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Amtliche Bekanntmachung

betr. die Maut- und Klauenseuche.

In der Gemeinde Holzbronn ist in 26 Gehöften die Maul« und Klauenseuche ausgebrochen.

Die Maul« und Klauenseuche in der Gemeinde Speßhardtist als erloschen zu betrachten.

Calw, den 9. September 1889. K. Oberamt.

Amtmann Bertsch.

Amtliche Kekunntmackmng

betr. Maßregeln zur Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche.

Nachdem die Maul« und Klauenseuche in der Gemeinde Holzbronn größere Ausdehnung angenommen hat, ist das Durchtreiben von Wieder­käuern und Schweinen durch diesen Ort durch oberamtlichen Beschluß vom Heutigen verboten worden.

Dies wird hiemit zur öffentlichen Kenntniß gebracht.

Calw, den 9. September 1889. K. Oberamt.

Amtmann Bertsch.

Deutsches Reich.

Dresden, 5. Sept. Dar Kaiserpaar ist abends ö'/z Uhr eingetroffen. Am Bahnhose wurden die Majestäten vom König und der Königin, den übrigen Fürstlichkeiten und den Spitzen der Behörden empfangen und begaben sich sodann unter Glockengeläuts sowie unausgesetzten begeisterten Kundgebungen der Bevölkerung durch die prachtvoll geschmückte Feststraße, wo die Schulen und Vereine Spalier bildeten, nach dem Schlöffe.

Dresden, 6. Sept. Die Parade des 12. Armeekorps vor dem Kaiser nahm bei prächtigem Wetter einen glänzenden Verlauf. Der kom­mandierende General, Prinz Georg von Sachsen, überreichte den Rapport. Das Abreiten der Fronten des in zwei Treffen aufgestellten Armeekorps seitens des Kaiser« und des Königs, denen die Kaiserin mit der Königin im Wagen, sowie eine glänzende Suite folgten, dauerte >/s Stunde. Hier­auf stellten sich die Majestäten unweit der dichtbesetzten Tribüne auf, daneben die Kaiserin und die Königin im Wagen, und ließen die Trupen vorbeimar­schieren. Der Kaiser führte sein Regiment Nr. 101, dessen Uniform er trug, dem Könige, dieser seine Leibregimenter, die Gardereiter und das Artillerie­regiment Nr. 12, dem Kaiser vor. Die Prinzen Friedrich August, Johann Georg, Max und Albert standen in Front. Das äußerst zahlreich zusammen­geströmte Publikum begrüßte die Majestäten bei der An- und Abfahrt mit großem Jubel. Der heute Abend zu Ehren des Kaiserpaares von der Bevölkerung veranstaltete Fackelzug mit sich anschließenver Serenade ist auf das glänzendste verlaufen. Der imposante Zug bestand aus den Innungen, der Kaufmannschaft, den Landwerkervereinen, überhaupt aus sämtlichen Kor­porationen, den Schulen, Lehranstalten, den Arbeitern der hiesigen Fabriken, den Turnern und den hiesigen Militärvereinen. Die Straßen waren mit Taus.nden von Zuschauern besetzt, die Häuser illuminiert; die August-Brücke erstrahlte in glänzender Gasbeleuchtung. Bei Ankunft des Zuges vor dem Schlosse erschienen die Herrschaften auf dem Balkon. Nach der Aufstellung hielt der Stavtverordnetenvorsteher Geh. Hofrat Ackermann eine begrüßende Ansprache Namens der Bürgerschaft und schloß mit einem dreifachen Hoch auf den Kaiser als die Hoffnung des deutschen Volkes und den starken Schirmherr« des Weltfriedens, sowie auf die Kaiserin als das Vorbild aller weiblichen Tugenden. Die Menge stimmte unter brausendem Jubel in das Hoch ein.

Dresden, 8. Sept. Der Kaiser hat sich nach beendigtem Fest­gottesdienst auf der Eisenbahn von Oschatz nach Coswig und sodann mittelst Wagens nach der Moritzburg begeben, woselbst König Albert bereits einge­troffen war, um mit dem Kaiser eine Pürschjagd abzuhalten. Nach der Jagd

findet ein Diner von 14 Gedecken statt, an welchem außer dem Kaiser und den Mitgliedern der königlichen Familie die hier anwesenden Fürstlichkeiten ^ teilnehmen.

Gages-Weuigkeitsn.

