Aro. 103.

64. Jahrgang.

Amts- unä InteNgenMatt für llen Kezir^.

Erscheint Itenstag, L Samrtag.

Die MnrückungSgebühr beträgt 9 ^ p. Zeile im Bezirk, sonst 12 H.

Aamstag, äea 31. August 1889.

Slbonnementspreis halbjährlich 1 80 durch

->ie Post bezogen im Bezirk 2 30 H, sonst in

ganz Württemberg 2 70

Zum Mouvement

auf das Calw er Wochenblatt für den Monat September ladet freundlichst ein

Die Red. L Expedition.

Amtliche Bekanntmachung

betreffend das Erlöschen der Schafräude.

Die unter den Schafen des Georg Fuchs, Maurer in Oberkollbach, ausgebiochene Schafräude ist als erloschen zu betrachten.

Calw, den 30. August 1889. K. Oberamt.

Amtmann Bertsch.

Gcrges-Weuigkeiten.

(Amtliches.) Unter den im Juni bis August geprüften evang. Predigt­amtskandidaten, welche die erste theologische Dienstprüsung mit Erfolg erstan­den haben und zur Versetzung von Pfarrgehllfendiensten für befähigt erklärt wurden, haben wir nachzutragen: Dengler, Emil, von Pfrondorf, (Sohn von Hrn. Schullehrer Dengler hier), Gerber, Ernst, von Gmünd, Sohn von Hrn. Bauinspektor a. D. Gerber hier).

* Simmozheim,26. Aug. Recht herzlich trauert die Gemeinde über das so unerwartete Scheiden Ihres l. Schullehrers S t e i g e r. Zur Feier seines Abschieds veranstaltete sein Gesangverein am Bartholomäi-Abend eine gesellige Zusammenkunft in derSonne", wozu 18 Lehrer der Nachbar­schaft und auch Freunde aus Weilderstadt eintrasen, um dem Scheidenden und seiner Familie Glück zur neuen Stelle in Ober-Eßlingen zu wünschen. Mit den Kollegien und vielen Bürgern stellte sich auch Hr. Schultheiß Siegel ein, welcher nach einigen voraufgegangenen Chören das Wort ergriff, Er gab seinem Bedauern über dar Scheiden des wackeren Lehrers Ausdruck, und erwähnte seiner Verdienste in hiesiger Gemeinde seit 15 Jahren; nament­lich wies er hin auf die meisterhafte Behandlung seiner Schüler, seine Ge­duld mit den Schwachen und Kränklichen, es begleiten ihn seine und die besten Wünsche aller Eltern für die neuen Verhältnisse in Ober-Eßlingen. Hierauf betonte Hr. Schöning er von Weilderstadt die Schönheit der Unterhaltungs-Abende mit diesem l. Freund, den sie so oft und gerne be­suchten und wie schwer sich Alle von ihm trennen. Hr. Steiger dankte

sichtlich gerührt, es falle ihm schwer aus der Gemeinde zu scheiden nur seinen 2 Kindern zu lieb wolle er es wagen. Später gab der alte Lehrer E. der Versammlung zu erkennen: wie schwer des Lehrers Müh in jetziger Zeit sei! wie Freund Steiger mit Männerchören und ge­mischten Stimmen alle Festzeiten in der Kirche verschönerte; wie er die Sänger zu hohen Ehren brachte in der ganzen Umgegend durch edles Zu­sammenhalten und Vortrag schöner Lieder selbst am Grabe! Viel freie Zeit opferte er Tag und Nacht seinem Verein, der ihm manches Andenken stiftete und ihn sehr liebte. Sein Lehrtalent und sein Eifer sei bei allen Visitationen sehr anerkannt worden durch gute Zeugnisse seiner Vorgesetzten und in 15 Jahren habe er gearbeitetGott zur Ehre, den Eltern zur Freude, den Kindern zum Segen, der Gemeinde zum bleibenden Nutzen". Solche Er­gebnisse der Amtstreue seien nimmer nur interessante Neuigkeiten in die Tages­blätter nein! sie ehren den lang unterdrückten Lehrerstand und ermun­tern Viele zum Placieren in solch dankbaren Gemeinden. Der 84ste Psalm sage:Die Lehrer werden mit viel Segen geschmückt; sie erhalten einen Sieg nach dem andern, daß man sehen muß: Der rechte Gott sei zu Zion rc." Herr Steigers Hoch und Dank galt der Gemeinde Simmozheim und diese gab ihm und den Seinen ein ehrenvolles Geleite zum Bahnhof Weilderstadt.

Stuttgart, 29. Aug. Die Ochsenmetzger haben ihren Kunden angezeigt, daß von heute ab ein neulicher Fleischaufschlag eintritt, und zwar um 4 , so daß bis auf Werteres das Ochsenfleisch 78 ^ pro

Pfd. kostet. Da mag manchem das Fleischessen vergehen; am besten stellen sich dabei die Vegetarianer, doch sollen sich auch diese über die Teuerung der Gemüse, des Obstes rc. beklagen. Die Verteuerung der Lebensmittel trifft in der That manche Familie recht empfindlich.

