Uro. SS.
14. Jahrgang
Ämts- unä Intelkigeazbkatt für äen Kezirkr.
Erscheint Sieusta-, Va«««»t«g L Samstag.
Die MnrückungSgebühr beträgt 9 ^ p. Zeile im Bezirk, sonst 12 H.
Dienstag, äen 13. August 1889.
Abonnementspreis halbjährlich 1 80 H, durch
die Post bezogen im Bezirk 2 30 H, sonst in
ganz Württemberg 2 70 H.
Amtliche Bekanntmachung
betreffend Marktverbot.
Behufs wirksamer Bekämpfung der Maul, und Klauenseuche ist die Abhaltung des in Calw auf Mittwoch, -er» 14. M., verfallenen Vieh
marktes durch oberomtlichen Beschluß vom heutigen verboten worden.
Der gleichzeitig verfallene Pferdemarkt wird von dem Verbot nicht berührt. Den Ortsvorstehern bleibt die weitere ortsübliche Bekanntgabe des Marktverbots überlassen.
Calw, den 12. August 1889. K. Oberamt.
Amtmann Bertsch.
Deutsches Reich.
Berlin, 12. Aug,, nachm. (Dep. d. Calwer Wochenbl.) Die Ankunft des Zaren in Berlin ist verschoben und findet dieselbe am 27. ds. statt.
Berlin, 9. Aug. Es steht nunmehr entgiltig fest, daß der Kaiser u.nd die Kaiserin sich in der Nacht vom 16. zum 17. August nach Bayreuth begeben, dort gemeinschaftlich mit dem Prinzregenten von Bayern mindestens zwei Vorstellungen am 17. und 18. beiwohnen, daß sie dann am 19. nach Liebenstein reisen und sich dort zwei Tage aufhalten werden. Am 21. werden sie sich dann über Karlsruhe nach Straßburg begeben, dort bis zum 23. Hof halten, am 23. in Metz, am 24. in Münster i. W. und am 25. morgens wieder in Berlin sein.
Berlin, 11. Aug. Die Mehrzahl der heutigen Morgenblätter wid- met dem Kaiser Franz Josef herzliche Begrüßungsartikel, die den hohen Gast de« deutschen Kaisers als treuen Freund und Bundesgenossen und als feste Stütze der Friedenspolitik feiern.
Ausland.
London, 10. Aug. Die „Morningpost" sagt, anknüpfend an die Toast-Reden des Prinzen von Wales und des Kaisers Wilhelm, weder Deutschland noch England dächten an Krieg; aber beiden Ländern werde täglich einleuchtender, daß, werde ihnen ein Krieg aufgedrungen, sie zusammen stehen oder fallen müßten. Es bedürfe deshalb keines papiernen Bünd- nisses zwischen ihnen.
Co wes, 9. Aug. Die Königin begleitete den Kaiser bei seiner gestern erfolgten Abreise bis an den Wagen und küßte ihn beim
Abschied auf beide Wangen. Sämtliche Mitglieder des Königshauses fuhren mit nach dem Quai, wo sie sich von dem Kaiser herzlich verabschiedeten. Der Prinz und die Prinzessin von Wales begleiteten den Kaiser bis an Bord der „Hohenzollsrn". Nach herzlichster Verabschiedung dampfte die „Hohen- zollern" unter Geschützsalut nach Dover ab.
Pesth, 11.Aug. Die hiesigen Blätter begrüßen die Reise des Kaisers Franz Joseph nach Berlin als eine neue beruhigende Gewähr für die Erhaltung des Friedens, wie für die Kräftigung des Bündnisses. „Nemzet" sagt, der Besuch des Monarchen sei ein Fest des mitüleuropäischen Friedensbundes, welchem die Völker dreier Großmächte mit Freude und Beruhigung entgegensehen. Der „Pester Lloyd" erklärt, das Bündnis habe in Ungarn nur Freunde, keinen beachtenswerten Gegner. Ungarn sei von der Ueberzeug« ung beseelt, daß Oesterreich-Ungarn und das Deutsche Reich in Tagen der Prüfung einig, unzertrennlich in der Verteidigung ihrer Existenz und Wohlfahrt gegen jegliche Gefahr sein werden. Das „Neue Pesther Journal" sagt, Ungarn begleite den Monarchen mit seinen heißesten Segenswünschen, es sende herzliche Grüße in das befreundete Reich und freue sich, daß die Ver- hältnisss sich so gestaltet, wie sie den Wünschen und Interessen der Nation und des Vaterlandes entsprechen.
Gcrges-WeirigkeiLen.
-j- Calw, 9. Aug. Vom schönsten Wetter begünstigt machte der hiesige Kirchengesangoerein letzten Freitag einen Ausflug nach Liebenzell. Die Beteiligung war namentlich von Seiten der Damen eine zahlreiche. Veranstaltet war der Ausflug zu Ehren zweier hier anwesenden Tonkünstler: nämlich der Herren Theodor Ritte und Franz Zeischka aus München. Der Name Ritte hat sowohl für den Verein als für das hiesige musikliebende Publikum einen guten Klang infolge der überaus günstigen Aufnahme, welche dem von Hrn. Ritte komponierten 23. Psalm zuteil geworden ist. Hr. Zeischka glänzt als vorzüglicher Violinspieler. Man weiß eigentlich nicht, was man mehr bewundern soll, die vollendete Technik, welche die größten Schwierigkeiten mit Leichtigkeit überwindet oder den rastlosen Fleiß, der angewandt werden mußte, um solche Technik zu erlangen. Zum Vortrag kamen folgende Stücke: 2. und 3. Satz aus dein Violinkonzert von Mendelssohn, „Schwarzwaldmärchen" von Th. Ritte, Ballade für Violine und Klavier von Vieuxtemps; Ouvertüre zur Oper: „Die Gouvernante": Th. Ritte; „Gnomenreigen" für Violine und Klavier. Sämtliche Stücke wurden mit äußerster Präzision vorgetragen und ist nament-
Jeuilleton. R°chdn,-k-nb°>°n.
