Erscheint täglich, mit Ausnahme der Gönn- und Festtage.
Preis vierteljährlich hier 1.1V mit Träger« lsh» 1.20 tm BezirkS- und 10 icw-Berkehr 1.2S ^ im übrigen Württemberg 1.SS MonatSadounemeutS nach Verhältnis.
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Jernfpvecher Wv. 29.
83. Jahrgang.
Jernfprecher Ar. 29.
Anzetgen-Sebühr f. d. Ispalt. Zeile auS gewöhn!. Schrift oder deren Raum bei Imal.
Einrückung 10 bei mehrmaliger entsprechend Rabatt.
Mit dem PlauderMbchen, Jllustr. UonntagSblatt und
Schwäb. Landwirt.
U 51
Mittwoch dm 3. März
1S0S
Amtliches.
Bekanrrtmachuttg.
Die A«tsv»rsa»m'«»g findet voramsfichtlich Aufaugs «prtt d. I». statt. Etwaige A«träge für dieselbe wollen rech zeitig bei« Oberamt vorgelegt Werden.
Nagold, de« 1. März 1909.
K. OberamL. Ritter.
Verbindung des Grafen Witte Mit politischen Mordtaten für erwiesen und verlangte tin Borgehen gegen den Grafen Witte, den Casanova des zwanzigsten Jahrhunderts. Die Debatte schloß mit der Annahme einer von den Verteidigern der Regierung eingebrachteu Tagesordnung, in der eS heißt, daß dis Dama die Erklärungen der Regierung für genügend und erschöpfend anerkenne und zugleich die Ueberzeugvng aasspreche, die Regierung werde alle gesetzlichen Mittel zur Bekämpfung der Terrors anweuden.
Me Sonderkonferenz
findet statt am Mittwoch, de» 17. März z« Eb-
hanseu. Lokal: Rathaarsaal. Beginn 10 Uhr. Nagold, dev 2. März 1939
Köbele.
UoMijche MsSerficht.
Der Kaiser nahm am Montag au der Jahrhundert« frier des preußischen Krteosministeriums teil und hielt eine längere Ansprache. Ausgehend von den Tagen von Auerßädt und I na, da das preußische Herr zertrümmert, Preußen ans unzähligen Wunden blutend am Boden lag md seiner Macht, seines Ansehens im Rat der Völker beraubt war, ^innerte er an die Z-it, da um die Wende des Jahres 1808 nene Krtegsweiter, die auch für Preußens Sch ck al entscheidend werden konnten, sich erhoben, ehe noch -er Wiederaufbau d-S HeereS zu Ende geführt war. In dieser Zeit habe Friedrich Wilhelm HI. das Kriegsdeparte- «evt mit der Bestimmung ins Leben geruf u, daß za dem Geschäftskreis dieser Behörde alles gehören solle, „was auf das Militär, dessen Verfassung, Errichtung, Erhaltung md den von solchem z« machenden Gebrauch Bezug hätte." Der Entschluß sei von mermeß.icher Tragweite gewesen, denn bisher httte das Heer der einheitlichen Leitung und Verwaltung entbehrt. Me neue Schöpfung habe sich glävzend bewährt. In reich gesegneter Tätigkeit habe das KrtegsmiutsterinN dem Heer die Rüstung bereitet und gestählt, durch die dieses befähigt wurde, allezeit seine hohe Bestimmung zu erfii eu: des Vaterlandes starker md — so Gott will — unüberwindlicher Schirm md Hort zn sein md zu bleiben. Der Kaiser gedachte hierauf insbesondere der Kliegsmiuist'r Scharnhorst md Roon. der „Waffenschmiede, jener der Befreiung Preußens, dieser der Einigung Deutschlands. Den Gefühlen nie verlöschenden Dankes für ihr unvergleichliches Wirken in dieser feierlichen Stunde von neuem Ausdruck zu gebm, ist »kr ein H rzensöedürsnis. Möchten alle ans diesen leuchtenden Vsrduderu Kraft und Erhebung schöpfen für das eigene Schaffen! Möchte es uns nie au Männern fehlen, die diesen beiden in aufopfernder Treue md gMcnder Vaterlandsliebe nacheiferv! Möchte die verhängnisvolle Zeit, in der daS Kriegsmtuisterium gegründet wurde, immerdar eine Mahnung bleiben, nie st ll zu stehen, nie zu rasten in der Arbeit für das