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teils um in altgewohnter Weise am Pfingstmontag die Oberamtsstadt auf­zusuchen, teil» um den Einzug der hier ein quartierten Truppen anzusehen. Auf dem Marsch von Hagenau nach Ulm begriffen, kam das württ. Fuß­artillerie-Bataillon Nr. 13 von Calmbach kommend gestern morgen um 9 Uhr hier an, wurde hier einquartiert und marschierte heute morgen um 5 Uhr nach Herrenberg. Das Musik-Korps des Bataillons gab mittags ein Konzert bei Thudium z. bad. Hof, das leider wegen eine» mit reichem Nieder- schlag verbundenen Gewitters nicht im Garten sondern im Saale stattfinden mußte. Dasselbe war übrigens zahlreich besucht und wurden die Leistungen der Kapelle mit verdientem Beifall begleitet.

x Calw, 12. Juni. Theater. Da» Gastspiel von Frln. PH. Brand vom K. Hoftheater in Stuttgart, war gerade nicht von einem peku­niären , gewiß aber von einem künstlerischen Erfolg begleitet.Dorf und Stadt" ist eins von den guten alten immer wieder gern gesehenen Stücken, namentlich wenn die Hauptrolle,'s Lorle", von einer solch hervorragenden Künstlerin, wie Frln. Brand, zur Darstellung gebracht wird. Das Publikum war voll des Lobes ob ihres ungekünstelten, natürlichen Spiels und ihrer liebenswürdigen Erscheinung. Auch die Mitglieder der Bühne waren sichtlich bemüht, dem geschätzten Gast würdig zur Seite zu stehen und es gelang ihnen auch ganz vorzüglich; besonders war es Hr. Mannhart, als Maler Reinhard, an welchem Frln. Brand einen trefflichen Partner hatte, so daß auch ihm volle» Lob gebührt; die Bärbel von Frln. Frick war im Spiel gut; der schwäbische Dialekt, was die Hauptsache jedoch in dieser Rolle ist, mangelte der Darstellerin, so daß die Partie nicht so recht zur Geltung kommen konnte. Der Lindenwirt, Hr. Andorfer, bewies sich bei dieser Vorstellung als tüchtiger Schauspieler. Eine urkomische Figur war der Christoph, welcher das Publikum in die heiterste Stimmung versetzte. Wir glauben, sofern es Hrn. Schorer gelingen würde, Frln. Brand nochmals zu einem Gastspiel zu gewinnen, sicher ein volleres Haus zu erwarten wäre als am Sonntag, wo die Ungunst der Witterung den Besuch bedeutend beeinträchtigen mußte. Heute findet das Benefiz für Frau Direktor Schorer statt, und gelangt die beliebte PosseDie beiden Reichenmüller" zur Aufführung. Einer Empfehlung und weiterer Einladung zum Besuch, bedarf es in diesem Falle nicht, wir erinnern uns noch mit Vergnügen der Ausnahme de» Stückes und des Beifalls, der den Darstellern, namentlich dem Schwabenpaar, Hrn. und Frau Scho rer, damals zuteil geworden.

Calw, 10. Juni. Wie man erfährt, hat sich das am letzten Freitag vormittag in hies. Stadt verloren gegangene Geld 590 in Banknoten und R.-Kaffenscheinen am Pfingstmontag wieder angefunden. Die dem Finder ausgesetzte Belohnung von 50 verdiente sich Bahnwärter Maier, dessen kleiner Junge zu Hause geäußert hatte, er habeHälgchen" gefunden. Auf die Aufforderung vom K. Amtsgericht am Samstag abend, woraus zu entnehmen war, daß das Geld immer noch nicht beigebracht sei, forschte der Vater der Sache nach und soll nun auch an derselben Stelle sämmtliche Scheine gefunden haben, wo der Kleine damit gespielt und sich derselben wieder entäußert hatte.

* Stamm heim. Am Pfingstmontag fand hier die 62. Jahres­feier der durch Pfarrer Handel gegründeten Rettungsanstalt statt. Der Zustrom von Menschen war kein so gewaltiger denn sonst, wahrscheinlich in Folge der Festlichkeiten, welche in den Nachbarorten Deckenpfronn und Neu- bulach abgehalten wurden. Gleich bei Beginn der Feier brach ein Gewitter aus und es ergoß sich strömender Regen auf die Fluren. Den HH. Rednern folgten die Zuhörer mit immer mehr sich steigernder Aufmerksamkeit. Der verlesene Jahresbericht ließ einen Blick thun in die inneren wie äußeren Verhältnisse der Anstalt und zeigte, daß die Leitung derselben in treu be­währten Händen sich befindet.

