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dabei schnitt unser Soldatenfreund ein Gesicht, daß unwillkürlich sämtliche Insassen des Wagens in ein schallendes Gelächter ausbrachen. Das ver­meintliche Sattelzeug war eine zusammengewickelte Chaisendecke, die ein mit­fahrender Sattler unter die Bank gelegt hatte. Das Zugpersonal versprach dem Bäuerlein dafür zu sorgen, daß das L:der dem Sattler mit dem nächsten Zug wieder zugestellt werde, so daß der Irrtum dem Bäuerlein außer dem Schreck und dem Gelächter für seine gutgemeinte Thal weiteren Schaden nicht brachte.

Kirchheim u. T., 26. Aug. Ein äußerst frecher Diebstahl wurde gestern Mittag in der Bierbrauerei zum Dreikönig ausgeführt, es wurden nämlich 110 »15 aus einem Pulte gestohlen. Abends wurde die Diebin in der Person einer Frau aus W. ermittelt, welche sich kurze Zeit in dem Zimmer aufgehalten hatte.

Lauffen a. N., 27. Aug. Gestern starb dahier ein sonst gesunder und kräftiger Bauersmann, Johs. Link, im Alter von 50 Jahren. Derselbe erhielt vor 8 Tagen von seinem Ochsen einen Hornstoß, wodurch Nase und Backen verletzt wurden. Ohne einen Arzt zur Rate zu ziehen und der Sache keine Beachtung schenkend, ging der Verletzte seinen Geschäften nach, jedoch trat hernach Blutvergiftung ein.

Heilbronn, 27. Aug. Gestern nachm, wurde nach der Neck.-Ztg. auf dem Hammelwasen dahier durch H. Janeschitz aus Wien, Vertreter der Feuerlöschmassefabrik von Josef Bauer in Wien, eure sehr interessante Lösch« probe mit dieser Feuerlöfchmasse in Gegenwart von Reg.-Rat Löflund und O.B M. Hegelmaier, sowie hiesiger Feuerwehrleute vorgenommen. Zu diesem Zweck waren zwei Holzstöße von 6 m Länge und 2 m Höhe errichtet und mit Theer und Petroleum übergoffen worden. Zwischen diesen beiden Holz­stößen wurde noch eine Anzahl Holzscheite nebst Stroh untergebracht und in Gegenwart des Kommandanten der hiesigen Feuerwehr, Hcn. Karl Renner, vor Beginn des Anzündens der großen Holzstöße mit der Feuerlöfchmasse übergossen. Die Feuerlöfchmasse, ein weißes Pulver, wurde nun in einem Zuber, 200 Liter Wasser enthaltend, aufgelöst, was etwa 2 Minuten in An­spruch nahm, hierauf wurden die großen Holzstöße angezündet und entwickelten in allerkürzester Zeit eine äußerst bedeutende Flamme und eine solche Hitze, daß man auf etwa 20 m Entfernung sich halten muhte. Es wurde nun zur Löschung dieses Feuers mittelst der Löschmasse geschritten und ein ein­ziger Mann konnte vermittelst eines Eimers, die beiden brennenden Holzstöße übergießend, innerhalb 58 Sekunden das Feuer derart löschen, daß nur noch an vereinzelten Stellen etwas Feuer zum Vorschein kam. Diese Wirkung war geradezu überraschend. Der kleine Zwischenstoß, welcher mit der Lösch- Masse übergossen war, ist nicht in Brand geraten; zuletzt wurde noch auf dem Grasboden der Rest des vorhandenen Theers mit dem übrigen Petro­leum übergoffen und in Biand gesteckt, was bekanntermaßen eine Flamme erzeugt, welche kaum mit Wasser zu löschen ist, aber mit der Löschmasse innerhalb 18 Sekunden gelöcht werden konnte. Die von Anfang an vor­handenen 200 Liter Wasser reichten vollständig zu diesen vorgenommenen Löschungen aus.

Heiden heim. 27. Aua. (Schafmarkt.) Zufuhr 5630 Stück, verkauft 3594 St., zurückgefühct 2036 Stück. Höchster Preis 58 für 1 Paar fette Hümmel, niederster für 1 Paar Schafe 26 -is, Durchschnitts­preis pro Stück 21 35 L,. Gesamterlös 68,755 Handel lebhaft,

Preise im Steigen.