Vaterland, kein Opfer für dessen Rahm mrd Wohlfahrt zu groß oder pr schwer za erachten! Dann wird der Segen des Allmächtigen für alle Zakasst ans dem Wirken des Krtegsmintste- rims ruhen, daun wird Drrnschland alle Stürme, die der Ratschluß der Vorsehung herausführen mass, siegreich bestehen. Das walte GotU" — Aus Anlaß des Jubiläums hat der Kaiser zahlreiche Auszeichnungen verliehen. U. a. erh elteu den Schwarzen Adlers-d u der KriegSmiuister von Einem, den Verdienstorden der Preußischen Krone der General der Infanterie z. D. Berdy du Brrnois, die Kette zum Groß« »renz des Röten Adleiordeus mit Eichenlaub der General der Jafauterie z. D. von Gsßler, den Stern zum Roten «dlrrorden zweiter Klaffe mit Eichenlaub der Generalleutnant von Ballet des Brrres. Ferner erhielten die Geueral- lentumts z. D. vor Haberliug, von der Boeck den C arakter als General d-r Jafanterie Generalleutnant z. D. von Villau ne als General der Artillerie der Generalmajor z. D. Hoffmano-Scholtz als Generalleutnant, der Oberst z. D. Hartman» als Generalmajor. ES wurden ernannt der Geh. Baurat Ahrend zu« Geh. Oberbanrat, der Geh. Kriegsrat Koch zum Wir!!. Geh. Kriegsrat.
Die rmsfisch- D»ma hat die Debatte über die Azew-LffLre noch am Freitag zu Ende gebracht. Die Redrer der Kadttie«, der Partei der Friedlichen Erneuerer der Arbeitsgruppe und der Sozialisten erklärten sich mbe-' stiebt, t von den Ausführungen StslysinS und hielten au der B haaptnag fest, Azew habe eine Provokation mit Wisst» der Regierung geübt. Die Regierung stützte stch ans Verräter und auf Bedrückung, aber nicht auf das Land und auf die Freiheit. Der Rcdser der Rechten und des Zentrums verteidigten die Regierung. Puüschkewitsch trat besonders warm für Stolypin ein, hielt jedoch die
Die «e«e serbische Ne-ier««g hat nun auch in London eine Note des Inhalts überreichen lassen, daß Serbien beschlössen habe, die Ertscheidneg der Großmächte abznwarteu und alles möglich» tau welle, um den Frieden Zu bewahren. Auch im eigenen Lind sucht daS neue Kabinett beruhigend z« wirken. In einer von allen Blättern ver« kfstutltchteu Erklärung heißt es: „Die Regierur g, welche dre schwere Pflicht d:r Wahrung der serbischen Interessen übernommen hat, vertrauend in die Gerechtigkeit Europas, erwartet i« Land rrhizes V »halten." Dieser Appell findet jedoch Licht überall williges Gehör; in zahlreiche» Korrespou- denzen wird sestgeftellt, daß die kriegerische Stimmung im Laad zusehend wachse. Eine Versammlung in Risch befaßte stch mit de? Jntnveutiou der Mächte und beschloß eine Resolution, die vrn der Regierung Staut Hastigkeit fordert und mit den Worten schließt: „Lieber soll auch der letzte Serbe verbluten, als daß Serbien erniedrigt werde". Aach in Waljewo, Kragujewatz, PosSarewatz und Schabatz berief man für die nächsten Tage Meetings ein. Nicht minder schürt die Presst, namentlich in Beantwortung der russischen Borst lluuoeu, weiter kräftig zum Krieg. So zeigt stch, daß die Mahnungen d s amtlichen Rußlands eigentlich schon etwas zu spät kommen Die Regierung, die nun gern auf den guten Rat des Nachbars ho eu möchte, weit ihr ip seine Zuverlässigkeit doch wohl Bedenken gekommen sein mögen, steht einer fanatifierten Menge gegeuüb-r, die stch nicht mehr in die Grenzen der Vernunft zurück ührea lcsstn will. Die Hauptsache bleibt nun freilich, daß stch die Regierung selbst nicht wieder von der Menge mitrechen läßt.
Einlevke« Serbien-.