Metzingen, 26. Aug. Ein verunglückter Akt von Gutherzigkeit passierte vor einigen Tagen einem biederen Bäuerlein auf dem Eisenbahnzug in Metzingen. Daselbst sind mehrere Ulanen ausgestiegen, die mit Sattelzeug u. bergt, versehen waren. Als nun der Zug schon wieder abgefahren war, das Gebiet des Bahnhofs jedoch noch nickt verlassen hatte, bemerkt unser Bäuerlein unter einer der Bänke ein Stück zusammengebundenes Leder, das er sofort mit den Worten hervoczog:Donnerwetter, das hat so ein Soldat vergessen; der kommt in eine arge Verlegenheit, dem schmeiß i's naus." Wie gesagt, so gethan. Kaum ist aber das vermeintliche Sattelzeug zum Fenster hinausgeflogen, als eine Stimme zwar nicht aus der Wüste aber aus der anderen Wagenecke erschallt und rief:Wie kommen Sie dazu, mein Sach zum Fenster hmauszuwerfen!"O weh", sagts Bäuerle, was Hab ich für eine Dummheit gemacht und hab's so gut gemeint." Und

Feuilleton.

Nachdruck verboten

Der: Wcrzovcrtsevbe.

Roman von L. Dohrmann.

(Fortsetzung.)

Richard ist mein Vetter? Richard, Richard, hörst Du, hörst Du, was Ellen sagt?" jubelte sie, auf ihn zufliegend und halb lachend halb weinend ihr Köpf­chen an seine Brust lehnend, und mit seliger Freude zu ihm aufblickend.

Marie zog die Stirn kraus bei diesem Anblick, als sie aber das Schreiben las, welches Ellen schweigend aus Richard's Hand genommen hatte, der Alles um sich her vergessen zu haben und einzig davon in Anspruch genommen schien, Edith's Gesicht mit Küssen zu bedecken, da perlten Thränen über ihre Wangen und voll tiefer Bewegung zog sie Ellen in ihre Arme.

Nachdem der erste Rausch der Gefühle sich etwas gelegt hatte, mußte Ellen erzählen, auf welche Weise sie den von Manuel verübten Betrug entdeckt hatten; sie that es mit zitternder Stimme und mit vor Thränen verschleierten Augen.

O, ich ahnte es, daß der Mexikaner ein Betrüger sei, ich habe ihn von der ersten Stunde an verabscheut!" rief Edith ein über das andere Mal.

Und zu Richard hat ebenfalls Dein ahnungsvolles Herz von erster Stunde an Dich hingezogen!" neckte Marie sie lachend.

Die kleine Komtesse wurde glühendrot.

Ja, das war der Magnetismus unserer unbewußten Blutsverwandtschaft, gelt, Vetter?" fragte sie schelmisch. Er nickte ihr mit leuchtenden Augen zu, während Marie schalkhaft drohend den Finger erhob und sich dann mit innigem Händedruck zu Ellen wandte, welche die freudestrahlenden Gesichter der beiden Liebenden mit wehmütigem Lächeln bettachtete.

Der beabsichtigte Brief Marie's unterblieb nun, dafür reiste Edith noch am selben Tage mit Richard und Ellen nach Wendhausen ab, um die Eltern von den

ihrer wattenden Uebcrraschungen in Kenntnis zu setzen und den falschen Vetter zu entlarven.

Ellen wähnte ihre Mission bereits erfüllt; sie sah nicht voraus, was ihrer in Wendhausen warten sollte.

Tief erschüttert hatte Graf Treuhold abermals einen Jüngling an sein Herz gepreßt, der sich ihm als Bruno's Sohn präsentierte, und dies Mal den echten.

Manuel war von Edith bei ihrer Ankunft vollständig ignoriert worden; nur einen einzigen Blick maßloser Verachtung hatte sie ihm zugeschlcudert, als er sie freude­strahlend bewillkommte, und dann hatte er kreidebleich daneben gestanden, während sie, unbekümmert um seine Anwescnhrit, ihren bestürtt.n Zuhörern Alles berichtete, was ihr Herz bewegte.

Auch Irma hatte dies Mal die Kinder Bruno's mit ungetrübter Freude will­kommen geheißen. Die schöne, ihrem Vater sprechend ähnlich sehende Ellen hatte das Herz der Gräfin im Fluge erobert; die ihrem Wesen entströmende sanfte und hoheits­volle Ruhe, die zu Edith's Lebhaftigkeit den schärfsten Gegensatz bildete, zog Irma unwiderstehlich an, und während Richard von Treuhold's Armen umschlungen wurde, küßte Irma immer wieder die fast durchsichtig zarten Wangen Ellen's, auf welche die Aufregung der Begrüßung ihrer neuen Verwandten nur ein flüchtiges Rot ge­zaubert hatte. Voll tiefer Rührung schaute die Gräfin in die blauen, traurigen Augen, die ihr so bekannt und in ihrem Ausdruck doch so fremd waren. Als Treu­hold sich dann voll tiefer Entrüstung an den falschen Neffen wenden wollte, war dieser bereits verschwunden und mit ihm der alte Daniel.

Laß sie ungehindert ihres Weges gehen," sagte Jnna ernst zu dem Gatten, wir wollen Gott danken, daß ein größeres Unglück noch rechtzeitig vereitelt wurde!"

Treuhold verstand ihren bedeutsamen Blick und nickte stumm; aber auch Edith hatte den Sinn der Worte verstanden und rasch Richard's Hand ergreifend, trat sie, dunkelerglühend, vor die Eltern hin; das Köpfchen tief gesenkt, doch um die Mund­winkel ein schelmisches Lächeln, sagte sie:

Meine lieben Eltern, mir däucht, Ihr hattet mich zur Lebensgefährtin Eures Neffen auserkoren. Meine Antipathie gegen den Mexikaner verhinderte die Erfüllung