Straßburg, 23. Aug. Ein allerliebster Zwischenfall, welcher sich kurz vor der Abreise des Kaiserpaares am Bahnbof ereignete, bildet das Tagesgespräch in der ganzen Stadt. Als die Majestäten am Bahnhofe ausstiegen, trat die Frau eines pensionierten Gendarmen, ein weißgekleidetes Kind auf den Armen, zur Kaiserin, wobei der Kleine Ihrer Majestät einen Strauß entgegenstreckte. Die hohe Frau nahm denselben dankend entgegen und rief auf die Bemerkung der Frau, der Bube sei ein Pathenkmd des

Kaiser»:Wilhelm, komm hierher und sieh den prächtigen Jungen." Der Kaiser trat herüber, drückte der Frau in leutseligster Weise die Hand und es entspann sich folgendes Zwiegespräch zwischen ihm und der Frau:Wie viel Kinder haben Sie?"Neun, Majestät!"Sind alles Buben?" Nein, zwei Mädchen und sieben Buben und dieser da ist der jüngste, bei dem Majestät die Gnade hatten, Pathenstelle zu übernehmen".Aha", rief der Kaiser,jetzt erinnere ich mich. Wie alt ist ihr Aeltester?" 14 Jahre; er ist in der Militärschule in Annaburg."Ich werde ihn nicht aus den Augen lassen. Wie alt ist Ihr Jüngster?"Am Ein­zugstage Ew. Majestät war er 14 Monate alt." So, das ist ja ein ganz prächtiger Kerl. Halten Sie ihn gut, daß er ein strammer Soldat wird; ich werde mich seiner immer erinnern." Während dieser ganzen Unterredung hatte der Kleine mit den blinkenden Knöpfen an der Uniform des Kaisers gespielt und dieselben in schonungsloser Weise hin- und hergedreht, zum Schrecken der Mutter, welche dies nicht sofort bemerkte und zur großen Heiterkeit des Kaisers. Mit den Worten:Danke sehr für den schönen Strauß," reichte der Kaiser dem Kinde die Hand und empfahl der Mutter: Halten Sie nur ja den kleinen Wilhelm gut." Hierauf betraten die Maje­stäten den Bahnhof, wo offizieller Abschied stattsano.

Wevrnischtes.

Landwirte dürfte es interessieren, daß eine s. Z. vom landw. Bezirksverein Calw eingesührte Graubünder Kuh im Stolle von Hrn. Hugo Rau hier ein Stier-Kald im Gewicht von 119 Pfund zur Welt brachte.

Die Deutschen als Petroleumtrinker. Das Pariser BlattParis" beschäftigt sich mit der vor kurzem veröffentlichten Verbrechers­statistik und macht dabei einen ganz ergötzlichen Fund:Die Deutschen, so sagt es, betrinken sich hauptsächlich mit Kartoffelfchnaps, außerdem aber man sollte es kaum glauben! mit Petroleum." Der Gewährsmann des Paris" ist offenbar darauf hereingefallen, daß man in gewissen Gegenden Deutschlands, wie z. B. in Elsaß-Lothringen, einen gewissen gemeinen Schnaps, einen allerdings geradezu niederträchtigen Fusel, mit dem SpitznamenPetrol" belegt. Wie beneidenswert müßten übrigens die deutschen Magen gestaltet sein, wenn sie selbst Petroleum vertragen könnten!

Dem englischen Scharfrichter Berry steht in der nächsten Zeit so wenig Arbeit in Aussicht, daß er sich telegraphisch an den Gouverneur von Newyork gewandt uno sich erboten hat, alle Mörder, welche sich während der letzten zwei oder drei Jahre angesammelt haben, für 500 Lstrl. und die Reiseunkosten hinzurichten. Eine Antwort auf dieses billige Anerbieten hat der Thatendurstige bis jetzt nicht erhalten.

Standesamt Kakn».

Geborene:

24. Aug. Ottilie Heinrike, Tochter des Max Schröder, Strumpfwirkers.

26. , Hedwig, Tochter des Martin Bertfch, Amtmanns.

Getraute:

25. Aug. Karl Heinrich Schlotterbeck, Seiler hier und Marie Friedrike Aichelehier.

Gottesdienst am Sonntag, den 1. September 1889.

Vom Turm: Nr. 84. Vormittagspredigt: Herr Dekan Braun. 1 Uhr Christen­lehre mit den Töchtern. 2 Uhr Bibelstunde im Vereinshaus: Herr Helfer Eytel. Das Opfer ist für den Württ. Landesverein der Kaiser Wilhelmstiftung für deutsche Invaliden bestimmt.

Montag, 2. September. (Sedansseier). t/sio Uhr Predigt: Herr Helfer Eytel.

Freitag, 6. September. (Bußtag.)

10 Uhr Vorbereitung und Beichte.

Gotteräieaste ia äer Metlloäisteakiapekke am Sonntag, den 1. September 1889, morgens 9 Uhr, abends 8 Uhr.

Eures Wunsches; aber ich bin Euch stets eine gehorsame Tochter gewesen und will I es auch bleiben; wohlan, mit diesem Vetter hier bin ich bereit, des Lebens Freuden ! und Leiden zu teilen, wenn er mich will!"

