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Kolonie Witu umzingelt und somit fast völlig wertlos gemacht, im Uebrigen aber würde Deutschland aus dem südlichen Somali-Lande, sowie aus den Galla-Ländern gänzlich ausgeschlossen; der reichste und gesundeste Teil von Ostafiika wäre in fremden Händen, und uns Deutschen wäre von unfern ostafrikanischen Erwerbungen nur das südlichste, ungesundeste Drittel übrig geblieben. Die deutschfeindliche Gruppe des Herrn Mackmnon aber würde einen großen Triumph feiern und neuen Mut schöpfen zur weitern Durchführung ihres kühnen Zweckes, der Vernichtung des deutschen Ansehens und der deutschen Besitzungen in ganz Ostafrika.
München, 24. Juli. Die hiesige Lokalbahnbau-Aktiengesellschaft er- öffnete heute den Betrieb der neuen Eisenbahnlinie Murnau-Partenkirchen, wodurch der Fremdenbesuch Oberammergaus und des Königsschlosses Linderhos wesentlich erleichtert wird. Der Festzug verließ Murnau um 8 Uhr 5 Mm., überall von großem Jubel begrüßt, um 11 Uhr in Garmisch ein. Am Festessen nahmen Teil: der Generaldirektor der Staatsbahnen und die Mitglieder der Behörden.
Petersburg, 26. Juli. (Dep. d. Calwer Wochenbl.) Befinden des Großfürsten Konstantin Nikolajewitsch (Vater I. Kais. Hoh. der Herzogin Wera) ist hoffnungslos.
Gages-Weuigkeiten.
(Amtliches.) Seine Königliche Majestät haben gnädigst geruht: den Postpraklikanten I. Klasse Krauß in Calw zum Postassistenten in Marbach, den Postpraklikanten >. Klasse Herdegen in Calw zum Post- I) qssistenten daselbst zu ernennen. .
^ — tc. Möttlingen. Am Jakobifeiertag feierte in aller Stille der
v hiesige Liederkranz sein sünfundzwanzigjähriges Jubiläum. Mittags 2 Uhr ^ zog der Verein auf das liebliche Georgenau hinaus, um in dem prächtigen Garten des Herrn Generalkonsuls v. Georgii-Georgenau einige Lieder zu singen. Frau Generalkonsul v. Georgii-Georgenau stiftete nämlich vor 2S Jahren dem hiesigen Liederkranz eine prächtige Fahne, welche sie letzten Winter wieder so schön und tadellos Herrichten und sticken ließ, daß wir wieder eine der schönsten Fahnen in weiter Umgebung haben. Auch Herr Generalkonsul von Georgii-Georgenau, welcher dem Verein alle Jahre einen schönen Beitrag in seine Kaffe giebt, erfreute uns am heutigen Feste mit der großen Gabe von 30 Den Gefühlen des Dankes für die Gaben der von uns hochgeehrten Familie von Georgii-Georgenau gab der Direktor des Vereins bei der nun darauf folgenden geselligen Vereinigung in bewegten Worten Ausdruck und die Versammlung gab den Worten der schuldigen Danksagung gebührenden Beifall. Wir können sagen, daß dieses einfache Fest alle Teilnehmer so gut befriedigt hat, als irgend ein Fest, das früher einmal in Möttlingen gefeiert wurde.
Dätzingen, 22. Juli. Ein überaus freches Gaunerstückchen churde dieser Tage an dem 10 Jahre alten Söhnchen des Müllers Heinkele hier verübt. Der Knabe hatte im Auftrag einer Nätherin ein Klerd nach Döffingen verbracht und von der Emvfängerin ein Geschenk von 10 H erhalten. Auf dem Rückweg begegneten ihm unweit Dätzingen zwei anständig gekleidete Handwerksburschen. Der größere derselben hielt ihn am Arme fest und frug ihn, ob er Geld bei sich habe, was der Knabe begreiflicherweise verneinte: währenddem durchsuchte der kleinere Handwerksbursche die Taschen des Kindes, nahm aus dessen linker Juppentasche das 10 Pfennigstück heraus und fesselte ihm mit einer von dem andern Handwerksburschen verabreichten starken Schnur die Hände aus den Rücken. Hierauf wurde der Knabe von beiden an eine Pappel geschleppt und dort festgebunden; nachdem das geschehen, machten sich die Verbrecher eiligst aus dem Staube. Da« Kind mußte ungefähr eine halbe Stunde lang in seiner bedauerlichen Lage ausharren bis ihn eine des Weges kommende Frau lvsband. Den Thätern ist man auf der Spur.