Stuttgart, 6. Sept. Gestern Vormittag hat ein lediges, 33 Jahre altes Frauenzimmer den Versuch gemacht, ihren Liebhaber, welcher das Verhältnis mit ihr gebrochen hat, mit Salzsäure zu begießen. Derselbe, noch rechtzeitig durch andere Personen gewarnt, vereitelte den Anschlag in dem Augenblick, als das Frauenzimmer schon den Pfropfen von der Flasche ge­zogen hatte und eben im Begriffe war, den Inhalt der letzteren über ihn auszuschütten.

Stuttgart, 7. Sept. Lebensmittelmarkt. Der heutige Samstagshauptmarkt ist gut befahren und zeigt in Folge der günstigen Witterung zahlreiche prächtige Ware, besonders in Gemüsen. Die Preise haben indes nur bei Blumenkohl, Gurken und Filderkraut, sänne beim Obst etwas nachgelassen. Schönen Blumenkohl mittlerer Größe kauft man um 2030 L, Filderkraut 1214 H das Stück, im Hundert 10 Von auswärts sind Massen von Aepfeln, Birnen, Zwetschgen und Pfirsichen ge­kommen; im Großen kosten Aepfel 1012 H, Birnen 13 bis 18 H, Pfir­siche 30 H das Pfund.

Stuttgart, 7. Sept. Auf dem Wilhelmsplatz: 300 Zentner württemb. und ausländ. Mostobst, Preis 6 bis 6 50 L pr. Ztr.

Laupheim, 3. Sept. Gestern erschoß sich nach dem Ulmer Tagbl. im nahen Baustetten ein Dragoner in seinem Quartier, weil ihm von seinem Rittmeister eine Strafe von 3 Tagen Arrest wegen malpropern Er­scheinens auf dem Appelplatz zuerkannt worden war.

Villingen, 5. Sept. Nach demSchwarzwälder" haben die Herren Noll und Häusle hier eine von ihnen gefertigte Kunstuhr an drei Unternehmer aus Berlin um 30,000 verkauft. Von diesen werden 10,000 sofort ausgefolgt und 20,000 ^ bleiben drei Jahre bei einer Staatsbank deponiert zur Garantie dafür, daß Noll innerhalb 3 Jahren sich nicht an die Herstellung eines ähnlichen Werkes macht. Ein halbes Jahr lang muß Noll die neuen Besitzer des Kunstwerks ohne besondere Belohnung begleiten, um dieselben mit dem Mechanismus der Uhr rc. bekannt zu machen.

Antwerpen, 6. Sept. Heute nachm. 2 Uhr fand in der Car- touchen-Fabrik nahe des Hafens eine furchtbare Dynamitexplosion statt. Es gab viele Verwundete, besonders Frauen und Kinder, Splitter von Cartouchen fielen in verschiedenen Gegenden der Stedt nieder, in der Nähe des Hafens und selbst in die Börse, welche in diesem Augenblick stark besucht ist. In vielen Häusern sind die Fensterscheiben in Folge der Er­schütterung zersprungen und die Dächer beschädigt. Ein späteres Telegr. meldet: Die Explosion entstand in dem Depot von Patronen und Pulver, welche zur Ausfuhr bestimmt waren. Die Fabrik beschäftigte 126 Arbeiter und Arbeiterinnen, die alle tot sind. Das Feuer der Explosion teilte sich 2 großen, mit russischem Petroleum gefüllten Schuppen mit. Andere be­nachbarte Schuppen drohen ebenfalls in Brand zu geraten. In Folge der Erschütterung sind viele Häuser beschädigt. Die Hilfeleistung organisiert sich rasch. Die Behörden, die ganze Polizei und Gendarmerie, sowie die Gar­nison sind an der Stätte des Vorgangs. Priester und barmherzige Schwestern pflegen die sehr zahlreichen Verwundeten und bringen die Toten nach der Morgue. Das Feuer gewinnt mehr und mehr an Ausdehnung. Um die Unglücksstätts herum brennen 10 Häuser.

Aus Antwerpen 6. Sept. liegt eine weitere Meldung über das schreckliche Unglück in der Patronenfabrik vor. Darnach ging die Explosion von der Werkstatt aus, wo alte Patronen auseinanderge- genommen werden; daselbst lagerten ca. 50 Mill. Patronen, deren Hälfte bereits auseinandergenommen war. Die Zahl der Toten beträgt ungefähr 150, verwundet sind gegen 80, doch sind die Zahlen noch nicht feststehend;

liebte sie ihrer kalten Kriegssührung halber, wie er es nannte, nicht weniger und be­schloß, sie, koste es, was cs wolle, zu erobern. Sie verließ Cambridgeshire, um auf den Kontinent zu reisen. Er verlor sie aus den Augen während des Winters, den sie, wie wir wissen, in Rom zubrachte. Im Frühling hoffte er ihr an den eleganten, häufig besuchten Vergnügungsorten London's zu begegnen, aber nicht vorhergesehene Umstände hielten ihn bis zum Schluß der Saison in Kent zurück und da konnte er nicht mehr erwarten, sie in der Stadt zu finden.