* Stammheim, 11. Juni. In der ersten Morgenfrühe passierten heute einige hundert Mann Fußartillerie, von Calw herkommend unter Trommel­wirbel und Musik unfern Ort. Sie nahmen ihren Weg Herrenberg zu. Die Heuernte hat bereits begonnen und ist der Ertrag ein höchst günstiger. Unsere Obstaussichten sind gering. Die Holzpreise sind bedeutend in die Höhe gegangen, was den örtlichen Gemeindekaffen wohl zu gönnen ist.

In Neubulach wurde am Montag das.neu erstellte Wasser­werk eröffnet. Den Bericht hierüber müssen wir Raummangels halber für die nächste Nummer zurückstellen.

Stuttgart. Seit Freitag sind die ersten blühenden Trauben (Portugieser) im Freiland zu bemerken, ein Ereignis, wie es so früh in einem Jahrhundert nicht oft eintritt. Bis zur ordentlichen Zeit der Blüte (Johannis) sind wir um volle 3 Wochen voraus.

Kirchheim u. T., 7. Juni. (Wollmar kt.) Die Zufuhren haben infolge des der Schafwasch und Schur überaus günstigen Wetters schon Ende Mai begonnen und sich mit jedem Tage verstärkt, so daß heute da» auf Lager befindliche Quantum Schafwolle 45000 Ztr. beträgt. Die Zu­fuhr dauert ununterbrochen fort und die Lagerräume beginnen sich allmählich zu füllen. Die Wolle zeigt durchgängig schöne Wäsche und läßt an Trocken­heit nichts zu wünschen übrig. Viele Partien, die um die ausgesetzten Preise in Konkurrenz treten werden, find blendend weiß und vorzüglich behandelt; ebenso ist auf die vorgeschriebene Schnürung in den meisten Fällen Bedacht genommen. Handelswolle ist in verschiedenen Partien angemeldet, trifft aber in der Regel erst wenige Tage vor Beginn des Marktes ein.

Pfullingen, 10. Juni. Der Menschenstrom, welcher heute von den frühen Morgenstunden an zu Fuß und zu Wagen durch Pfullingen sich über die Wann zur Nebelhöhle und auf den Lichtenstein bewegte, war so stark als je in früheren Jahren. Die Witterung war aber auch so günstig, als man sich nur wünschen mochte. Ein Gewitterregen um Mitter­nacht hatte den Staub auf den Straßen gelegt und die Luft soweit abge­kühlt, daß die Hitze bi» 9 Uhr unter 20 Grad blieb. Auch ein um Mit­tag von ferne drohende« Gewitter konnte die Festfreude nicht stören, und eine zahllose Menge kam am Abend über Honau mit seiner elektrisch­beleuchtenden Olgahöhle da« schöne Echazthal herab. Die künftige Eisen­bahn wird dem Volksfest, da» alljährlich an Pfingsten bei nn» da oben ge­

feiert wird, voraussichtlich kein Ende bereiten, sondern vielleicht der Zahl der Festgäste einen Zuwachs bringen.

Frankfurt a. M., 8. Juni. Ernteaussichten. Die Mein« berge im Sachsenhäuser Berg stehen in voller Blüte und verläuft dieselbe in Folge der warmen trockenen Witterung sehr rasch. Die Heuernte ist in hiesiger Gegend früher als sonst in vollem Gange. Der Stand der Wiesen und Kleeacker ist ein so günstiger, wie kaum je. Das Korn fängt mit vollen Ehren schon vor Peter und Paul eine große Seltenheit zu gelben an.

WevrrrifchLes.

Allgemeine Rentenanstalt zu Stuttgart. Der Ge­schäftsumfang dieser Anstalt hat im Jahre 1888 einen erheblichen Zuwachs erfahren. In der Lebensversicherung haben die neuen KriegSversicherungS- Bedingungen (-^L 3. vom Tausend für Berufsoffiziere und 1. vom Tausend für sonstige Wehrpflichtige) allgemeinen Anklang gefunden. In der Rentenversicherung überstieg in Folge des fortdauernden Rückgang» des Zins­fußes aus Anlagewerten der Zugang denjenigen aller früheren Jahre weit. Das Gesamtvermögen der Anstalt, von welchem ein Betrag von 86,27 Prozent in ausgiebigst gesicherten Hypotheken angelegt ist, beziffert sich auf 62,799,882. Der Verwaltungsaufwand betrug ^ 413,563, also nur 0,65°/g des Gesamtvermögens. Als Reingewinn de» Jahres 1888 ergaben sich 338,619. Für die Lebensversicherung, welche bei einem gesteigerten Zugang von neuen Anträgen eine sehr günstige Mortalität (eine Unsterblich­keit von über 100,000.) aufzuweisen hat, konnte eine Dividende von 28<>/<, der Prämien verwilligt werden, während für die Rentenversicherung eine Dividende von ?o/g der Rente zur Verteilung kommt. Die durch die vor­jährige Generalversammlung beschlossene Aenderung der Versicherungstarife auf Grund eine« nur 3>/s statt 4 prozentigen Zinsfußes wird voraussichtlich vom 1. Januar 1890 an zur Ausführung kommen, die im Laufe diese« Jahres noch Beitretenden sichern sich also jedenfalls noch die billigeren Prämien bezw. höheren Renten-Sätze.

