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Ferrrspvechev Hkv. »v.

8». Jahrgang.

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Mit dem Plauderstübchen, Jllustr. SonntagSblatt und

Schwäb. Landwirt.

Mittwoch dm 16. Dezemöer

1908

'NoMilche Kebevficht.

Präsident Castro oo« Venezuela ist vorgestern iu Berlin eingctroffeu. In der französischen Presse erhob sich ein kleines Kesseltreiben gegen die Regierung, weil man Castro den Durchzug durch Frankreich gestattet habe. Die vielen Angriffe beantwortete die Regierung mit einer Note, iu der sie darlegt, welche Bedingungen sie Castro für den Aufenthalt in Frankreich gestellt habe und daß sie ihm Ausweisung ankündtgte, falls er diese Bedingungen nicht erfülle; Castro habe diese Erklärungen mit dem Avis feiner Abreise beantwortet.

Nach Meldungen au- de« Orieut haben die Verhandlungen zwischen der Pforte und Oesterreich-Ungarn wegen der Annexion bereits begonnen. Die mit der Pforte tu Fühlung stehendeJeni Gazetta* spricht die Ueberzengnng aus, daß die Verhandlungen bald günstig enden werden, und daß Oesterreich-Ungarn sie nicht dadurch hindern werde, daß es einen Schadenersatz für den Boykott verlange- Ein türkischer Ministerrat beschloß, strenge Maßregeln zu ergreifen, damit die Zollämter au dem Boykott nicht teil- uehmen.

Ei« neuer Erlaß de- Schahs über de« Staats­rat gewährte dieser Körperschaft auch das Recht der Kontrolle über dir Handlungen der Minister und über die Finanzen. Die gesetzgeberische Initiative bleibt äußerst begrenzt, ebenso das Recht Bittschriften entgegenzunehmen und an die Minister Interpellationen zu richten. Getagt soll zweimal in der Woche werden. Es scheint, als beabsichtige der Schah den Staatsrat, tu den er Fortschrittler gewiß nicht berufen hat, als das von England und Rußland verlangte Parlament auszugeben. Die Nationalisten bereiten einen telegraphischen Appell an die fremden Parlamente vor um ihre Hilfe bet Herstellung der persischen Verfassung. Der Führer der Läbriser Revolutionäre, Sattar Khan, ernannte den in Täbrts angrkommeueu Teilnehmer au der Verteidigung des Medschliß in Teheran, Seid »l Memalyk, zu« Gouvernenr von Maraud.

A«S Marokko wird gemeldet, daß Ben Sliman, der Minister des Auswärtigen des Snltaus Abdul Asts, am 10. Dezember in Fez gestorben ist.

WikttemSergischer Landtag.

r. Stuttgart, 15. Dezbr. Die Zweite Kammer hat heute iu der fortgesetzten Beratung der Bolksschuü- novelle die Debatte über die nun schon durch zwei Sitz­ungen hindurch heiß umstrittene, jedoch längst geklärte Frage, ob der Religionsunterricht aus der Volksschule ganz besei­tigt oder wenigstens seiner zentralen Stellung i« Lehrplan entkleid;! werden soll, beendigt. Die heutigen abermals längeren Erörterungen waren vorwiegend polemischer Art und galten hauptsächlich der Verteidigung des RelgiouS- uuterrtchtS. Dr. v. Kiene (Z.) warnte davor, die Krimi- nalstatiftik zur Beurteilung der Moral der Angehörigen einer Konfession zu verwenden, da dieser Maßstab gänzlich «nznverläsfig sei und betonte, daß die Sozialdrmokratte tat­sächlich den Atheismus anstrebe und die Schule für ihre Ideen zu erobern suche. Ein Staat uuterwühle aber sein Fundament, wenn er die Religion aus der Schule entferne. Lieschtng (Bp.) polemisierte persönlich gegen Schrewpf und vertrar den Antrag Löchuer. Man könne dem Lehrer nicht zmnuteu, sich ein richtiges Urteil über die dogmatischen Streitfragen za bilden. Man könne auch nicht sagen, daß etu Lehrer, der seiner Ueberzengnng nach nicht auf dem Boden der Kirche steht, deswegen kein guter Lehrer sei. Rembold-Aalen (Ztr.) waudte sich gegen mehrere Aeußerun eu der sozialdemokratischen Redner und gegen die extremen Wünsche; der radikalen Lehrer. Nicht dt.se, son­dern die gesetzgebenden Faktoren machen die Gesetze und zwar nicht zu Gunsten der Interessen eines Standes, sondern tm Interesse des .Volkes. Schremps (v. K.) erwiderte ans die Ausführungen LiefchtugS, der nicht oer Zensor dieses Hauses sei und nicht darüber zu entscheiden habe, iu welchem Tone er (Schremps) mit der Sozialdemokratie verkehre. Zum Schluß hob der Kultusminister v. Fleisch- Hauer hervor, daß es sich bet dem Religionsunterricht durch die Lrhrer nicht am dogmatische Entscheidungen handle, sondern darum, das Interesse des Kindes für die biblische Geschichte zu wrckcn, was geschehen könne, ohne zu dogma- «schen Fragen Stellung zu nehmen. Die Preisgabe der persönlichen Ueberzengnng werde dem L-Hrcr nicht zage- mutet, wohl ab;r könne mau von ihm verlangen, Laß er nicht subjektive Entscheidungen an die Stelle der Lehrer der Kirche setze und den Wunsch der Eltern nicht aus dem Auge ver­liert, daß der Reltgtonsuuterrtcht nach der kirchlichen Lehre erteilt wird. Die nun folgende Abstimmung ergab die von

