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Schwäb. Landwirt.

M 261 -

Bon der Kath. Oberschulbehörde ist am 3 d. MtS. ein« Lehr­stelle an der kath. B ükSschule in Lützsnhardt, OA Horb, dem Unter« lehrer Eugen Weiß in Neckarsulm übertragen.

Kanzler-Krisis «nd Kaiser- Interview.

Berlin, 4. Nov. Aus angeblich absolut zuverlässiger Quelle wird m tgeieilt, daß der eigentliche Inspirator der Publikation imDaily Telegraph" trotz aller bisherigen Dementis der dem Kaiser nahestehende bekannte Londoner Publizist Sidney Whttmau ist, der vor ungefähr sechs Wochen bei dem Fürsten Bülow ia Norderney gewesen. Ka;ze Zeit darauf hat Whilman dem deutschen Kaiser die Bitte unterbreitet, ihm die Erlaubnis z i geben, eine Broschüre England und der deutsche Kaiser" veröffentlichen zu dürfen, in welcher die Stellung des Kaisers auSAeußerungeu verschiedener Zeiten zvsammeugesaßt werden sollte. Das Material hierzu hatte Whttmau sich bei englischen Freunden des Kaisers zus mmengetrageu. Dieses Manuskript, etwa 5070 eng beschriebene Qiarts.iteu groß, wurde dem Kaiser, der zu jener Zeit in Rominten auf der Jagd weilte, zugeschickt «ud dieser ließ es durch Herrn v. Rücksr-Jemsch au das auswärtige Amt zur Prüfung gelangen. Dort wurde fest- gestellt, daß die Tendenz des Manuskriptes eine deutsch- fteuudliche war. Aus diesem Grund wurde das Gesuch Wh i maus im Prinzip geruh rügt. Nun hat Whttmau seine Broschüre im Manuskript einem Londoner V rlag übergeben und dieser übersandte es ohne Wssm WhitmanS dem Daily Telegraph", der es dann veröffentlichte.

Loudo», 5 Nov. DerManchisttr Guardian" er­fährt, daß der Artikel desDaily Tele> raph" im wesent­lichen der Brlicht eines Tischgespräches des Kaisers sei, welches vor einem Jahre in Highcl ffe Castle, dem Besitztum des S.uart Wortl-y geiüh t wurde. Er führt aus: Der Schreiber des Artikels muß die Sprechweise des Kaisers genau kennen. Alle Haupt­punkte des Interviews kamen in diesem einen Gejpräch vor, besonders die Worte über dm Kriegsplau für Südafrika, dis fast so. wie sie gesprochen wurden, er­schienen. Der Kaiser blickte, als er davon sprach, die Ge- sellschajt an und sagte:Ich sehe, Sie glauben mir nicht, aber Sie fiodeu alles in Windsor unter den Papieren meines Onkels." Der Inhalt des Gesprächs war einem beschränkten Kreise von Personen hier seit vielen Monaten bekannt.

Wa- der Reichskanzler zu« Kaiser sage»

«ützte, um Vorgängen, w e wir st. kürzlich erlebt haben, vo zudeugeo, wird ia der gemäßigt liberalenAugsb. Abeud- ztg." dargelegt. Es heißt dort:

