die graphische Industrie würde schwersten Schaden erleiden. Dem verhültniSmLtzig niedrigen Steuerertrage würden also unverhältnismäßig hohe Schädigungen gegenSSersteheu. Mit Rücksicht ans diese unwiderleglichen Tatsachen dürste eS die Pflicht des Reichstages sein, diese Steuer abzvlehnen und andere, gerechtere zu finden. Wird er diese Pflicht erfüllen?

Ausland.

Gruft Zahrr, der gefeierte Schweizer Dichter, läßt seinen neuesten Roman „Einsamkeit"' in Velhageu nnd KlasstngS Monatsheften erscheinen.

Wie«, 29. Dez. Ei« neuer Zwischenfall hat sich er­eignet. Der Korporal Johann Franz vom 33. Infanterie. Regiment wurde auf Vorposten am ungarischen Donau-Ufer von drei Mordgeselleu erschossen. Seine Brust war von drei Fliutevkagela durchbohrt. Die Täter entkamen in der nächtlichen Dunkelheit auf das serbische Ufer.

Jn«-br«<k, 28. D.'z. Zwei Touristen a«S Wien und Zürich, deren Namen noch nicht feksteheu, verirrten sich Sei einer Hochtour und mußten die Nacht im Freien zu- bringes. Bet der grimmigen Kälte froren ihnen alle Glieder ab. In bejammernswertem Zustande wurden sie heute aufgefuuden und nach der Innsbrucker Klinik gebracht.

Pari-, 28. Dez. Ja der Steinheil-Affäre find neue Feststellungen bezüglich der Lage, in der sich die Leiche der Ermordeten befand, gemacht worden. Das Ergebnis ist völlig negativ, da vier Zeugen die Leiche in kniender, fünf aber in liegender Stellung grscheu haben wollen. Die Angelegenheit verdunkelt sich tmuur mehr, anstatt sich auszuklären.

Washington, 28. Dezbr. Der deutsche Botschafter, Gras von Berustorff, stattete heute de« Staatssekretär Root einen Besuch ab. Am 30. Dezember wird der Bot­schafter vom Präsidenten empfangen werden.

Die Erdbebenkatastrophe in Sizilien und Calabrien.

N»«r, 28. Dez. Die Angabe des Paters Alfaui vom Observatorium in Florenz, daß die heutige Erdbebeuksta« strophe die von 1805 au Intensität übeitroff-n habe, hat sich leider bestätigt. In Stefauocsni ist kein Haus unbe. schädigt, 76 Personen find verwundet, 2^00 obdachlos. Palmt und Baguara bet Reggio di Crlabrka find zu drei Vierteln zerstört. Von Reggio selbst hört mau nichts. — Der MariueWtiüfler sch ck e Me verfügbaren Schiffe von Neapel nach Messina. Bon diesen find wohl authentische Reldungeu W erwarten. Bis jetzt l-ideu die spärlich eiu- treffmdeu Nachrichten unter dem Schrecken der Absender. Bon Messina, welch-S das Zentrum der Katastrophe war, fehlen direkte Nachrichten.

No«, 28. Dez. In Messina sind auch mehrere Kasernen eivgeßürzt; viele Soldaten wurden erschlage», so Laß daß Militär nicht ausreichend helfen kann. Auch ein General wird tot gemeldet. Man glaubt, daß in Messina die Katastrophe der von 1783 gleichkommt. Dazu kommt, daß eine FruerSbrunst ausgebrocheu ist. Mau befürchtet, daß der Mob die Gelegenheit ergreift, um zu plündern. Der König reist vor Tagesanbruch nach Erlab-im ab, um selbst an Ort und Stelle der Katastrophe zu sein.

No«, 29. Dez. Der Ausbruch der FeuerSbruust in Messina und die Le-suche der P.üadernug werden ofsiz'ell bestätigt, eS wird aber versichert, daß alle Vorkehrungen getroffen find, die Ordnung aufrecht zu erhalten. Von Neapel find zwei Dampfer der Navigazionr Generale mit Trupp m adgegangeu, von Rom 1000 Maun Soldaten. DaS Geschwader kommt 7 Uhr früh in Messina an.