Paris, 1. März. Wie die Frkf. Ztg. erfährt, hat die serbische Regierung auf dis russischen Ratschläge hin sich bereit erklärt, in Wie« die formelle Erklärung abzu- geben, daß sie auf jede territoriale Entschädigung verzichtet und eine korrekte Politik verspricht. Infolgedessen ist eine gemrinsrme Intervention der Mächte Überflüssig geworden.
Deutscher Reichstag.
Berlin, 1. März.
Am Tische des Bundesrats: Dernbnrg, v. Schuckmarm.
Der Kolouialetat.
Werner (Refp): Die südwikafcikanische Diamanten. Herrlichkeit darf nicht dem internationalen Börseuspiel aus- geliefert werden. Schaffen Sie Verkehrswegs in den Kolonien, dann werden sie bald rentabel sein. Wir find mit de« System des Staatssekretärs einverstanden.
Ablaß (frs Bp.) bespricht den schon in der Budget- kommisstou erörterten Fall des DkriktkoAmiffarS Rave, der von de« Assessor F hlandt in Südwekafrika in ungesetzlicher Weise behaadclr sein will. Nach Rabe? Dsrlegu g soll Assessor Fehlandl überhaupt nicht rechtlich als Richter bestellt gewesen sein. Der Staatssekretär habe nicht das Recht, einfach kommissarisch beschäftigte Asst ffo'en zu Richtern zu ernennen. Das sei gegen das Gesetz. Dre Entscheidungen solcher Beamten seien ungültig. ES sei bedanerlich, daß der Staatssekretär in diesen Linien stch aas jiristische Tüfteleien und Spitzfindigkeit:« ,uröck,tehe. Der Formalismus darf nicht den Geist der Gesetze töten. (Bets. links )
Gans Edler zu Putlitz (ksns.)r Wir freuen uns der Entwickelung unserer Kolonien, die von allen bürgerlich:u Parteien einmütig gewürdigt wird. Hoffentlich werden auch die Kommune lverbände in Ostafrika wieder erstehen. Wir würden eS dankbar begrüßen, wenn der Staatssekretär zwischen Gouvernement und Farmern einen Ausgleich schaffen würde. Die guten Erfolge kann «au niHt lediglich auf Rechnung der Verwaltung setzen; man darf die Mäuner nicht einfach bet Seite schieben, die früher dort gewirkt haben. (Brif.)
Noske (Soz.): Die harrapatriotische koloniale Be« geißerung ans den letzten Wahlen Hst nachgelassen. Mau denkt jetzt kritischer. Wir stimmen in ins Lob für den Staatssekretär über die finanzielle Eu! Wickelung der Kolonien und die Verminderung der Reichszofchüffe ohne weiteres
ein. Daß die Dernbmg'scheu SanternngSversuche etwas gevaltsamer Natur stad, darüber rege ich mich nicht aus. Hoffen!! ch gelingt eS de« Staatssekretär. die Kolonien zuschußsret zu machen. Daß der Staatssekretär den Gouverneur v. Rechevbera deckt, damit find wir einverstanden; eS ist die Poli.ik der Reinlichkeit und Sauberkeit. Ostafrtka muß ein Negerland bleiben. Sehr nachdrücklich wenden wir uns gegen die Aufforderung SrzbergerS, die Bekehrungsarbeit der Missionen staatlichersritS zu unterstützen. Der Redner kommt aus die KctegSfühm g des HauptwaunS Dominik in Kamerun zurück und erhebt Beschwerden über die Rechrsprechuag in den Kolonien.