Anfang au erwartete Ablehnung sämtlicher Anträge und zwar des soz. Antrags auf Beseitigung des Religionsunter­richts mit 72 gegen 16 Stimmen der Sozialdemokratie sowie der Abg. Mayer-Ulm und Betz, des soz. Eveutual- autrags, dem Religionsunterricht die letzte Stelle unter den obligatorischen Fächern eiuzurSamev, mit 68 gegen 19 Stimmen und des Antrags Löchuer die Erteilung des Religionsunterrichts den Ortsgristlicheu zu übertragen, mit 67 gegen 21 Stimmen der Vslkspartri. Der weitere soz. Antrag, der Raumlehre die Bedeutung eines besonderen Unterrichtsfaches zu geben, wurde iu einfacher Abstimmung abgelehut. Der Rest der Sitzung wurde mit einer längeren Erörterung über den Antrag der Kommission aus­gefüllt, daß weitere obligatorische Unterrichtsfächer sein sollen für die Knaben Turnen, für die Mädchen wenigstens einfache Leibesübungen. Einigkeit herrschte darüber, daßdasTÄnenderKnabrnzu einem Pflichtfach werden soll, doch gingen die Ansichten hinsichtlich der Leibesübungen für dieMädchen auseinander. Der R gkrungSentwu f wollte das Turnen für die Mädchen za einem freiwilligen Fache machen und diesen Standpunkt vertrat Minister v. Fleischhauer auch heute. Er gab, wie auch all: übrigen Redner, zu, daß das Turnen für die Mädchen gesund ist, wies aber auf die ver­schiedenen Verhältnisse in Stadt und Land hin. Die länd­liche Arbeit sei ein Ersatz für das Turnen, lasse wenigstens dieses als nicht so notwendig erscheinen. Das Turnen der Mädchen könne ohne Einschränkung des Handfertigkeitsnuter- richts nicht obligatorisch gemacht werden. Schwer werde es sein, geeignete Lehrkräfte zu bek mmrn. Jungen Lehrern könne man den Unterricht nicht überlaffe». Die Einführ­ung des Mädchertturnens oder der Leibesübungen sollte in die Entscheidung der Gemeinden gestellt werden. Für den KommisfionSbeschluß erklärten sich die Abg. Dr. Hteber (D. P.), Hiyllmun (S.), Kübel (D.P.). Bautleon (D.P.), Schremps (B K.) und Löchuer (BP.) Sie betonten, daß es sich vm ein Kompromiß und »m ganz einfache Hebungen ohne Geräte, aber um eine Einrichtung handle, die sehr im Interesse der Mädchen liege. Gegen den Kommisfiousan- trag sprachen sich die Abg. Dr. Späth (Ztr.), Rembold- Aaleu (Ztr.), Sommer (Z), Krug (Z) und Dr. Rübling (B. K.) aus. Sie machten für ihren Standpunkt ähnliche Gründe wie der Minister geltend. Der Ksmmisstousautreg wurde in einfacher Abstimmung angenommen und daraus nach 4stünd. Verhandlung die Weiterbrratnng aus morgen vertagt.

