Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtage.

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88. Jahrgang.

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Mil dem Plauderstübchen. Jlluftr. SonntagSblatt und

Schwäb. Landwirt.

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Ireitag, dm 23 . Hkloöer

1 W 9

OffeuhaU««- der L«>de--ewerbem»fe»mS u»d der Bibliothek.

Währmd des Winters find geöffnet:

die Sammlungen der lunstgrwerblichm und der tech. nifcheu Abteilung des LaukeSgewerdesmseumS an dm Wochentagen von 1012V» und 24 Uhr, an den Sonn­tagen von 113 Uhr, außerdem (vom 1. November bis 31. März) an dm DtenStageu nud Freitagen abends von 8-9'/» Uhr.

die Sammlung der Gipsabgüsse au den Wochentagen von 1012'/» Uhr, an den Sonntagen von 113 Uhr,

die Bibliothek mit Lesesaal, Zeichens««! und Zeitschriften- zimmer cm den Wochentagen von 1012 und 26 Uhr (SamStagS biSSNHr), außerdem DieuStagS »ud Freitag- von 810 Uhr abends, au den Sonntagen von 111 Uhr.

Xu den höchst?» Festtagen (Nmjahrksest, TrscheiauugS- fest, Palmsor-ntag, Karfreitag, Osterfest, HimmelsahrtSseß, Pfingstfest, Weihnachtsfest) sowie am Haupttag des BoW- fests bleibeu dis SamMluugeu geschloffe«. Am GeövrtSftst Seiner Majestät des Königs find dieselbe« unter Beschränkung auf dir souutäglichm Besuchsstunden geöffnet.

Drr Eintritt ist jedermann uuentgeltlich gestattet.

Die PatestanSlegestellr mit den deutschen Pateutschristeu Md sonstigen BeiöffeMichuugr» der ReichSpateutamtS über Patent-, Muster- und Zeicheuwrse», ferner dir Sammlung ausläudischer PateutSeschreiönngm uss., und die Samm- laugen vsu Adreßbücher», Ausstellungskataloge», Preis­listen und ähnlichem Nachschiagmaterial find während der Kauzleistrrndeu (an Wochentagen vos 812 uud 26 Uhr) zur Benützung zugänglich (Bureau links vom Hanpteingmg).

AnSgelirhm werden innerhalb Württembergs Bücher Md Vorbilder der Bibliothek sowie (auf kmze ZrU) Patent- fchristeu, ferner auch Grgmstände ans den SbrizeK Samm- lMgcu, sswrtt nicht bei einzelnen derselbe» ans besondere« Gründen abweichende Bestimmung getrost-« ist. Au Sonn­tagen kösn-L Bücher N-eder ans der Bibliothek eutlehut «och dahiu zuruckgegebe« werden.

Motoren »vd Maschinen werden auf Wunsch ln Be­trieb gesetz'.

Größere Gruppen von Besacherv können, sofern ein Beamter frei ist, auf de« Bureau des Museums eisen Führer erhalten.

Stuttgart, dm 4. Oktober 1909.

Mosthas.

Komische Meöerficht.

Die Eröffn««- de- österreichische« NeichSratö

vollzog sich «ntrr große« tschechischen Stada«. Minister­präsident Btemrth und die Minister wurden von dev Tsche­chisch-Radikalen «tt Lärm und AbzugSrofcu empfange».

Der Ministerpräsident erklärte die Selsten für eröffnet Md forderte den Abg. Funke als Alterspräsidenten auf, den Lorfitz zu übernehme». Unter andauernde« Lärm der Tschechen hielt dieser eine mit Beifall ausgenommene Er- öfflmugsredr, in der er au da» aus de« allgemeinen Wahl­recht hervorgegaugeue Haus den Appell richtete, seine Auf­gaben voll zu erfüllen. Abg. Wolf protestierte sodann gegen einen Beschluß der Obmäunerkouserenz, die Präsi­dentenwahl am Freitag vorzuuehmen, was verfassungs­widrig sei und eine Nachgiebigkeit gegen die slawische Union bedeute. Der Alterspräsident erklärte aber, mit Rücksicht ans vielfach geäußerte Wünsche, die Sitzung aus 48 Stunden zu .«uterbrechru*. Die Präsidentenwahl fin­det also doch erst am Freitag statt.