Stuttgart. In der Tioolibrauerei explodierte Mittwoch mittag 3/^12 Uhr eine zur Eisbereitung gehörige Verpackung. Der hierbei entströmte
Salmiak verbreitete einen so furchtbaren Geruch, daß die Arbeiter aus den Fenstern sich retteten. Ein Unglück ist dabei nicht passiert. Man vermutet, daß die Verpackung einen Riß gehabt hat.
Höpfigheim, 23. Juli. In dem Weinberge des Christian Deichle sind schon seit einigen Tagen gefärbte Trauben zu sehen. Ebenso wird von der Kammerz der Witwe Reutter in Winzerhausen berichtet, daß daselbst schon gereifte Trauben sich befinden.
Ulm, 23. Juli. Gestern abeud stürzte sich bei dem Militärheumagazin in Neu-Ulm eine bis jetzt noch unermittelte Frauensperson in die Donau und verschwand in den Wellen. — Ein Kanonier des Württ. Fußartillerie- Bataillons Nr. 13 stürzte aus dem Fenster des )l. Stocks des Forts „Unterer Kuhberg" in schlaftrunkenem Zustande auf das Pflaster des Hofs und war bald darauf eine Leiche. Der Bedauernswerte, einziger Sohn einer Witwe, war von Jugend auf Nachtwandler.
Von der Ulmer Alb. Die Ernte steht nun auch auf der Alb vor der Thüre und mit Freuden geht Heuer der Bauer an dieses Geschäft. Ist doch die Heuernte nach Güte und Menge eine außerordentliche gewesen und auch die Getreideernte verspricht, wenn sie glücklich eingehetmst werden darf, einen außerordentlichen Ertrag, was unfern Bauern nach einigen mageren Jahren herzlich zu gönnen ist. Roggen, der gegenwärtig unter die Sichel kommt, Dinkel, Gerste und Haber versprechen eine solch reichliche Ernte, daß die Scheunen nicht alles aufzunehmen im Stande sein werden. Auch Oehmd und Futterrüben stehen sehr schön. Die schweren Gewitter dieses Sommers haben bei uns den Feldern stets den ersehnten Regen gebracht, ohne Unheil anzurichten. Gerne vergißt man den gänzlichen Ausfall des Obstes, dessen Ertrag in den letzten Jahren sehr beträchtlich war und der zur Erkenntnis führte, daß bei Auswahl richtiger Sorten und einiger Pflege, der Obstbau auf der Alb recht wohl möglich sei. So sieht man auch da und dort neu angelegte Baumgüter, auf denen die Bäume prächtig gedeihen und dem Obstbau auf der Alb eine Zukunft versprechen.
Köln, 23. Juli. Ein entsetzliches Ereignis trug sich gestern auf dem Festplatze der Sport-Ausstellung zur Abendzeit zu. Ein Herr feuerte auf eine Dame nach voraufgegangenem kurzen Wortwechsel einen Revolver ab. Die Dame wurde schwer verletzt ins nächste Hospital gebracht und der Herr festgenommen. Letzterer entpuppte sich als ein Kellner, die Dame als eine Spezialitäten-Künstlerin. Wie verlautet, soll dieselbe ihren Verletzungen schon erlegen sein.
Au« der Schweiz, 21. Juli. In Bad Weißenburg stürzte eine junge deutsche Gräfin, die sich im Walde verirrt hatte, in den Bunlschibach, wurde von dem reißenden Bergwasser abwärts getrieben U»d" rannte sich nicht wieder an dem steilen Ufer emporarbeiten. Sie hielt sich an überhängendem Gebüsch fest und rief um Hilfe, die ihr auch zu teil wurde. Vier Männer unternahmen die Rettung, die gar nicht leicht zu bewerkstelligen war. Der Vater der Gräfin belohnte die Retter in reich-
Standesamt Kat«.
Geborene:
22. Juli. Josef, Sohn des Josef Kunz, Steinhauers.
Gestorbenem
18. „ Luise Katharine Hang, Tochter des Christian Adam Hang, Fabrikarbeiters,
2 Monate alt.
19. Juli. Margarethe Widmann, led. Näherin, 63 Jahre alt.
20. „ Ottilie Widmaier, Tochter des Julius Widmaier, Metzgermeisters,
3 Wochen alt.
23 . , Emilie Weiß, Tochter des Friedrich Weiß, Bäckermeisters, 3 Wochen alt.
Gottesdienste am Sonntag, den 28. Juli 1889.
Vom Turm: Nr. 272. Vormittagspredigt: Herr Helfer Eyt el. 1 Uhr Christenlehre mit den Töchtern. 2 Uhr NachnnttagSpredigt: Herr Dekan Braun.
