmer Feindschaft der kirchlichen Machthaber, trotz der Gefahr der Schwarmgeisterei, trotz der Versuchung, die religiöse Sache mit politischen und wirtschaftlichen Dingen zu verquicken. Luther wurde zum Herold des Evangeliums. Mittelbar hat er auch der Kultur und dem Staatsleben gedient, aber der eigentliche Pulsschlag seines Lehrens und Lebens war die Religion und sie allein. Der Wormser Reichstag ward hierzu die erste große Illustration. Und auf dieser Linie ist Luther geblieben. Wollen wir des wirklichen großen Segens der Reformation gedenken, dann müssen wir jene beiden religiösen Kraft- und Lichtquellen betonen, die letztlich eine höchste innere Lebensharmonie bedeuten: Aus Gnaden allein — aus Glauben allein! Selbstverständlich hat man sich hin und her auch schon vor Luther in solchem Gedankenkreise erbaut; aber diese Frömmigkeitsweisheit mit aller Energie in den Mittelpunkt des frischen, frohen Christenlebens gerückt zu haben, das bleibt das Verdienst dieses einzigartigen Mannes, der sich wiederum nur als ein schlichtes Werkzeug göttlicher Vorsehung fühlte. Seien wir dankbar, daß es unserem Herrgott gefiel, zur rechten Zeit einen Reformator zu senden, dessen Werk noch nimmer veraltet ist. und der uns im religiösen Sehnen und Suchen der Gegenwart immer noch einen klarbestimmten und zukunftsreichen Weg zeigen kann! Ja, gerade die heutige Weltanschauungsnot ist wie ein unbewußter Schrei nach einem Luther. Mögen wir noch viel von einer Persönlichkeit lernen, in der sich evangelische Kraft und Weisheit so reichlich verkörperte!
Samstag, den 5. Aovenröer
Tages-Neuigkeiten.
Aus Stadt und Land.
Nagold, den 5. November 1910.
^ Vom evangel. Arbeiterverein. Der evangel. Arbeiterverein hatte in der letzten Zeit eine kleine Krisis zu bestehen; es sind eine kleine Zahl von Mitgliedern ausgetreten und haben sich am vergangenen Sonntag mit anderen Arbeitern zu einem „freien Arbeiterverein" zusammengetan. Diese Absplitterung ist im Interesse der Einheit der Arbeiter zu bedauern ; doch im Grund für die Einigkeit unseres Vereins gut und gesund. Denn der evangel. Arbeiterverein will, den Grundsätzen unseres Landesverbandes getreu, die christliche Gesinnung vertreten, d. h. die Treue gegen das gemeinsame Band des Glaubens und der sittlichen Kultur pflegen, welches unser Volk in all seinen Ständen und Schichten verschlingt. Mit diesem Ziel wollen wir die Pflege und die Förderung der notwendigen wirtschaftlichen und politischen Aufgaben des Arbeiterstands verknüpfen. Das erste, die Pflege einer Gesinnung und einer auf die christl. Weltanschauung gegründeten Ueberzeugung, soll der innere alt, das Rückgrat der evangel. Arbeitervereine bleiben, as verbindet auch den evangelischen Arbeiter mit den Angehörigen anderer Berufsstände. Der Kreis unserer Versammlungen soll eine Heimstätte bleiben, wo sich Glieder aller Stände ohne Rücksicht auf Stellung, Bildung und Vermögen zu gemeinsamer Arbeit in Gedanken und in den praktischen Aufgaben treffen und verständigen; vielleicht ist das eine Probe, ein Hoffnungszeichen für eine größere spätere Zukunft. Denn unser Volk ist der Träger einer großen Arbeit und eines eigenartigen Geisteslebens; deshalb muß es in seiner inneren Ueberzeugung einig und geschlossen bleiben. In dieser Gesinnung wird der evangel. Arbeiterverein seine Arbeit weiter tun; in dem Sinn sind seine Mitglieder zu treuer Mitgliedschaft und fröhlicher Weiterarbeit aufgerufen. In dem Sinn laden wir auch zu den kommenden Vorträgen unseres Vereins ein; von diesen wird der erste am nächsten Dienstag Abend im „Rößle" stattfinden. Herr Seminaroberlehrer Köbele wird über „die deutsche Verfassung^' sprechen; 1. Vortrag: „ihre Geschichte und Entwicklung bis 1866." Dazu sind unsere Mitglieder, Freunde und Gäste freundlich eingeladen.