Der ««-arische Kro»rat, der in Wien stattfaud. hat nur eine halbe Staude gedauert. In ihm forderte drr König die Minister aus, ihre Anschannngm über die Lösung der Krise darzvlege«, wobei er betonte, es sei wünschens­wert, die Koalition aufrecht zu erhalten. Die Miutster legten darauf ihre Anschauungen dar «ud betontes, eine versaffuugSmäßige Lösung sei uar möglich, wenn entweder die Mehrheit oder die Minderheit des uugarischeu Abge­ordnetenhauses mit der Bildung de» Kabinetts betraut «erde. Wrus auch die Ansrechterhaltung der Koalition auLgeschloffe» erscheise, so würden sie doch in dieser Richt­ung ihre Bemühungen fortsetzeu uud de« König hierüber berichten. Der König erklärte hierans wiederholt, er wünsche eine verfassungsmäßige Lösung de» Krise, und ersuchte die Minister, seinen Entschluß abznwarte» »ud dahiu zu wirke«, daß die schwierige Lage sicht durch unvorhergesehene Um­stände noch mehr erschwert werde. Also: Noch kmmer kein Entschluß, sondern abermalige Vertagung.

Die -«sstsche Militärbehörde hat seit dem 1. Okt. eine Neuerung im «rmzüberwachungSdievst etugeführt, durch die »as de« Srevzübergriffm ein Ende zu machen hofft. Die russischen Grenzsoldaten stehen nicht «ehr an der Grenz­linie, sonder» dt« Posterikitce ist einige 100 Meter land­einwärts zurückgezogen worden. Die Ueberläsfer dürfen, von Preußen kommend, ruhig dev Grenzgraberr überschreite»; sie werden, wenn ste eis Stück tu» Land hioeiugegaugeu find, vom Posten angeruse«, worauf daun, wenn ste zu fliehen versuchen, geschossen wird.

I« der spanische» Deputierte»ka««er forderte am Montag der greise Führer der Liberale», Msret, vom Kabinrt Rechenschaft über dm Beginn der unpopulären Kriegs in Marokko. Er verlangt u. a. die Regierung solle dementieren, daß dieser Feldzug aus Drängen Frankreichs unternommen sei, Md sie solle dir im Ausland durch die Entsendung der 40000 Mann mtftasdme BeuuruhigMg zerstreuen. Moret legte daun dar, daß die Erhebungen in Barcelona und anderen Gegenden durch de» unpopulären Krieg veranlaßt seien. Die Regierung habe weder die Er-

etgniffe vorhrrgesehm, noch zu leiten vermocht. De« Kriegs- Minister warf er vor, die Truppen MS Barcelona uud anderen Orten gerade in den kritischen Zeit« veggeuomme» zu habm, um ste nach Melilla zu senden. Zu Maura ge­wandt ries Moret mit erhobener Stimme: .Sie habm da- Bertraueu de» Lmde» verloren, Sie müssen Maßnahmen treffen, um Ihre Regierung durch eine andere zu ersetzen, die fähig ist, da» Unheil zu bannen, von de« da» Land jetzt hekmgesucht wird-. Ministerpräsident Raora fachte die Politik Spaniens in Marokko zu rechtserttgm. Spanten habe nach de« Abzug des Roghi fit- die Rahe bei Melilla sorgm müssen. Der Saug der Ereignisse hätte gezeigt, daß ein Richteiugreifm einem Selbstmord gleichgekommm »Sre. Spanische Arbeiter seien ermordet worden, md General Marina habe die Schuldigen züchtigen müssen, da der Sultan nicht» getan habe, um seine Autorität zur Geltung zu bringen. Maura wie» die Behauptung zurück, daß die Truppen nach Melilla geschickt worden seien, um die Inte­ressen der PlivatgrnSeubefitzer zu verteidigen. Maura fügte hinzu, mm habe die Abwesenheit der Truppm benützt, um die Geschäfte des Anarchismus zn besorge». Der Minister­präsident legte daun die Vorgänge bet dm Unruhen in Barcelona und in auderm Gegenden dar Md führte die zu ihrer Bekämpfung getroffene« Maßnahme« an. Er werde als Ministerpräsident folange die Macht behalten, als die öffentliche Meinung ihn nnterstützr. Eine Gelegen­heit, ihren Willen kaudzutuu. werde die öffentliche Meiumg bei dm nächsten Wahlen finde». - In Marseille Hab« die Hafenarbeiter dm Beschluß, za« Zeichen des Protests gegen die Hinrichtung FerrerS spanische Schiffe zu boykot­tieren, auSgesührt uud sich geweigert, Schiffe, die spanische» Gesellschaften gehörten, z« lade«. I« Lissabon ist in der Nähe drr srauzöstschm Et. LudwigStirche eine Bombe ex­plodiert. Die Fenster der Kirche uud die der benachbarten Gebäude wurden zertrümmert.