Dev MajoraLserbe.
Roman von L. Dohrmann.
(Fortsetzung.)
13. Kapitel.
Es war Sommer geworden, herrlicher, blühender Sommer. Sechs Wochen waren verstrichen, seit der junge Mexikaner seinen Einzug in Wendhausen gehalten hatte; jetzt war es Mitte Juli, — des in seiner letzten Hälfte so unheilsschweren Monats Juli 1870.
Die gräfliche Familie, mit Ausnahme des Majoratsherrn, saß auf der nach dem Park hinausgehenden, schattigen Terrasse des Schlosses, wo die herabgelassen.en Marquisen die Sonnenglut zurückhielten und die künstlich arrangierten Gruppen der Palmen und Lorbeerbäume die draußen herrschende Tagesschwüle weniger empfindlich machten.
Gräfin Irma lag in einem Schaukelstuhl bequem zurückgelehnt und blickte mit Wohlgefallen auf Manuel, der mit bestrickender Liebenswürdigkeit zu ihr plauderte. Sie lächelte leise, als sie bemerkte, daß er seine Worte, obgleich er allgemein sprach, dennoch augenscheinlich hauptsächlich an Eddy richtete, zu der sein Blick unter den dunklen Wimpern mit verhaltener Glut hinüderflammte.
Edith aber schien die stumme Huldigung des Vetters gar nicht zu bemerken; ihre blauen Aurikelaugen schauten beharrlich nach dem Park hin, der im flimmernden Sonnengold vor ihnen lag. Nur selten öffnete sie den kleinen Mund, um sich an der Unterhaltung zu beteiligen; fest lagen die Purpurlippen auf einander gepreßt und seltsam zuckte es wiederholt um die Mundwinkel, wie wenn ein Kind unschlüssig ist, ob es weinen oder lachen soll.
Die Komtesse hatte sich während der letzten Wochen sehr verändert; aller sprudelnder Uebermut war von ihr gewichen; sie schien gesetzter und ernster geworden
zu sein. Die sonnige Heiterkeit, die früher stets auf ihrer Stirn gethront hatte, war wie fortgewischt und der strahlende Glanz der großen Kinderaugen schien getrübt.
Was Wunder auch! Hatte sie sich doch so kindlich gefreut auf die herrlichen Sommertage und auf die prächtige Ferienzeit, welche Richard Warren und Eberhard wieder hierherführen sollte. Und nun — das wußte sie, daß Manuel's ihr so lästige Aufmerksamkeit störend werden mußte für ihren traulichen Verkehr mit den beiden Studenten, daß seine Anwesenheit ihr, wenn auch nicht dem Bruder, so doch dessem Freunde gegenüber Zwang auferlegen würde. .
Diese Gedanken schossen auch jetzt wieder durch Eddy's Köpfchen und drängten ihr heiße Thränen in die Augen. Hastig erhob sie sich und trat an die Brüstung der Terrasse, uni dem sie nicht aus den Augen lassenden Vetter, dessen Blicke sie mehr fühlte, als sah, ihr Gesicht zu verbergen. Doch schon stand Manuel ebenfalls von seinem Sitz auf und trat an ihre Seite, sie lächelnd fragend, ob seine Unterhaltung sie langweile. Edith schüttelte schweigend den Kopf, wandte sich aber zugleich mit heftiger Bewegung von ihm ab; in ihrer ganzen Haltung lag eine herbe Abweisung. Eine dunkle Blutwelle schoß in das Gesicht des Mexikaners; tief gekränkt, trat er zurück, während ein wilder Blitz in seinen Augen aufflammte.
Die Gräfin hatte die Scene beobachtet und eine Wolke des Unmuts flog über ihre Stirn; mit einer begütigenden Handbewegung winkte sie ihren Neffen zu sich heran und schaute «ihn bittend an. Manuel warf sich mit nervöser Aufregung wieder auf seinen Sessel; finster grollend blickte er vor sich hin. Zum ersten Mol zeigte Edith ihre Abneigung gegen ihn in so beleidigend offener Weise, und zun, ersten Mal verlor er die Beherrschung über seine inneren Gefühle. Bisher hatte er Eddy's kindliche Unarten, wie die Gräfin tadelnd ihr unfreundliches Benehmen gegen Manuel nannte, stets mit lächelndem Gleichmut hingenommcn.
M«e peinliche Pause entstand, während welcher Edith, unbekümmert um den Sturm, den sie in der Brust ihres Vetters entfesselt, scheinbar ganz gleichgültig mit einer halb offenen, duftigen Nosenknospe spielte, die sie einer unfern stehenden Vase entnommen hatte. Noch ehe die Gräfin jedoch Zeih gefunden, einige begütigende Worte zu Manuel zu sprechen, wurde der Besuch des (Hsasen Hohenthal gemeldet