Gotteeäieaste in ä-r Metkoäistenkupekke am Sonntag, den 28. Juli 1889, morgens 9 Uhr, abends 8 Uhr.
los das Zimmer und suchte Treuhold auf, den sie in schmerzliches Brüten versunken am Fenster stehend fand. Mit angstvoller Frage legte sie ihre schmale Hand auf seinen Arm. Als Treuhold ihr mit klangloser Stimme die heimliche Flucht Bruno's mitleist«, entrang sich ein zitternder Wehlaut ihrer Brust. Thränen netzten ihre Wangen und seine Gegenwart ganz vergessend, rief sie klagend:
„Ich wußte cs, — ich wußte es, daß seine Abschiedsworte für immer gatten!"
Mit schmerzlicher Ueberraschung schaute Treuhold sie an und bebenden Tones fragte er:
„Irma, hat er von Dir Abschied genommen? Auf jenem Ritt, nicht war, als Ihr mir entgegen kämet?"
„Nein, nein, — nachher, — als er aus dem Zimmer der Tante kam und ich ihm im Korridor begegnete, da sagte er mir Lebewohl," stammelte das junge Mädchen, ganz in Schmerz versunken.
Treuhold atmete schwer und hielt sich krampfhaft an einer Stuhllehne fest.
„Verzeihe, Irma, wenn ich Dir taktlos erscheine," stieß er hervor, „aber ich flehe Dich an, sage mir, was ist zwischen Dir und Bruno auf jenem Ritt vorgefallen? Ihr wäret so sonderbar, als ich Euch traf."
Irma schaute ihn mit westgeöffneten Augen vorwurfsvoll an.
.Treuhold, Du hältst mich für die Ursache, die ihn aus der Heimat fortgetrieben hat?" fragte sie unsäglich bitter«
In das Antlitz des jungen Grafen schoß eine glühende Röte.
„Verzeihe, Irma, Du verstehst mich nicht. Nein, nicht Dich, wohl aber mich selber halte ich dafür. Ich weiß, — das heißt, ich glaube, daß weder Du, noch der ominöse Brief des Wucherers Einfluß auf seinen unseligen Entschluß hatte, vielmehr bin ich überzeugt, — so unmöglich es auch scheinen mag, — daß er schon vollkommen mit seinem Entschluß im Klaren war, als wir hier anlangten."
„Nein, Treuhold, da» ist nicht möglich!" antwortete Irma kopfschüttelnd. „Er wußte, daß Du al» Majoratserbe Deine Karriere aufzugeben gezwungen wärest,
und gerade bei jenem Morgenritt noch hat er so viel von Deinen glänzenden Aussichten gesprochen."
„Dann war also ich der Gegenstand Eurer Unterhaltung?"
„Ja," klang die zögernde Antwort.
„Und was hat er Dir von mir gesagt?" Irma preßte die Hände zusammen und blickte scheu vor sich nieder.
„Er — behauptet, daß — daß Du mich liebtest!" rang es sich fast unwillkürlich aus ihrem Munde.
„Ah!" Treuhold strich mü der Hand über seine düster gefastete Stirn. „Und was sagte er weiter?"
„Dann — dann, — ja, dann bat er mich, Dich ein wenig zu — zu ermutigen." Ihr Haupt war auf die Brust gesenkt und eine Glutwelle überflutete ihr Gesicht und Nacken. Laut aufschluchzend nach den kaum vernehmbaren Worten, verdeckte sie das Antlitz mü beiden Händen.
„Weine nicht, Irma," bat Treuhold weich, „ich weiß, daß Bmno es gut mit mir meinte, aber ich würde Dich nie mit meiner Liebe belästigt haben."
Jetzt blickte das junge Mädchen rasch zu ihm empor.
„Bmno hat sich geirrt, nicht wahr?" fragte sie hastig. „Du liebst mich nicht, ich meine, so —"
„So wie ein Mann nur je da« Weib seines Herzens lieben kann?" vollendete er mit einem wehmütigen Lächeln, als sie vermint stockte.
„O, doch, Irma, wa» sollte ich er jetzt noch leugnen, daß ich Dich mehr liebe als mein Leben. Aber nie würdest Du ohne Bmno's Indiskretion die- Geständnis von meinen Lippen gehört haben, denn ich weiß, daß Du meine Liebe nicht «wieder» kannst."
Irma blickte schweigend vor sich nied«; fliegend« Röte und Bläffe wechselten in ihrem zarten Besicht und ein heftiges Beben durchflog ihre schlanke Gestalt.
„Arme, arm« Jtma, Du hast schwerer zu leiden al» ich," murmelte Treuhold mitleidig. (Forts, folgt.)