Wie man reich wird. Der Besitzer de» bekannten Bitterwasser« Hunyady Jano», Andreas Saxlehner, ist plötzlich gestorben. Mit nur geringen Schulkenntnissen, aber mit desto größerem praktischem Sinn ausgerüstet, ging Saxlehner nach absolvierten, kaufmännischen Lehrjahren nach Wien und kehrte zu Beginn dernationalen Bewegung" in den 40er Jahren nach Pest zu­rück, wo er einnationales" Tuchgeschäft er öffnete, in welchem er ausschließ­lich einheimische Fabrikate verkaufte. Ludwig Kofluth gab sich dazu her, einige Tage alsKommis" in dem Geschäfte des durchaus magyarisch-nationalen Herrn Saxlehner zu fungieren, was selbstverständlich großen Zulauf verur­sachte, welcher auch anhielt. Zu der Kundschaft Saxlehner» gehörte ein Bauersmann aus Budaörs (bei Ofen), der eines Tage« es war im Jahre 1863 als er einen Einkauf zu besorgen kam, bittere Klage darüber führte, daß er auf seinem Besitztum vor Wassermangel nicht bestehen könne; er habe schon an mehr als zehn Stellen nach Wasser gegraben, auch überall welches gefunden, aber es sei ungenießbar für Mensch und Tier; Geruch und Geschmack seien geradezu niederträchtig l Saxlehner ließ sich eine Flasche dieses bitteren Wassers bringen. Der hauptstädtische Chemiker Molnar, da­mals Provisor der Apotheke im Rochusspital, analisierte dasselbe und da» Ergebnis seiner Analise veranlaßte Saxlehner, dem Landmanne seinen Grund und Boden, auf welchem die Quellen sprudelten, sofort um tausend Gulden, das Viersache des damaligen Schätzungswertes abzukaufen. Saxlehner be­gann die Quelle nutzbar zu machen, und gewann ihr ein Absatzgebiet, welche» Ansangs sehr beschränkt, sich allmählich immer ausdehnte. Die Quelle be­titelte Saxlehner nach seinem Lieblingshelden in der Geschichte Ungarns, dem großen TürkenbezwingerHunyady Janos" (Johann Hunyady). Heute kennt die ganze Welt die charakteristische Vignette, welche den rotkostümierten Ungarhelden auf den Hunyady Janos-Waffer-Flaschen zeigt. Gegenwärtig beträgt der jährliche Export etwa 4 Millionen Flaschen.

LanäwirMckmMckier RezirAsverein.

Nachdem durch Höchste Entschließung vom 23. v. M. Seine Majestät der König die Abhaltung des landwirthschaftlichen Hauptfestes in Cannstatt am 28. September d. I. angeordnet haben, ist das Programm für diese» Fest zunächst in den Hauptzügen durch Verfügung de» K. Ministeriums de» Innern vom 25. v. M. veröffentlicht worden. Diese Veröffentlichung steht an der Spitze der Nummer 22 des Wochenblatts für Landwirthschaft.

Angesichts der besonderen Bedeutung, welche da» diesjährige landwirth- schaftliche Hauptfest insolge des Regierungsjubiläum» Seiner Majestät de« Königs erhält, ist es besonders wünschenswerth, daß eine zahlreiche Betheilig­ung an der Pretsconcurrenz mit ausgezeichneten Thieren, insbesondere Pferden und Rindvieh, und eine qualitativ und quantitativ hervorragende Beschickung der Ausstellung von landwirtschaftlichen Maschinen und Geräthen stattfindet, damit die vorzuführenden Tiere und die ausgestellten Gegenstände eine würdige Repräsentation der württembergischen Thierzucht und der betreffenden in- ländischen Fabrikationszweige abgeben und auch in dieser Beziehung der be- sondere Charakter de» diesjährigen landwirthschaftlichen Hauptfeste« zu Tag tritt.

Das ausführliche Programm wird erst später veröffentlicht werden können. Wir wollen e« aber nicht anstehen lassen, jetzt schon die Interessenten, insbesondere die Pferde- und Rindviehbefitzer, sowie die Fabrikanten land- wirthschaftlicher Maschinen und Geräthe, aus die in Aussicht genommenen Ausstellungen hinzuweisen und sie zu veranlassen, ihre Vorbereitungen zur Beschickung derselben zeitig zu treffen.

Die Anmeldetermine werden später bekannt gegeben werden.

Den 8. Juni 1889. Vorstand de« landw. Bezirksverein»:

Sirxxrr.