No«, 29. Dez. Heute früh trifft ein Geschwader vor Messina ein, das eine Radio-telegraphische Verbindung Herstellen soll.

Katavzar», 29. Dez. Nach neuen Meldungen aus Reggio dt Calabria hat das gestrige Erdbeben dort

ähnliche Verwüstungen augerichtet, wie in Mesfln«. Die Telegraphen und TelephoubureauS find zerstört.

No«, 29. Dez. Wie die „Tribuns" meldet, find in Messt»« durch das Erdbeben 75««« Perfoue« ge­lötet «»d verw««det worden. In Calabrien allein zählte »an heute über Sv vv« Tote. In Catania wurden über 500 Ma»» getötet. Viele Schiffe find nntergegaugeu, der Verkehr ist völlig unterbrochen, ganze Städte und Dörfer find vom Erdboden verschwunden. Von hundert Beamten uvd Beamtinnen des Telegraphen- und Telephonamtes in Messina find nur 4 gerettet. In Reggio ist kein Stein auf dem andern geblieben. Ein Tele­gramm des Deputierten Defeliee, der von Catania im Automobil nach Messina fuhr, besagt, er habe die Stadt nicht mehr vorgefundeu. Sie sie dem Erdboden gleich.

Berichte vo« A«ge«ze»ge».

No«, S9. Dez. Nach Erzählauges eines Augenzeugen vo« Dampfer „Sasia" züngelten an mehreren Punkten der vernichteten Stadt Messina mächtige Flammen empor, dann folgte dichter Ranch. Der Maschiuenchef der „Saffo" stieg mit 8 seiner Leute an Land, um Hilfe zu bringen. DaS Schreien der unter den Trümmern Begrabenen war herz­zerreißend. Inzwischen plünderten die aus dem Zucht­haus entkommenen Verbrecher dir Stadt, insbesondere die Bank vom stziliauischeu Militärkolleg und andere zerstörte öffentliche Gebäude.

Der Kapitän des Dampfers Washington erzählte: Der Dampfer war auf dem Wege von Palermo nach Messina, als um 6 Uhr 20 in der Nähe de» LeuchtturmS bei Mes­sina eine Erschütterung des Dampfers bemerkt wurde, als ob eine Schraube verloren wäre. Der Kapitän glaubte, der Dampfer sei aufgelaufen. Man sah weder das Licht des LeuchtturmS noch die Küste CalabrieuS. Der Dampfer geriet in dichten Nebel. Zwischen 6 Uhr 25 und 6 Uhr 45 bemerkte «an weitere fünf Stöße, um 8 Uhr 15 näherte mau sich aber dem stark beschädigten und geborstenen Leuch> turm. Der Eingang zum Meer war voll von Barkentrü«- meru, Holz von Schiffen, Bäumen und Hausgeräten. Der Anblick war schrecklich, überall das Bild der Zerstörung, überall Barken mit hilfkfl'hevdcn Menschen. „Sendet vnS Brot und Hilfe," schrieen die Unglücklichen. Um 9 Uhr brachte eine Barke einen Schwerverwundeten au Bord.

Heute früh trafen in Monteloue zwei Männer ein, die sich aus de« Untergang Messinas gerettet hatten. Sie er­zählten: Die Stärke der Erdstöße war so gewaltig, daß die Stadt in einem Augenblick dem Erdboden gleich gemacht mar. Kein Gebäude hat dieser Gewalt Widerstand leisten können. Die Zahl der Tote« beträgt viele Ta«fe«de, die der Verwundeten könne «an gar nicht zählen. Viele sterben unter Leu Trümmern, well niemand ihnen Hilfe bringt. Die wenigen am Leben gebliebenen Meukche» laufen wie Wahnsinnige durch die Straßen. Die Gefängnisse stürzen ein oder flehen in Brand. Die Gefangene» machen mit dem Gesindel gemeinsame Sache und plündern. Das Militär hat Befehl, jeden uiederzu- schießeu, der beim Plündern betroffen wird. (Mpst.)