Zwischen ber r»«ä»ische» »rrd de» »ul-arische»

«e-ter«»- wurde« Lrretubarmrgm getroffen, die beider­seitigen Bahuuetze durch eine über die Dona» führende Brücke zu verbinden. Eine gemischte Kommission soll die Lage der Brücke demnächst bestimmen.

I» türkische» Mariuekreise» herrscht infolge der unumrhr begonnen Entlassung überzähliger und namentlich auch unfähiger Offiziere, der« Zahl auf 4000 angegeben wird, große Unzufriedenheit. Bor einigen Tagen hielt Sultan Muhammrd zum erstenmal die Zrrrmsuie der Hand­kusses ab. Hierbei.trug weder der Sultan, «och irgendein Würdenträger des vom Exsnltav gegründeten Jmtiazordm, der als eine der höchsten AuSzeichoaugeu galt. Drr Ordm wird als gestrichen betrachtet. Ferner lehnten die bei drr Zeremonie anvesmdeu Abgeordneten das Küssen der vom Sultan gehaltenen Schärpe ab. Trotzdem hat der Minister- rat beschlossen, daß diese der Tradition gemSß geküßt wer-

DieZahuheilkmrde" der altm Römer.

Lus de« Land, wo mißtrauischer Banernfirm stch ge- meiuhin dagegen sträubt, die Kunst de» Arztes in Anspruch zu nehmen, greift man bei Erkrankungen zuerst zu den alten Hausmitteln, dir schon zu Urväterzeitm fich so wnnderbar bewährt habm sollen. Aber auch in dm Städten fehlt eS noch heute nicht an Zweiflern, die mit Skepsis alle Errungen­schaften moderner Heilkunde betrachten uud die ältesten Arzneien noch immer für die bestes halten. Die Unglück­lichen, die de» öftere» die Leiden eine» kräftigen Zahnwehs stöhnend durchkosten, werden vielleicht, so schreibt da» Journal der DebatS, dm schmerzliches Gang zum Zahnarzt ver­trauensvoller antreteu, wenn ste stch erinnern, wie die alle« Römer dar Zahnweh behandelten. Die Magier warm um Mittel nicht verlegen: .Mau nehme den Schädel eine» Hundes, der au Tollmut starb, verbrenne ihn, nachdem »an das Fletsch entfernt hat, tränke die Asche mit CypruSöl Md gieße diese Flüssigkeit in das Ohr derjenigen Kopfseite, wo der Schmerz am heftigsten ist-. Zum Schröpfen de» Zahnfleische» wird drr Rückgratknocheu der Seeschlavge verordnet; Bedingung ist freilich, daß es eine männliche Schlange sei, und zwar eine solche mit weißer Haut. Auch der btirukuoche« drr Eidechse ist sehr zu empfehlen; alle» kommt jedoch darms au, daß die Eidechse während de- Vollmondes gefangen wird. Ein sicheres Mittel ist such der Hühuerkuochm, »mn er lauge Zeit in eke« Mauerloch getrocknet Md gebleicht hat. Li» anderes Elixier gegm dm Zahnschmerz wird durchs Ohr eiugeträufelt: Cetratöl, indem mau eine Art Schnecken- und Spatzmdreck gesotten hat. Zar Füllung von hohlen Zähum werd« eine ganze Reihe von pflanzenfressende» Würmern empfohlen. Vehr