Staatssekretär Dernbnrg: Die sozialdemokratischen Redner habe« aas den Denkschriften eine Reihe von Bemängelungen herausgezogen, die die Verwaltung selbst gemacht hat. Sie haben aber die ganzen Verhältnisse durch die dunkle Brille gesehen, die ihnen durch ihre Parteistelluug anfgrnötigt wird. Sie haben alle Momente sortgeloffen, d'e den Schluß zulaff u, daß es stch nur um vorübergehende Erscheinungen handelt. D:e Herren sollten stch vor allen vor Uebertrcibsugen hüten. Jede Kolouialpslitik geht durch verschiedene Phasen. Es gibt zunächst eine Phase der Eroberung, in der die Schwarzen, zunächst den Weißen kriegerisch gegenübersteheu. Da gibt es kein anderes Mittel, als ihuen das Übergewicht des W ißen zu zeigen. In einer sochen Zeit wirkten Herr v. Ltebert und auch der Haupt- manu Dominik, der durchaus seine Pflicht erfüllt hat. H.ffealltch legt der Reichstag kein Gewicht auf eine Be- schräokuug in der Ausgabe von Denkschriften, sonst könnte« die Soz'aId:Dokrateu nicht mehr ihre schüren Reden halten. (Heivrk. rechts.) Die Herren gehen ganz einseitig vor und prüfen das Material nur oberflächlich, so daß ihnen »acher Schwubber unterläuft. Sie mache« stch eine Argamentatiou zurecht, die ihnen so in den Kram paßt. Da sagen sie: Die Kalouieeu fiud wertlos! Weiter aber heißt es: Es ist höchstens eine halbe Milliarde Diamanten drin! Wen« Sie eine halbe Milliarde gleich wertlos setzen, daun kann ich Ihnen natürlich keine Kolonie«» bringen, die Sie befriedigen werden. Drittens behaupten Sie, die deutsche Industrie habe nichts von den Kolonien», fügen aber hinzu, daß die Großkapitaliste« draußen reich werden. Da fällt mir eine Anekdote ei«. Ein Manu leugnete, einen von einem Bekannte« entliehenen Tspf zerschlagen zn haben und argumentierte wie folgt: Erstens habe ich den Tsps nicht entliehe», zweitens habe ich ihn zmückgegebeu und drittens war er schon köput, als ich ihn entliehen habe. (Große Heiterkeit.) Das ist die Logik der Sozialdemokraten in Kolonialfacheu. Nicht dis großen Plautagengesellschaste» haben bis jetzt Nutze« von den Kolonien gehabt, sondern alle!« die deutschen Arbeiter. (Lachen der Soz.) Denkschriften über die Entwicklung der Kolonien halte ich für wertvoll. Die Bedenken gegen den Koprazoll fiud hinfällig. Dr. Arviug hat stch bei seinen Zahlen um einige Nullen verrechnet, wie ja Nullen hier schon öfter eine Rolle gespielt haben. (Heiterkeit.) In der Jvderfrage bleiben wir aus d m Standpunkte stehen, daß all« Auswüchse beseitigt werden müssen, ob sie nun von Weißen, Jvdkrrffoder Schwarzen kommen. Den Weißen gleichstelle» können wir die Inder nicht. Eine weitere Ausgestaltung des GonvernementSrateS ist auch mir sympathisch. Ein großer Widerspruch zwischen mir und den Abgg. Dr. Arendt und v. Ltebert besteht nicht. Wenn unsere Kolouialpslttik Fortsch'itte gemacht hat, so ist das nicht den Sozialdemokraten zu verdanken, und ihrer Kritik, sondern den Parteien, die 20 Jahre und länger an der deutschen Kolonialpolitll sestgehalte« haben. Kolonial- pol tik ist keine Parteiische. In den wesentlichen Punkte« find alle bürgerlichen Parteien einig, und das ist die Hauptsache. Die Regierung wird weiterhin ein nationales, kulturelles und kommerzielles Kolonialprogramm fördern. (Beifall.)
Storz (D. BP.): Bedauerlich ist, daß die einzelnen Missionen sich gegenseitig in nicht schöner Welse Konkurrenz machen. Herr Rechenberg ist zweifellos eine tüchtige Persönlichkeit, aber sein Verhalten macht ihn konfessioneller Beziehungen nicht ganz unverdächtig. Auch wir wolle« eine Politik des Wohlwollens und der Gerechtigkeit, die aber auch deu berechtigter Interessen der Weißen eutgegevkommt. Ein starker Stamm von deutschen Ansiedlern wäre für die Kolonien sehr vorteilhaft. Im ganzen haben wir allen Anlaß, mit der gegenwärtigen Kolonialpolitik zufrieden zu sein. Dr« Staatssekretär hoben alle Parteien ihr Bertrauen emS- gesprocheu, ihn kann daS Schicksal des Blockes kalt lassen.
Die allgemeine Aussprache schließt damit. Der Erhalt dss StaaatSsekretärS wird bewilligt. Eine Petition der deutschen Solouialgesellfchast um schleunige« Weiterbau der Usambarabahn bis Aruscha wir- zur Berücksichtigung überwiesen.