* Beförderungsgelegenheiteu für Briefsendungen nach Nord-Amerika. Die auf dem direkten Wege mit Portoermäßigung (10 ^ für jede 20 Gramm im Frankie- rungssall) zu befördernden Briefe sind mit folgenden Gelegenheiten abzusenden: 8. Nov. ab Bremerhaven; 15. Noo. ab Bremerhaven; 19. Nov. ab Cuxhaven; 29. Nov. ab Bremerhaven: 3- Dezbr. ab Bremerhaven; 6. Dez. ab Bremerhaven: Leitvermerk: über Bremen (Bremerhaven) oder Hamburg (Cuxhaven). Als weitere Beförderungsgelegenheiten ohne Portoermäßigung kommen in Betracht: i>) über Southampton am 6., 9., 12., 16., 19., 20., 23., 26. und 30. November; ') über Queenstown: 6., 10., 13., 17., 20., 24. und 27. Nov. sowie am 1., 4. und 8. Dez. Leitoermerk: Bia Queenstown oder England.
i Freudenstadt, 3. Nov. Das Komitee zur Errichtung einer Schwimmbadanlage hat die Badanlage des Göringer'fchen Etablissements in Rippoldsau eingehend besichtigt und kam zu der Ueberzeugung, daß es möglich sein werde, mit einer Summe von 100000 Mark ein schönes Schwimmbad zu erstellen. ^^
Stuttgart, 3. Noo. Die Stuttgarter bürgerlichen Kollegien haben in Bestätigung einer schon bei der Etatberatung im Prinzip beschlossenen Erhöhung der Warenhaussteuer von 20 "/„ auf den Höchstsatz von 50°/» diesem Beschluß heute endgültig zugestimmt.
Stuttgart, 4. Nov. Der „Staatsanzeiger" schreibt: Nach einer Meldung der Württ. Pressekorrespondenz soll in einer Borstandssitzung der nationalliberalen Pattei schärfste Kritik daran geübt worden sein, daß in der letzten Zeit verschiedenen Staatsbeamten von ihren Vorgesetzten Behörden der Verzicht auf ihre bisherige politische Tätigkeit nahegelegt worden sei. Solange nicht bestimmte einzelne Fälle namhaft gemacht werden, kann auf diese Behauptung nicht eingegangen werden. Da aber in einem hiesigen Blatte im Zusammenhang mit jener Meldung der Name des Professors Dr. Kindermann in Hohenheim genannt worden ist, sind wir zu der Mitteilung ermächtigt, daß auf Professor Dr. Kindermann von seiten des ihm Vorgesetzten Ministeriums keinerlei Einwirkung wegen seiner politischen Betätigung geübt worden ist. Wie nachträglich zur Kenntnis des Ministeriums gekommen ist. hat sich der Direktor der landwirtschaftlichen Hochschule veranlaßt gesehen, von sich aus in eine Rück
1910
spräche mit Professor Kindermann darüber einzutreten, inwieweit die von ihm geübte außeramtliche Tätigkeit mit den Pflichten seines Amtes und den Interessen der Hochschule vereinbar sei. Hiegegen dürfte ein begründeter Einwand nicht zu erheben sein.