Hages-Weuigkeilen.

Aus Stadt und Laut».

Ragvld, den 16 . Dezember isvö.

DieLa«derverfamml«ug der Deutsche« Partei

wird am Sonntag den 10. Januar iu Stuttgart abge- halten werden.

DieLaube-versammluugderwürttembergische« Volk-Partei findet, wie alljährlich, a« 6. Januar im Konzertsaale der Liederhalle zu Stuttgart statt. Die Tagesordnung wird noch vekanut gegeben.

T«r»e» «ud Nobel«. Nach einem Erlaß der Rinisterialableilung für die höheren Schulen soll es keinem Anstand unterliegen, wenn von den Vorständen höherer Schalen im Laufe des Winters einzelne Turnstunden oder sonstige Unterrichtsstunden oder auch ganze Nachmittage für die ganze Schule oder einzelne Klaffen zum Schlittenfahren sreigegebeu werden. Eine Beaufsichtigung und irgend welche Berautwortuug für etwaige dabet eiatretrude Unfälle können Schule und Lehrer jedoch nicht übernehmen.

Asteustetg, 14. Dez. Die BezirkSkraukeukasse Alteustetg hatte nach dem Rechnungsabschluß pro 1907 eine Einnahme von 23410 ^ 71 und eine Ausgabe von 26988 ^ 21 iZ. somit etu Defizit von 3577 ^ 50 ^z. Zu dem Defizit trug die hohe Anschwellung der Krankeu- «uterstützuugSgelder, welche allein 10172 25 betragen,

wesentlich bei. Infolge des mißlichen Standes der K-ffe mußte die Gewährung von Krankengeld sür Soun- und Festtage aufgehoben werde». Auf Grund Beschlusses des Beztrksrats werden die ständigen und unständigen forstwirt­schaftlichen Arbeiter des Kaffevbezirks als Pflrchtmttglieder zur Kaffe heraog zogen.

r. Herreuberg, 15. Dez. Auf dem Wege zwischen hier Md Over-Jelttugen wurde eine 32jährige Dtenstmagd im Walde von eine« Unbekannten überfallen, der ihr ihren Geldbeutel mit mehr als 20 Inhalt entriß and darauf die Flacht ergriff. Es ist bis jetzt nicht gelungen, des Räubers habhaft zu werden.

r. Stuttgart, 14. Dez. Zu Beginn der heutigen Sitzung des Gesamtkollegivms der Zentralstelle für die Landwirtschaft widmete der Staats«tuister des Jauern Dr. v. Pischek de« iu den Ruhestand getretenen bisherigen Präsidenten der Zentralstelle, Staatsrat Freiherr v. Ow, herzliche Worte der Auerkeuuuug, wobei er die Verdienste des Frhrn. v. Ow um die Landwirtschaft iu gebührender Weise würdigte. Das Kollegium werde dem scheidenden Präsidenten ein gutes Andenken bewahre«. Oekonomierat Stier« sprach ebenfalls anerkennende Ab­schiedsworte. Zur Frage der Laudwirtschaftskammer nahm das Kollegium keine wettere Stellung. Das Kollegium beschäftigte sich fernerhin mit der Regelung der Eber« und Bockhaltnng. Landesokonomterat Schoss:r äußerte sich zu der Frage, ob es sich empfiehlt, an der Wrivbauschule in WeinS- berg den einjährigen Kurs eiuznführeu. Er sprach sich gegen diesen Vorschlag aus, worauf das Kollegium beschloß, den zweijährigen Kars brizubehalten. Beim landwirtschaftlichen Hauptsest iu Cannstatt im Jahr 1909 werden erstmals feststehende Ställe errichtet werden.