Maj stät, das deutsche Volk ist durch die traurigen Vorgä.ge dir jüngsten Tage aufs tiefste erregt und zugleich wehmutsvoll gestimmt. Es hat seinen Kaiser auf politischen Wegm wandeln s hm müssen, die nicht die seintgeu find und auf denen es ihm nie uns uimmer zu folgen vermag. Das ist der unendlich bittere Kern dieser Dinge, olles an­dere, so traurig und beschämend, namentlich auch für meine Beamtcn es sein mag, ist daneben doch r-nr unbedeutendes Beiwerk. Das deutsche Volk, movarchisch bis ia die Koo- cheu, steht «it Trauer im Herzen seinen Kaiser auf solchen Irrwegen. Seine Langmut ist fast sprichwörtlich in der Welt. Aber auch die größte Geduld hat ihre Schranken vod auch das ruhigste und lryilste Volk lehnt sich schließ­lich gegen allzu böse Zuwumugen auf. Dieser Zeitpunkt ist nun für das deutsche Volk gekommen und ick muß eS Eurer Majestät unterbreiten, daß ein Schrei des Entsetzens durch alle Schichten unseres Volkes geht und überall die Ueberzeuguvg zum Durchbrvch gelangt ist, daß fich ein großes, gebildetes, wüadtgks Volk so nicht länger von dem Willen eines Einzelnen regieren lassen, ihm nicht länger blindlings seine G schicke auvertrauen kann und darf. DaS Volk verlangt sichere Bürgschaften gegen die Möglichkeit der Wiederholung so entsetzlicher Ueberraschungerr, und der demnächst znsammentretevde Reichstag wird sich gewiß nahezu etumüt g diesem Berlaugen «^schließen. Aber auch Ew. Majestät Reichskanzler, der von der Gegenwart und der Geschichte die Verantwortung für jede Minderung des deutschen Ansehens und Einflusses iu der Welt zu tragen hat, kann und muß die Wünsche auch seinerseits als berechtigt anerkeuueu und sie unbedingt unterstützen. Die Vorbediuaung für sein weiteres Verbleiben im Amte müßte die Schaffung ftstrr ^Garantien dafür sein, daß fortan jeder Zickzeckkurs namentlich in der auswärtigen Politik vermieden und eine einheitliche und konsequente Politik getrieben werd.-u wird. Die ist aber, wie eine uuumehr zwanzig- jährige Erfahrung hinlänglich bewiesen hat, nur möglich,

Arettag dm 6. Kovemöer

wenn Ew. Majestät fich mit der schönen Rolle begnüge« wollten, die Ihr kaiserlicher Großvater mit so unvergleich­lichem Erfolge übernommen hatte: mit der Rolle sozusagen des obersten politischen Schiedsrichters in Deutschland, der unr die letzten Entscheidungen fällt und die allgemeinen Umrisse der Politik bestimmt, die Vorbereitungen dazu, alle Einzelheiten und namentlich aber ihre Vertretung nach außen hin, insbesondere auch dem Auslände gegenüber, ausschließ­lich seinem Kanzler vertrauensvoll überläßt. Damit ist schon gesagt, daß persönliche Kundgebungen Ew. Majestät fortan nur in den allerseltensten Fällen und nur nach ge­nauer Erwägung und Vereinbarung mit demselben Kanzler erfolgen, nicht aber augenblicklichen Regungen und Sttmmungen entspringen dürfen. Mit einem Worte: jede persönliche Politik muß hinfort streng ausgeschaltet bleiben! In Deutschland darf wieder nur eine einheitliche, rein sachliche, ausschließlich die deutschen Lebensiuterefseu berück­sichtigende Politik getrieben werden!"

Berlin, 4. Nov. In zwei stark besuchten Versamm­lungen, die von der demokratischen Bereinigung gestern eiu- berufen waren, wurde da? Thema Kaiser und Kanzler er­örtert. Iu Moabit referierte Dr. Barth. In beiden Ver­sammlungen wurde einstimmig eine Resolution angenommen, in wsicher erklärt wird, daß anläßlich der Veröffentlichung des Kaiser-Interviews eine gründliche konstitutionelle Aender- ong unerläßlich erscheine. Ohne die Demokrattfierurn Preußens und Deutschlands wird es keine fortschrittliche innere und keine erfolgreiche äußere Politik geben. Das Verbleiben des Fürsten Bülow iu seiuem Amte, in dem er weder in der inneren noch in der äußeren Politik aus einem ideenlosen Fortwursteln herausgekommen ist, könne nur als ein Zeichen politischer Verfehlungen gedeutet werden.

Die Reichst«g<-Jaterpellatiouen.

Berli«, 4. Nsv. Dem Reichstage gingen zurKaiser- u. Kanzler"-Frage noch folgende Interpellationen zu :1. Basser- mavu (oatl.), Ablaß (Freis. Vp.), Albrecht (Soz.) und v. Normanu (Kous.)öber die Veröffentlichung drrAenßer- uugln des Kaisers.

