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«4. Jahrgang

Amts- uml Inteffigenzökatt für äen Oezirö.

«rsSeint Z»ie«stag, As»««r»tag L Samstag.

Die MnrLckungSgebühr erträgt 9 ^ p. Zeile im Bezirk, sonst 12 H.

Dienstag, äea 30. Juki 1889.

Abonnementspreis halbjährlich 1 80 H, durch

die Post bezogen im Bezirk 2 -K 30 H, sonst in ganz Württemberg 2 70 H.

Zum Abonuemeut

für die Monate August-September ladet freundlichst ein

Die Redaktion.

ArnMrHs WekanrrLrrlcrchirngen.

An die Bezirksarrgehorigen.

Dis schweren Hog-l- und Ueberschwemmungsschäven, von welchen ver­schiedene Gegenden unteres Landes bitrofftn wurden, veranlassen uns, für die Arme« «ud Hilfsbedürftigen unter den Beschädigten um baldige Zuwendung von Getdgaben zu bitten, welche nach dem Grao der Bedürftig­keit zur Vcrtheilung gebracht werden sollen.

Calw, 20. Juli 1889. Oberamtmann Dekan

Suvper. Braun.

Tcrges-Weuigkeiten.

Calw. Bei dem am gestrigen Sonntag stattgehabten Preisturnen der Wilhelm Reicher t'schen Stiftung erhielt den eisten Preis Carl Müller, Tuckscheerer in Calw. Der Handels-und Gewerbeoerein Calw bietet in einem Cucular seinen Mitgliedern freie Fahrt nach Stuttgart zum Besuch der Lanves-Schul-Ausstellung an. Ohne Zweifel wird die Be­teiligung eine zahlreiche werden.

Bei der am Freitag in Liebenzell stattgehabten Stadt- schultheihenwaht erhielten von den in die engere Wohl tretenden Kandidaten Revisionsassistent Schneider in Welzheim 66, Revisionsafsistent Wolz in Göppingen 33 und Gemcinderat Gengenbach 28 Stimmen.

Anläßlich der am Sonntag den 28 Juli d. I in Wildbad stattfindenden Enzpromenadebeleuchtung wiro ein außerordent­licher Personenzug von. Wildbad nach Pforzheim ausgeführt: Wildbad ab 11.00 nachts Pforzheim an 11.54

Der außerordentliche Personenzug führt Wagen sämtlicher Klaffen; zu seiner Benützung berechtigen die allgemein gütigen Fahrkarten.

Zum Besuch der L a n d e s-S ch u l-A u s st e ll u n g in Stutt­gart werden auf den württ. Bahnen folgende Fahrpreisermäßigungen ein-

treten: Die Gültigkeit aller Rückfahrkarten wird um zwei Tage ver­längert, wenn die Fahrkarte in der Ausstellung ad ge­stempelt wird; auch sämtliche Rundreisekartcn erhalten durch diese Ab­stempelung 2 Tage längere Gültigkeitsdauer. Größeren Gesell­schaften, Vereinen etc., welche die Reise nach Stuttgart von einer bestimmten, wenigstens 30 Kilometer entfernten Station aus mit einem zuvor zu bezeichnenden gewöhnlichen Personenzuge gemeinschaftlich ausführen, wird für diezweite und dritte Waqenklasse bei einer Teilnehmerzahl von mindstens 30 Personen (oder Lösung ebensovieler Fahrkarten) freie Rückfahrt auf Grund der ge­lösten einfachen Karten innerhalb der für Rückfahrten vorgesehenen verlängerten Dauer gewährt.

Bedingung ist dabei die Anmeldung der Gesellschaft durch den Führer (Vorstand, Unternehmer) bei der Ausgangsstation spätestens 24 Stunden vor Abgang des zu benützenden Zuges unter gleichzeitiger Erlegung des Fahrpreises für die entsprechende Anzahl von Fahrkarten, sowie Abstempelung der letzteren in der Aus­stellung.

Die Rückreise kann auch einzeln erfolgen; soweit hiebei Schnellzüge be­nützt werden wollen, sind die allgemein vorgeschriebcnen Zuschlag- oder Er­gänzungsfahl karten zuzukaufen. Zu ihrer Kennzeichnung wird den Fahrkarten für derartige Gesellschaitsfahrkarten auf der Vorderseite der Nüäiahrlsstempkt, auf der Rückseite ein Abdruck des Olts- und Tagesstempels der Ausgabe« station aufgedrückt.

Fahrtunterbrechungen auf Zwischenstationen sind ausgeschlossen.

Auf Schülerfahrten zum Besuche der Ausstellung erstreckt sich bei Einhaltung der hicfür bestehenden allgemeinen Vorschriften die Ermäßigung ebenfalls, so daß hiebei je 2 Schüler oder Lehrer auf eine einfache in der Ausstellung abzustempelnde Fahrkarte nach und von Stuttgart Beförderung finden.

Stuttgart, 25. Juli. Vor der Ferienstraskammer stand der 8t Jahre alte Weingärtner Gottlied Friedrich Hermann von Obertürtheim wegen Beschädigung einer Urkunde. Der Angeklagte hatte am 4. Juni d. I. vom Schultheißen eins Strafe zuerkannt bekommen, weil er dem Hirschwut in Nnteitürkheim über einen Weg, welcher über seine Wiese führt mit einem Fuhrwerk, trotz schon mehrfacher Drähnung und Bestrafung fuhr. Der Poli- zeidiener des O ts hatte ihm eine Abschrift der Klage, welche er bescheinigen sollte, und eine zweite, weiche er für sich zu behalten hatte, zugestcllt. Ec kam aber in Zorn und zerriß eine der beiden Urkunden und zwar diejenige,

Feuilleton. «- 4 ^--«b-r-n.