Er erkundigte sich bei seinen Freunden, in den Clubs und Kasinos und eines schönen Tages hörte er von einem Herrn, der sich um Anderer Angelegenheiten mehr kümmerte, als um die seinigen, daß Sir Prendergast nebst seiner Tochter in Cookham wären. Natürlich folgte er ihr gleich nach dem am Wasser gelegenen Hotel und war bei seiner Ankunft, wie wir gesehen haben, keineswegs entzückt, sie in ernstem und anscheinend fesselnden Gespräch mit einem großen, interessant aussehenden und noch fast jungen Herrn zu finden.

In London würde er eine solche Nebenbuhlerschaft nicht gefürchtet haben, aber hier, am freien Gestade der Themse, war die Erscheinung eines fchönen, jungen Mannes in der herrlichen Umgebung doch so romantisch verführerisch. Das entfern­teste Hindernis konnte ihn möglicherweise Zeit und Störung kosten, deshalb war es nötig, bei Zeiten seine Vorkehrungen zu treffen.

So waren seine Gedanken, während er selbst schweigend im Hintergrund des Schiffes saß, dabei unverwandt auf sein schönes Gegenüber sehend.

Ihre Augen sahen träumerisch nach dem fernen Horizont, in Wirklichkeit dachte sie aber daran, ob sie wirklich ihre Zukunft gefunden hätte in dem pomphaften Ge­schäftsmann, mit der kurzen, gedrungenen Gestalt, dem selbstbewußten Lächeln, der monotonen Stimme.

Seitdem sie im Alter von siebenzehn Jahren die Schule verlassen hatte, war ihr Leben an der Sette ihres Vaters, dessen Abgott sie war, so leicht und tändelnd wie eine französische Operette dahingeflosien. Die Liebe schien ihr eine süße Täuschung,

ein amüsantes Getändel, ohne Reue, aber auch ohne Verlangen. Die Freude am Leben war bei ihr unbedingt durch fortwährenden Wechsel, unaufhörlichen Taumel. In dem Strudel der Gesellschaft bewegte sie sich so sicher wie zu Hause; in ihrem Gewühl, Lärm und Staub fühlte sie sich wohl. Eleganz und Glanz waren die Ele­mente, die ihr Leben ausmachten. Ihr Herz lag in einem tiefen, tiefen Schlafe. Würde es erwachen, noch rechtzeitig oder wenn es zu spät war?

Seit die schöne Kamilla die Schule verlassen hatte, waren neun Jahre ver­gangen; sie war jetzt sechsundzwanzig und noch unverheiratet. Doch eines Tages mußte sie heiraten, oder sie würde sich, wie ihr Vater ihr wiederholt mitteilte, in traurigen, beschränkten Verhältnissen befinden, eine ihr schreckliche, undenkbare Aussicht.

Dieseseines Tages" schien sich in der Person von Josiah Hickman, dem Farbenhändler, verwirklichen zu wollen. Sie sah verstohlen unter dem Schatten ihres Schleiers auf sein Gesicht. Es war nicht gerade häßlich, aber welch ein Aus­druck maßlosester Selbstliebe und fadester Eitelkeit lag auf seinen plebejischen Zügen! Wie viele Falten um feine listigblickenden Augen, wie viele Furchen auf feiner Stirn hatte das unaufhaltsame Jagen nach Geld frühzeitig gezogen! Seine Stimme är­gerte sie mit ihrer eigentümlichen Biegung, ihrem wichtigen, salbungsvollen Ton. Es schien Kamilla, als ob er ein besonderes Vergnügen daran fände, seine eigene Stimme zu hören. Sie sah immer nach ihm hin, seine Züge unbemerkt, aber gründ­lich zu studieren. Bei dem Gedanken, daß dieser Josiah Hickman der Mann sein könne, den zu heiraten ihr Vorteil wäre, weil er alles Das besaß, was die Well von einem Ehemann verlangt, schauderte sie unwillkürlich mit einem Gefühl heftigen Ab­scheues zusammen.

Finden Sie die Abendluft zu frostig?" fragte Josia Hickman sie mit Be­sorgnis.Erlauben Sie mir, daß ich noch einen anderen Shwal um Ihre Schul­tern lege?

Aber Kamilla, eigensinnig, verweigerte das höfliche Anerbieten.

(Fortsetzung folgt.)