Die von den Fretsiunigen beschlossene Interpellation über die Veröffentlichung des Daily Telegraph lautet: Durch die Veröffentlichung von Äußerungen des deutschen Kaisers i» Dm ly Telegraph und durch die vom Reichs­kanzler veraulaßte Mitteilung des Sachverhalts iu der Nordd. Allg. Ztg. stud Tatsachen bekannt geworden, die schwere Mängel in der Behandlung auswärtiger Angelegenheiten bekunden und geeignet find, auf die Beziehungen des Deut­sche» Reiches zu anderen Mächten ungünstig zu wirken. Was gedenkt der Herr Reichskanzler zu tun, um Abhilfe zu schaffen, nm die ihm durch dir Verfassung' des Deutschen Reiches zugewiesene Verantwortlichkeit in vollem Umsang zuk Geltung zu bringen."

Die sozialdemokratische Interpellation hrt folgenden Wortlaut:Was gedenkt der Herr R.ichskanzlcr zu tun, um Vorgänge zu verhindern, wie sie durch die Mitteilungen deSDaily Telegraph" über Handlungm und Äußerungen des deutschen Kaisers bekannt geworden find? Von sozial­demokratischer Seite wird, wie demB. T." zufolge ver­lautet, der Abgeordnete Singer die Interpellation begründen. Als zweiter Redner soll der Abgeordnete Heins dazu sprechen.

Die konservative Interpellation hat folgenden Wort­laut:Ist der Herr Reichskanzler bereit, nähere Auskunft zu gebea über die Umstände, dir zur Veröffentlichung der Gespräche Seiner Majestät tu englischen Blättern geführt haben?"

Das Zentrum trat erst abends zu einer Fraktions­sitzung zusammen, in welcher über die politische Situation beraten wmde.

WoMijchs Neöerficht.

DieGewerbeorduuu,»-K»m«isfio«de-Reich-. tag- nahm iu ihren letzten Sitzungen Anträge an, die erstens die Verwendung von Arbeiterinnen za schweren Arbeiten aus Bauten, zweitens die Frauenarbeit in den Kokereien und drittens verbieten, Frauen iu Bergwerken, Salinen, Aufbereitungsanstalteu und bet unterirdischen Brücken zu beschäftigen, mit der Maßgabe, daß dieses Ver­bot spätestens am 1. Januar 1912 durchgeführt werde, so daß der Industrie eine 3jährige Frist bleibt, sich eiuzurichten.

U« über de« Entwurf ei«eS Kurpfuscherei­gesetze- zu beraten, tritt Ende dttses Monats tm preußi­schen KnltuSmiutsterium die um je ein Mitglied der zwölf Aerztekammeru erweiterte wissenschaftliche Deputation zv- sammeu. Ihr Gutachten wird alsdann dem Reichsamt de- Innern unterbreitet werden.

1908

Für die Berhaudluuge« mit deu bulgarische« Delegierte» ist der Haridclsminister Naranunziar, ein Armenier, zam türkischen Delegierten ernannt worden. Der bulgarische HaudelSmtnister Ltaplschew erklärte, er sei mit Vollmachten nach Koustautiuopel gekommen, jeden Vorschlag zu erörtern, der deu beiderseitigen Jatereffeu dienen und dazu führen körnte, die Bande der Freundschaft zwischen deu beiden Ländern zu befestigen. Er hoffe zu einem Modus für ein billiges Arrangement zu gelangen. In der Ant­wort auf die Einladung zur Balkaukousereuz «tmmt die Pforte bedingungsweise die Konferenz au, verlangt jtdoch, daß das Programm streng beschränkt wird und auf ihr nur 2 Frage», die Stellung BoSuieus und der Herzegowina, sowie die bulgarische Angelegenheit verhandelt werden dürfen. Bezüglich Bosniens und der Herzegowina wünscht sie ferner, daß die Siguatarmächte iu eine Untersuchung darüber eiu- treteu, welchen Beitrag diese früheren türkischen Provinzen zur allgemeinen türkischen Staatsschuld zu leisten hätten. Beratungen über Kompensationen anderer Staaten sowie über die Artikel 61 (Reformen in Armenien) nrd 23 (Kreta) des Berliner Vertrags lehnt die P'oite entschieden ab. König Ferdinand erhielt Drohbriefe, iu denen ihm mit dem Tod gedroht wird. Die Behörden trafen Schutzmaßregelu für deu König.