Richard preßte die zarte Gestalt, die sich während des Sprechens innig an ihn schmiegte, fest an sich und sah bittend zu seinem Onkel auf. Treuhold und Irma schauten mit großem Staunen auf das junge Paar, das sich so schnell gefunden hatte; dann aber küßten sie Beide tief gerührt auf die Stirn und gaben freudig ihren Segen zu diesem Herzensbunde.

Einige Tage später kam auch Eberhard heim, der den Wechsel in der Person seines Vetters schon von Marie in Darmstadt vernommen hatte und nun von seinem Vater und Richard auf der Bahnstation empfangen wurde. Er trug den rechten Arm noch in einer Binde, aber den gesunden linken streckte er freudig dem neuge­wonnenen Vetter entgegen. Für diesen Vetter empfand er keinen Augenblick den leisesten Groll; er erklärte es für selbstverständlich, daß Richard nun das Majorat übernehmen müsse, auf welches er selber mit Freuden verzichten würde. Er war tief beschämt, gegen Richard früher so feindselig von dem mexikanischen Majorats- Prätendenten gesprochen zu haben, und beeiferte sich auf der Heimfahrt, den Freund von seinen mit dem Personenwechsel des Vetters auch veränderten Gesinnungen gegen diesen zu überzeugen. Richard lächelte nur und bat den so voll Eifer Redenden, diese Angelegenheit auf später zu verschieben und sich vorerst ungetrübt der Freude ihres glücklichen Wiedersehens hinzugeben.

Von der Mutter und der Schwester wurde der Heimkehrende mit Freuden- thränen schon am Portal begrüßt; nur Ellen war im Salon zurückgeblieben und schaute, am Fenster stehend, mit großen erstaunten Augen auf die dem Schlitten ent­steigende Gestalt mit dem verbundenen Arm. Die Farbe wechselte in ihrem Gesicht und wie erschrocken, legte sie die Hand über ihre Augen. Langsam wandte sie sich dann um, als Edith in ihrer ungestümen Weise die Salonthür aufriß.

Da ist er, Ellen!" rief sie jauchzend.Komm doch, Eberhard, es ist ja Ellen, unsere Kousine, die Deiner Begrüßung wartet!"

Eberhard war wie versteinert auf der Schwelle stehen geblieben und blickte

zweifelnd auf die in tiefer Trauer gekleidete Mädchengestalt am Fenster. Dann aber leuchtete es hell in seinen Augen aui.

«Maritas!" bebte es von seinen Lippen und mit großen Schritten eilte er auf sie zu. Er sank vor ihr auf die Knie, ergriff ihre herabhängende Hand und bedeckte sie mit stürmischen Küssen. Ellen wurde bald blaß, bald rot; voller Hast entzog sie ihm die Hand und sagte verwirrt:Ich freue mich, Sie wieder wohl zu sehen, Herr Lieutenant!"

In starrer Verwunderung schauten die Uebrigen auf diese Scene.

Ellen, Eberhard, Ihr kennt Euch schon?" rief Edith, fröhlich in die Hände klatschend.

Eberhard hatte seinen Blick noch immer voller Dankbarkeit auf Ellen gerichtet; erst als sie ihn leise bat, aufzustehsn, erhob er sich und wandte sich mit vor Aufregung zitternder Stimme an die Eltern:

Vater, Mutter, dieser Dame hier verdanke ich, daß ich lebend zu Euch zurück­kehren kann!"

O, nicht so," bat Ellen abwehrend,Sie beschämen mich, ich folgte nur dem Gebot der Nächstenliebe, und eine Fügung Gottes war es, daß ich gerade meinem unbekannten Vetter diesen Dienst erweisen konnte."

Ja, eine wunderbare Fügung Gottes, ohne die ich von dem Ausschuß der Menschheit gemordet wäre!" erwiederte Eberhard aus voller Brust.

Erzählen, erzählen!" drängte ungeduldig die ganze Familie und zog die Beiden nach einem Divan, gespannt von einem zum andern blickend.

Und Eberhard erzählte, so begeistert und feurig die heroische That seiner Lebensrettung, daß Ellen tief verwirrt und beschämt vor sich niederblickte und während des ganzen Berichts nicht aufzusehen wagte. Sie hörte das Schluchzen der Gräfin, fühlte deren bebende Küsse auf ihren Lippen und mußte eine Umarmung nach der andern hinnehmen. Ihre mühsam hervorgestammelten Worte, daß Eberhard ihren Dienst überschätze, verhallten ungehört. Sie war die Heldin des Tages; wie zu einer Heiligen sah Eberhard zu ihr empor und aus jedem seiner Blicke leuchtete ihr seine unbegrenzte Hochachtung entgegen. (Schluß folgt.)