Dev WcljovcrLsevbe.

Roman von L. Dohrmann.

(Fortsetzung.)

Sie zuckte jäh zusammen und trat erschreckt einen Schritt zurück.

Treuhold, was willst Du damit sagen?" zitterte cs von ihren Lippen.

Er fuhr mit der Hand über seine Augen und antwortete unsäglich bitter:

Irma, die Augen der Liebe blicken scharf; sie haben auch in Deinem Herzen ein ängstlich behütetes Geheimnis gelesen."

Jetzt schwankte Irma und nur das rasche Hinzuspringen Treuhold's bewahrte sie vor dem Niederstürzen. Doch nun war ihre Kraft gebrochen; weinend barg sie ihr Antlitz an seiner Brust. Treuhold ließ sie still gewähren; er stand unbeweglich, während sein Arm ihre zarte Gestalt umschlungen hielt. Aber ihre nahe Berührung machte ihn heftig erzittern; das Blut stieg ihm siedend heiß zu Kopfe; er glaubte, es laut in seinen Schläfen hämmem zu hören. Er spürte den feinen Duft ihres Haares; nur ein ganz klein wenig brauchte er den Kopf zu neigen, um mit seinen Lippen ihre Stirn zu berühren. Vertrauensvoll hatte sie sich an seine Brust geflüchtet und weinte um einen Andern. Die bitterste Qual durchzuckte sein Antlitz, wühlte in seinem Herzen, während er unbeweglich dastand und sich nicht zu rühren wagte. Nach wenigen Minuten trat Irma wieder von ihm zurück und trocknete ihre Thränen. Ein Zug fester Entschlossenheit legte sich um ihren Mund und voll blickte sie Treuhold an, während sie sagte:

Das sollen die letzten Thränen sein, die ich einer thörichten Liebe nachgeweint. Treuhold, wenn wenn Dir noch an mir Etwas gelegen ist, wenn ich noch zu Deinem Glücke beitragen kann, dann nimm mich hin!"

Irma!" stammelte er völlig verwirrt.

Sie lächelte matt.

Verstehe mich recht, Treuhcld," sagte sie.Ich will Dich nicht täuschen.

I Liebe kann ich Dir nicht bieten, wenn Dir aber meine Hand noch begehrenswert I scheint, dann hier hast Du sie und ich verspreche Dir, eine pflichtgelrcue Gattin zu werden. Vielleicht später, wenn mein Herz erst das Vergessen dcö Jugendtraumcs gelernt, kann ich Dir auch Deine treue Liebe vergelten."

Zu jeder andern Zeit würde Treuhold die Geliebte leidenschaftlich in seine Arme gezogen haben; jetzt ergriff er nur ihre kleine Hand, die sie ihm entgegenstreckte und preßte einen heißen Kuß darauf, während ein Heller Freudcnschein siin Gesicht verklärte.

Irma, mein Lieb, meine Braut! Welch einen Himmel eröffnest Du mir!" brach er jubelnd aus.Dich glücklich zu machen, soll der Zweck meines Lebens sein. Du sollst es nie bereuen. Dich mir anvertraut zu haben. Nur für Dich allein will ich ferner noch leben. O. Irma, ich liebe Dich ja unaussprechlich!"

Die ganze, heiße Liebcsglut, die er bisher in sein tiefstes Inneres zurückgc- drängt hatte, leuchtete ihr aus seinen Augen entgegen. Zum ersten Mal schloß er sie in seine Arme und preßte seine Lippen auf die ihren. Die Seligkeit dieser Minute iieß ihn alles Leid, allen Kummer vergessen.

Am andern Morgen reiste Treuhold wieder nach Berlin ab. Von einem eventuellen Austritt aus seiner Karriöre war auch in den folgenden Wochen zwischen ihm und seinem Vater keine Rede. Sie hofften Beide noch immer auf eine Rückkehr Bruno's. Nur die Gräfin schüttelte bei solchen Hoffnung?äußerungen trübe das Haupt. Sie wußte, daß Bruno in Wirklichkeit nimmer wiederkehren würde.

Die Nachricht von seiner Entfernung hatte sie mit bewundernswerter Fassung ausgenommen; sie trug ihr Leid mit stiller Resignation. Als sie seine Schenkung? urkunde an Trcuhold gelesen hatte, waren heiße Thränen auf das Schriftstück nieder­gefallen ; sie hatte die Hände leise gefaltet und ein inbrünstiges Gebet, ein heißer Segenswunsch für den fernen Sohn war aus ihrem Herzen zu Gott emporgestiegen. Kein Laut der Klage wurde je aus ihrem Munde hörbar, aber in ihrem schönen, blonden Haar tauchten im Laufe des Winters Silberstreifen auf.

Im Frühjahr wurde Treuhold's und Jrma's Vermählung vollzogen. Treu­hold war jetzt Lurch die ihm immer wärmer zu Teil werdende Gunst deS Ministers