Parlamentarische Nachrichten.

Demtfcher Reichstag.

B-rliu, 4. Nov.

Präsident Graf Stolberg eröffnet die Sitzung. DaS Haus iS gut besucht. Tiugegangen find Mh:ere Vorloge« sowie Interpellationen von Bassermanu (uat.-lib.), Ablaß (frs.Vp). Albrecht (Soz.) und v. Normanu (kous.), betr. die Veröffentlichung der Aeußernvgeu drS Kai­sers, Graf Hompesch (Ztr.), betr. schwarze Liste« gegen Privatangestellte, sowie Graf Hompesch (Ztr) und Al­brecht (S), betr. die herrschende Arbeitslosigkeit. Die Interpellationen werden auf eine der nächsten Tagesord­nungen gesetzt werden. Dann erhebt fich das HauS zu Ehren der verstorbenen Mitglieder.

Nach längerer GeschästSordrmugSdebatte wird ein Vor­schlag des Präsidenten angenommen, die Petitionen ohne Wortmeldung n vorwegzuuehmen.

Eine Petition, betr. die Rechtsverhältnisse der Bureau­beamte« bet den RechtSauwält?« wird dem Reichskanzler zur Berücksichtigung, resp. Erwägung überwiesen, soweit sie die Lohnverhältuisse betrifft, durch Ü bergang zur Tages­ordnung erledigt.

Die Pttitiou, betr. Einführung eines Zolls aus Milch und Rahm wird entgegen eine« Antrag Epahu, den Ge­genstand von der Tagesordnung absetz'n und au die Kommission zurückzuverwrisen, zur Berücksichtigung dem Reichskanzler überwiesen.

Einem Antrag Bassermanu (uat.) entsprechend wird eine Puition betr. Schifsahrtsabgaben auf den natür­lichen Wasserstraßen Deutschlands von der Tagesordnung abqesetzt. Morgen: Automobilgesetz und Gerichtsver- fassungsgesetz._

Gagss-Meuigkeiten.

Aus Stadt und Land.

Kaßokd, dm S. November INVk.

* Liederkra»z. Der Verein hatte am Mittwoch abend seine Generalversammlung im LokalKöhlerei". Eröffnet wurde diese mit begrüßenden Worten durch den stv. Vor­stand Spiuvereibesttzer L. Rentschler, welcher dem Kassier Gerbermrister K. Schwarzkopf das Wort erteilte zur Dar­legung des Rechenschaftsberichts. Darnach hat der Verein gute Kaffen- und Vermözevsverhältnisse. Leider erklärte der Kassier sein Amt nach so langer Führung uiederlegen zu wollen, was mit Bedauern aufgenorrmm wurde. Die- wurde auch zu« Ausdruck gebracht und damit der herzliche Dank des Vereins für die langjährige iüchttgr Küsscuführ- uug verbunden. Es folgten die Wahlen. Gewählt wur­den einstimmig als Vorstand: Oberamtspfleger Rapp, Bizevorstand und Schriftführer: Spiunereibefitzer L. Rentschler, Kassier: Sattlermeister E. Braun. In deu Ausschuß wurden die Alten gewählt. Ja der Ver­sammlung »achte fich infolge des hochb-friedigenden Ergeb­nisses der Wahlen eine freudige und dankbare Stimmung bemerkbar. Der ueugrwählte Herr Vorstand richtete nach Worten des Dankes für das ihm eutgegeugebrachte Vertrauen eine« warmen Appell au die ^angeSbrüder zu gutem Zu­sammenwirken und bittet um Unterstützung in seinem Amt. Jeder Säuger möge iu seiuem Teil die Arbeit