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s> Die Württ. Presse-Korrespondenz ist zur Veröffentlichung der folgenden Mitteilung ermächtigt: „In der Wahlkreisausschußsitzung der Nationalliberalen Pattei des 1. Reichstagswahlkreises war Kritik daran geübt worden, daß in der letzten Zeit verschiedenen Staatsbeamten von den ihnen Vorgesetzten Behörden der Verzicht auf ihre bisherige politische Tätigkeit nahegelegt worden sei. Die Presse hat daraus sofort einen „Fall Kindermann" gemacht, weil in dem jetzigen Augenblick der Gedanke daran besonders nahe lag. In seiner heutigen Nummer äußert sich nun der Staatsanzeiger zu dieser Mitteilung und bemerkt: „daß auf Professor Dr. Kindermann von Seiten des ihm Vorgesetzten Ministeriums keinerlei Einwirkung wegen seiner politischen Betätigung geübt worden ist. Wie nachträglich zur Kenntnis des Ministeriums gekommen ist, hat sich der Direktor der landwirtschaftlichen Hochschule veranlaßt gesehen, von sich aus in eine Rücksprache mit Professor Dr. Kindermann darüber einzutreten, inwieweit die von ihm geübte außeramtliche Tätigkeit mit den Pflichten seines Amtes und den Interessen der Hochschule vereinbar sei." — Der geschäfts- fllhrende Ausschuß des Nationalliberalen Landesverbands hat sich heute mit dieser Angelegenheit beschäftigt und beschlossen, mit Rücksicht auf die in Betracht kommenden Beamten die weitere Verfolgung der Angelegenheit zunächst der Fraktion zu überlassen und ihr das Material zu übergeben. Was den Fall Kindermann anbelangt, so gibt der Staatsanzeiger bereits in der Hauptsache zu, was behauptet worden ist, nämlich, daß es sich um eine Einwirkung der Vorgesetzten Behörde handelt. Daß das Ministerium dabei direkt beteiligt sei, war nirgends behauptet. Es handelt sich dabei übrigens nicht um eine „Rücksprache" sondern um ein Schreiben des direkten Vorgesetzten Prof. Dr. Kindermanns, aus dessen Inhalt sowohl dieser als auch die Herren, denen gegenüber er im Hinblick auf dieses Schreiben die Annahme einer Reichstagskandidatur ablehnte, entnehmen mußten, daß der Brief nicht ohne Kenntnis der Regierung geschrieben worden sei. Der geschästsfllhrende Ausschuß muß es Herrn Prof. Dr. Kindermann überlassen, ob und inwieweit er von diesem Schreiben der Oeffentlichkeit Kenntnis geben will. — Die übrigen Fälle spielen in einem anderen Departement. Ob hier das Ministerium von der Beeinflussung durch die nächstoorgesetzte Dienstbehörde Kenntnis hatte, muß sich bei den Verhandlungen in der Kammer ergeben. Im übrigen steht der geschäftsführende Ausschuß auf dem Standpunkt, daß die Pattei energisch dafür eintreten muß, daß die Beamten innerhalb der Grenzen ihrer Beamtenpflicht tn ihrer politischen Tätigkeit nicht beeinträchtigt werden.
p Stuttgart, 4. Nov. Infolge der Regenfälle der letzten Tage ist der Neckar uferooll. Falls weitere Regenfälle nicht eintreten, ist Hochwassergefahr nicht vorhanden.
Für Millionen Eisenbahnwagen. Die Generaldirektion der Staatscisenbahnen hat bei einer Halleschen Gesellschaft 750 neue Eisenbahnwagen im Wette von l?/.. Millionen Mark bestellt.
! Schramberg, 4. Nov. Eine Geologenversammlung wird kommende Ostern hier veranstaltet werden. Mit dem Abschluß des geognostischen Kartenblattes Oberndorf, das sich dem von Schramberg—Lauterbach anschließen und die bedeutsamen Ausschlüsse der einzigartigen geologischen Formation des Oberamts, des in dieser Hinsicht interessantesten Bezirks im ganzen Württemberger Lande, weiteren Kreisen eröffnen wird, findet diese Zusammenkunft und ihre Verlegung nach unserem Schwarzwaldstädtchen volle Berechtigung. Der Kongreß wird veranstaltet von dem Oberrheinischen geologischen Verein. Es werden Vertreter der Wissenschaft fast aller süddeutschen Universitäten von Basel bis Gießen ermattet und auch das Ausland, selbst Japan, wird Delegierte entsenden, die ein speziell ausgearbeitcter Führer mit der Geologie unserer Gegend, aber auch in der geschichtlichen Bedeutung und landschaftlichen Schönheit bekannt machen wird. An die für die Tagung vorgesehenen wissenschaftlichen Vorträge werden sich gemeinsame geologische Ausflüge in die Umgebung (Reinerzau, Alpirsbach, Oberndorf und Freudenstadt) anschließen.
r Unterhausen OA. Reutlingen, 3. Noo. Auf der Haltestelle an der Spinnerei zog der Gasarbeiter Barth von Calmbach plötzlich einen Revolver heraus und feuerte auf eine am Vorplatz stehende 24—25jährige, in dem Mädchenheim der Spinnerei wohnende Arbeiterin zwei