r. Stuttgart, 12. Dez. (Württ. Postetat und ReichS- postetat.) Bekanntlich ist gegen die Reichspostverwaltuug iu der letzten Zeit wiederholt der Vorwurf eines teueren Be­triebs und der Entfaltung eines Verkehrslvzus erhoben worden. Zur Beurteilung dieses Vorwurfs, den der Staats­sekretär Krätke im Reichstag als unbegründet zurückwtes, mag dienen,, daß der Ueberschuß der Reichspostverwaltuug für 1908 ans rund 82 Millionen veranschlagt ist, der leider nicht erreicht wird, während Württemberg mit einem solchen von über 8 Mill. rechnet. Im Verhältnis z«r Einwohner­zahl sollte daher der Ueberschuß der Reichspost über 160 Millionen betragen, wobei nicht berücksichtigt ist, daß die württ. Post iu mancher Hinficht einen billigeren Tarif sür den Julaudsverkehr hat, auch Bestellgeld nicht erhebt.

r. Stuttgart, 15. Dez. Die Württembergische Prkvatfeuerverflcheruug auf Gegenseitigkeit in Stuttgart läßt für ihre Bezirksageutnreu iu Württemberg zur Zeit 100 Postscheckkonten eröffne« nm den Geldverkehr zwischen der Anstalt und ihren Vertretern so viel als möglich im Wege des Post- UeberwetsungS- und Scheckverkehr» zu erledigen.

r.sStuttgart, 15. Dez. Gestern wurde ein Dienstmädchen wegen Ktndsmords verhaftet. Sie ist geständig, daß sie ihr unehelich geborenes Kind gleich nach der Geburt ge­tötet und die Leiche im Ofen verbrannt hat.

r. Stuttgart, 15. Dez. Der Arbeiter Müller an» München, der unter dem Verdacht, den Raubmord au der bei dem Photographen Klaiber tu Cannstatt angestellt gewesenen Empfangsdame Mast begangen zn Haben, im Juli ds. Js. in Australien verhaftet wurde, wird weg« unzureichender Beweise nicht ausgeltesert. Er wurde be­reits ans freien Fuß gesetzt.

Zell» b. Eßltugen, 14. Dez. Der seitherige Ortsvorsteher Schultheiß B«rth hat infolge hohen Alters sein Amt niedergelegt und ist infolgedessen eine Neuwahl Ms morgen auberanmt. Die Stimmung der Einwohnerschaft ist für einen geprüften BerwaltungSmanu. Auf das erlassene Ausschreibev haben sich 13 Bewerber gemeldet. Bei der am Sonntag t« Gasthaus »zur Linde* stattgefuvdenen Vorstellung der Kandidaten haben sich 9 htevon eingesun­ken, welche ihr Programm vor der sehr zahlreich erschiene­nen Einwohnerschaft entwickelten. Die Bewerber sind: Bosstnger Albert, Assistent iu Eßlingen; Bailer Eugen, aus Sruttgart; Seiger Karl, Stadtschulth.-Sekretär iu Hall; Göller Richard, «Ment in Mühlhausen; Haugstetter Adolf, Schulth.-Sekretär iu Trosfiogev, (früher in Hatterbach); Kull Paul, Assistent in Winnenden; Laug Karl, Assistent in Tübingen; Maier Gustav, Assistent iu Eßlingen Md Mägerle Karl, Assistent iu Stuttgart. In die engere Wahl, welche sehr lebhaft werden dürfte, kommen Haugstetter, Kull und Maier.

Da- Lehrerseminar Backuaug. Den Ständen ist eia 5. Nachtrag zu« Fiuauzgesetz 1908/09 zugcgangen, iu welchem für das Schullehrerseminar iu Backaang zum Zweck der Ermöglichung seiner rechtzeitigen Eröffnung im Schuljahr 1909: 17308 ^ wetter gefordert werden, die MS dem etatsmäßigeu Ueberschuß der Ftnauzperiode 1907/08 bestritten werden können. Es handelt sich dabet um Lchrer- besoldnugeu, EturichtnugSgegenstäude und Lehrmittel.

r. Schtveuuiuge«, 15. Dez. Am Sonntag vormittag wurde während des Gottesdienstes bei den evangelischen Schwestern iu der Kinderschule eingebrocheu und dabet über 200 ^ gesammelte Weihnachtsgelder, sowie einer Schwester gehöriges Geld gestohlen. Vom Täter hat mau noch keine Spur.

r. Mergentheim, 15. Dez. In ArchShofen ist iu der Nähe der Tanberbrücke au einer seichten Stelle die