heilkräftig ist auch das Herz der Ringelnatter, ans da» «an einfach mit dem lraukm Zahn beißt. Der Kluge freilich wird lieber vorher sorgen, daß das Hebel des Zahnweh« ihn überhaupt nicht befallen kann; dafür gibt es ein nn- fehlbares Mittel: .Ran esse monatlich zwei Ratten; dieser Präservativ ist unübertrefflich*. Aber neben diesen magischen Zahsheilmethodeu kannte «au auch andere Mittel, die einer wirklichen Zahuheilkuude wenigstens «« einiger näher kommen. PliuiuS empfiehlt einige dieser Mittel, ohne dabei die magischm Rezepte anznfechten. Er nennt eine gmze Reihe von Wurzeln, die «au ka»m soll oder die gekocht als Brei ans die schmerzenden Zähne gelegt »erden. Einige dieser Wurzeln müssen vorher in Rrerwaffer gebadet wer­den; daraus wird ihnen Wem oder Essig zugesetzt, die ganze Mixtur nimmt man daun möglichst heiß in den Mond oder führt ste in die der schmerzenden Stelle entgegengesetzte Nasmöffuuvg. Bimmlet«, Stiergalle uud Ziegenmilch werden war» empfohlen uud wirken besonder» günstig, wem «au nicht versäumt, fich nachher den Mund mit einer aus süßen Granaten bereiteten Suppe auSzuspülm. MS Zahnpulver empfiehlt PliuiuS die Asche einer verbrannten WolfSschädelS, auch HaseuschidrlS, Ränseköpse nud die Asche von Schwriuesüßeu können nicht dringend genug MS Herz gelegt werde«, »ei akute« Schmerz ist die Schröpsuug de» Zahnfleische» vermittels einer Gräte der Qsetse zu empfehlen. Line große Rolle in der Zahuheilkunft der alten Römer spielt die Schnecke. Ste wurde entweder in Essig gekocht uud daun zum Gurgeln benutzt oder «an setzte fie aus dm schmerzenden Kiefer, aus de« fie daun dm .Schmerz herauSzog*. PliuiuS verrät dabei freilich nicht, wieviel Zeit die Schnecke für die Ausübung dieser löblichen Tätigkeit beansprucht.

Großpapachem» Abreise.*)

So» Roda Roda.

Wenn unser seliger Guoßpapa wegfahreu wollte, be­stellte er stch dm Wagen immer schon am Tag vorher. Abends «nßte dann alles hübsch bereit gelegt werde«, »ud um 9 Uhr ging «an schlafen.

Aber es duldete den alten Herrn nie lange in dm Federn. Gegm 3 Uhr früh pflegte er z« ermachm, setzte stch aufrecht und ließ die Beine zu« Bett hinauShäugeu, damit er nicht am Ende noch einmal einschliese.

Um 5 Uhr jagte er Großmamachm aus. Sie mußte Feuer machen Md zwei Ziegelsteine auwärmm. Daun kam der Kutscher mit einem großen Hasersack in de» tat »an zu unterst die zwei Ziegelsteine uud darauf so viel ge­trocknetes Häcksel, bis -er Sack halb voll war.

Gegm 6 Uhr fuhr der Wagen vor.

Sroßpapacheu hatte stch den Leib mit ZeituvgSpapter belegt, kleidete stch au, ließ fich eine Flauellbiude umwickel« die ging 22 mal n« dm Bauch dann gab er noch seine letzten Anordnungen, betete, zog dir Fitzstiesel, dm Schafpelz über uud ließ fich von drei Männer» in dm Hasersack heben.

Run band «au den Sack um die Hüften fest uud trug unser Sroßpapache« nach de» «agm. NM deckte ihm die Knie noch extra mit einer derben Decke z» uud wen» daun das Spritzlrder sestgeschuallt nud der Kutscher auf dm Bock gestiegen war, konnte eS loSgrheu.

Da sagte Großpapachm:

.Kinder, nehmt «ich noch einmal herunter. Ich Hab eine Kleinigkeit z» besorgen.*

*) »>» «t»rr dr»n>Schst b»i Schuster ». Loeffler, Stüi» rrschei» »ende» Buch: .Schwefel Lver Soworrtz«' von Nova Roda, de» bekannt»» H«»»rist»n.