Berli«, 29. Dez. Der Kaiser ließ heute vormittag durch daS Auswärtige Amt beim deutschen Botschafter in Rom Erkundigungen über das Schicksal des deutschen Konsuls und der Deutschen in Messina eiuzteheu.

Palerneo, 29. Dez. Die hiesigen Aerzte haben ein Hilfskomitee gebildet und werden ein Hofpitalschiff auS- rüfteu, um den Opfern kn Messina Hilfe zu brtagev. Eine Abteilung des Roten Kreuzes ist nach Messina abgeganaeo. — Der Chef des Generalstabes der Division von Messina hat telegraphisch in Catania angefragt, ob Catania in der Lage sei, die Bevölkerung von Messina auszuuehmeu. da dieses vollständig zerstört sei. — Hier eiugegaageuen Nach­richten zufolge haben durch das Erdbeben die Meerenge von Messina und die Küste Veränderungen erlitten. — Reisende, die die Meerenge durchfahren haben, berichten von schrecklichen Szenen. Die Katastrophe spotte jeder

Beschreibung. Reggio, Sau Giovanni, Scilla, Canuitello und andere Ortschaften seien nur noch Trümmerhaufen. Eine große Anzahl von Leichen befinde sich noch umer den Trümmern. — Das Gerücht von dem Tode des früheren Untersiaatssekretärs Fulci entbehrt der Begründung.

Palerneo, 29. Dez. Die Eisenbahnverbindungen zwischen Catania und Messina find wiederhergestellt. Ein Eisenbahuzug mit Flüchtlingen und Verwunden aus Messina ist in Catania eiugrtroffeu. Elftere Berichten, daß dort daS Hotel Trichaiia zerstört und das Personal und 90 Gäsie umgekommeu seien. Auch daS Rathaus, die Börse, das Postgebäudr und die Kasernen find zerstört. Der Schaden den daS Meer angrrichtet hat, soll noch bedeutender sein. Eine ungeheure Woge sei über Messina htuweggegangeu. Bo« hier gehen Truppen mit Aerzteu und HtlfSmaterial ab.

Die Hilfsaktio«.

No«, 29. Dezember. Der König und die Königin find nach Calabrien und Sizilien abgereist. Die Ab­reise hat in j ganz Italien die herzlichsten Sympathien erweckt. Für die Opfer des Erdbebens hat der König 200000 Lire gespendet. Die Festlichkeiten, die am Hofe aus Anlaß des Jahreswechsels in Aussicht genommen waren, find abgesagt worden. — Der Minister des Jauern hat die strengsten Befehle gegeben, um jede Gewalttat und jeden Diebstahl in Messina zu verhindern.

Berli«, 29. Dez. Das demsche Hilfskomitee für die durch das Erdbeben in Sizilien Betroffenen ist in der Bil­dung begriffen. Ihm find n. a. brigrtrrteu: Staatsminister v. Moltke, der badische Gcsaudte Graf BerckZekm, Ober­bürgermeister Ktrschner. Kommerzienrat Steiuthal, Direktor der Deutschen Bank, Geh. SeehandluugSrat Schöller, der Geschäftsführer der Diskonto-Gesellschaft, Generalkonsul Robert von Mendelsohn, Geh. Justizrat Eschert-Köln, ferner der Direktor der Nationalbank für Deutschland, der Vizepräsident des Reichstags, Pansche, u. a. Für morgen wird die Bekanntgabe der Protektorin und dcs Ehren­präsidiums erwarte;. Alle näheren Mitteilungen werden erbeten au daS Bureau des Komitees, Alsenstratze 10. Die Großbanken sind bereit, Z hlungeu entgegeuzunehmeu.

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